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Abgründe des Subjekts
In
der Geschichte der Modernisierung waren die
Krisen stets Durchlauferhitzer für den jeweils
nächsten Schub kapitalistischer
Entwicklung. Dabei kamen das männlich-weiße
westliche Subjekt (MWW) und seine
Ableger in der Peripherie des Weltmarkts zu diversen Ausdrucksformen
eines
ideologischen Selbstverständnisses, das in den Krisen
geschärft wurde. Heute
dagegen stößt das moderne warenproduzierende
Patriarchat insgesamt an innere
und äußere Schranken seiner Dynamik. Die Krise
erfasst den Subjektkern der
Moderne, weil Arbeit, Politik und Geschlechterverhältnis als
Grundkategorien
der Vergesellschaftung unhaltbar werden. Diese Krise des Subjekts wird
zunehmend destruktiv verarbeitet. Allenthalben drohen ideologische
Regression,
Archaismen und die verbissene Nostalgie längst obsolet
gewordener Konzeptionen.
Die traditionelle politische Praxis findet keinen Grund mehr in den
Verhältnissen und keine Begründung in den haltlos
gewordenen Theorien. Eine
historisch heimatlos gewordene Linke versucht krampfhaft, Elemente der
vergangenen Klassenkampf-Konstellation, der politischen Regulation oder
des
utopischen Denkens einer weltgesellschaftlichen Wirklichkeit
überzustülpen, die
dafür keine Anknüpfungspunkte mehr bietet. Diese
Versuche verschränken sich in
allen Weltregionen mit Tendenzen, in Konstrukte einer postmodern
ideologisierten Religiosität zu flüchten und um jeden
Preis „Ordnung“ zu
stiften. Der autoritäre Gehalt der Modernisierungsgeschichte
erscheint in
Zerfallsformen, die Motive der bürgerlichen
Gegenaufklärung enthalten.
Grund
genug, die emanzipatorische Kritik der
Moderne weiterzutreiben, den Voraussetzungen ihrer Subjektform
nachzuspüren
sowie deren Denk- und Handlungsweisen zu durchdringen. Die vierte
Ausgabe von
EXIT! schreibt das Programm der Subjekt- und Ideologiekritik fort und
setzt
sich mit
dem auch in
der Linken virulenten bürgerlichen Praxisbegriff, den
Bedingungen der modernen
Subjektkonstitution wie der naturwissenschaftlichen Denkweise und
verborgenen
Dimensionen des Rassismus auf arbeitsgesellschaftlicher Grundlage
auseinander.
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