Krise und Kritik der Warengesellschaft |
2004: Der "Coup", die Spaltung der Krisis ... und der "Exit" ZUR
SPALTUNG DER KRISIS-GRUPPE Erklärung
ehemaliger Redaktions- und Trägerkreismitglieder Die
Theoriezeitschrift "Krisis", in der
BRD und international bekannt geworden durch ihren wertkritischen Ansatz, ist
den Weg der Linken gegangen: Sie wurde gespalten. Gegen den Willen der Mehrheit von Redaktion und Koordinationskreis
wurden Robert Kurz und Roswitha Scholz
ausgeschlossen,
und in der Folge die Redaktionsmehrheit mit ihnen. Möglich wurde ein solcher
Putsch durch eine Instrumentalisierung des bislang passiven Fördervereins, der
formaljuristisch als Herausgeber der Zeitschrift firmiert. Zwei von drei Vorstandsmitgliedern, vor Jahren
ehrenamtlich bestimmt und außerhalb der theoretischen Debatte stehend, ließen
sich zu Marionetten der Redaktionsminderheit machen und setzten sich über den
aktiven Trägerkreis hinweg. Auch auf der anschließenden Mitgliederversammlung
setzten sie sich gegen die Mehrheit der Anwesenden mit schriftlichen
Blanko-Vollmachten von nicht erschienenen Leuten durch; eine Meisterleistung
deutschen Vereins-Machiavellismus', wie neidlos anzuerkennen ist. Begründet
wurde dieses Vorgehen, unter ausdrücklicher Berufung auf den
Nazi-Rechtstheoretiker Carl Schmitt, mit dem absurden Konstrukt eines "Ausnahmezustands", angeblich
hervorgerufen durch Robert Kurz und Roswitha Scholz, die nach dem Muster von Polizeistrategien als
Persönlichkeiten pathologisiert werden sollten. Die Redaktionsmehrheit, die das
anders sah und sich dem "fürsorglichen Rausschmiss" widersetzte,
wurde in dieser Frage für unzurechnungsfähig erklärt, da "in ihrer
Mitschuld befangen". In diesem Konflikt sind die Beziehungs- und
die Inhaltsebene unauflöslich ineinander verschränkt. Auf der Beziehungsebene spielen persönlicher Ehrgeiz,
Konkurrenzgefühle und Autoritätsprobleme einem allzu produktiven Mitglied der
eigenen Gruppe gegenüber eine Rolle, dessen man, sich selbst als
"Flasche" (so die vorliegenden Selbstzeugnisse) und ihn als Guru
imaginierend, bloß noch durch "Vatermord" sich erwehren kann. Nur in
der Lebensmitte sich befindende Linke können freilich auf die Idee kommen, eine
derart klassische, spezifisch abendländische Konstellation als
emanzipatorischen Akt (miss) zu verstehen. Die
Wurzel dieses Konflikts liegt, wo Beziehungs- und Inhaltsprobleme sich
berühren: im Geschlechterverhältnis. Wie
die Abspaltungstheorie seit 12 Jahren ein Fremdkörper in der Krisis-Wertkritik
geblieben ist, so deren Urheberin Roswitha
Scholz als
Person bei etlichen Protagonisten der Krisis-Männerriege ein Ärgernis. Es
ist kein Zufall, sondern durchaus willkommener Nebeneffekt, dass die
Krisis-Redaktion, nach gerade mal
einjährigem Interregnum, nunmehr wieder frauenlos ist. Und auch Robert Kurz hat man(n) es
nie verziehen, dass er diesen Ansatz unterstützt hat, der den
ableitungslogischen Objektivismus der alten Krisis-Theoriebildung in Frage
stellt. Zugespitzt
hat sich dieser lange schwelende inhaltliche Konflikt in der Formulierung einer
radikalen Kritik der bürgerlichen Aufklärungsphilosophie, wie sie von Robert
Kurz in der Auseinandersetzung mit den Antideutschen entwickelt wurde. Die
oberflächliche Gemeinsamkeit der Frontstellung konnte eine zeitlang über den
bestehenden Dissens hinsichtlich der via Abspaltungstheorie bis zu Ende geführten
Kritik an der männlich-weißen westlichen Subjektform hinwegtäuschen. Dieser
Dissens dürfte jetzt aufgebrochen sein: Gewünscht wird eine "nettere"
Kritik der Aufklärung, um Momente des androzentrischen Universalismus zu
retten. Enthält
dieses Motiv eine gewisse Kompatibilität mit dem "prowestlichen"
Basisideologem der Antideutschen, so verhält es sich genau umgekehrt in der
Auseinandersetzung um den Stellenwert des Antisemitismus als Krisenideologie.
Der Betonung der durchaus richtigen Aspekte bei den Antideutschen steht hier
eine Tendenz zur objektivistischen Verharmlosung des antisemitischen Syndroms
gegenüber. Auch in dieser Hinsicht verdeckte die oberflächlich gemeinsame
Kampagne gegen den Bellizismus nur einen tiefer liegenden Dissens. Die
hier angesprochenen inhaltlichen Konflikte waren keineswegs ausgereift und
hätten bis zu einem gewissen Grad im Rahmen von "Krisis" ausgetragen
werden können. Dem wurde durch die Verlagerung auf Beziehungsprobleme und deren
administrative "Lösung" ausgewichen. Was bleibt, ist das
Gegeneinander auf nunmehr auch organisatorisch unterschiedenen Plattformen: Die
bisherige Redaktionsmehrheit inklusive Roswitha Scholz und Robert Kurz werden zusammen mit Teilen des aktiven
Trägerkreises von Krisis ein anderes wertkritisches Projekt und eine neue
Theoriezeitschrift mit veränderter Akzentsetzung auf den Weg bringen. Dabei
sollen die letzten Eierschalen eines ableitungslogischen Objektivismus in der
bisherigen "Krisis"-Theorie
abgestreift und die Kritik der männlich-weißen westlichen Subjektform
vorangetrieben werden; gerade in Zeiten einer "prowestlichen"
Hurra-Ideologie bis in die Linke hinein. Über die weitere theoretische
Fundierung einer Kritik der "abstrakten Arbeit" als Substanz des
Kapitalverhältnisses wollen wir einen kritisch-solidarischen statt
"linkspopulistischen", antisemitische Denkmuster bedienenden Bezug zu
den aufkeimenden sozialen Bewegungen herstellen. Wir bitten alle innerhalb und außerhalb von "Krisis", die mit dieser Absicht sympathisieren, uns dabei zu unterstützen. Hanns von Bosse, Petra Haarmann, Brigitte Hausinger, Claus
Peter Ortlieb 11.04.2004 Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und auf Reflektionen über
die Ereignisse der ersten Monate des Jahres 2004, als sich die bereits früher
deutlich gewordenen Dissonanzen und Konflikte bis zu einem regelrechten Putsch
und die Spaltung des alten Krisis-Projekts
zuspitzten. Sie machen vielleicht deutlich, warum es diesen und nicht den
anderen Ausweg gab, wie er in der "Erklärung" angedeutet wurde: "Die hier
angesprochenen inhaltlichen Konflikte waren keineswegs ausgereift und hätten
bis zu einem gewissen Grad im Rahmen von "Krisis" ausgetragen werden
können. Dem wurde durch die Verlagerung auf Beziehungsprobleme und deren
administrative "Lösung" ausgewichen. Was bleibt, ist das
Gegeneinander auf nunmehr auch organisatorisch unterschiedenen Plattformen ". Im Folgenden einige Schlaglichter
auf die Vorgänge vor, auf und nach der besagten Redaktionssitzung am 20.
Februar 2004, die Stunde der Abrechnung, der
Ent-scheidung. "Verlagerung auf Beziehungsprobleme ... Kurz nach dem 20. Februar versuchten die
Putschisten gegenüber dem Krisis-Zusammenhang und
den Mitgliedern ihr Vorgehen mit Hilfe eines Dossiers, der so genannten "DOKUMENTENSAMMLUNG
von emails und Anhängen vom 9. -
20.2.04, die sich auf den aktuellen Konflikt beziehen" zu
rechtfertigen. Darin werden u. a. auch die
Wortmeldungen im Vorfeld der Redaktionssitzung der später "geschassten" - Robert Kurz, Claus Peter
Ortlieb und Roswitha Scholz - dokumentiert. Von: "Robert
Kurz" Datum: Mon, 9 Feb 2004 09:30 Liebe
Leute, wie es
scheint, wird sich beim Redaktionstreffen ein Konflikt um "gruppenpolitische",
strategische und vor allem organisatorische Fragen ergeben, der in den
"Nürnberger Gegensätzen" wurzelt. Das müssen wir als Redaktion
möglichst klären. Bei einem Telefonat mit Franz erfuhr ich, dass angeblich an
unserem Redaktionstreffen die Personen der anderen Gruppe teilnehmen sollen,
die gar nicht in der Redaktion sind, nämlich Lohoff und Wedel. Ich bin aus
allen Wolken gefallen. Wo ist jemals die Teilnahme dieser Leute festgelegt
worden? Wir (mindestens Roswitha und ich) werden an keinem Treffen teilnehmen,
zu dem andere Redaktionsmitglieder eigenmächtig Leute einladen, die nicht der
Redaktion angehören, sich daraus längst verabschiedet haben und außerhalb der
Redaktion Teil einer Konfliktpartei sind. Ein solches Vorgehen ist völlig
unkorrekt und inakzeptabel. Dann müssten aus unserer Gruppe auch Brigitte und
Udo teilnehmen, und dann hätten wir kein Redaktionstreffen mehr, sondern einen
"Nürnberger Schlagabtausch" oder ein momentan sowieso nicht
sinnvolles "Therapietreffen". Wir verlangen, dass ein ordnungsgemäßes
Redaktionstreffen stattfindet, zu dem niemand ohne Wissen oder gegen den Willen
der anderen Redaktionsmitglieder andere Personen einladen kann. Auf
einem anderen Blatt steht es, wenn der Vorschlag gemacht wird, dass, um den
aufbrechenden Konflikt INNERHALB DER REDAKTION SELBST zu moderieren,
Vertrauenspersonen eingeladen werden, nämlich Lorenz (Wien) und Otto (Bremen).
Damit wären wir einverstanden. Sollten jedoch gegen unseren Willen Lohoff und
Wedel von irgendjemandem eigenmächtig eingeladen und damit das Treffen ALS
REDAKTIONSTREFFEN gesprengt werden, kann es in dieser Form gar nicht erst
stattfinden. Wir gehen jedoch davon aus, dass das Redaktionstreffen stattfindet,
zu dem dann eben kommt, wer der Redaktion tatsächlich angehört oder von
der Redaktion als Redaktion eingeladen wird (darüber müsste zuerst eine
Verständigung stattfinden). Eine Einladung von Lohoff und Wedel lehnen wir
rundweg ab. Ein Redaktionstreffen wird auf jeden Fall stattfinden, es wurde geplant,
festgelegt, und das kann niemand einfach nach Gutdünken über den Haufen
schmeißen. . Mit
herzlichen Grüssen --------------------------------------------------------------- Von: C.P.Ortlieb Datum: Wed, 11 Feb 2004 14:32 Liebe
Leute, es
dürfte, grob geschätzt, das vierte bis sechste Mal sein, dass ein Treffen
(Redaktion, KOK), an dem ich beteiligt bin und das für mich zumindest einen
nicht unerheblichen Zeitaufwand bedeutet, im Nürnberger Schlamassel zu ersäufen
droht. Mir reicht es langsam auch. Nach meinem derzeitigen Informationsstand
sieht es so aus, dass das Redaktionstreffen als Redaktionstreffen zu Stande
kommt, mit den dazugehörigen Personen, also den Mitgliedern der Redaktion (war
wirklich jemals
etwas anderes geplant?). Was dort besprochen wird, sollten wir in groben Zügen
allerdings vorher klären, schon deswegen, weil ich gerne wüsste (und sei es
auch nur der Deutschen Bahn wegen), wann das Treffen beginnt (Freitag, 20.
Februar, 15 Uhr?) und wann es endet, was von der Länge der Tagesordnung
abhängt. Was die betrifft, fallen mir drei größere Blöcke ein, neben einigen
kleineren Punkten, die besprochen oder delegiert werden müssten (nächste
Veranstaltungen, Osnabrück, Hanloser, ...). 1.
Organisationsstruktur der Krisis Nach
den inzwischen aufgelaufenen Erfahrungen scheint es mir dringend erforderlich,
dass wir uns formaler organisieren, also ganz stinkbürgerlich als Verein mit
definierten und tatsächlich auszufüllenden Ämtern und Verantwortlichkeiten.
Ohne solche Formen läuft es zwischen uns bürgerlichen
Subjekten nur, so lange wir uns alle grün sind, was ja offensichtlich nicht der
Fall ist. Und im Konfliktfall wird die Einhaltung bestimmter Formen sowieso
eingefordert, auch ohne dass wir uns vorher auf sie verständigt hätten. Die
Frage, ob es erlaubt ist, noch jemanden unabgesprochen
zur Redaktionssitzung mitzubringen, ist dafür nur ein kleines Beispiel (formale
Antwort: Nein). Um es deutlicher zu sagen: Die Krisis darf nicht vom
(informellen) Funktionieren des früheren Nürnberger Zusammenhangs abhängig sein
und muss von ihm daher komplett abgekoppelt werden (auch um die einzelnen
Personen als AutorInnen zu behalten). Das soll natürlich nicht heißen, dass der
Wohnort Nürnberg oder Fürth zum Ausschluss von bestimmten Ämtern führt,
jedenfalls nicht automatisch. Ob wir das hinkriegen, weiß ich nicht, aber
Sitzungen, wie wir sie schon häufiger
hatten und wie sie die nächste wieder zu werden droht, werden wir nicht mehr
allzu oft wiederholen können. Genauere Ausführungsbestimmungen wären
willkommen. 2.
Strategiepapier von Bobby Hier
scheint mir mehr Konfliktstoff zwischen den Zeilen zu liegen, als im Text
selbst. Der müsste thematisiert werden, was ja offenbar auch beabsichtigt ist.
Abstrakt gesprochen, steht wohl (wieder mal?) die Frage an, wie wir mit
Dissensen umgehen, bzw. was davon in welcher Form nach "außen"
getragen werden darf. Die letzten beiden Sätze in Bobbys Papier kann ich nur
unterstreichen, aber völlig offen scheint, was das konkret heißt. 3. Heft
28 Das war
ja wohl der eigentliche Grund für das Redaktionstreffen, und wenn ich mich
richtig erinnere, sollten die Text bis Ende Januar in der Redaktion eingegangen
sein. Tatsächlich liegt aber noch gar nichts vor, wurde jedenfalls noch nicht
verschickt (oder geht das inzwischen auch bilateral?). Wenn nichts dazwischen
kommt, kriege ich mein VWL-Artikelchen bis zum Treffen noch fertig, aber das ist
ja vergleichsweise unerheblich. Weiß da jemand Genaueres? Ich möchte mir Anfang
nächster Woche eine Fahrkarte nach Nürnberg
kaufen, Hin- und Rückfahrt inklusive Platzreservierung. Bis dahin sollte
also zumindest der Zeitrahmen des Redaktionstreffens feststehen. Falls ihr noch
Punkte habt, die besprochen werden müssen, gebt sie mal bekannt. Herzliche
Grüße Claus
Peter --------------------------------------- Von: "Robert
Kurz" Datum: Fri, 13 Feb 2004 09:30 Hallo
Leute, anbei
Vorschläge für TO und Ablauf des Treffens. Wir (d.h. unsere Nürnberger Gruppe)
übernehmen auch mit all den Unzulänglichkeiten der Kurzfristigkeit die
Organisation des Treffens, die nach dem Ende des informellen Zustands nicht geklärt
war. Sobald wir da Genaueres wissen (Ort etc.) werden wir es Euch sofort
mitteilen. Es ist immerhin noch eine Woche Zeit. Herzliche
Grüsse B. Vorschlag
zur Tagesordnung und Verfahrensweise des Redaktionstreffens Die als
sich angeblich abzeichnendes Debakel dargestellten Punkte lassen sich vielleicht
in relativer Kürze abhandeln und sollten gleich am Anfang stehen. Es geht
zunächst um Beschuldigungen gegen unsere Gruppe bzw. deren exponierte Personen,
die in verschiedenen Varianten teils schon früher von Lohoff/Trenkle als Begründung
für die von ihnen vollzogene Spaltung der Nürnberger Gruppe genannt, teils in
der Baumgart-Mail massiv erhoben, teils von Wedel bei seinem jüngsten Ausstieg
aus unserem Diskussionszusammenhang wiederholt wurden, teils ganz außerhalb des
Krisis-Dunstkreises vor allem bei Softcore-Antideutschen und wer weiß noch wo
zirkulieren. Es geht nicht um den exakten Wortlaut oder die verschiedenen
Aggregatzustände, sondern um den sinngemäßen Kern; und es geht nicht um eine
formelle Verurteilung bestimmter Leute, sondern um eine kurze Stellungnahme
aller Redaktionsmitglieder zu diesen sinngemäßen Beschuldigungen, egal von wem
sie in welcher Schärfe erhoben wurden. Ihr
kennt uns alle seit Jahren, habt großenteils die Konflikte mit Karoshi und den
Parteigängern der Antideutschen im Krisis-Zusammenhang miterlebt und habt unser
Auftreten in den Kok- und Redaktionstreffen kennen gelernt. Deshalb möchten wir
von Euch folgende Fragen beantwortet haben: 1.
Ist es richtig, dass die erwähnten Konflikte durch
die quasi-stalinistische Fraktionskämpfer-Mentalität und Unduldsamkeit von
Robert Kurz entweder überhaupt erst erzeugt oder zumindest unnötig verschärft
wurden? 2.
Ist es richtig, dass Roswitha Scholz und Robert
Kurz als "schreckliches Paar" in den Krisis-Gremien ein autoritäres Diskurs-Regime
führen, das andere mundtot macht, und dass sie generell ein unmögliches
Diskussionsverhalten an den Tag legen? 3.
Ist es richtig, dass die Polemik gegen die
Antideutschen wesentliche Züge einer Sektenpolitik trägt und Krisis unmöglich
gemacht oder geschädigt hat? Wir
wollen nicht tatbestandsmäßig festgestellt haben, wer wann wo mit welcher genauen
Formulierung etwas in diesem Sinne geäußert hat, um dann ein Tribunal oder (im
Fall externer Gruppen) eine öffentliche Erklärung auf den Weg zu bringen. Es
geht überhaupt nicht um den Vollzug irgendeiner "Abrechnung", sondern darum,
was Ihr positiv zu solchen (oder ähnlichen) Anwürfen von verschiedenen Seiten
denkt. Diese Stellungnahme ist uns einzig deswegen wichtig, weil wir für unsere
weitere Mitarbeit bei Krisis wissen müssen, woran wir dabei sind, und zwar mit
Euch. Das hat keinerlei formale Konsequenzen. Wir denken nur, dass wir ein gewisses
Recht darauf haben, positiv zu wissen, ob eine ungenau "in den Raum gestellte"
harte Kritik dieser Preislage an uns von Euch ganz oder teilweise geteilt wird.
Wenn Ihr uns diese Stellungnahme verweigert, können wir daran nichts ändern. Es
würde uns einfach verunsichern und unsere innere Emigration verstärken. Im
Übrigen geht es nicht, wie Franz diese Dinge als bloße "Befindlichkeiten" oder
"üblen Ehestreit" genervt abzuwehren. Es ist richtig, über psychodynamische,
gruppendynamische Motive können wir nicht in der Redaktion befinden, weil sie
nicht objektivierbar sind. Aber Gegenstand muss es werden, wenn solche Motive
in ein sehr wohl objektivierbares Politikum umschlagen. Schon die nackte
Tatsache der Nürnberger Gruppenspaltung war ein Krisis-Politikum, und die
Begründungen dafür sind es erst recht; im landläufigen Sinne handelt es sich um
politische Denunziationen von führenden Krisis-Mitgliedern (als
Sektenhäuptling, Diskursdiktator etc. mit "unmöglichem Diskussionsverhalten"
und autoritären Vorgehensweisen etc.). Das geht weit über solidarische,
kasuelle Kritik hinaus in der politischen Generalisierung (die Spaltung der
Gruppe ist ja auch der organisatorische Vollzug dieses Hinausgehens über
"normale" Kritik), und deshalb kriegt man das allmählich auch bei den
Krisis-Feinden spitz als mögliche politische Denunziation: "Das sagen ja auch
die eigenen Leute" (ganz extrem war das übrigens schon so beim in Konkret
veröffentlichten Leipziger Polemik-Papier gegen Robert Kurz, da sagte Konkret
exakt das). Der
zweite Teil der angeblich debakelträchtigen Thematik muss unserer Auffassung
nach das Problem männerbündischer Strukturen und von
"Geschlechtspolitik" im Krisis-Zusammenhang sein. Es ist keineswegs zufällig,
dass sich in diesem Konflikt auf der einen Seite die meisten der wenigen in KOK
und Redaktion aktiven Frauen befinden (Roswitha, Brigitte und in einiger Hinsicht
auch Petra). Ein ungern thematisierter Hintergrund für die Nürnberger Spaltung
war nun mal das übelste männerbündische Mobbing, das ich je erlebt habe. Und
auch wenn Roswitha zur Diskursdiktatorin stilisiert wird, ist das nicht als
bloß gruppendynamisches Problem abzutun, sondern in seiner
geschlechtspolitischen Dimension offen zu legen. Ähnliches hat vielleicht Petra
beizutragen. Das alles ist Politikum, das kann man nicht als "üblen Ehestreit"
verschwinden lassen, um sich für unzuständig zu erklären, weil "so etwas" nicht
auf die Redaktions-, KOK - oder gar Krisis-Ebene gehöre. Auch
hier wollen wir keine formelle Verurteilung, kein Abstimmungsverfahren oder
dergleichen. Es geht darum, diese durchaus organisations- und diskurspolitische
Beziehungsebene als dieses Politikum zum Gegenstand zu machen. Es ist nicht zuviel
verlangt, auch in diesem Sinne von den Redaktionsmitgliedern Stellungnahmen zu
erbitten, die ja durchaus höchst unterschiedlich und gegensätzlich ausfallen können
(also keine 5:4-Abstimmung etc., sondern Stellungnahmen zur politischen Seite
der Beziehungsebene, die an diesem Punkt eben kein befassungsunfähiges Privatding
mehr ist). Der
dritte einschlägige Tagesordnungspunkt ist wieder ganz einfach. Unsere Gruppe
hat ihren weitgehenden Vertrauensverlust gegenüber der anderen Nürnberger
Gruppe geäußert. Deshalb halten wir es für nicht länger akzeptabel, dass diese
Gruppe den Krisis-Apparat, den Informationseingang und vor allem die Finanzverwaltung
monopolistisch unter ihrer Kontrolle hat. Natürlich werfen wir niemandem
Unregelmäßigkeiten vor. Vielmehr bezieht sich unser Vertrauensverlust darauf,
dass wir bei einer möglichen Trennung im Streit finanziell das Nachsehen haben,
wie es oft genug beim Auseinanderbrechen linker Gruppen der einen Seite
passiert ist. Deshalb wollten wir, dass die Finanzverwaltung ganz aus Nürnberg
wegverlagert wird zwecks Neutralität in vertrauenswürdigen Händen. Da dieses
Ansinnen für uns etwas überraschend die heftigsten Reaktionen seitens Franz hervorgerufen
hat (von Seiten der anderen Gruppe wissen wir keine Reaktion), schlagen wir
stattdessen einen Kompromiss vor: Die Finanzverwaltung bleibt in Nürnberg und
wird gleichberechtigt und zeichnungsberechtigt von Norbert Trenkle und Brigitte
Hausinger ausgeübt. Das wäre eine rein formal-funktionelle Beziehung, wo
Sachlichkeit geübt werden kann. Vielleicht hat jemand noch einen anderen
Einfall, der unseren Vertrauensverlust nicht einfach ignoriert. Des weiteren
möchten wir, dass alle eingehenden Informationen, Anforderungen,
publizistischen Anfragen, Verhandlungen usw. automatisch an alle
Redaktionsmitglieder weitergeleitet werden (ungeachtet der Bearbeitung, die
natürlich von den dafür Beauftragten gemacht wird). Wo
kein Vertrauen mehr ist, bleibt nur Kontrolle. Das ist dazu alles. Ansonsten
muss bei diesem Tagesordnungspunkt die formale Struktur des Fördervereins,
dessen Veränderung und die Neubesetzung der Funktionen geklärt werden (dazu
waren Vorschläge und ein Papier angekündigt). Im
Anschluss daran Finanzbericht, oder vorher? Als
vierten Tagesordnungspunkt schlagen wir die Diskussion über das vorliegende
Strategiepapier vor, vor allem die zu Grunde liegende Analyse und die
Schlussfolgerungen über ein weiteres Vorgehen, um überhaupt Kriterien für so
etwas wie Strategie in der Positionierung des wertkritischen Theorieprojekts zu
gewinnen, statt bloß von Entwicklungen getrieben zu werden. Der Nürnberger
Bruch wird dabei insofern sekundär berührt, als die Frage nach Kriterien der
Verbindlichkeit im Innen- und Außenverhältnis geklärt und solche möglichst
festgelegt werden sollten. Fünfter
Tagesordnungspunkt wäre dann wohl die nächste Krisis. Es stimmt nicht ganz,
dass hier gar nichts vorliegt, denn der Materialismus-Artikel von Christian ist
fertig. Ein zweiter Artikel von Christian zur Kritik an Rakowitz (Begriff des
automatischen Subjekts etc.) auf der Ebene der Ökonomiekritik ist weitgehend
fertig und bedarf nur noch geringer Überarbeitung. Christian könnte ihn
vielleicht noch verschicken oder zumindest den Inhalt kurz darstellen. Ungefähr
zur Hälfte fertig ist mein Artikel "Die Substanz des Kapitals. Abstrakte Arbeit
als Realmetaphysik und die absolute innere Schranke der Akkumulation" (könnte
vielleicht innerhalb von 2 Wochen fertig gestellt werden). Über Aufbau und Inhalt
kann berichtet werden. Als Referat fertig ist Roswithas erkenntniskritische
Erörterung zum Abspaltungstheorem; das muss noch als Text lektoriert und
überarbeitet werden. Auch darüber ist ein kurzer Bericht möglich. Ferner fehlt
beim Artikel von Franz nur der Schluss, wie er schreibt. Fertig ist auch der
Artikel von Claus Peter, der in akademischen Kreisen offenbar schon Furore
gemacht hat und unbedingt in die Krisis rein muss. Sonst ist uns nichts
bekannt, vielleicht hat Achim weitere Informationen. Selbst wenn sonst in
absehbarer Zeit nichts mehr kommt, wäre damit eine Krisis-Nr. in Bälde zu bestreiten.
Sechster
Tagesordnungspunkt könnte der Skandal um Raimund Philipp, Solidarisierung, publizistische
Aktivitäten usw. sein. Weiters
könnte ich für unsere Gruppe aufgrund von Aufzeichnungen einen kurzen Bericht
über unsere bisherige Diskussion und Vorgehensweise zum Thema mögliche
Globalisierungsbroschüre geben. Das
sind einige Vorschläge. An Achim ist die Bitte gerichtet, evtl. weitere Punkte
zu sammeln und eine endgültige TO vorzulegen. Die
Schwierigkeit mit dem Protokoll des letzten Treffens liegt in erster Linie
daran, dass damals keines festgelegt wurde, weil wir das schlicht vergessen
hatten, und das erst am Schluss zur Sprache kam. Roswitha hat eine Art
Rekonstruktion gemacht, die ich aufgrund meiner Aufzeichnungen ergänzen wollte.
Das hätte schon vor einiger Zeit geschehen sollen, ich habe es aber in den
jüngsten Turbulenzen versäumt und weiß nicht, ob ich jetzt noch den Nerv und
die Zeit dazu habe. Diesmal sollte das Protokollschreiben gleich von Anfang an
festgelegt werden, dann kommt so etwas nicht mehr vor. Was Ort
und Zeit angeht, so werden wir uns bemühen, noch rechtzeitig einen öffentlichen
Raum oder einen Gaststätten-Nebenraum zu finden. Falls das nicht klappt, wäre
mit 9 Personen eine Tagung teils in der Schwabenstrasse, teils am Kaiserplatz
rein räumlich noch möglich. Als
Beginn käme wie beim letzten Mal Freitag 15 Uhr in Betracht. Wenn jemand erst
später kann, bitte melden und Zeitpunkt des späteren Beginns mitteilen. Bei uns
können 1 oder notfalls 2 Personen übernachten. Wir bitten alle Auswärtigen,
sich mit bevorzugten Ansprechpartnern in Nbg./Fürth zwecks Übernachtung selbst
telefonisch in Verbindung zu setzen. Wer keinen Platz findet oder aus persönlichen
Gründen eher nicht will, möge bitte bei uns möglichst sofort anrufen, damit wir
eine Pension oder ein günstiges Hotel besorgen. Es ist
momentan nicht möglich, vorauszusagen, wann das Treffen beendet sein wird. Im
Übrigen, ganz einfach: in Zukunft muss beim Abschluss des jeweiligen Treffens
(oder generell) jemand festgelegt werden, der das nächste Treffen
organisatorisch vorbereitet. Das gehört auch zum Ende des informellen Zustands.
Da es Telefon und Mail gibt, muss das nicht unbedingt jemand aus Nürnberg sein.
Eine
letzte kleine Bemerkung: Es trägt ganz besonders zur Stimmungsaufhellung bei,
wenn angesichts einiger seitens der gesamten Redaktion versäumter Dinge unter
Abstrahieren von der realen Konfliktlage und unter eindeutiger Schuldzuweisung
der Status quo ante beschworen wird. Da weiß man wenigstens, was man denken
muss. Für unsere Nürnberger Gruppe,
R.K. --------------------------------------- Von: "Roswitha Scholz" Datum: Wed, 18 Feb 2004 15:07 Liebe
Mit-Redaktionsmitglieder, ich
habe zuerst gezögert, aber nach den jüngsten Mails und einer beginnenden
Schmutz- und Pathologisierungskampagne schicke ich Euch eine persönliche Erklärung
anbei. Jetzt reicht es auch mir. Beste
Grüsse Roswitha Liebe
RedakteurInnen, schon vor einigen Tagen habe ich eine persönliche Stellungnahme
zum Krisiskonflikt verfaßt. Nachdem ich sie geschrieben hatte, habe ich mich
jedoch gefragt, ob ich sie überhaupt wegschicken soll, da darin nicht zuletzt
die leidige Psychebene behandelt wird und manche davon gestrichen die Schnauze
voll haben und sich davon überfordert fühlen. Nach den Mobbing-Mails, ja der
Mobbing-Kampagne der anderen Seite, in der Bobby systematisch fertig gemacht
werden soll, bitte ich inständig darum, sie nun doch zu lesen. PERSÖNLCHE
STELLUNGNAHME 1. Um
es gleich vorweg zu sagen, ich beabsichtige nicht zu sagen, was "tatsächlich"
vorgefallen ist. Dass alle miteinander, also die "zwei Lager" zutiefst
verfeindet sind, wird an Norberts Mail selbst klar. Ich bekenne mich also als
befangen. Dass Norbert sich hingegen
objektiv wähnt, wird z.B. besonders deutlich, wenn er schreibt: "Die Ursache
(für die monatelange Vergiftung in Kok und Redaktion) muss klar benannt werden:
es ist Bobbys Fixierung auf die Idee einer Intrige gegen ihn, mit der er sich
und uns nicht in Ruhe lassen kann". Ausgerechnet
vor dem Hintergrund dieser Zuschreibung signalisiert er dann Dialogbereitschaft:
"Bin an einvernehmlichen Lösungen interessiert", die er jedoch durch Ton und
Inhalt der ganzen Mail dementiert: ER hat recht und ER weiß, was tatsächlich
passiert ist. Genau an derartigen Haltungen wird jedoch deutlich, dass man
nunmehr nur noch die "instrumentelle Vernunft" walten lassen muss, wie Hanns es
fordert. Zwischenzeitlich hat sich die Nürnberger
Situation noch zugespitzt. Karl-Heinz weigert sich aus Bobbys Garten
rauszugehen und will uns zwingen rechtliche Schritte zu unternehmen. Mit so
jemandem trete ich nicht mehr in einen Dialog ein, schon gar nicht rede ich
offen über meine Gefühle und Verletzungen, mit so jemandem verkehre ich bloß
noch per Rechtsanwalt, wie es von ihm auch gewünscht ist. Es ist einfach ein
Hohn, von Norbert dazu aufgefordert zu werden,
mit so jemandem andererseits über unsere Verletzungen offen zu reden und
noch in die Mail reinzuschreiben, dass Karl-Heinz zu einem gruppendynamischen Gespräch
mit uns bereit ist. Im übrigen ist es bezeichnend, dass
ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, wo es ziemlich vulgärmaterialistisch um die
Kasse geht, auf einmal wieder (Pseudo-)gespräche für möglich gehalten werden,
gar mit dem Ziel irgendwann wieder einmal "freundschaftlich" miteinander zu
verkehren. Nach all dem was gelaufen ist
und wie Norberts Mail verfasst ist, empfinde ICH das als Unverschämtheit. Die einzige Chance ist die der
"instrumentellen Vernunft". Die
Verhältnisse sind irreversibel zerrüttet. Einzig und allein die formale
Umorganisation und das Aufbrechen der Informalität kann meines Erachtens noch
Thema sein (Kasse, transparenter Informationsfluss für alle usw.) In diesem Kontext ist noch eines
festzuhalten: Die Nürnberger Frauen haben weiß Gott genug Konzilianz gezeigt:
Nach der Ohrfeige von Fritz habe ICH IHN angerufen, um die Situation zu
entschärfen. Und Brigitte hat Norbert angerufen, um ein Meeting mit ihm
auszumachen, nachdem ER SIE offen gemobbt hat.
Was tut frau nicht alles zum Erhalt des Krisiszusammenhangs! Ich weiß
bis heute nicht, warum mir Norbert vor ein paar Jahren plötzlich die kalte
Schulter gezeigt hat, bei noch formeller
Freundlichkeit. Ich kann hier bloß
männerbündische Interessen vermuten. Ich habe in der Tat oft das Gefühl, dass
Norbert und auch Karl-Heinz nicht aufrichtig sind. Es kommt erst nach Monaten,
ja Jahren heraus, was sie wirklich gedacht und empfunden haben; ja sagen wir es
ruhig, was sie im Schilde geführt haben. Diese Erkenntnis ist für mich
menschlich äußerst bitter. Ich bin aber nicht einfach bloß verstimmt, sondern
ich habe eine Sauwut, der ich an Krisis-Biertischen auch Ausdruck gegeben
habe. Wir können uns nicht mehr sehen.
Und wenn die anderen ehrlich sind, geben sie das auch zu. Es ist doch ganz
offensichtlich: vor allem Bobbyklatschen ist bei der Gegenseite längst zum
beliebten Sport geworden. Das wird trotz aller Offensichtlichkeit aber
geleugnet, weil man ihn nach außen hin als Aushängeschild und Spendenbeschaffer
braucht. Mir ist es nicht gegeben, so viel
"Contenance" wie Norbert zu wahren. Ich bin da in meinem Verhalten direkter,
naiver und primitiver. Von Norbert kam kein Klärungsangebot an mich, obwohl ich
sein Verhalten beim Kok wiederholt problematisiert hatte. Ungefähr 3 Jahre lang
hätte er dazu Zeit gehabt. Jetzt, wo die Situation sich zuspitzt und es um
seine Org- und Kassenmacht geht, will er auf einmal am Telefon wieder mit mir
"persönlich" reden. Übrigens habe ich das mit Fritzens Ohrfeige
nur kasuell betrachtet, also nach dem Motto: Männer sind auch nur Menschen;
inzwischen ist für mich klar, dass hier eine umfassende und ausgewachsene
Männerbund-Struktur vorliegt, viel schlimmer als ich mir das vorgestellt hatte.
Deshalb hat Norbert das Verhalten von Fritz stets wenn nicht gar gedeckt, so
doch ein Übermaß an Verständnis gezeigt. Bobby ist hier mein Flankenschützer, "mein
Zuhälter" wie ich immer sage, auf den frau in solchen Zusammenhängen auf gar
keinen Fall verzichten kann. Damit hat er sich aber ausgerechnet als
"Obermacker" auch zum Männerbundverräter gemacht. Dieser Tatbestand und die
damit verbundene paradoxe Struktur scheint es mir zu sein, worüber Bobby
gestolpert ist. Nachgetragen wird ihm von einigen inzwischen nicht mehr so ganz
jungen Jungbullen dabei gerade auch, dass sie sich an seiner Energie und seinen
Fähigkeiten männlich-identitär und konkurrent abarbeiten. 2. Ich
als von ihm hauptsächlich Angegriffene habe keine Antwort auf Karl-Heinz
Redaktions-Mail verfaßt, weil die Mail m.E. für sich steht. Aber jetzt muss ich
ja wohl was dazu sagen. Aus meiner Sicht ist es eine Verdrehung der
"Tatsachen", wenn Karl-Heinz sich von mir "genichtet" und unsichtbar gemacht fühlt.
Hier wird einfach in einer Art Negativ -political correctness der Spieß
umgedreht. Nicht Frauen, die wir zudem massenhaft im Krisiszusammenhang haben,
werden unsichtbar gemacht, wie dies für die Geschichte des warenförmig
patriarchalen Systems charakteristisch ist, sondern die doch genauso, wenn
nicht ERST RECHT unterdrückten Männer. Dabei ist der Schulterschluss von Karl-Heinz
mit Norbert und Fritz doch ganz offensichtlich (Stichwort: Dreierbande). Wenn
Norbert darauf verweist, dass in der Mail von Karl-Heinz das steht, was
"tatsächlich" stattgefunden hat, zeigt er, dass es ein gemeinsames
Interpretationsraster dieser dann eben wirklich existierenden "Dreierbande"
gibt; diese "Dreierbande" und die Existenz von 2 Lagern also keineswegs bloß
ein Konstrukt von uns sind, wie Norbert behaupten will. Ich habe die Unsichtbarmachung von Frauen
(nicht nur von mir, sondern auch von der schon einmal auch von Karl Heinz
mit-gemobbten Brigitte, die Karl-Heinz überhaupt nicht erwähnt) im
Krisiszusammenhang schon oft erlebt.
Bekanntlich habe ich zu dem Komplex Klasse-"Rasse"-Geschlecht und
postmoderne Individualisierung, der verdammt viel mit Aufklärungskritik zu tun
hat, gearbeitet. Mit Brigitte habe ich schon oft telefoniert, dass die von mir
eingebrachten Aspekte weitgehend einfach nicht sonderlich interessieren und man
nicht darauf eingeht. Dies gilt ganz besonders für Karl-Heinz. Mein "anderer
Zugang" (Abspaltung, Thematisierung und
Kritik von Rassismus, Sexismus usw.), passt offensichtlich nicht in schablonisierte
Fragestellungen. Die Genossin Roswitha bringt hier wieder mal alles
durcheinander. Die verschiedenen Zugänge können sich nicht bereichern, sondern
ein "anderer Zugang" interessiert einfach nicht. Im Übrigen: Hätte ich mich
immer bloß um den im Krisiskontext gerade im Mittelpunkt stehenden "Zugang"
gekümmert, gäbe es die ganze Wert-Abspaltungstheorie nicht. Meine Themen sind nun auch nicht gerade die
von Bobby. Bei ihm habe ich jedoch das Gefühl, daß ich machen kann, was ich
will. Seine Sichtweise und sein "Zugang" konkurriert nicht mit dem meinen. Dies
gilt auch für Udo. Die
Erfahrungen des Niederschauens und der Ignoranz (nicht-machens!) mache ich im
Krisiszusammenhang freilich nicht zum ersten Mal. So war z.B. Petra die einzige
aus Kok und Redaktion, die bei meiner Veranstaltung beim Seminar war. Und meine Beschäftigung mit
"Rasse"-Klasse-Geschlecht als eigenen Themen bewegt sich angeblich eh nur auf
der soziologischen Oberflächenebene, die traditionell im Krisiszusammenhang
nicht besonders hoch geschätzt wird. Andererseits muss ich jedoch auch sagen,
dass ich nicht in Gänze im Krisiszusammenhang von Männern "niedergeschaut"
werde. Da sind zum Beispiel Claus-Peter
und Gerard oder auch Martin, vornehmlich übrigens Männer, die sich nicht im
bzw. eher am Rande des inner circle des Krisiszusammenhangs bewegen. Bei diesen
Männern glaube ich ein aufrichtiges Interesse und ein Goutieren meiner
Wert-Abspaltungstheorie zu spüren. Dabei habe ich den Eindruck, dass es
gewissen anderen Männern ziemlich stinkt, daß die Wert-Abspaltungstheorie nicht
nur innerhalb, sondern auch außerhalb des Krisizusammenhangs auf eine gewisse
Resonanz stößt. Und tatsächlich hat Bobby ab einem gewissen
Punkt meine Gedanken protegiert, hat er darauf geachtet, dass sie neben anderen
im Krisisprojekt Bestand haben können. Vielleicht haben manche Männer allein
schon dies als Vergewaltigungsakt betrachtet. Dabei hat Bobby doch lange Zeit
in seinen Texten auf den Zusammenhang der Wert-Abspaltung selbst eher bloß
beiläufig Bezug genommen. In all den Jahren habe ich mich daran
gewöhnt "mein eigenes Ding zu machen", wenn ich es objektiv für richtig halte,
auch wenn "Zugang" und manche Themen im Krisiszusammenhang nicht gerade für
besonders wichtig gehalten werden. Hätte
ich mich von Anfang an von "Nichtungen" beeindrucken lassen, die auch Bobby bis
Anfang der Neunziger im Hinblick auf feministische Fragestellungen massiv drauf
gehabt hat, wäre ich zu gar nichts gekommen. Mir war natürlich die ganze Zeit bewusst,
dass die Spannungen in der Krisis auch dicke etwas mit der
Geschlechterproblematik zu tun haben, allerdings war mir nicht bewusst, wie
viel abgrundtiefer Hass damit verbunden ist. Dabei wird nicht nur Bobby als
priapistisch empfundener Leader, der als "unmenschlich" in seiner Produktion
gilt, als Konkurrenzobjekt gesehen, sondern gerade auch ich als Frau. Ich glaube
in der Tat, dass in der alten Nürnberger Gruppe vor allem Bobby und
Bernd alias Peter Klein (was immer man sonst von ihm und seinen Ausführungen hält)
zentrale Gedanken der Wertkritik entwickelt haben und zwar vor allem im stillen
Theoriekämmerlein und nicht unbedingt primär durch die Gruppendiskussion. In
der Gruppe waren die beiden in erster Linie Stichwortgeber und Inspiratoren für
die anderen. Dennoch habe ich Karl-Heinz, Norbert und auch Fritz schon häufig
zu erkennen gegeben, dass ich so manche Artikel von ihnen gut fand und sie
keineswegs als "nichtig" ansehe. Es geht aber einfach zu weit, wenn Fritz sich
- und dies wurde uns von mehreren Seiten schon berichtet - gewissermaßen als
Ghostwriter von Bobby ausgibt und dies verbreitet; als habe eigentlich er
Bobbys Bücher verfasst. Hier geht es einfach um Konkurrenz, Neid u.ä. unter
Männern. Und in diesem Zusammenhang habe ich einfach den Eindruck, dass
zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine breite Kluft besteht. Es ist gerade
diese Kluft und es sind genau derartige Haltungen, die es mir in der Tat schwer
machen, auf BESTIMMTEN EBENEN Respekt zu empfinden, auch wenn ich so manchen
Artikel durchaus gut finde; zumal ich jahrelang mitbekommen habe, dass man sich
selbstredend an Bobby anlehnen will, und man gleichzeitig nach mir als Frau mit
den Füßen getreten hat. So banal es ist und so klischeehaft, so sehr trifft es
leider zu - und das mußte ja kommen: hier werden Kastrationsängste des
"hausfrauisierten" Mannes sichtbar. Dieses Klischee trifft die Sache m.E.
einfach. In der Verkehrung wird nun so getan, als wäre ICH nicht bloß die
Fußtreterin, sondern mir wird von ihnen aus die Macht eingeräumt, sie gar zu
"vernichten"! . Ich halte mich mit meiner
Wert-Abspaltungs-Theorie übrigens keineswegs für besonders originell. Im
Zusammenwurf von Wertkritik, kritischer Theorie und feministischen Überlegungen
habe ich zwar etwas neues kreiert, allerdings auf vielen
anderen Standbeinen. 3.
Norbert schreibt, dass er und Fritz von Bobby aus dem Krisiszusammenhang
herausgedrängt werden sollen. Das halte ich für Unsinn, davon war bei uns nie
die Rede; allerdings traue ich Bobby harsche Aussagen etwa am Telefon in Rage
durchaus zu, wenn er sich grundsätzlich angegriffen fühlt. Er ist ja nun nicht gerade ein kontrollierter
Typ. Andererseits kennt man Bobby ja nun schon jahrelang (manche fast schon
jahrzehntelang), hat man ein "implizites Wissen" (Michel Polanyi) und man
müsste wissen, dass letztendlich vieles nicht so heiß gegessen wie gekocht
wird. Hatte man früher noch ein
patriarchales Anlehnungsbedürfnis - und vielleicht vergisst man gerade deshalb
ein ehemals vorhandenes implizites
Wissen - so bläst man ihn nun zum hollywoodreifen King Kong auf, der in seiner
Monstrosität und Gefährlichkeit unentwegt New York in Angst und Schrecken
versetzt und endlich in Ketten gelegt gehört. In
Wirklichkeit ging es Bobby aber keineswegs um den tatsächlichen Rausschmiss von
Fritz und Norbert, sondern es ging ihm schlicht und ergreifend darum, die Finanzen
und die Organisation umzustrukturieren, nachdem ein Vertrauensverhältnis
verloren gegangen ist. In diesem Zusammenhang verwundert es dann
doch sehr, dass Franz nach gehabten Spannungen mit Fritz und Norbert plötzlich
unumwunden auf deren Seite steht. ER hat recht dumm geschaut als ihm sein Geld
aus der Krisiskasse unvermutet nicht ausgezahlt wurde. Und er hat sich
beschwert, dass Norbert Informationen offensichtlich nicht weiter gibt. Nicht
zuletzt Franz hat uns da erst so richtig heiß gemacht und nun will er nichts
mehr davon hören. Was weiß ich, was da gelaufen ist. Byzanz, Byzanz ... Ob man hier von einem vorsichtigen
Vermittlungsversuch von Franz sprechen kann, bezweifle ich sehr. Allerdings
gilt dies durchaus für die Achim-Intervention, der im Großen und Ganzen viel
weniger zum Mail- und Telefonklüngel im Krisiszusammenhang wie Franz gehört und
von daher auch einfach weniger mitkriegt und es sicher gut gemeint hat. Bobby
hat seine schroffe Mail im Hinblick auf den Achim-Beitrag bedauert und sich
auch bei ihm diesbezüglich gemeldet. King Kong in absolutum haut eben nicht
hin. 4.
Norbert spricht im Hinblick auf Bobby von einem "TEILWEISE (Hervorheb. von mir,
R.S.) in der Tat dominantem Verhalten". Dass hier eine "Versämtlichung" (Hedwig
Dohm) vorliegt, zieht sich durch die ganze Mail. Jede/r hat "Furcht in die Mailmaschine zu gelangen;
freilich wird erst recht auch Moni "genichtet" (Oberpatriarch!). Karl-Heinz wird nicht nur von mir, sondern
freilich auch von Bobby "genichtet". Ebenso Fritz und Norbert (es wird Zeit,
daß die Jungs mal erwachsen werden, und ihr Selbstwertgefühl nicht bloß in der
Abgrenzung zum Übervater bestimmen müssen). Und so versucht Bobby auch bloß von
seinem patriarchalen Verhalten abzulenken, als Alleszermalmer, als
Allesvernichter, indem er die anderen als Männerbündler diffamiert. Dahinter
steht freilich: Er mit seiner aggressiven King Kong-Art ist der Ober-Patriarch,
das sieht doch ein jeder. Nach allem, was ich erlebt habe, kann ich
auf einen Beschützer wie Norbert, der Frauen angeblich nicht zum Objekt machen
will, verzichten. Es ist kein Zufall, dass sich die Frauen zumindest im
inner-circel der Krisis soweit ich sehe in erster Linie auf Bobby beziehen und
zu ihm mehr Zutrauen haben, sich im Männerbund Gehör verschaffen zu können, als
bei dem scheinbar so sanften und gewaltlosen Norbert und den "hausfrauisierten"
und misshandelten Opfer-Männern in der anderen Gruppe, die meines Erachtens
wenig mit einer Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen im
Krisiszusammenhang zu tun haben, aber
stattdessen umso mehr darunter leiden, als Mann scheinbar nicht anerkannt zu
sein und sich gerade deswegen mit der Soft-Masche an die Frauen anwamsen.
Nochmals: Es geht hier nicht allein um patriarchale Strukturen, sondern um die
Durchsetzung männlicher Interessen in warenförmig-patriarchalen Verhältnissen.
Aus meiner Sicht verdeckt der Angriff auf den dominanten und aggressiven
Macho-Mann Bobby das eigene Dominanzstreben. Ohne Bobby wäre schon so manche
der ohnehin wenigen Frauen im Krisiszusammenhang abserviert. Dabei will mit
meinen Ausführungen überhaupt nicht bestreiten, daß Bobby durchaus auch ein
problematisches Dominanzverhalten zeigt; die Thematisierung dieses Verhaltens
durch ein männliches Konkurrenz und Macht-Individuum wie Norbert ist aber nicht
koscher. Was dieses Verhalten von Bobby angeht, so
zeigt er es übrigens vor allem dann, wenn er eine grundsätzliche Feindseligkeit
verspürt. Sein Fehler ist dabei aus meiner Sicht jedoch, dass er sich jahrelang
als scheinbar indifferenter Boxsack benutzen lässt, um dann endlich in die Luft
zu gehen. Dann bleibt oft kein Auge trocken. Mein Rat deshalb an Bobby: schon
früher seinen Ärger und Unmut zeigen, Sachen klären und zur rechten Zeit und in
der rechten Situation auf den Tisch hauen. Manch cholerischer Anfall ist für
andere nämlich dann, wenn er kommt, weil sich etliches angesammelt hat,
möglicherweise gar nicht mehr nachvollziehbar. Bobby ist also keineswegs frei von
patriarchalen Verhaltensweisen (wie ich umgekehrt auch nicht frei von
weiblichen bin, trotz meines Rufs als Krisismegäre habe ich immer wieder mal
versucht den Zusammenhang zu kitten, z.B. als ich nach der Watschen auf Fritz
zugegangen bin oder auch jetzt, wenn ich Bobbys Verhaltensweisen zu "verstehen"
versuche). Und so ist es auch in der Tat zu problematisieren, wie Bobby Moni nach dem Karl-Heinz -Knatsch begegnet
ist. Ich kann es aber nicht nur nachvollziehen, sondern empfinde es genauso wie
er, dass in einer intriganten Struktur und einem byzantischen Gespinst
sondergleichen wie der Krisisgruppe einem dann auch Moni nicht ganz geheuer ist
(wobei auch früher schon Moni selber mir gegenüber Misstrauen geäußert hat im
Hinblick auf diese intrigante Struktur in der Krisis!). Allerdings ist es
äußerst schräg und Scheiße, wenn dies dann in der Form patriarchaler
Zuschreibungen daherkommt. 5. Nun
noch kurz zum Punkt Denunziationen/Wahnvorstellungen. Leider handelt es sich nicht nur um
Phantasien von Bobby, sondern es sind Aussagen bzw. auch Mails von Petra,
Horst, Frank und sogar Franz da und natürlich auch die früheren tatsächlichen
Hasspapiere von Fritz gegenüber Bobby, die er nun zum Teil auch in Wien zu
verteilen scheint und andere Dinge, die noch zur Sprache kommen. Die Vergiftung
der Atmosphäre geht also leider nicht bloß von unserer Seite aus. Daß selbst
Franz teilweise so empfindet und er nicht als Sektenhäuptling dastehen möchte
(hoffentlich erinnert er sich daran auch noch in der Redaktion), zeigt, dass
Bobby nicht bloß wild herumphantasiert und das Problem nicht auf die Nürnberger
Gruppendynamik zu beschränken ist. Deshalb gehört es in die Redaktion und ist
nicht einfach Privatsache. Langer
Rede kurzer Sinn: Neben dem Punkt der denunziatorischen statt solidarischen
Kritik und der Geschlechterfrage ist es vor allem die Organisationsfrage und
die Neuorganisation der Finanzen, die auf dem Redaktionstreffen im Mittelpunkt
stehen müssen und nicht die Psychodynamik. Nachdem unser Vorschlag, die Finanzen
aus Nürnberg wegzunehmen bei der Gegenseite nicht angekommen ist, waren wir
bereit, das ganze in Nürnberg zu belassen, allerdings in einer
Norbert-Brigitte-Connection und nicht mehr in einer Norbert-Karl-Heinz
Connection, bei der die Kasse in der Hand der anderen Gruppe ist, um so das
gemeinsame Krisis-Projekt zu retten. Wir bewegen uns hier also durchaus und
sind keineswegs stur und "ultimativ". Obwohl
Franz dies weiß, schreibt er seine Mail "Strukturelemente" so, als wäre da gar nichts
passiert. Irgendwie habe ich den Eindruck in diesem Konflikt, dass Franz gar
nicht ins Konzept passt, dass Bobby sich bewegt. Damit aber erhöht Franz selber
das Potential, dass der Krisiszusammenhang auseinander fliegt. Gruppen - und
interessensstrategisch scheint es ihm irgendwie nicht zu passen, dass der
schlimme, unflätige Kurz so schlimm dann doch nicht ist. Die Voraussetzung miteinander wirklich
"kollegial" umgehen zu können (Gefühle und Vertrauen kann man nicht
kommandieren, Franz) ist die Neuregelung des materiellen Fundaments der Krisis
und die Organisationsfrage. Wenn da die Spannung raus ist, kann man vielleicht
wieder unbefangener miteinander umgehen. Und nach einer Zeit in der man über
Inhalte und Sachen kommuniziert hat, ist dann irgendwann mal für die
Kombattanten ein klärendes Psychogespräch möglich. So etwas kann man aber nicht übers Knie
brechen. Der bisherige Mailwechsel zeigt, dass BEIDE Seiten derzeit zu einem
solchen einvernehmlichen Gespräch nicht bereit und dazu in der Lage sind. Die
Mails sind voll mit gegenseitigen Schuldzuschreibungen und Vorwürfen. Ich war
gerade mit dieser Mail fertig, als von Norbert die Mail "Ein Beispiel mit System"
kam, die meine Einschätzung voll bestätigt. Gleichzeitig kam auch noch eine
persönliche Mail von Franz an Bobby, aus der ich zitiere (auf Verlangen
schicken wir die Mail gerne): "Warum
schließt du eigentlich so dezidiert aus, dass nicht sein darf, was so
offensichtlich ist, nämlich dass du als gekränktes Subjekt mit einer bestimmten
Situation, die dich eigentlich völlig ratlos und hilflos macht, absolut nicht
fertig wirst, und daher Hilfe brauchst (!). Das ist keine Schande. Du jedoch
willst in obligater Manier Schluss machen, und in deiner Panik (ja es ist
Panik, die sich aggressiv kleidet!) fällt dir als gelernter K-Gruppler (!) nur
die K2L Taktik ein. Selbst jene Leute sehen das, die es sich aus Rücksicht auf
dich oder aus Furcht nicht zu sagen trauen. Wir werden um die Debatte auf
dieser Ebene nicht herumkommen (...)". Franz pathologisiert wüst und schürt hier
byzantinische Annahmen und Ängste, um sogleich deren Vorhandensein
auszuschließen: "Ich fürchte du wirst sehr einsam sein. Die Ausweitung wird in
Nürnberger Zuständen enden, nämlich in deiner Isolation, was niemand wollen kann,
und du wahrscheinlich nur als neuerliche Verschwörung, Intrige oder sonst was
wahrnimmst, indes du doch eigentliche ein ausgesprochen warmherziger,
liebenswürdiger und geselliger Mensch bist, der aber begonnen hat die dunkle
Seite seines Subjekts über all das zu ziehen (!), was ihn als Individuum so
auszeichnet. Man muss nicht nur andere vor dir schützen, man muss auch dich vor
dir schützen, und auch wenn es nicht gelingen sollte, muss es probiert werden".
Zynisch "freundliche" Pathologisierung, und
die Androhung der Totalisolierung von Bobby im männerbündischen Universum,
während die andere Nürnberger Gruppe und die Frauen, Brigitte und ich,
überhaupt nicht mehr vorkommen. So sieht also die Bereitschaft zum
"einvernehmlichen Gespräch" des anderen Lagers aus, zu dem Franz mittlerweile
voll gehört. Den anderen für verrückt erklären, andeuten dass in Wirklichkeit
alle gegen ihn sind (man hat da in der Zwischenzeit offensichtlich auch
gewühlt). Mehr als eine einseitige Schuldzuweisung wird hier nicht mehr
sichtbar, die nun aber wirklich jede Bereitschaft zu einem "einvernehmlichen
Gespräch" dementiert. Deine Methode ist
mehr als übel, mein lieber Franz! So
etwa gibt es eigentlich gar nicht ! Mit der Thematisierung über die Verfügung
der Kasse haben wir offensichtlich in
ein Wespennest gesprochen. Ein Basisproblem dabei scheint mir hier die materielle
Reproduktion einiger Leute sein, die über die vor allem auch durch Bobby hereingekommenen
Spenden unter sich bestimmen wollen. Es kommt mir im Nachhinein richtig vor,
Bobby geraten zu haben, nicht auf die Psycho-Papiere von Norbert und
Karl-Heinz geantwortet zu haben; in
Wirklichkeit hat der ganze Konflikt vielleicht einen ziemlich
vulgärmaterialistischen Hintergrund. Langsam frage ich mich tatsächlich, was da
eigentlich los ist. Warum läuft plötzlich eine derartige Denunziationsmaschine? Jetzt also volle Kanne. Der massiv gehäufte und oft gleichzeitige
Eingang der Hass-Mails von Norbert,
Karl-Heinz und auch Franz macht auf mich unwillkürlich den Eindruck, dass hier
eine abgesprochene Mobbing-Kampagne läuft, selbst wenn ihnen das nichts bringt,
weil sie dann einen ihrer geistigen und materiellen Hauptzubringer verlieren.
Bobby soll offensichtlich fertig und "verrückt" gemacht werden. Ich habe meine
Zweifel, ob da mit diesen Leuten selbst auf der Ebene "instrumenteller
Vernunft" noch was laufen kann. Wie es weiter geht, weiß ich nicht, ich
werde mich aber mal ans Telefon setzen. So nicht! Roswitha ... und deren administrative
‚Lösung’" Claus Peter
Ortlieb
Persönliche Erklärungzu der am 20. Februar 2004 vollzogenen Spaltung der Krisis Die am 20.02.04 vom Vereinsvorstand eingesetzte Krisisredaktion unterstellt in ihrer Erklärung an die Mitglieder des KOK, meine von der ihren abweichende Entscheidung beruhe wesentlich auf einer falschen Loyalität gegenüber Robert Kurz und Roswitha Scholz. Richtig ist, dass ich mit allen Redaktionsmitgliedern bis zuletzt loyal zusammengearbeitet habe, dass Franz Schandl und Norbert Trenkle mich aber grob getäuscht und damit auch mir ganz persönlich die Loyalität aufgekündigt haben: Norbert Trenkle hat es in einem Telefongespräch eine Woche vor dem Redaktionstreffen auf meine ausdrückliche Frage hin weit von sich gewiesen, eine Krisis ohne Robert Kurz anzustreben. Franz Schandl hat mich noch einen Tag vor dem Treffen angerufen und seiner Besorgnis Ausdruck gegeben, ob denn die verfahrene Situation wohl noch konstruktiv gewendet werden könne. Kein Wort davon, dass er seine "Lösung" bereits parat und in Gang gesetzt hatte. Wie soll ich Leute nennen, die mich in aller Freundlichkeit und mit dem ihnen zu Gebote stehenden Charme anlügen? Mit ihnen weiter zusammenzuarbeiten, übersteigt jedenfalls meine Fähigkeiten. Es gab in Vorbereitung auf das Treffen von Petra Haarmann, Hanns von Bosse und mir getragene Vorschläge, das persönliche Zerwürfnis nach dem "Zerrüttungsprinzip" zu behandeln und die Redaktionsarbeit durch formale Zuordnung von Verantwortlichkeiten und weitgehende Auslagerung aus Nürnberg dem Einfluss der dort prozessierenden Psychodynamik zu entziehen. Aus meiner Sicht hätte dazu auch eine verbindliche Regelung gehört, die das Austragen persönlicher Konflikte (Verbalinjurien auf der einen, Pathologisierungskampagnen auf der anderen, "schmutzige Wäsche" auf beiden Seiten) auf der Ebene der Redaktion (und des KOK) unterbindet. Ich habe beiden Konfliktparteien am Telefon zugleich sehr deutlich gemacht, dass ich keine Regelung mittragen werde, die auf dem Ausschluss einzelner Redaktionsmitglieder basiert. Ob diese Vorstellungen vor dem Hintergrund der inzwischen fortgeschrittenen Eskalation noch tragfähig gewesen wären, weiß ich nicht. Das zu überprüfen war nicht mehr möglich, die Vorschläge wurden gar nicht erst diskutiert. Die eine der beiden Konfliktparteien hat es vorgezogen, die Angelegenheit der Redaktion zu entziehen und administrativ in ihrem Sinne zu entscheiden. Vorgegangen wurde nach dem archaischen "Schuldprinzip", zu Richtern in diesem "Scheidungsverfahren" wurde Leute aus der eigene Clique bestellt. Peter Millian und Bernd Suffert haben ihre Kenntnis der Vorgänge aus Informationen bezogen, die ihnen vermutlich am Biertisch übermittelt wurden. Sie haben es jedenfalls nicht für nötig gehalten, die Gegenseite und die bis dato ja immer noch die Redaktionsmehrheit bildenden "Nichtkombattanten" anzuhören. Wer hier der Hund und wer der Schwanz ist, wird auch daran deutlich, dass die neue Redaktion jetzt eine Erklärung abgibt, die bei einem korrekten Vorgehen Sache des Vorstands gewesen wäre. Im Ergebnis wurden die eine Nürnberger Konfliktpartei (Bobby und Roswitha) sowie vier Personen von außerhalb (Petra, Hanns, Christian und ich) aus der Redaktion entfernt und durch zwei Mitglieder der anderen Konfliktpartei (Fritz und Karl-Heinz) ersetzt, die jetzt die Mehrheit in der Redaktion stellt. Es möge bitte niemand behaupten, die Entfernung der Nicht-Nürnberger sei nicht beabsichtigt gewesen. Diese Konsequenz war zum Zeitpunkt des Beschlusses den Akteuren durchaus bekannt. Einer durch private Beziehungen verbundenen Clique ist es jetzt gelungen, die Ressourcen der Krisis und die Kontrolle über ihre Verwendung an sich zu bringen. Einen derartigen Vorgang bezeichnet man wohl als Putsch. Dass die allgemeine gesellschaftliche Tendenz zur Mafiotisierung bereits soweit vorangeschritten ist, habe ich vorher nicht gewusst. Franz Schandl hat bei der Verkündung des von seinem Racket erlassenen Dekrets unter ausdrücklichem Bezug auf Carl Schmitt festgestellt, es ginge im vorliegenden Ausnahmezustand ganz dezisionistisch um die Entscheidung, wer Freund und wer Feind sei. Damit ist jede Zusammenarbeit von vornherein ausgeschlossen, jeder weitere Vermittlungsversuch sinnlos. Die Spaltung der Krisis haben diejenigen zu verantworten, die jetzt in aller Unschuld vorgeben, sich um ihre Funktionsfähigkeit zu sorgen. Hamburg, 23. Februar 2004 Vor der
Mitgliederversammlung (MV) des Fördervereins der Krisis im April 2004 unterbreitete
die "Vierer-(Männer)-Bande" der "Provisorischen" vier Papiere: Ernst Lohoffs "Clash of cultures",
Norbert Trenkles "Kleine
Krisis-Kassenkunde", eine persönliche Erklärung von Franz Schandl "Warum zu tun
war, was getan wurde" und Karl-Heinz Wedels "Die Mechanik der Subsumtion", auf die Robert Kurz in seinem weiter hinten auszugsweise
abgedruckten Papier "Die Revolution der Nettigkeit"
noch näher eingeht. Im Vorfeld nicht bekannt war, dass sich die "Provs" mit dem
unrechtmäßigen und Manipulations-Instrument notariell beglaubigter Blanco-Vollmachten
Mehrheiten sichern wollten und dann auch einsetzten. Zu diesem Treffen meldete
sich auch ein nicht im engeren Kreis und in die Nürnberger "Beziehungsprobleme"
involviertes Mitglied
zu Wort. An
Es wurden lediglich die der
"groupe de coup" genehmen, hörigen oder vielleicht auch schon angehörenden
Vorstandsmitglieder und eben nicht für eine a..o. MV
(die das weitere Mitglied Hans von Bosse sicher mitgetragen hätte) sondern für
die "Stunde der Entscheidung" im kleinen Kreis am 20.2.2004 hier und jetzt und
sofort aufgeboten. Dies ist nicht nur nicht in der bisherigen Vereinssatzung so
vorgesehen und zukünftig notwendig auch formell klar und richtig und ganz
anders zu regeln. Wenn zu einer Redaktionssitzung eine Gruppe von Mitgliedern
zum Zwecke der Zur- Schaustellung einer un-gehörigen Mehrheit bei der
Zusammenkunft mitbringt, was nicht dazugehört, und über die Köpfe der
realexistierenden Mehrheit (ob nun genehm oder nicht) ultimative Entscheidungen
und den Rauswurf eines oder mehrer Redaktionsmitglieder verkündet und den
Verlust weiterer billigend oder gerne in Kauf nimmt, dann ist dies weder
formell noch inhaltlich zu billigen. Mensch mag über die Berechtigung des einen
oder anderen Begriffes für solches Vorgehen herumphilosophieren. Es hat ‚was
von einem "Putsch". Und wenn es bis zum 20. nur "Halluzinationen" des "kranken"
Robert Kurz gewesen sein mögen, dass sich da etwas "zusammenbraut", dann
scheint es mit und nach dem 20. in der Tat weniger abwegig, als mensch zu
glauben wagte. "Gleichzeitig treten die instrumentellen
Rechtsfetischisten von Rest-"Krisis" die Flucht nach vorn an, indem
sie linkspopulistische Töne gegen die Rechtsform spucken" DIE GAUNER DER RECHTSFORM ALS
LINKSPOPULISTISCHE BIEDERMÄNNER Wie Rest-"Krisis" die
eigenen Spuren verwischen möchte Am
liebsten hätten es die Usurpatoren des von ihnen als "Markenklamotte"
betrachteten "Krisis"-Labels
natürlich gehabt, dass sie nach dem mit unlauteren Mitteln inszenierten
Hinauswurf der ehemaligen Redaktionsmehrheit ihre Ruhe haben und die Früchte
ihres "Coups" genießen könnten. Umso größer das Gezeter, dass jetzt
die Illegitimität ihres Vorgehens auch auf der juristischen Ebene attackiert
wird. Mit dem falschen Gestus der Antibürgerlichkeit beklagt sich
Rest-"Krisis" beim Publikum darüber, dass "das Recht eine der
Lieblingswaffen von >Exit< geworden" sei. Anscheinend haben diese
Verächter des bürgerlichen Rechts schon nach drei Monaten vergessen, dass das
bürgerliche Recht ihre Lieblingswaffe war, um die "Krisis"-Redaktion
gegen den Willen der Redaktionsmehrheit an sich zu reißen und die unliebsamen
bisherigen Hauptautoren hinauszuwerfen. Diese
"Herrschaftskritiker" wussten sich eben der Herrschaftsmittel zu
bedienen. Zur Information und zur Erinnerung: Mittels einer
Instrumentalisierung des formaljuristischen Status des
"Krisis"-Fördervereins wurde unter ausdrücklicher Berufung auf den
Nazi-Rechtstheoretiker Carl Schmitt ein "Ausnahmezustand" ausgerufen
und mit Hilfe von zwei Vorstandsmitgliedern, die mit Redaktion und
Theoriebildung noch nie etwas oder schon lange nichts mehr zu tun hatten, die
bürgerliche Rechtsform in Anspruch genommen, um sich das
"Krisis"-Label anzueignen. Die
juristische Farce der jetzigen Rest-"Krisis" setzte sich fort durch
eine anschließende Mitgliederversammlung mit einer unwürdigen
formaldemokratischen Abstimmung über das Schicksal der Theoriezeitschrift durch
eine zufällige Menge von passiven Rezipienten, die "Volksgericht"
spielen sollten und teilweise auch wollten. Diese formaljuristische Inszenierung
wäre sogar schief gegangen, weil die anwesenden Mitglieder mit einer Stimme
Mehrheit gegen die Regisseure der Farce entschieden. Diese zogen jedoch vier
Blanko-"Vollmachten" von nicht Anwesenden aus der Tasche, um sich zum
"Sieger" zu erklären; abermals eine Instrumentalisierung der
formaljuristischen Ebene. Jedoch eine in doppelter Hinsicht falsche. Denn
erstens war dieses Vorgehen natürlich völlig illegitim, weil die gesamte
Mitgliedschaft nicht über ein Verfahren mittels Vollmachten informiert worden
war, also dieses Mittel einseitig und überfallartig benutzt wurde. Und zweitens
war es juristisch illegal, weil nach dem Vereinsrecht Vollmachten unzulässig
sind, sofern nicht ausdrücklich in der Satzung vorgesehen (was beim
"Krisis"-Förderverein nicht der Fall ist). Es
ist wirklich ein schlechter Witz: Diejenigen, die das bürgerliche Recht
instrumentalisiert und gleichzeitig zu ihren Gunsten immanent gebrochen haben,
posieren nun als großartige Rechtskritiker. Dann allerdings wären auch
Handtaschenräuber und Serienkiller revolutionäre Kritiker der Rechtsform. Die
inszenierte juristische Farce von Rest-"Krisis" kann nicht anders als
mit juristischen Mitteln beantwortet werden. Was nur heißt, dass die
illegitimen Aneigner des "Krisis"-Labels auf Heller und Pfennig die Zeche
zahlen müssen, die sie gern geprellt hätten. Hier gilt eben nicht nur, dass
"mit Musik gekämpft wird", sondern vor allem: Wer die Musik bestellt,
der zahlt sie auch. Nicht
anders steht es mit der Geiselhaft unserer Texte auf der Homepage der
"Krisis"-Usurpatoren. Sie haben uns mit schmutzigen Mitteln
hinausgeworfen, aber sie möchten unsere Namen, unsere Ideen und unsere
Schriften weiterhin als Aushängeschild benutzen und sich die Definitionsmacht
über die Geschichte der wertkritischen Theoriebildung unter den Nagel reißen.
Niederträchtiger geht es kaum noch. Es ist eine "Aneignungsbewegung"
der besonderen Art. Als "Krisis" soll es uns nicht mehr geben, aber
unsere Eliminatoren wollen nun mit "Macht" unsere intellektuelle
Erbmasse verwalten. Die Dreistigkeit hat allerdings einen faktischen Grund:
Wenn die Artikel von Robert Kurz, Roswitha Scholz und Claus Peter Ortlieb sowie
die Übersetzungen von Petra Haarmann heruntergenommen werden müssen, sieht die
Homepage von Rest-"Krisis" elend kahl aus und es wird unübersehbar,
wer hier die theoretische Substanz repräsentiert. Die Vermarktung des Labels
durch seine illegitimen Aneigner würde damit der Lächerlichkeit preisgegeben.
Im Übrigen ist die Rechtslage völlig klar, und wir werden dafür sorgen, dass
unsere Texte komplett von dort verschwinden, wo wir sie nicht haben wollen. Wer
diese Texte herunterladen will, kann dies jederzeit von der EXIT-Homepage aus
machen. Wir stellen diese Texte auch gelegentlich kostenlos für einen Abdruck
zur Verfügung (etwa jüngst einer norwegischen Studentenzeitung), aber wir
wollen selber die Kontrolle darüber behalten. Die
Verlogenheit von Rest-"Krisis" ist wirklich weltrekordverdächtig.
Diese Leute sprechen euphemistisch von "ausgeschiedenen Mitgliedern"
und von einer "gemeinsamen Publizistik", die nicht deshalb hinfällig
werde, "weil einige der daran Beteiligten jetzt die Krisis verlassen
haben". Stalin hatte wenigstens noch den Anstand, sich nicht mit den
geistigen Erzeugnissen eines Bucharin schmücken zu wollen und damit hausieren
zu gehen. Gleichzeitig
treten die instrumentellen Rechtsfetischisten von Rest-"Krisis" die
Flucht nach vorn an, indem sie linkspopulistische Töne gegen die Rechtsform
spucken und dabei die Gedankenlosigkeit einer formal egalitaristischen Szene
bedienen. Sie merken nicht einmal, dass ihre Adaption etwa des
Copyleft-"Prinzips" selber dem Rechtsfetisch aufsitzt. Nur zur
Klarstellung: Wenn wir das von Robert Kurz mitverfasste "Manifest gegen
die Arbeit" auf unsere Homepage stellen, hat das gar nichts mit einer
Inanspruchnahme jenes ausgeheckten "Prinzips" zu tun. Es handelt sich
bei diesem um einen neo-kleinbürgerlichen Utopismus, der sich die Unterbietung
gewerkschaftlicher Standpunkte im Sinne einer freiwilligen Selbstenteignung von
Autoren als transzendierendes Programm in die Tasche lügt. Wir warten darauf,
dass sich die Neonazi-Querfront-Postillen dieses formalistischen
"Prinzips" bedienen. Der Weg von Rest-"Krisis" in den
Bewegungs-Opportunismus ist vorgezeichnet. EXIT
wird sich in der demnächst erscheinenden ersten Ausgabe nicht vorrangig mit
diesem intellektuellen Abstieg einer "Wertkritik light" beschäftigen.
Erst recht nicht werden wir uns allerdings davon abhalten lassen, mit den
gebotenen Mitteln gegen die formaljuristischen Aneigner des "Krisis"-Labels
und unserer Texte vorzugehen. Peinlich sind einzig und allein die mittels
Instrumentalisierung der Rechtsform zur "Bedeutung" aufgeblasenen
unreflektierten Pseudo-Verächter des bürgerlichen Rechts, deren theoretische
Hinfälligkeit und Unselbständigkeit sich in der neuesten Inszenierung der
Rest-"Krisis"-Redaktion bereits andeutet. P.S.
Die Behauptung, Rest-"Krisis" habe "unter anderem eine
finanzielle Starthilfe für Exit angeboten", ist schlicht und einfach eine
weitere freche Lüge. Richtig ist vielmehr, dass SpenderInnen
Rest-"Krisis" aufgefordert haben, Teile ihrer Spenden Exit zukommen
zu lassen. "Generös" sind diese Leute immer nur auf Kosten anderer.
Im Übrigen lassen wir uns unsere Gegenmaßnahmen nicht abkaufen.
Verein für kritische Gesellschaftswissenschaften "Eine Frau kann nur in
Vermittlung über einen Mann oder einer Männerclique in der Krisis-Mann!schaft sein, oder sie kann gar nicht sein!" GENDER-TROUBLE IN DER KRISIS Gemeinsame Stellungnahme von Frauen, die schon einmal ins
Allerheiligste der Krisis, die Redaktion, vorgedrungen waren. Die plötzliche Spaltung der Krisis ist nicht
aus den Ereignissen und Aussagen der letzten Wochen zu begreifen, sondern
beruht auf tief sitzenden Struktur- und Beziehungsproblemen. Dass Franz Schandl
Robert Kurz vorgeworfen hat, dieser "halluziniere" den Krisiszusammenhang als
"Männerbund", zeigt nicht nur die völlige Unreflektiertheit Schandls in dieser
Hinsicht, sondern macht auch deutlich, wie überfällig es ist, dass sich endlich
einmal einige der wenigen im bisherigen inner circle der Krisis aktive Frauen
in dieser Angelegenheit äußern und nicht bloß die beteiligten Männerbündler
selbst. Wir haben zu vielen Vorgängen und Vorfällen in der Vergangenheit geschwiegen,
nicht nur, weil es uns um den Erhalt des Krisis-Zusammenhangs ging, in dessen
Kontext unseres Erachtens die Frage des asymmetrischen
Geschlechterverhältnisses im Kapitalismus einzig adäquat theoretisch
thematisiert werden muss, und nicht nur, weil wir eine Haltung "Männer sind
auch bloß Menschen" an den Tag gelegt haben, sondern leider auch deswegen, weil
uns die Tragweite der Geschlechterproblematik in den Krisis-Beziehungen, trotz
aller abstrakten Thematisierung der Wert-Abspaltungskritik in den konkreten Krisiszusammenhängen - in
unverzeihlich naiver Weise muss frau jetzt sagen - nicht voll bewusst war.
Jetzt, nach dem Mobbing- und Putschversuch durch Schandl, Trenkle & Co.,
kann diese grundlegende Problematik in ihrem vollen Ausmaß jedoch nicht mehr
ignoriert werden.
Fact ist: Frauen erlebten in der Krisis auf
eine für einen Männerbund charakteristische Weise immer wieder ein
Niederschauen, Ignorieren, Geschnittenwerden, Gedankenklau ohne Angabe der
Urheberin, "Vergessenwerden" bei der Weitergabe von Informationen u.ä. - bis
hin zum offenen Mobbing (durch Ernst Lohoff, Norbert Trenkle und Karl-Heinz
Wedel in der Nürnberger Gruppe) auf Veranlassung eines verschmähten und von ihr
persönlich kritisierten Mannes (Ernst Lohoff). Es kam sogar zu einem tätlichen
Angriff in der Nürnberger Gruppe: Ernst Lohoff rutschte gegenüber Roswitha
Scholz die Hand aus. Es ist leider so: Frauen werden in der
Krisisgruppe vor allem dann am liebsten geduldet, wenn sie passive Anhängsel sind.
Sie sollen nur "Dabei-Sein" dürfen und am besten geschlechtsneutrale
Standpunkte einnehmen. Dies ist der Subtext des männerbündischen
Krisiszusammenhanges bis heute (auch wenn dies durchaus nicht für jedes
männliche Krisismitglied gilt, aber es gilt nicht zufällig besonders für die
Putschistenclique), trotz aller oberflächlichen Goutierung, einer bloß
jargonmäßigen Einarbeitung der Wert-Abspaltungstheorie (oft ohne Verweis auf
die Urheberin) und einer mittlerweile zur Schau getragenen Geschlechtersensibilität
in abstracto. Diese Struktur ist faktisch gegeben, selbst wenn jetzt in der Not
des Konflikts Frauen bezeichnenderweise aus der Krisisperipherie angekarrt
werden sollten, um Gegenteiliges zu behaupten, die die inkriminierten Vorfälle
und Dauersituationen gar nicht aus eigenem Erleben aus der Nähe kennen. Aber selbst dann, wenn frau es ausnahmsweise
schon mal in den Olymp der Theorieproduktion geschafft hat, ist ihre "weibliche
Seite" gefordert. Sie hat alles zu tun, um die schnell beleidigten zarten
Männerseelen zu begütigen (Paradefall Lohoff) und die "Sache", das
Krisisprojekt, am Laufen zu halten. Den Anforderungen gerecht zu werden, ist
keineswegs einfach, denn das gewissermaßen Spanische Hofzeremoniell
einzuhalten, heißt vor allem niemals zu vergessen, dass Frau lediglich als
Protege eines der Hofschranzen oder seiner Clique überhaupt Zutritt erhalten
hat. Unbotmäßigkeit wird sofort geahndet und, wie eine der Frauen erfahren
durfte, die Vollstreckung (Ausschluss aus der Gruppe, weil ihre bloße
Anwesenheit dem Mann Lohoff "unerträglich" geworden war) der Delinquentin
nurmehr durch einen Adlatus verkündet (qua wie immer freundliche telefonische
Andeutung von Trenkle, sie brauche eigentlich nicht mehr zu kommen). Eine Frau
kann nur in Vermittlung über einen Mann oder einer Männerclique in der
Krisis-Mann!schaft sein, oder sie kann gar nicht
sein! Dementsprechend wurde in den Mails der
Putschisten und auch in deren Aussagen am Putschtag überhaupt keine besondere
Begründung mehr geliefert, warum Roswitha Scholz aus Kok und Redaktion
ausgeschlossen werden soll. Noch als
angebliche "Männernichterin" (so Karl-Heinz Wedel über sie), ist sie dennoch
bloß Anhängsel von Robert Kurz. Da hat ihr Ausschluss doch schon von vornherein
ad hoc-Plausibilität!
Wenn wir aber von "Männerbund" oder einer
"männerbündischen Struktur" reden, sollten wir uns zunächst einmal
vergewissern, was überhaupt darunter verstanden werden kann. Eva Kreisky
schreibt dazu in zwar problematisch positivistischer Manier (was hier aber
nicht weiter zu verhandeln ist): "Männerbünde sind immer Wertegemeinschaften.
Die Affinität und Solidarität der Männer hat nicht nur rationale, sondern auch
emotionale, affektive und häufig auch erotische Basis. Männerbünde haben eine
extrem hierarchische Binnenstruktur: Um die zentrale Figur des
`Männerhelden`(`Führer`, `Meister`) scharen sich die libidinös gebundenenen
`Brüder`, `Freunde`, `Kameraden`. Männerbünde bedürfen der Aura des
Geheimnisvollen. Initiationsriten, Zeremonien, magische Techniken, Sprache
`verbinden`. Künstliche Feindbilder (...) schweißen - trotz aller internen
Differenzen und Gegensätze - zusammen". Dies war (trotz ihres inoffiziellen Status
ganz ähnlich wie in akademischen Gremien oder politischen Institutionen) so
ungefähr der Zustand der Krisis-Gruppe bis Anfang der 90er Jahre. Inhaltliche
Innovationen des "Meisters" Robert Kurz gingen so gut wie immer durch wie
Butterschneiden; aber nur so lange, bis er gegen den erbitterten Widerstand der
gesamten damaligen Nürnberger Gruppe die Wert-Abspaltungstheorie von Roswitha
Scholz zu unterstützen begann. Ohne diese Unterstützung wäre diese Theorie
gänzlich abgewehrt worden. Ab diesem Zeitpunkt aber wurde der ehedem dezidiert
antifeministische Robert Kurz so etwas wie ein informeller Frauenbeauftragter
im Krisis-Zusammenhang. "Der Meister" hat auf diese paradoxe Weise den
Männerbund selbst in Frage gestellt, ja er ist für die anderen
Männerbund-Männer emotional wie intellektuell zum Männerbundverräter geworden -
so will es uns nach all den Vorgängen heute erscheinen. Gerade jetzt ist es
ganz offensichtlich, dass die gerade im inner circle der Krisis vorhandenen,
der Wert-Abspaltung immanenten Strukturen sich nunmehr endgültig gegen den
ehemaligen Leader des Männerbunds selbst wenden, was soweit geht, dass er im
Zuge einer Mobbing-Kampagne sogar pathologisiert wird (insbesondere durch Franz
Schandl). Leute, die mit Psychopathologisierung daher
kommen, können meistens nicht beschreiben, warum sie etwas als Psychopathologie
bezeichnen, oder, um es sinngemäß mit Dostojewski auszudrücken: "Ist man
deshalb nicht verrückt, weil man seinen Nachbarn einsperrt?" Die Exklusion, wie
sie nun im kleinen Rahmen des Krisis-Zusammenhangs durch den formalen Putsch an
Robert Kurz und Roswitha Scholz exekutiert worden ist, hat im Abendland eine
lange Geschichte, wie auch die Weise ihres Verstehens. Die Exklusion durch
Zuschreibung einer angeblich psychotischen Persönlichkeit mit der Folge der
Entmündigung bei gleichzeitiger Kontrolle durch betreuende Sorgestruktur
(man(n) muß ihn unter Kuratel stellen!) blieb allerdings, zumindest bisher, der
kapitalistischen Vergesellschaftung vorbehalten. Es ist ja auch gar zu
angenehm, wenn man(n) unter Hintanstellung des gesellschaftlichen Kontextes -
es wird schon nieman(n)d merken - nicht nur die Subsumtion unter die
gesellschaftsspezifisch-objektive Sachnorm vollzieht, sondern im gleichen Akt
der eigenen, also partikularen, männlichen Eigenmacht zum "Obsiegen" verhilft.
Man(n) hat ja nur geborgt, nämlich bei der sonst so gescholtenen
gesellschaftlichen Vermittlung, aber da diese, wie der ausgewiesene
Kapitalismuskritiker ja zu wissen meint, sowieso ausschließlich repressiver
"Natur" ist, nimmt Man(n) für den Moment an, dass die Ausübung der ihm
allokierten relativen Freiheit im Sonst wo, jedenfalls jenseits der
kapitalistischen Gesellschaftlichkeit, begründet sein muss. Dabei ist auch die Eigenmacht, also die
Potenz, andere Männer im übertragenen Sinn zu entmannen und damit der
subordinierten Sphäre der Weiblichkeit zu überantworten, erst durch das
gesellschaftliche Verhältnis konstituiert, wobei - und hier unterscheidet sich
der Kapitalismus von anderen Gesellschaften - jeder Mann gleichermaßen befugt
ist, die Nichtidentität eines anderen mit dem objektiv Richtigen zu konstatieren und die notwendigen Schritte
einzuleiten. Anders als in früheren Gesellschaften betätigt man(n) sich also
nicht als Urteilsfinder, der die Einhaltung des korrekten Verfahrens überwacht
und Beweisurteile spricht (etwa Robert Kurz könnte sich "selbstzwölft" - er und
seine 12 Eideshelfer - von der Anklage lösen), sondern er urteilt über die
materielle Wahrheit, indem er auf den ermittelten Sachverhalt materielle, also
gesellschaftlich objektivierte Normen anwendet ("Sachlichkeit"). Mit dem
Kapitalismus wurde der (gesellschaftliche) Mann also "sachlich" und die Frau
"hysterisch". Und nun sind es ausgerechnet Männer wie
Norbert Trenkle, Ernst Lohoff, Franz Schandl und Karl-Heinz Wedel, die Frauen
geschlagen (Lohoff), die Frauen gemobbt (Trenkle, Lohoff, Wedel), die sich
intringant verhalten (Schandl), die in blinder Abgrenzungswut wiederholt
aggressive interne Papiere gegenüber Robert Kurz verfasst haben (Lohoff), bis
dieser bis aufs Blut gereizt NACH JAHREN endlich die Zähne gefletscht hat, und
die nun Extrem-Mobbing gegenüber dem einstigen "Übervater" mit
Pathologisierungszuschreibungen betreiben - es sind eben diese Männer, die den
kleinen Finger spreizend in ihrem Mitglieder-Rundbrief, wo sie ihren Putsch zu
rechtfertigen versuchen, nun eine "Verwilderung der internen Umgangsformen"
bedingt angeblich allein durch Robert Kurz beklagen, seinen
"Kommunikationsstil" und seine "kommunikativen Entgleisungen" anprangern.
Ausgerechnet diese Typen erdreisten sich zu schreiben: "Wir wollen ein
organisatorischer Zusammenhang sein, wo niemand beschimpft, beleidigt und
gemobbt wird". Da kann frau nur ausspucken! Der tiefere Grund für die Konflikte und die
Spaltung des Krisis-Zusammenhanges liegen in diesem Kontext unseres Erachtens
vor allem in der Geschlechterproblematik. Dies betrifft nicht nur das
Verhältnis der Krisismänner zu (unbotmäßigen) Frauen, sondern vor allem auch
das Verhältnis der Krisis-Männerbund-Männer untereinander. Es geht hier um
Neid, Konkurrenz, Haben-Wollen u.ä. vor allem gegenüber dem einstigen (?)
Übervater, den man selbst mit Kräften in diese Rolle hineingeschoben hat (so
Peter Klein alias Bernd Suffert in einer Mail, in der er den fast
gleichaltrigen Robert Kurz als diesen seinen einstigen Übervater bezeichnet) -
und der nun unverzeihlicherweise, was die Publikationstätigkeit und die
öffentliche Reputation angeht, den anderen davongelaufen ist. Nachdem er die
Jungs bereitwillig in die Öffentlichkeit mitgenommen hat (es ist ja "seine"
Krisis), hat er jetzt nicht nur seine Schuldigkeit getan, sondern man muß ihn
angeblich zum Wohle der Krisis geradezu
hinrichten, damit die ehedem unterwürfigen einzelnen Männer der Bruderschaft
nun überhaupt ein identitäres Eigenleben führen können. Dabei geht es ihnen gerade nicht darum, dem
Männerbund zu entkommen, ihn emanzipatorisch zu überwinden, auch wenn der
Gestus der Emanzipation als Tonfallschwindel bemüht wird. Ein Schwindel ist es
deshalb, weil ja gleichzeitig die männerbündische Struktur als angebliche reine
Halluzination heftig abgestritten wird. Es geht also ganz im Gegenteil darum,
durch Liquidierung der Funktion des ehemaligen Leaders/Übervaters diesen
nunmehr im Verhältnis "gleich zu gleich" männerbündisch zu re-etablieren, indem
er unter Kuratel und auf neue Bruder-Füße gestellt, also "ins Glied zurück
geholt" werden soll. Was natürlich nur heißt, dass in der unüberwundenen
männerbündischen Struktur erneut die Konkurrenz aufblühen wird. Gleichzeitig
soll so auch der drohenden "Mädchen- und Fraueninvasion" (Blüher), die dem
Krisis-Männerbund schon geblüht hat, endgültig gewehrt werden; hatten es doch
nunmehr schon drei (!) unbotmäßige Frauen, veritable "Männernichterinnen",
geschafft, in den inner circle der Krisis zu gelangen, die sich
"erschreckenderweise" als fähig erwiesen haben, bestimmte Positionen zu
besetzen, und jetzt zusammen mit Robert Kurz abserviert werden sollen. So gesehen betrachtet man die folgende
Feststellung des als Rausschmiss-Administrator von Robert Kurz und Roswitha
Scholz plötzlich wieder aufgetauchten Bernd Suffert/Peter Klein mit anderen
Augen: "Für eine Organisation mit hohem theoretischen Anspruch ist Bobbys Hang
zum Administrieren das pure Gift". Eine weitere Formalisierung bedroht eben die
bisherige informelle Männerbund-Struktur (die "Machtbasis" eines Norbert
Trenkle), weil sie nicht zuletzt den Frauen eine gewisse Möglichkeit und
Absicherung bietet. Lassen wir noch einmal Blüher zu Wort kommen: "Vom Votum
einer Frau darf im Staate niemals etwas abhängen. Denn der Staat ist (...) doch
dazu berufen, größtes und mächtigstes Werkzeug des Geistes in der Welt zu
werden. Da die Frau weder den Geist noch den Staat im Grunde ihres Wesens ernst
nehmen kann, so darf sie auch nichts in ihm zu sagen haben". Festzuhalten gilt es in diesem Zusammenhang,
dass die Wert-Abspaltungstheorie auch weit reichende erkenntnistheoretische
Konsequenzen hat, die selbst in einer hochabstrakten sozialphilosophischen
Dimension den Philosophenkönig in Frage stellen. Die "Hinrichtung" des
Männerbundverräters Robert Kurz, der Rausschmiss der Theoretikerin Roswitha
Scholz, die Austreibung der unbotmäßigen Frauen aus dem inner circle überhaupt,
sogar gegen den Willen der Redaktionsmehrheit, die gewaltsame Verteidigung der
informellen Machtverhältnisse (vor allem des Zugriffs auf die Kasse) und die
versuchte Re-Etablierung androzentrischer Begriffshoheit sind durchaus in einem
Zusammenhang zu sehen.
Hatte der patriarchale Männerbund in
vorkapitalistischen Zeiten die Knappheit organisiert, so organisiert er in der
Warengesellschaft die (künstliche) Verknappung. Auch radikale
Gesellschaftskritiker haben diese Logik zu vollziehen, denn sie ist strukturell
bedingt. Theorieproduktion wird notwendigerweise auch zur Ware, zumindest dann,
wenn sie die Beschränkungen der reinen "Freizeitbeschäftigung" sprengen will.
Der implizit darin enthaltene Widerspruch ist auszuhalten und zu benennen. Einerseits
sollen sich möglichst viele Menschen das Produkt aneignen und wiederum weiter
vermitteln, andererseits hat die ursprüngliche Kerngruppe das Bedürfnis, für
das Produkt bedeutsam zu bleiben, um so ihre eigene Reproduktion - und damit
die Möglichkeit zum Vorantreiben der radikalen Kritik - zu gewährleisten. Das führt zu einem im bürgerlichen Sinne
geradezu klassischen Innen- und Außenverhältnis. Im Kontext der unüberwundenen,
ja völlig unreflektierten männerbündischen Struktur nimmt dieses Verhältnis
eine bestimmte Aggregierung an. Nach außen hin tritt die
Produktionsgenossenschaft als Bruderschaft auf, die möglichst viel
"gesellschaftliches Vermögen" in Geldform einwerben muss, während im Inneren
dieser "Erwerb" zu verteilen ist, und zwar wegen des ursprünglich
gleichgeordneten Zurechnungszwanges am Produkt nach den Grundsätzen der
Egalität. Alle haben an der unterstellten gemeinschaftlichen Urheberschaft
"gleiches Recht" und damit einen gleichen Anspruch auf Zuwendungen, seien es
Geld oder immaterieller Wert wie Anerkennung oder Geltung nach außen. Solange die Protagonisten "in Treue fest"
zusammenstehen, bleibt dieses Konstrukt tragfähig. Die Situation wird aber
schnell prekär, wenn einer qua theoretischer und publizistischer Überproduktivität
den Bund "verrät" und das Gesamthandelseigentum "auf eigene Rechnung" und zudem
erfolgreich "verwertet". Zwar werden auf diese Weise neue Rezipientenschichten
erschlossen, aber der Zurechnungszusammenhang bezüglich der Erträgnisse aus
diesen "Alleingängen" ist nicht mehr eindeutig. Dies gilt umso mehr, wenn vom
"Verräter" die Teilnahme eines zusätzlichen Teilhabers, in diesem Fall auch
noch einer Teilhaberin (!), in die Kerngruppe durchgesetzt wird, deren Beitrag
darüber hinaus die Qualität des gemeinsamen Produkts grundsätzlich verändert.
Der zunächst in der Vermittlung nach außen systemisch aufoktroyierte Zwang zur
Verknappung kehrt dann als Logik der Knappheit ins Innenverhältnis zurück; die
Männergruppe, so erlebt sie es, wurde von dem Abtrünnigen "verraten und
verkauft". Gerade in dieser Situation hätte die
Abspaltungstheorie, wäre sie ernsthaft statt bloß jargonmäßig rezipiert und auf
die eigene Situation bezogen worden, zur Klärung der Befindlichkeiten, der
Bestimmung der eigenen Struktur und der weiteren Vorgehensweise fruchtbar
gemacht werden können. Stattdessen wurde sie klammheimlich samt ihrer
Urheberein offenbar projektiv als Quelle allen Übels identifiziert und nur
oberflächlich und "gezwungener Maßen" aufgenommen. Vor allem ging es ab jenem
gewissen Punkt darum, den eigenen Anteil am Gesamtprodukt zu sichern und sich
aus dem Gesichtspunkt der "commotio ex negatione" (negatives Interesse) durch
Besetzung der organisatorischen Schaltstellen und Aufbau informeller Strukturen
möglichst schadlos zu halten. Im Ergebnis führte dies zu den Ereignissen
vom 20.2.2004. Die unmittelbar Beteiligten haben hierdurch sicherlich
erhebliche persönliche Verletzungen erlitten und müssen für die Zukunft
finanzielle Einbußen befürchten. Noch erheblicher ist allerdings der Schaden
für das wertkritische Projekt, zumal die Personage der Putschisten sich in
großen Teilen als unfähig erwiesen hat, ihre "eigene Theorie" auch tatsächlich
aktiv zu denken.
Freilich kann die Wert-Abspaltungstheorie im
jetzigen Krisiszusammenhang nicht mehr einfach schlankweg ignoriert werden.
Darauf berufen sich ja ständig die Männerbund-Männer scheinheilig, indem sie
betonen, es gebe gar keine inhaltlichen Differenzen und die Abspaltungstheorie
sei bei ihnen hoch geachtet (als Sonntagspredigt). Aber man(n) verfährt dabei
eiskalt nach dem Motto: "Deine Ideen, aber ohne Dich", wobei der wertkritische
Philosophenkönig diese Ideen nach seinem Gusto aufzubereiten gedenkt. Die
Methode dafür lässt sich als Ausgrenzung und Eingemeindung zugleich
beschreiben. Es ist mittlerweile Usus und guter Ton der
Krisis-Männerbund-Männer, an irgendeiner Stelle eines Artikels einen Absatz
(wahrscheinlich mit Roswitha Scholz` High-Heels vor dem geistigen Auge) zur
Wert-Abspaltung an- und einzustückeln. Ungeübte Männerhände setzen den
vorgefertigten Flicken auf das gähnende Loch ihres glorreichen
In-Sich-Reflektiertseins und trösten sich damit, dass immerhin die "Wertform hierarchisch
über der Abspaltung angeordnet ist" (Norbert Trenkle). Was nur beweist, dass
sie in Wahrheit von der Abspaltungstheorie nichts begriffen haben und nichts
begreifen wollen. In der neuen Konzeption des Wertkritik-Magazins "Streifzüge"
gibt es sogar eine eigene Rubrik "Wert-Abspaltung" - also statt der Erkenntnis
eines durchgängigen Zusammenhangs durch alle Bereiche sozusagen die
wertkritische "Seite für die Frau". Dass wir das noch erleben durften (bevor
wir gegangen wurden)! Das Putzige an diesem veröffentlichten
"theoretischen Zugang" der Krisis-Mannen ist, dass in jedem Artikel ein großes
Gewese um das blind Vorausgesetzte allen gesellschaftlich immanenten Denkens
gemacht wird, die Meta-Ebene der Wert-Abspaltung aber nicht erklommen, sondern
als von der Wertform abgeleitete Kelleretage namens Wertschatten von unseren
Fremdenführern nur nebenbei und mit dem zarten Hinweis auf die in diesen
Gewölben hausenden Schrecken Erwähnung findet. Gar schaurig ist`s, übers Moor
zu gehen, wo kein "Begriff" mehr Weg und Steg bereitet und jegliche Kategorie
sich als trügerischer Treibsand entpuppt. Nein, damit haben sie nichts zu tun.
Sie haben zwar im Theorieunterricht aufgepasst und "gelernt", dass es "da
draußen" etwas gibt; aber dass hier sogar Praxis möglich ist und diese bei
ihnen selbst "da drinnen" anfängt, das ist noch jenseits des Begreifens. So
spalten sie eben ab und lassen die Puppen (die Krisis-Frauen) tanzen, damit
diese stellvertretend für sie ihre unangenehmen Gefühle erleben. Auch dem
scheinbar reflektierten Krisis-Mann (Ernst Lohoff) kann mal die Hand
ausrutschen, gerade bei Roswitha Scholz, und der angestrebte Rausschmiss einer
anderen Frau aus der Nürnberger Gruppe unter der Prämisse "sie oder ich" war
sicher fürsorglich gemeint, damit das arme Mädchen sich nicht länger bei
trockener Theorie langweilen musste. Dementsprechend soll es mittlerweile
offenbar durch die Rückkehr von Peter Klein bei gleichzeitigem Hinauswurf von
Roswitha Scholz auch darum gehen, eine androzentrisch-universalistische
Theoriebildung und deren "Zugang" zu re-etablieren, die zum Beispiel allen
Ernstes behauptet, mit Kant könne es keinen Rassismus und Sexismus geben. Von
"gleich zu gleich" im Männerbund muss man(n) ganz pluralistisch eben auch
derartigen Ansichten Platz einräumen. Dies wurde schon auf dem
Koordinationstreffen 2001 deutlich, wo die Diskussion hinter den Stand der 90er
Jahre zurückfiel, was ohne Einspruch allerdings dann doch nicht so einfach
durch ging. "Die Männer schlagen zurück" (so der Name eines Buches von Susan
Faludi Anfang der 90er Jahre), nachdem die wenigen Frauen in der Krisis nicht
mehr alles mit sich machen lassen und nun verstärkt auch andere Themen
(Sexismus, Rassismus, Antisemitismus), durchaus auch gedeckt durch andere
Krisis-Männer, einen gewissen "Zugang" nicht mehr so ohne weiteres erlauben,
der all dies am liebsten in der Geschichts-Objektivität verschwinden lassen
möchte. Als bedrohlich empfunden wird somit weniger
Robert Kurz als immer noch dominierender "Übervater", sondern in Wahrheit, dass
er sowohl inhaltlich seine androzentrische Position überprüft und revidiert hat
und er längst nicht mehr widerspruchsfrei dem Männerbund angehört bzw. auf
dieser Basis den Oberpatriarchen spielt (eben deswegen muss er ja "gestürzt"
und unter Kuratel gestellt werden). Implizit wird ihm vorgeworfen, dass nun die
wilden Weiber in der Krisis ihr Unwesen treiben durften.
Aus dieser Analyse möchten wir einige
Schlussfolgerungen ziehen. Theoretische Arbeitszusammenhänge, deren Anliegen
die Wert-Abspaltungskritik ist, dürfen in Zukunft weder nach einem
hierarchischen Führerprinzip noch komplementär als Bruderhorde von "gleich zu
gleich" nach männerbündischer Manier strukturiert sein, also nach dem
Tauschprinzip kapitalistischer Zirkulation, das bekanntlich immer auf
Konkurrenz, ja dem Todeswunsch in Bezug auf "den Anderen" basiert und
prinzipiell mit einer Abspaltung des Weiblichen und einer Ausgrenzung der
realen Frauen einhergeht. In einer solchen Struktur blitzt unter dem Mantel der
Solidarität gegenüber dem "Übervater" immer schon das Konkurrenz-Messer
gegenüber diesem und den anderen Brüdern in der Horde auf. Solche verborgenen
und verdrängten Zusammenhänge, die bei den Krisis-Männern stets nur als
abstrakt-allgemeines und unverbindliches Bekenntnis vorkommen, dass sie ja auch
nur bürgerliche Subjekte seien, sind konkret mit ihren Implikationen zu
reflektieren und zu überwinden. Anzustreben sind stattdessen
Arbeitszusammenhänge, in denen sowohl ein solidarischer Zusammenhalt als auch
die Möglichkeit eines fruchtbaren Streites gegeben sein muss, und in denen
Widersprüche vor dem Hintergrund einer gemeinsamen inhaltlichen Basis
ausgehalten werden, man/frau sich also in der Gruppe nicht am anderen polemisch
und konkurrent abarbeiten muss, um ein (männliches) Selbstgefühl entwickeln zu
können. Wenn die Krisis-Männer scheinbar gerade dies einklagen, dabei aber die
androzentrische, männerbündische Struktur ihres Zusammenhangs verleugnen, sind
sie völlig unglaubwürdig. Ihre "Emanzipation" vom Übervater, die sich schon
durch die Form der versuchten "Hinrichtung" und die Mit-Entsorgung der
unbotmäßigen Frauen dementiert, ist selber nur die Exekution von Konkurrenz. Hinsichtlich des "theoretischen Zugangs"
heißt das, dass der androzentrische Universalismus und die verschämte
Geschichtsmetaphysik, wie sie etwa "wertkritisch" ein Peter Klein
repräsentiert, das Aushalten von Widersprüchen und den fruchtbaren Streit
geradezu verunmöglicht, denn darin ist immer schon implizit der
Souveränitätsanspruch des Philosphenkönigs mit seiner "Begriffshoheit"
enthalten. Die Wiedereingemeindung dieses "Zugangs", den man(n) nicht direkt
auf die eigenen Fahnen schreiben darf, ausgerechnet unter dem Anspruch der "Pluralität"
und "Zulassung verschiedener Akzentsetzungen" dementiert diese geradezu auf
paradoxe Weise. In den Grundstein dieser Art von "Zulassen der Widersprüche"
ist immer schon das Opfer eingemauert. Eine opferfreie Austragung von
Widersprüchen ist nur jenseits einer absoluten Behauptung androzentrischer
Universalität und Begriffshoheit möglich. Das bedeutet auch die Aufgabe der falschen
Bruderhorden-Egalität. Theoretische und publizistische Extra- und Sondertouren
müssen dabei nicht nur erlaubt sein, sondern sind ausdrücklich erwünscht,
sofern sie nicht auf Konkurrenzmotiven beruhen; nur so sind wirkliche
Innovationen und ein Weiterbringen der Wert-Abspaltungskritik sowie ihrer
breiteren Rezeption möglich. Dabei werden immer auch Kompromisse nötig sein und
eine Deckung von exponiert Angegriffenen auch nach außen. Aufgekündigt werden
muss jedoch ein (männliches) Theoriesoldatentum sowohl in Form einer
hierarchischen Führerstruktur als auch in einem Männerbund von schon immer
untereinander konkurrierenden Gleichen, also im Kontext eines falschen
Zusammenhalts. Die einsame Theorie-Arbeit am Schreibtisch mit ihren Momenten
von Überdruss, aber auch Forscher- und Entdeckungslust ist dabei genauso
entscheidend wie die Diskussion in der Gruppe, während die Bruderhorden-Egalität
stets die Theoriebildung als einzuklagende falsche Kollektivität suggeriert.
Der männerbündische Putsch hat Krisis nicht vorangebracht, sondern
zurückgeworfen. Petra Haarmann, Roswitha Scholz
am 5.3.2004 "Dieser Bruch ist für viele auch im engeren Umfeld
überraschend gekommen. Selbstkritisch
muss gesagt werden, dass der schon lange schwelende Konflikt nicht rechtzeitig
offen gelegt worden ist. Der Dissens wurde immer wieder unter den Teppich
gekehrt, um den Zusammenhang zu erhalten. Dabei ist auch das Verhältnis von
inhaltlichen Differenzen und gruppendynamischen Beziehungskonflikten ungeklärt
geblieben" heißt es u.a. in der auszugsweise abgedruckten Analyse und Einschätzung
des Konflikts - "Die Revolution der
Nettigkeit" - die der hinausgeworfene Gründer und sicher
auch bekannteste Protagonist des ehemaligen
Krisis-Projekts, Robert Kurz, zugleich in der aus seiner
Sicht "einzig
angemessenen und legitimen ... sprachlichen Form des rücksichtslosen Pamphlets ..."
und eines "...Abrechnungstextes" verfasst
hat. Und weiter: "... Es gibt aufgrund der Ungeklärtheit des
Konflikts eine ganze Reihe von (wirklich oder angeblich)
"Dazwischenstehenden", die sich dem wert-abspaltungskritischen
Projekt verbunden fühlen, eigentlich über den Dissens gar nichts Genaues wissen
wollen und am liebsten wieder "Frieden" und sachliche Zusammenarbeit
herstellen würden auf Basis der nunmehrigen Getrenntheit." Es gab auch Stellungnahmen
von "Dazwischenstehenden", wie die folgende aus Köln: Köln, den 29.April 2004 Und es gab Freunde und Mitglieder des Krisis-Projekts, die zunächst im wahrsten Sinne
des Wortes "dazwischen standen", die über den Dissens Genaueres wissen wollten,
nachfragten, hinterfragten. Aus Spanien meldete sich Reinhart
Esch alias Pablo zu Wort. Im Folgenden
einige Auszüge aus einem Mail-Wechsel in der zweiten Jahreshälfte 2004 mit Robert Kurz. 1. 8. 2004 lieber robert, (...) es war ein herbes aus-allen-wolken-fallen für mich, kann ich dir nur sagen, als ich erfuhr, daß da die heutigen krisis-leute den formal-juristischen grundstein für die ja dann auch erfolgte faktische spaltung gelegt hatten - zu meiner bewertung dieses tuns gleich noch mehr - und als ich bei dieser gelegenheit auch mitkriegte, wie viel feindseligkeit und eben vermutlich auch halbverdeckte inhaltliche differenzen sich da angesammelt hatten. meine enttäuschung, das urplötzlich feststellen zu müssen und die verärgerung, davon die ganze zeit vorher nichts mitgekriegt zu haben, waren sehr groß. da hilft es mir auch nicht, wenn du auf seite1 deiner abrechnung schreibst, "selbstkritisch" müsse "gesagt werden, daß der schon lange schwelende Konflikt nicht rechtzeitig (also noch schnell kurz vor der am ende ja von allen/beiden seiten offenbar für unvermeidbar gehaltenen spaltung, oder wie?) offen gelegt worden ist" und dann quasi begründend fortfährst: "Der Dissens wurde immer wieder unter den Teppich gekehrt, um den Zusammenhang zu erhalten." mehr schreibst du dazu nicht. das "man" kann man ja sicher auch und nicht zuletzt auf deine person ausdehnen. (...) bevor ich mich jetzt weiter zu einzelnen punkten deiner abrechnung ["Die Revolution der Nettigkeit”] auslasse, kurze bemerkungen zu den ereignissen seit dem 5.3., dem tag, als ich die erste information zu dem da schon länger nicht mehr nur schwelenden konflikt bekam: schon in meiner ersten (und letzten) an beide seiten gerichteten mail vom 7.3. schrieb ich von dem "schon mal in jedem falle unakzeptablen, vorher gegenüber den nicht-nürnberger redaktionsmitgliedern geheimgehaltenen, formal-ultimativen faktenschaffen", und diese übelste vorgehensweise, um es deutlicher auszudrücken, ist und bleibt bei allen anderen relativierenden kommentaren für mich ein, wenn nicht der schlüsselpunkt in der ganzen angelegenheit. und die deine person mehr oder weniger pathologisierenden bemerkungen sind auch unerträglich, keine frage. du siehst, da läuft der etwas beleidigt klingende kommentar deiner letzten mail, ohne daß du das vielleicht so klar wissen konntest, ins leere: ich kann dir versichern, ich gehöre nicht zu denen, die "[...] diese Indifferenz auch auf die mit Verlaub gesagt nicht nur nach linken Maßstäben schweinische Vorgehensweise unserer Gegner ausdehnen und ihnen dies durchgehen lassen. Welchen Bonus haben die denn, den wir nicht bekommen?" keinen, kann ich auf diese letzte frage nur antworten, ganz im gegenteil. aber das ist eben ein dicker malus für die, der ja damit nur im umkehrschluß wieder als bonus für euch erscheinen kann, also nur indirekt. andererseits: kolportierte und meines wissens nicht dementierte bemerkungen von dir à la " ich will die draußen haben", "wir werden entschlossen schluß machen" (in welcher form wäre das wohl verlaufen, wie hättet ihr - wer wäre da "wir", auch claus peter oder petra z.b.? - das umsetzen wollen und können?), volkssturm- oder kz-lagerverwalter-vergleiche u.ä. machen die angelegenheit eben doch ein bißchen komplexer. aber das hatte ich dir ja damals im märz schon geschrieben, ich wiederhole mich da. ich neige jedenfalls, um es zusammenzufassen, der exit und dir ein ganzes stück mehr zu, nicht zuletzt - aber auch nicht nur - aus den oben genannten gründen. aber das ist, wie gesagt, noch überhaupt kein grund, darüber in eile zu verfallen. wenn man als theaterzuschauer nur den letzten akt des stückes zu sehen bekommt, und die vorangegangenen akte in zwei sich widersprechenden versionen per lautsprecher nachgeliefert kriegt, um dann nur noch ratlos dem epilog auf der bühne lauschen zu dürfen, dann hat man es halt nicht mehr so eilig, in die nächste vorstellung zu stürmen. so ist auch mein vorläufiger, von dir nicht ganz zutreffend als "fifty-fifty"- position gedeuteter satz von meiner vorerst beibehaltenen abwartenden haltung zu verstehen. (...) daß der ganze konflikt eine
ödipale grundkonstellation (vatermord usw.) von entscheidender bedeutung
als ausgangspunkt hat, scheint mir auch das wahrscheinlichste, und die ist von
denen, vermutlich von ernst lohoff an erster stelle, nur
verdeckt-verdruckst und kein bißchen offen und in emanzipatorischer weise
angegangen worden. (daß diese konstellation aber vermutlich
spätestens bei achim bellgart, dem redaktionsmitglied, das ja
das ultimative vorgehen damals auch mitgetragen hat, nicht mehr
zwangsläufig greift, steht auf einem anderen blatt; du verallgemeinerst
eben in deinen rundumschlägen oft in problematischer weise, habe ich den
verdacht, und damit habe ich generell ein problem.) aber hier wäre man auch
schon an einem knackpunkt angekommen: zu einem autoritätsverhältnis gehören
bekanntlich zwei. und da taucht dann bei dir auch zum zweiten - und letzten -
mal das wort "selbstkritisch" auf: "[...] es wäre sicherlich
albern, hier die eigene Rolle ausblenden zu wollen." genau, das sehe ich
auch so. aber du fährst dann fort: "Das ginge jedoch nur durch eine reflexive
Anstrengung, die einen solidarischen Zusammenhang voraussetzt, der nicht
bereits durch Konkurrenzmotive und Sebstwertprobleme vergiftet ist." also
dieser letzte satz hätte mir wesentlich besser in der vergangenheitsform
gefallen, da machst du es dir doch arg einfach und blockst im grunde ab, die
begründung ist in meinen augen weder stichhaltig noch ausreichend. du schreibst
in dem begleitschreiben zum per mail versandten abrechnungstext: "Aber
eine Aufarbeitung der Spaltung und damit von mehr als 15 Jahren wertkritischer
Theoriebildung muß sein; auch für diejenigen, die sich später einmal darüber
informieren wollen." eine aufarbeitung des konflikts, will sie anspruch
auf leidliche vollständigkeit haben, muß alle aspekte berücksichtigen, und
das erfordert eben auch, und sei es im nachhinein, eine "reflexive
anstrengung", eine selbstkritische betrachtung der eigenen rolle bei dem
ganzen. das ist, gerade hier, aus meiner sicht das hauptproblem: du schreibst,
weiterhin ohne die nötige mindestdistanz, mit der nur bedingt
reflexiv angereicherten wut im bauch, wählst - nicht zufällig - eine textsorte
wie die des pamphlets (und lobst frankreich dafür, daß dort diese form eine
anerkannte literaturgattung sei; der ganzen wahrheit die ehre: dort ist es gern
gesehen, mit dem florett zu fechten, nicht mit schwerem säbel, "stil"
ist das stichwort dort). diese vorgehensweise macht es eben schon aus formalen
(gattungspoetischen") gründen unmöglich, die eigene rolle angemessen
mit einzubeziehen. ich habe jetzt nur
einige sachen rausgegriffen. das von dir benannte vermittlungsproblem
(einzelnes, besonderes und allgemeines; person, gruppe und
gesellschaft) wäre auch noch so ein wichtiger punkt, wo ich dir
zwar völlig zustimme, wenn du sagst, die anderen würden ja die simpelste
(nicht-)lösung wählen und einfach das problem durchstreichen und fertig; das
postulat der selbstreflexion bleibt "dort" in der tat völlig
unverbindlich und funktioniert wie eine hohle rhetorische floskel, nirgends
eingelöst. aber auch wenn du das vermittlungsproblem in dieser konstellation zurecht benennst, löst du selbst es ja noch nicht
adäquat. (den versuch, hier den nachweis zu führen, spare ich mir frecherweise,
das ist jetzt doch ein allzu weites feld für eine mail; der punkt
oben am beispiel achim bellgart deutet ihn zumindest an.). und
wenn du also m.e. bei den anderen zurecht von
"instrumentellem gerede" hinsichtlich der selbstreflexion sprichst,
bleibt es doch dabei, daß sie bei dir auch ziemlich mager ausfällt. es ist
wahrscheinlich, obwohl das bekannte irreführende wort der sachlichkeit so
verführerisch naheliegt, in allererster linie das problem der
(fehlenden) angemessenheit, das ich manchmal bei dir habe. als marginales
beispiel am rande seien in deinem text die stellen benannt wo du dich über
ernst lohoffs und karl heinz wedels probleme mit den tücken der
zeichensetzung amüsierst. Pablo 8. 10. 2004 "... einiges ist passiert zwischen deiner ersten mail, dem - auch noch kurz zu kommentierenden - nachtrag zu unserem unverhofften telefongespräch, und der letzten, wo du mir genaueres zu dem seminar in elmstein schickst (dank dafür). wo fange ich an? ... kurz nach unserem telefongespräch beschloß ich
auch, die noch ausstehende auseinandersetzung mit krisis, die ich ursprünglich
nach lektüre der "krisis 28" angehen wollte, vorzuziehen, und schrieb
norbert eine längere mail mit einem haufen meiner lästigen fragen. es entspann
sich ein kurzer und intensiver mailwechsel in rascher abfolge mit (für mich)
einigermaßen überraschendem verlauf, den ich dir nicht vorenthalten will. meine mail bestand in der
hauptsache aus zwei blöcken. im ersten stellte ich eine reihe von fragen,
weitgehend schnörkellos, auf den punkt gebracht wie z.b.: wie das mit den
vollmachtsstimmen ungeklärter herkunft am 3.4. sei, was es mit informationen
auf sich habe, nach denen norbert in osnabrück und gegenüber dem
horlemann-verlag die besagten überraschenden auftritte gehabt habe, auch eine
tendenziell rhetorische frage, nämlich warum man sich bei ihnen denn so
wundere, wenn exit im gefolge des berühmten vorstandsbeschlusses jetzt so
knallhart formaljuristisch vorgehe, und schließlich auch etwa die wiederholung
einer alten, nie beantworteten frage, warum man sich nie die mühe gemacht habe,
den ausschluß roswithas separat zu begründen. der zweite block war eine
mischung aus kommentierung und fragen hinsichtlich ihres letzten mir
bekannten textes zum thema "Deeskalation und Abspaltung in der
Krisis". dabei war der tenor, sie müßten doch zur offenlegung des
konfliktursprungs und -verlaufes noch viel mehr tun, als sie hier bisher
vorlegen; aussitzen reiche meiner meinung nach einfach nicht. mit der bitte,
doch dieses mal möglichst detailliert, wenn's ginge, punkt für punkt, mir all
diese fragen zu beantworten, schloß ich den brief. norberts antwort ließ nur
einen halben tag auf sich warten: das sei jetzt schon die dritte oder vierte
mail, die ich ihm im ton eines untersuchungsrichters schriebe, der dem
angeklagten von seiner erhöhten warte aus antworten abnötigen wolle;
er sehe überhaupt nicht ein, mir in dieser form rechenschaft abzulegen. Im
märz sei er ja noch über diese präpotente form der befragung
hinweggegangen, weil er sie auf die allgemeine "aufregung"
zurückgeführt habe, und habe einfach inhaltlich auf meine fragen geantwortet.
aber offenbar hielte ich das für einen normalen umgangston: "So
kannst du meinetwegen mit deinen Schülern reden." da hatte ich also schon mal die
erste packung weg. im weiteren schrieb er mir, er habe mir andererseits doch
eigentlich zu den meisten meiner fragen schon etwas geantwortet, um sich dann
doch in einen konkreten punkt, der (allerdings nur am rande) mit meiner mail zu
tun hatte, zu verbeißen: ich hatte ja geschrieben, sie müßten aber meiner
meinung nach doch noch erheblich mehr zu gründen, wurzeln und verlauf des konflikts
sagen als bisher, und erwähnte dabei auch eure texte "rechtsruck" und
"r.der nettigkeit", die ausschließlich auf pikiertes schweigen bei
ihnen träfen. sein kommentar nun: daß sie dazu dezent schwiegen, dafür
könnten r.k und r.s. wirklich dankbar sein, da es doch dokumente des
überschnappens und abstürzens von personen seien usw. usf. nun ja, ich hatte
diese texte zwar auch schon massiver kritisiert, aber von da bis zur
meinung, da seien leute am überschnappen, ist es doch noch ein
beträchtlicher weg. sie hätten deinen text sowieso aus beklemmung nur angelesen
und dann wieder weggelegt, und so hätten das vernünftigerweise auch die leute
in ihrem umfeld gehalten. er müsse übrigens auch zugeben, er sei überrascht
gewesen, als wie klein die robert-kurz-gemeinde, die krisis verlassen
habe, sich erwiesen habe, und er könne nicht behaupten, daß ihn das
besonders schmerze. und mit einem dürren "so long, / Norbert"
verabschiedete er sich. also da war einiges
zusammengekommen, was mir den schluß nahelegte, ich sei doch ziemlich klar
abgewiesen, quasi endgültig aus "krisis" "gegangen worden".
aber ich wollte nicht so schnell locker lassen, schrieb ihm kurz darauf zurück
und stellte ihm meine position dar, erklärte, rechtfertigte quasi die durchaus
scharfe kritik, die aber doch ohne schrille töne dahergekommen sei; in die
rolle des untersuchungsrichters, wenn man das bild denn benutzen wolle, hätte
ich mich aus den umständen des mich überrumpelnden crashs heraus geradezu
gedrängt gesehen, und meine fragen hätten sicher etwas bohrendes, da ich eben
vor der frage stünde, ob bzw. bei welchem der beiden spaltprodukte ich
nochmal in irgendeiner form mitmachen (bzw. in ihrem falle formaljuristisch
gesehen: bleiben) wolle. meine methode sei es gewesen und bleibe es,
beide seiten mit dingen zu konfrontieren, die ihnen unter umständen
unangenehm und möglicherweise vorzuwerfen sind, und ihre reaktion, ihre antwort
darauf zu provozieren. wenn ihm das ein allzu provokantes vorgehen sei,
könne ich das natürlich nicht ändern. und nach all meinen erklärungen bat
ich ihn, den ersten, erneut in die mail kopierten block von puren fragen
mir doch noch einmal zu beantworten, falls es mir nun gelungen sei, seine
anfängliche gereiztheit zu reduzieren. auf die fragen dieses blocks habe
er mir eben mit sicherheit noch nicht geantwortet, und zwar aus dem einfachen
grunde, daß ich sie ihm (bis auf die zu roswitha) noch nie gestellt habe. drei stunden später bekomme ich
eine mail, nicht von meinem ewigen ansprechspartner norbert, sondern von ernst.
die sollte gewissermaßen der gnadenstoß sein. und die kopiere ich dir der
kuriosität halber hier mal rein: Lieber Reinhardt, welchen Erkenntnisgewinn erhoffst Du Dir, wenn in wir in die Kurzsche
Senkgruppe steigen und dort herumschnorcheln? Wenn Du beschuldigt würdest den
Kölner Dom gestohlen und in Deinem heimischen
Gefriertruhe versteckt zu haben, was würdest Du tun? Bei jeder Gelegenheit
gefragt und ungefragt das Gegenteil beteuern? Dein Kühlgerät als Gegenbeweis
stets offen hinter Dir herschleifen? Mir scheint das ist kein sonderlich guter
Rat. Erstens macht das Umstände und nervt beim Laufen ziemlich. Man hat ja auch
was vernünftiges zu tun. Zweitens weckt ein solches
Verhalten beim neutralen Beobachter nur Zweifel an der eigenen
Zurechnungsfähigkeit. Drittens verkünden die Exit-Irren sofort aller Welt, dass
Du sowieso nur Dein Zweitgerät spazierenträgst. Und viertens mußt Du zu allem
Überfluss dann Chefiniquisitor Reinhardt Esch beweisen, dass Du gar keine zwei
Kühlschränke besitzt. Spaß beiseite: Wer sich angesichts der Verleumdung, mit
denen Kurz und seine Fankurve sich hauptsächlich zu beschäftigen scheinen,
rechtfertigt, gibt diesem Treiben erst Dignität und Relevanz. Wer bei der
Lektüre von "die Revolution der Nettigkeit" nicht ganz von alleine
mitkriegt, dass der Autor am delirieren ist und Amok schreibt, ist ein Idiot.
Vielleicht ist ihm noch zu helfen aber leider ist die Krisis ein
Theorie-Projekt und keine Betreuungsstelle für emotionale Analphabeten. Wer
sich bei der Lektüre von Roswithas Denunitationspapier nicht an den Kopf
gegriffen hat, der muss doch was an der Waffel haben. Ernst also da kommt's dann nochmal ganz
dicke. ich war doch überrascht bis perplex, wie schnell man dort aus der
fassung gerät, wohlgemerkt: im kontext von und als reaktion auf meine
nachfragen, nicht so sehr als reine, voraussetzungslose beschreibung,
wie ergrimmt man das "feindprojekt" und die feindliche hauptperson
dort wahrnimmt (stichwort pathologisierung). da schreibe ich dies und das,
frage dies und jenes; doch der einzige, geradezu zwanghaft hervorgezerrte punkt
(den ich auch gestreift hatte, aber nicht mehr), nämlich "rechtsruck"
und "revolution" wird obsessiv ins zentrum gerückt, es werden
überlegungen über den geisteszustand dessen, der diese texte nicht gleich
wieder weglegt, angestellt und und und. das stinkt förmlich nach schlechtem
gewissen. ich war also endgültig vor die tür gesetzt und schrieb nach einigen
tagen, während derer ich noch abwartete, ob nicht doch noch eine
antwortmail vom eigentlichen adressaten norbert nachgeschoben werden würde,
einen freundlich-ironischen abschiedsbrief, dessen inhalt jetzt egal ist und
der jedenfalls mit dem urteil des "untersuchungsrichters" endete:
gewogen und zu leicht befunden. da stehe ich also nun bei dem ganzen,
überrascht davon, wie nachdrücklich mir bei meiner entscheidungsfindung von
jener seite nachgeholfen wurde. damit steht nun endgültig nur noch exit zur
wahl. ich denke, das seminar im november wird für mich eine gute
gelegenheit sein, mich so oder so (mitglied oder "freier mitarbeiter")
zu orientieren. ... was du über das reagieren aus affekten heraus, das "überreagieren" sagst, kann ich mir schon vorstellen; das wird wohl nicht gleich beim ersten leisen dissens stattfinden/stattgefunden haben. ich habe dich ja auch mit unangenehmen fragen und statements überhäuft, da hättest du mich ja dann gleich mal als erstes schön zusammenscheißen müssen, wenn dem so wäre. genau das hast du eben nicht getan, sondern hast ruhig punkt für punkt meine fragen und einwürfe beantwortet. das hob sich für mich sehr früh wohltuend von der auch schon damals (märz) ansatzweise gereizten art norberts ab, der mir auch nur sehr pauschal antwortete, dabei manche fragen berücksichtigte, andere wiederum gar nicht - auch einer der punkte, der mich mehr in deine, sprich: exit-richtung tendieren ließ. (...) bei einem ersten überfliegen deines textes "Dead Men Writing" habe ich doch geradezu (allerdings weiterhin mißbilligend) schmunzeln müssen, als ich neben verbalradikalismen wie lumpenintelligentsia u.ä. auch von den "mafiotischen rotten" las. nach den bruderhorden nun die mafiotischen rotten. die meßlatte von kraftausdrücken hast du ganz schön hochgelegt, da paßt nicht mehr viel, was das noch überbieten oder wenigstens auf gleicher höhe angesiedelt werden kann. "rudel" wäre schon fast zu brav, aber "meute" fällt mir noch ein; das ginge noch, fehlt nur noch das passende adjektiv. also du siehst, ich spotte, weil ich sehe, daß niemand, geschweige denn ich, dich bei deinen sich zeitlich jetzt doch ganz schön dehnenden verbalen kraftmeiereien stoppen kann. ist dieser text eigentlich der angekündigte zweite teil zur "Revolution der Nettigkeit"? nee, oder? hätte ich mir jedenfalls ganz anders vorgestellt, falls das doch der fall sein sollte. meine bescheidene frage ist, wen du mit dieser art von texten eigentlich zu erreichen und wohingehend zu beeinflussen suchst, glaubst. die landen (ausschließlich) auf der homepage, die wenigen eingeweihten lesen sie - was immer sie ihnen bringen mögen - , der widerpart krisis kümmert sich (wenigstens offiziell nach außen) nicht um sie bzw. stempelt sie als produkte eines wahnsinnig gewordenen, eines übergeschnappten ab (s.o.). also reine autotherapie, eine art katharsis? du siehst, ich komme da weiterhin nicht auf den geschmack. das soll keineswegs heißen, daß teile deiner argumentation nicht sehr erwägenswert sind, auch wenn etwa die interpretation des vorworts von "Dead Men Working" z.b. - des einzigen textes übrigens, den ich von dem buch komplett gelesen habe; bei mir reichte es vor lauter hektik in letzter zeit, wenn's hoch kam, zu lektüre der tageszeitung - mir nicht immer ganz schlüssig vorkommt und dir manchmal ein wenig der wille anzumerken ist, die flöhe husten zu hören - internationale solidarität versus soziale lage im eigenen land als ausgangspunkt mag in seiner fragwürdigkeit zutreffend beobachtet sein, aber auch der rest in diesem zusammenhang? (...) pablo und zu
guter letzt am 29.10. 2004 (...) noch ein paar anmerkungen in sachen tonlage, wortwahl usw. bei manchen deiner letzten texte. zu einem gewissen teil mag das ja wirklich reine geschmackssache sein, aber eben nur zum teil, denke ich. ich goutiere durchaus so manche deiner sehr schönen wortprägungen à la "verhausschweinte arbeiterbewegung" oder auch "fußnägelliteratur" jetzt. man merkt dir, finde ich, den spaß an, den du bei solchen wortfindungen hast. ob das nun unbedingt so oft in richtung beleidigungen gehen muß, wo du entsprechend kreativ sein willst, ist dann vielleicht schon wieder eine geschmackssache. mein anliegen ist auch nicht, daß über euren konflikt möglichst bald gras wachsen sollte. doch dein drastischer ton scheint mir eben gerade hier ein bißchen fragwürdig. die "bruderhorde" und die "mafiotischen rotten" der "lumpenintelligentsia" waren ja bis vor kurzem noch seit' an seit' mit dir und euch geschritten, bei aller - vorsichtig ausgedrückt -(persönlichen) distanz, die sich in einigen fällen schon wesentlich früher aufgetan hatte. und damit sind wir wieder bei dem punkt, den ich in der tat schon oft angesprochen habe, nämlich daß die inhaltlichen differenzen vorher nie nach außen hin offengelegt wurden (und offenbar auch ohne jede grundsätzlichkeit nach innen). gut, du schiebst jetzt den schwarzen peter paritätisch euch als damaliger kerntruppe und den ungenauen lesern zu. das scheint mir aber kein ganz waschechtes argument zu sein; ihr steht bzw. standet ungleich intensiver in der auseinandersetzung, wart in jeder hinsicht "näher dran", und wenn ihr nun, was frühere zeiten angeht, überall geradezu inhaltliche abgründe seht, müßtet ihr m.e. schon erklären können, wieso ihr die vorher (nicht so krass) gesehen bzw. nicht nach außen erkennbar benannt habt, und ggf. auch den nachweis führen, an welcher stelle diese meilenweit voneinander entfernten positionen schon damals - nachlesbar - sich manifestierten. (...)
Auszug aus: Robert Kurz, Die Revolution der Nettigkeit Etikettenschwindel
und Tonfallschwindel beim neuen Betroffenheitskitsch und Kult des Ressentiments
von "Krisis" und "Streifzügen" - Zur Genesis eines
exemplarischen Beziehungskonflikts Inhalts-Übersicht: Vorbemerkung
- Inhaltskonflikt und Beziehungskonflikt. Ein Fall für bürgerliche Begriffslosigkeit
- Wir armen Pathogenen! Das Aufkeimen
des antitheoretischen Ressentiments im sozialen Zusammenhang der Theoriebildung
selbst - Der
Zwangs-Egalitarismus der Bruderhorde und die Illusion vom kollektiven
Theoretiker - Kleine
Kampfhundkunde - Opfermänner und Flintenweiber - Ich ist ein anderer: Instrumentelle
"Selbstreflexion" - Ödipussi
nach Softie-Art - Betroffenheitskitsch und falsche Unmittelbarkeit
- Biedermeier der Prekarisierung
- Intellektueller Kannibalismus Vorbemerkung "Es
hat sich in den linken Szenen herumgesprochen, dass die
"Krisis"-Gruppe gespalten wurde. Eine bestimmte Clique hat unter
Ausnutzung formaljuristischer Strukturen den Gründer des Projekts und einige
bisherige HauptautorInnen hinausgeworfen, sich über den Willen der
Redaktionsmehrheit hinweggesetzt, damit einen ordinären Machtanspruch erhoben und das
"Krisis"-Label usurpiert. Diese Clique ist dreist genug, den Anschein
erwecken zu wollen, dass sie das "Krisis"-Projekt ungebrochen
fortführen würde. In Wahrheit gibt es den Zusammenhang nicht mehr, der unter
diesem Label firmierte. Es handelt sich um reinen Etikettenschwindel. Das, was
die theoretische Substanz von "Krisis" ausmachte, wird inhaltlich von
der neuen Theoriezeitschrift EXIT vertreten und über die alten, bei einigen
Autoren in mancher Hinsicht noch einem objektivistisch-androzentrischen
Universalismus verhafteten "Krisis"-Positionen hinausgetrieben. Die
Rest-"Krisis" dagegen hat die Dynamik der wert-abspaltungskritischen
Theoriebildung an der Schwelle einer radikalen Kritik der so genannten
Aufklärung und des männlich-weißen westlichen Subjekts (MWW) zum Stillstand
gebracht, um sich auf den Weg eines seichten Bewegungspopulismus mit Zügen
falscher Unmittelbarkeit zu machen. Die beiden Projekte werden sich rasch
auseinander entwickeln. Dieser
Bruch ist für viele auch im engeren Umfeld überraschend gekommen.
Selbstkritisch muss gesagt werden, dass der schon lange schwelende Konflikt
nicht rechtzeitig offen gelegt worden ist. Der Dissens wurde immer wieder unter
den Teppich gekehrt, um den Zusammenhang zu erhalten. Dabei ist auch das
Verhältnis von inhaltlichen Differenzen und gruppendynamischen
Beziehungskonflikten ungeklärt geblieben. Dieselbe Clique, die mit schmutzigen
Mitteln als Minderheit das "Krisis"-Label usurpiert hat (was ihr
nichts nützen wird), versucht nun diese Unklarheit auszunutzen, um ihr Vorgehen
zu vernebeln, den Dissens zu verstecken und ihre selbst geschaffene "Macht
des Faktischen" für sich wirken zu lassen. Es
gibt aufgrund der Ungeklärtheit des Konflikts eine ganze Reihe von (wirklich
oder angeblich) "Dazwischenstehenden", die sich dem
wert-abspaltungskritischen Projekt verbunden fühlen, eigentlich über den
Dissens gar nichts Genaues wissen wollen und am liebsten wieder
"Frieden" und sachliche Zusammenarbeit herstellen würden auf Basis
der nunmehrigen Getrenntheit. Das ist jedoch eine Illusion. Durch ihr Vorgehen
hat jene Clique nicht nur einen irreversiblen Bruch vollzogen, sondern damit
auch jede Art von sachlichem Verhältnis oder gar Zusammenarbeit absolut
unmöglich gemacht. Nach einem solchen Akt wird niemand zur sachlichen
Tagesordnung übergehen, in keinem Zusammenhang, nirgends. Die falschen
Friedensengel neigen dazu, den real vollzogenen Bruch, den Hinauswurf und die
darin objektiv angelegte Logik der Vergeltung zu bagatellisieren, um
vermeintlich die "wertkritische Sache" auf Kosten einer (unserer)
Seite zu retten. Es
soll darauf verzichtet werden, die verletzte Legitimität wiederherzustellen,
was eben nur durch eine völlige Delegitimierung der usurpatorischen Clique
möglich ist. Anders wäre es gewesen, wenn sich diese Leute aufgrund
ausgewiesener inhaltlicher Differenzen von der Redaktionsmehrheit und von
"Krisis" als Label zurückgezogen hätten, um ein eigenes Projekt
aufzumachen. Dann könnte man von "friedlicher Koexistenz" etc. reden.
Aber sie haben mit übelsten sowohl illegitimen als auch formal illegalen
Mitteln einen nackten Machtanspruch gegen die Mehrheit von Redaktion und
Koordinationskreis durchgesetzt; sie sind nicht gegangen, sondern haben die
anderen überrumpelt und gewissermaßen hinausgeknüppelt. Wer auf dieser
"Basis" von Sachlichkeit, Zusammenarbeit etc. fabuliert, weiß nicht,
wovon er redet. (...)
Darzustellen ist also die Verschränkung von Beziehungs- und Inhaltskonflikten.
Die Schwierigkeit, damit umzugehen, erfordert eine Darstellung in zwei
verschiedenen Texten. Der folgende Text konzentriert sich auf die
Beziehungsebene, auf Verkehrsformen und Konstellationen bürgerlicher Subjektivität.
In einem zweiten Text wird es um den inhaltlichen theoretischen Dissens auf der
begrifflich-kognitiven Ebene gehen (mit den Stichworten androzentrischer
Universalismus und Reduktion der Abspaltungstheorie, Objektivismus, Reduktion
der Aufklärungs- und Subjektkritik, objektivistische Verharmlosung des
Antisemitismus, Apologie des Zirkulationssubjekts und seiner falschen
"Sachlichkeit" etc.). Die
Entwicklung des wert-abspaltungskritischen Projekts über einen Zeitraum von
nahezu eineinhalb Jahrzehnten bis zum Bruch aufzuarbeiten, ist notwendig und
erfordert einen gewissen Umfang. Danach kann Schluss sein, aber kein
versöhnlicher. Das neue EXIT-Projekt wird sich natürlich nicht vorrangig mit
Rest-"Krisis" abgeben, sondern die wert-abspaltungskritische Theorie
über die Grenze hinaustreiben, an der diese Leute stehen geblieben sind.
Deshalb werden die Texte zur Aufarbeitung des Konflikts auch nicht in der
Theoriezeitschrift erscheinen, sondern auf der Homepage veröffentlicht. Sie
sollen für alle Interessierten zugänglich sein, aber nicht das Periodikum für
ein breiteres Publikum belasten. (...) Inhaltskonflikt und
Beziehungskonflikt. Ein Fall für bürgerliche Begriffslosigkeit (...) Inhaltliche Auseinandersetzungen und Brüche
finden nie ohne Auseinandersetzungen und Brüche auf der persönlichen, sozialen
und institutionellen Beziehungsebene statt. Beides geht auseinander hervor;
inhaltliche Differenzen führen zu persönlichen Brüchen, aber auch umgekehrt
können persönliche Aversionen und Idiosynkrasien sich in inhaltliche
Differenzen verwandeln und dennoch mehr sein als bloße Maskierung einer
Psychodynamik, also durchaus einen "objektiven",
"sachlichen" Gegensatz zum Vorschein und zum Ausdruck bringen. Dabei
ist gleichzeitig festzuhalten, dass auch die Aversionen usw. niemals
"rein" persönlicher Natur, sondern stets vermittelt sind mit Momenten
gesellschaftlicher Form-Allgemeinheit; in der Wertvergesellschaftung natürlich
vor allem mit Konkurrenzverhältnissen. Wäre
es an sich schon schwierig, die in diesem Zusammenhang angelegten komplexen
Vermittlungsverhältnisse auf eine einzige Darstellungsebene zu bringen, so wird
dies selbst als Postulat oder Versuch nahezu verunmöglicht durch die strikte
Subjekt-Objekt-Dichotomie des modernen, wertförmig konstituierten Bewußtseins.
Damit ist unter anderem auch eine strenge Trennung von Inhalts- und
Beziehungsebene impliziert. Die allgemeine gesellschaftliche Form aller Inhalte
und Beziehungen bildet die stumme Voraussetzung, in gewisser Weise das
"implizite Wissen", während es ansonsten entweder "zur
Sache" oder "ad personam" geht. Dem entspricht eine Trennung von
Sachliteratur und "Beziehungsliteratur". Bei der Darstellung
sachlicher, inhaltlicher Gegensätze und Auseinandersetzungen wird die
(persönliche) Beziehungsebene normalerweise systematisch ausgeblendet.
Beziehungsverhältnisse und Beziehungskonflikte könnten nur etwa als Roman oder
als psychologische Fallstudie dargestellt werden. Erst auf einer hohen
Abstraktionsebene, auf der keine realen Individuen mehr vorkommen, kann das
Beziehungsproblem selber wieder Inhalt und "sachlich" bzw.
"unpersönlich" werden. Deshalb
hat es den Geruch des Unanständigen und Peinlichen, in ein- und derselben
Darstellung Inhalts- und Beziehungsebene bis hinab auf die real handelnden
Individuen und deren persönliche Konflikte zu thematisieren. Das gilt besonders
für Zusammenhänge kritischer Theoriebildung. Sicherlich ist es auch berechtigt,
dass man, um mit einer theoretischen Auseinandersetzung etwas anfangen zu
können, nicht gerade mit Informationen über die grauenhaften Sexual- oder
Eßgewohnheiten der Beteiligten belästigt werden möchte. Aber bei der
ausgeblendeten Beziehungsebene geht es ja auch nicht so sehr um das Plaudern
über Küchen- und Schlafzimmergeheimnisse, sondern um die Ebene, auf der sich
Allgemeines und Besonderes/Einzelnes, Gesellschaftliches und darin nicht
aufgehendes Persönliches berühren und verschränken. Genau für diese Ebene ist
jedoch im Kontext bürgerlicher Dichotomie keine Darstellungsmöglichkeit
vorgesehen. Es
gehört vielleicht grundsätzlich zur Überwindung des wertförmig konstituierten
Bewusstseins, auch die Trennung von Inhalts- und Beziehungsebene, von
Sachdarstellung und Beziehungsanalyse zu durchbrechen, ohne deshalb bloß in
Klatsch und Tratsch zu verfallen. Jedenfalls zeigt es sich, dass die
inhaltliche, theoretische Kritik der Wertform nicht ohne Reflexion auf die
(auch persönlichen) Beziehungsverhältnisse auskommt, in denen sich diese Kritik
abspielt. Das betrifft die institutionellen Formen ebenso wie das Problem der
Warenförmigkeit kritischer Theorie in ihrer gesellschaftlichen
Vermittlungsweise, die damit verbundenen Konkurrenz- und
Geschlechterverhältnisse sowie die klammheimlichen Ideologiebildungen auf dem
Boden der Ideologiekritik selbst in Vermittlung mit den persönlich Beteiligten.
Genau die subtilen Prozesse, die sich dabei abspielen und die Inhaltskritik
wieder an die Kandare der universellen stummen Formbestimmung nehmen, schließen
eben auch die handelnden Personen als individuelle ein, die in ganz bestimmter
Weise die Verschränkung von Inhalts- und Beziehungsebene verarbeiten. Das
Auseinanderbrechen des "Krisis"-Zusammenhangs ist in dieser Hinsicht
exemplarisch, gerade weil die wertkritische Initiative an den Subjektkern der
Moderne herangeführt und damit auch auf der persönlichen Beziehungsebene
explosives Potential freigesetzt hat. Sobald es aber um die Thematisierung
dieses Zusammenhangs geht, kann es auch keine bürgerliche
"Sachlichkeit" und "Objektivität" mehr geben. Die "Krisis"-Revolution
der Nettigkeit, die in bestimmter, zutiefst ideologischer und
selbstapologetischer Weise ihrerseits das Verhältnis von Inhalts- und
Beziehungsebene thematisiert hat, kann nur mit einer Polemik beantwortet
werden, die zusammen mit der Verlogenheit dieser Art von affirmativer
Verarbeitung der Widersprüche auch die Personage nicht ausspart, die sich dafür
nicht zu schade war. Die
Pointe dieser Revolution der Nettigkeit besteht gerade darin, dass ein
falscher, unreflektierter Begriff von "Sachlichkeit" herangezogen
wird, um in Wahrheit sehr persönliche Konkurrenz- und Abgrenzungsbedürfnisse in
eine Invektive gegen die theoretische Allgemeinheit selbst umzumünzen. Wenn
also im Folgenden (allerdings keineswegs ausschließlich) immer wieder "ad
hominem" polemisiert wird, so liegt das in der auf dieser Ebene nicht
objektivierbaren "Sache" selbst. So wenig der Kampf um
"Wahrheitsproduktion" (Foucault) von den objektiven Bedingungen und
Formbestimmungen der Wertvergesellschaftung abgelöst werden kann, ebenso wenig
handelt es sich um eine in der Manier bürgerlicher Pseudo-Objektivität
"sachlich" auflösbare Angelegenheit. Wir armen Pathogenen!
Das Aufkeimen des antitheoretischen Ressentiments im sozialen Zusammenhang der
Theoriebildung selbst (...) Es mag auf den ersten Blick
überraschen, wenn der antitheoretische und intellektuellenfeindliche Affekt
sich gar nicht einmal so klammheimlich ausgerechnet in einem Zusammenhang
kritischer Theoriebildung geltend macht. Aber dieser Einbruch der
Theoretikerfeindschaft in den Theoriebildungszusammenhang selbst, hier unter
dem Vorwand einer Thematisierung der in Wahrheit völlig dekontextualisierten
"Selbstreflexion" (der reale Konflikt-Kontext des ganzen Räsonnements
wird völlig ausgeblendet), ist durchaus nichts Neues; und zwar sowohl auf der
sozialen Beziehungs- als auch auf der Inhaltsebene. Theoretische
Praxis kann nicht als reiner Inhalt für sich stehen, als Praxis sui generis
bedarf sie der Darstellung, der Organisierung, der Vermittlung usw. Ein
theoretischer Zusammenhang braucht also auch Leute, die zwar die Notwendigkeit
und den Stellenwert der Theorie einsehen, aber selber nicht in erster Linie
Theoretiker im engeren Sinne sind oder sein wollen, sondern bestimmte Aufgaben
übernehmen; von der redaktionellen Bearbeitung, der Finanzverwaltung, der
Verlagstätigkeit, der Technik usw. bis zum Vertrieb und zur Organisation von
Veranstaltungen. Außerdem ist auch die eigentliche theoretische Praxis nicht
hermetisch eingegrenzt. Man muss kein berufsmäßiger Theoretiker sein, um auch
einmal einen theoretischen Artikel schreiben zu können. Wie in vielen anderen
Bereichen gibt es eine größere oder geringere Intensität der theoretischen
Betätigung bei verschiedenen Leuten; es gibt eine mehr innovative und eine mehr
sekundäre, nachbereitende Literatur, es gibt fließende Übergänge zum
Journalismus usw. Das
alles ist so lange unproblematisch, wie die Beteiligten sich solidarisch
zueinander verhalten im Sinne einer gemeinsamen Sache, wie sie ihre
individuellen Grenzen kennen und ihren jeweiligen Anteil ohne
Selbstwertprobleme und Konkurrenzgefühle einbringen können. Nur in einem
solchen Klima kann es auch individuelle Entwicklungen geben; niemand weiß ja a
priori, dass er oder sie nun
"TheoretikerIn wird" oder sonst wie berufsmäßig Texte produziert,
sondern es handelt sich um langfristige lebensgeschichtliche Prozesse. Kontraproduktiv
und geradezu destruktiv wird das Verhältnis jedoch, wenn sich das Ressentiment
einzunisten beginnt, also eine gehässige Abwertung der TheoretikerInnen, die
aus einer negativ verarbeiteten Selbstwertproblematik anderer Beteiligter
resultiert. Da in einem Zusammenhang kritischer Theoriebildung die
"theoretische Produktion" der Sache nach im Mittelpunkt steht, kann
den aktivsten ProduzentInnen gegenüber ein Minderwertigkeitskomplex entstehen,
der ins Ressentiment umschlägt. Das ist gerade die Art und Weise, wie die
bürgerliche Subjektivität in einem solchen Zusammenhang negativ durchzuschlagen
beginnt und sich in den Individuen paradox gegen deren eigene Sache wendet. Im
"Krisis"-Zusammenhang gab es Anzeichen für diesen Umschlag schon
länger, die auch ihre schriftlichen Spuren hinterlassen haben. So hieß es in
einem Papier des Konflikts mit dem postmodern eingefärbten
"Karoshi"-Projekt (einem längst wieder von der Bildfläche
verschwundenen, von ehemaligen "Krisis"-Leuten kreierten Magazin)
seitens eines Protagonisten mit ungeschminkter Deutlichkeit: "Es gibt und hat aber auch einige gegeben, darunter
meine Person, die...immer auch darunter gelitten haben, dass sie selbst keine
AutorInnen waren. Dies hat ein gewisses Minderwertigkeitsgefühl perpetuiert und
erhebliche Ohnmachtsgefühle hervorgebracht...Ständig begleitete einen das
Gefühl, Wissen und Erfahrungen nicht in die Waagschale werfen zu können, da man
es nicht umfangreich und schriftlich einzubringen verstand" (Andreas
Baumgart, Vorwärts damit alles beim alten bleibt?, Internes
"Krisis"-Papier, 1997). Hier
haben wir es schon nicht mehr mit der Unbefangenheit und Neugier theoretischer
Rezeption zu tun, nicht mehr mit einem Ausprobieren der eigenen Möglichkeiten
in einem solchen Zusammenhang ohne Schielen auf "Charts" und ohne
Gier nach Reputation, um zu sehen, wohin man gelangt und was man vielleicht
selber als Individuum einbringen kann; hier spricht vielmehr schon die dumpfe
Stimme des Ressentiments, dem es nicht um die eigene Entwicklung geht, sondern
das die Autorschaft anderer in den verbiesterten Blick der Selbstwertmonade
nimmt. Dieses Ressentiment ist es, das, einmal entstanden, den
Theoriebildungs-Zusammenhang vergiften muss, auch wenn es zunächst als marginal
erscheinen mag. Sobald dieser Ungeist des Ressentiments aber in den
Theoriebildungsprozess selbst eindringt, also auch bestimmte Theorieproduzenten
erfasst, schlägt der emanzipatorische theoretische Inhalt auf der Ebene des
"Allgemeinen" selbst in den Reflex gegen die Allgemeinheitszumutung
um: Auf paradoxe Weise wird die Theorie selber theoriefeindlich und
intellektuellenfeindlich. Das geht durchaus, denn wie das persönliche
Ressentiment ideologisiert werden kann, so kann der
antitheoretische Affekt des Normalo-Bewußtseins selber theoretisiert werden. Schon immer waren es in der
modernen Ideologiegeschichte Intellektuelle, die der Theorie- und
Intellektuellenfeindlichkeit einen Ausdruck gaben. (...)
Dass die radikale Kritik, die heute nur noch Wertkritik bzw. Abspaltungskritik
sein kann, in ihrer Darstellung selber die Warenform annehmen und in die
bürgerliche Zirkulation hineinkommen muss, ist ein Paradox und ein Problem,
dass einer kritischen Durchdringung bedarf. Es ist aber kein Problem, das durch
seichten, populistischen Moralismus gegen den "Markterfolg" aufgelöst
werden könnte. Nicht der (vermeintliche) Erfolg oder Misserfolg kann Gegenstand
der Kritik sein, sondern die Form selber, in der sich beides abspielt, und aus
der man nicht qua subjektiver Willensentscheidung herausspringen kann. Auch
Eigendruck im Selbstverlag nimmt zwangsläufig im Prinzip die bürgerliche Form
an; und nur auf Amateurniveau mit geringstmöglicher Reichweite publizieren zu
können, ist nicht per se "emanzipatorisch". Ohnehin geht es bei der
Invektive im "Krisis"-Zusammenhang gegen die Unperson Robert Kurz gar
nicht um die Reflexion der Warenförmigkeit kritischer Theorie und die damit
verbundenen Zwänge, Paradoxien, Gefahren etc., sondern um nichts als die
Mobilisierung des bloßen Ressentiments gegen "den im Rampenlicht"
(selbst wenn das nur für eine sehr begrenzte Öffentlichkeit leuchtet). (...)Diese
schräge Motivlage machte sich im "Krisis"-Zusammenhang während der
90er Jahre nicht bloß bei einigen von Minderwertigkeitsgefühlen gebeutelten
Nicht- oder Gelegenheits-Autoren bemerkbar, sondern auch bei denjenigen
regelmäßigen Autoren, die sich durch den theoretischen Vorsprung und das
publizistische "Abheben" der herausgehobenen Figur Robert Kurz nicht
etwa ermuntert, sondern in die "zweite Reihe" degradiert fühlten.
Zusammen mit dem ersten Erscheinen eines wertkritischen Buches in einer
größeren Öffentlichkeit (Robert Kurz, Der Kollaps der Modernisierung, 1991)
begannen bei denen, die von bürgerlichen Medien gelegentlich als
"Mitarbeiter" der "Leitfigur" tituliert wurden, auch erste
Züge eines Wolfsrudels von Ehrgeiz- und Konkurrenzmännern aufzuscheinen; eine
Tendenz, die sich immer mehr verstärken sollte, um schließlich den
solidarischen Zusammenhang zu zerstören und den emanzipatorischen Inhalt der
Wertkritik zu verbiegen. Der
Zwangs-Egalitarismus der Bruderhorde und die Illusion vom kollektiven
Theoretiker Im
Lauf der 90er Jahre machte sich die nörgelnde und lauernde Unzufriedenheit derer
im "Krisis"-Zusamenhang, die den Inhalt der Wertkritik durchaus
selber mit Macht zu ihrem Humankapital auf dem Markt der Meinungen machen
wollten, sich dabei jedoch zurückgesetzt und "unterbewertet" fühlten,
in zahlreichen internen Motz-, Hetz- und Kotzpapieren geltend, von denen die
wenigsten erhalten sind (wer hebt so etwas schon auf; wer denkt schon daran,
dass man derartige Peinlichkeiten noch einmal dokumentarisch zur
Selbstrechtfertigung benötigen könnte). (...) Der
falsche Egalitarismus, der zu dieser Konstellation gehört, ist keiner eines
selbst-bewussten "Vereins freier Individuen", sondern nichts als
Ausdruck der abstrakten Individualität, deren Kehrseite die zwanghafte
Allgemeinheit der bürgerlichen Willensform bildet. Es ist die Egalität, die aus
der gemeinsamen Unterwerfung entspringt, in der alle gleichermaßen nur
Funktionäre ihrer eigenen veräußerlichten und verdinglichten
Gesellschaftlichkeit sind, die ihnen in der politischen Form auferlegt ist.
Dieser falsche Egalitarismus der "Parteisoldaten", wie er aller
aktiven Politik als einer Funktionssphäre der Wertvergesellschaftung inhärent
sein muss, reproduziert sich in einem zunächst naturwüchsig nach der Matrix der
politischen Organisationsform entstandenen Theoriebildungs-Zusammenhang ebenso
naturwüchsig gewissermaßen als falscher Egalitarismus von "Theoriesoldaten". In diesem Sinne bezeichnete sich
etwa der "Krisis"-Autor Ernst Lohoff in Abgrenzung von Robert Kurz
gern als "Mannschaftsspieler"; ein unverblümter Hinweis auf die
männliche Zwangs-Kollektivität in der quasi-politischen Form. Das ist natürlich
eine polemische Zuspitzung, die aber den Kern der Sache trifft. Es
tut dieser Einschätzung auch keinen Abbruch, dass im
"Krisis"-Zusammenhang auf der kognitiven Inhaltsebene der Begriff des Politischen bereits
einer fundamentalen Kritik unterzogen und die Form der politischen Partei
verworfen, ja sogar das Nachwirken der politischen Form als eine Art
Schattenriss problematisiert worden war. Subkutan blieb trotzdem der negative
Egalitarismus der Politgruppe wirksam, in den Identifikationsmustern,
emotionalen Bezügen und gruppen- bzw. psychodynamischen Verhältnissen. Es ist
ja auch wirklich so, dass ein autonomer Zusammenhang radikal kritischer
Theoriebildung sich in mancher Hinsicht noch quasi-politisch verhalten muss,
etwa im Sinne einer "Theoriepolitik" oder eines strategischen
Verhaltens in Bezug auf die linken Szenen, die gesellschaftlichen
Oppositionsströmungen etc. Dieser Bezug darf jedoch nicht verwechselt werden mit der
Theoriebildung selbst, die ganz anderen Gesetzen folgt und in einem anderen
Modus stattfindet.
Genau diese Verwechslung geschieht jedoch, wenn die theoretische Praxis als
solche an den falschen Egalitarismus einer Gruppen-Kollektivität gebunden
werden soll. Auch
wenn es nicht eingestanden wurde: In der ursprünglichen Nürnberger
"Krisis"-Gruppe schien in der schwelenden Unzufriedenheit derer, die
sich zurückgesetzt fühlten, zunehmend das Muster auf, gegen den
"abgehobenen" Theorieproduzenten und Publizisten im Grunde den negativen
Egalitarismus des Gruppenkollektivs geltend zu machen, auch wenn damit nur
ordinäre Konkurrenzgefühle maskiert wurden. Negativ ist dieser Egalitarismus
auch in dem Sinne, dass er darauf hinausläuft, die "allzu große"
Produktivität des eben deshalb über den engen Gruppenrahmen hinausgewachsenen
Schriftstellers zu beschneiden und einzudämmen, ihn zurückzuzwingen auf den
kleinen Maßstab der beschränkten, schwerfälligen Kollektiv-Diskussion und in
den Gleichschritt der "Truppe", die jedem ihrer Mitglieder das Tempo
vorgeben will. Theoriepolitisch
könnte man hier die Illusion vom "kollektiven Theoretiker"
festmachen; eine Illusion deswegen, weil so die Theoriebildung als solche in
den politischen Modus gepresst und damit ihr eigener Modus negiert wird. Das
Ergebnis kann nur kontraproduktiv sein. Sozialpsychologisch oder gruppen- und
psychodynamisch könnte man von einer Art "Bruderhorde" sprechen, die
sich zwangsegalitär gegen den "abgehobenen", dem Bonsai-Kollektiv
entwachsenen, unanständig produktiven, in einer anderen Öffentlichkeitsliga
spielenden "Vater" oder "älteren Bruder" formiert, um ihn
gewaltsam in den Schoß des Zwangskollektivs zurückzuholen oder ihn zu
eliminieren. Die
Bruderhorde des falschen Egalitarismus im "Krisis"-Zusammenhang
sprach ihre einschlägigen Motive gelegentlich auch ziemlich unverblümt aus: "Anfang der 90er
Jahre hatte sich die alltägliche wertkritische Praxis zunächst einmal
wesentlich nur für (Robert Kurz) verändert. Er hatte sich quasi verdoppelt,
betrieb gleichzeitig Publizistik und Auftritte nach dem Abfrageprinzip, die den
Höflichkeitsbegriffen des Morbus Noricus entsprechend als
eins-zu-eins-Vermittlung >der wertkritischen Position< missverstanden
wurden und schrieb nebenher seine Krisis-Beiträge...Dass es sich bei der
>Krisis< um einen Familienbetrieb handelt, stand...der Metamorphose der
wertkritischen Tätigkeit zum Geschäftsbetrieb und der Auflösung des
Kernzusammenhangs in vor sich hinwurstelnde Autoren nicht im Wege...Der
Familienbetrieb mit seinen gewachsenen Tabusystemen und bis zur Indolenz
gehenden Rücksichtnahme auf individuellen Irrsinn (!) bietet den Raum, in dem
jeder ungestört sein Tagesgeschäftchen verrichten kann und doch einer gewissen
Nestwärme teilhaftig wird" (Ernst Lohoff, Kairos, internes "Krisis"-Papier,
Mai 2000). Text
und Subtext dieser Attacke müssen kaum dechiffriert werden; jeder weiß, dass
"jeder" niemand anders als der "abgehobene" Robert Kurz
sein soll, dessen Publizistik sich unverzeihlicherweise nicht mehr auf den
eigenen Klitschenbetrieb beschränkt, was nicht als Vermittlung nach außen,
sondern als "Bruch der Bruderschaftsvereinigung" (Petra Haarmann)
erlebt wird, als "Geschäftsbetrieb" im pejorativen Sinne des
Ressentiments von Zurückgebliebenen. Die über den eigenen Laden hinausgehende
Publizistik und Theorieproduktion des Entlaufenen erscheint sogar geradezu als
"individueller Irrsinn", weil sie die Illusion vom kollektiven
Theoretiker zunichte macht. Die
positive Imagination des Bruderhorden-Zwangsegalitarismus zieht zwangsläufig
eine pejorative Bestimmung der publizistischen Existenz nach sich; es wird Gift
gespuckt gegen den, der anscheinend tatsächlich von der Textproduktion
"leben kann", wenn auch mehr schlecht als recht. Was in Wahrheit der
eigene, allerdings nicht in Erfüllung gehende Wunschtraum ist, daraus wird der
Strick für den "Abgehobenen" gedreht, dem man nun vorwerfen kann,
dass er den Schrebergarten der kleinen Gruppenexistenz verlassen und sich "...eine gewisse
Marktposition erworben hat" (Peter Klein, i.e. Bernd Suffert, Brief an die
Nürnberger "Krisis"-Gruppe, Juli 2000). Unanständigerweise würde da einer "Geldverdienen mit der Kritik des
Geldes" (Peter Klein, Internes Papier für die Nürnberger
"Krisis"-Gruppe, 2000). Der
Widerspruch der kapitalistisch bestimmten Existenz, der gerade auch für
kritische TheoretikerInnen nicht unmittelbar aufgelöst werden kann, wird zur
Apologie des Freizeit-Intellektuellen, der aus seiner Not eine Tugend machen
muss. Wer mit der angeblichen "Anmaßung der Theorie" auch noch sein
Brot verdienen will, soll am besten verhungern, damit kein Anspruch das
Amateurniveau übersteigen kann. Weil
man selber die Theorie und Publizistik nicht zur hauptsächlichen Lebenspraxis
machen kann oder will, soll dies auch bei anderen nicht anerkannt und der
Theorie als solcher die "Lebenspraxis" von "oppositioneller
Betätigung" entgegengestellt werden: "Die Begegnung mit der Wertkritik
hat...zwar entscheidend zur Desavouierung der gängigen linken Wald- und
Wiesen-Praxis beigetragen, konnte aber bisher keine andere lebenspraktische
Perspektive oppositioneller Betätigung eröffnen - sieht man einmal von der
seltsamen Zumutung ab, zum Vollzeit-Theoretiker zu mutieren" (Norbert
Trenkle/Ernst Lohoff, Was heißt da Krisis-Zusammenhang?, in: Krisis 24, Bad
Honnef 2001, S. 152). Dass nicht alle Rezipienten von
Theorie selber Theoretiker werden müssen, dass es einen komplexen
Vermittlungszusammenhang von autonomer Theoriebildung und sozialen Bewegungen
gibt, und dass die Existenz als "Vollzeit-Theoretiker" wie jede berufliche
"Vollzeit"-Existenz nach Maßgabe wertförmiger Reproduktion
bornierende und zwanghafte Momente hat, - diese Tatsachen werden nicht reflexiv
problematisiert, sondern instrumentalisiert für das Ausleben des Ressentiments:
Weil man sich selber bloß zwanghaft, ehrgeizig und in höchstem Grade konkurrent
in die Rolle des Cheftheoretikers hineinimaginiert hat, es aber nicht zum
"Vollzeit-Theoretiker" reicht, muss dessen Dasein als "seltsame
Zumutung" nicht in seiner wirklichen Problematik reflektiert, sondern
madig gemacht werden als eine Art Verbrechen an der "Lebenspraxis". Die
Schandbarkeit eines solchen Daseins ist also diejenige des Robert Kurz in
seiner "Existenz als >Berufsschriftsteller< und
>Berufsrevolutionär<..." (Peter Klein, Offener Brief an den
"Krisis"-Koordinationskreis, 9.3.2004), von dessen "inflationärer Publizistik"
(a.a.O.) die "Krisis"-Gruppe geradezu erdrückt werde. Die Illusion
vom kollektiven Theoretiker wird krampfhaft festgehalten in der wütenden
Abwertung des "Berufsintellektuellen", dessen die Enge der
wöchentlichen behäbigen Diskussionsgemeinschaft sprengende theoretische Praxis
denunziert wird mit der Behauptung, dass hier "einzelne
Medienarbeiter und Privatgelehrte ihre Geschichten durchziehen, auch wenn die
natürlich ihrerseits die allgemeine Diskussion zum Hintergrund haben"
(Ernst Lohoff, Kairos, a.a.O.). Da
spricht der Fuchs, dem die Trauben zu hoch hängen, und der sie deshalb als
sauer befindet. Aber diese wandelnde Essiggurke der Frustration kann sich nicht
enthalten, ebenso gehässig wie besitzergreifend darauf hinzuweisen, dass die
übergroße Textproduktion des "individuellen Irrsinns" nichts anderes
als "die allgemeine Diskussion" der Bruderhorde "zum
Hintergrund" habe; sprich: eigentlich gehört das alles uns, eigentlich
sind wir qua Hordengemeinschaft die "wahren" Theoretiker, und der
abgehobene Berufsschriftsteller hat daraus nur sein "Geschäft" als
"Privatgelehrter" gemacht. Abgesehen davon, dass hier das selber
ehrgeizverwüstete Konkurrenzgefühl spricht, ist es auch eine völlige Verkennung
der Quellen von theoretischer Innovation und Produktion, die in aller Regel
eher beharrlicher Recherche und dem Durchwühlen von Bergen an Material
entspringt als gemütlichen Diskussionsrunden und Gruppensitzungen. Die
Diskussion ist normalerweise nachgeordnet und bezieht sich meist auf Resultate, die ihrerseits nicht unmittelbar aus
einer Diskussion hervorgehen können. Aber
auch in dieser Hinsicht muss das Räsonnement der Teilzeit-Denker den
Sachverhalt auf den Kopf stellen und die eigene Beschränktheit zur
"Eigentlichkeit" erklären. Der bleiche
"Berufsintellektuelle" versündigt sich nicht nur gegen die pralle
"Lebenspraxis", indem er die Theorie selber zu einer den
Lebenshorizont ausfüllenden Praxis macht; er kann ja, so die
selbst-apologetische Rabulistik der Bruderhorde, als berufsmäßiger Schreiber,
der angeblich "auf allen Hochzeiten tanzen zu müssen glaubt" (Peter
Klein, Brief vom 11./12.2. 2004, publiziert im
"Krisis"-Koordinationskreis), es gar nicht "aushalten...,
dass zur Klärung Zeit erforderlich ist" und dass man "um das Studieren und Debattieren nicht
(herumkommt)" (Peter Klein, a.a.O.). Der
"Berufsschriftsteller", der in gesellschaftlichen
Auseinandersetzungen steht, sei eigentlich bloß "politisch", während
man selber wahren Tiefgang habe: "Dabei könnte
mein etwas grundsätzlicheres Ausholen für unsere >Politiker<, die sich im
Eifer des Gefechts zu so mancher voreiligen Festlegung und Formulierung
hinreißen lassen, durchaus ein nützliches Korrektiv sein" (Peter Klein,
Brief an Petra Haarmann vom 25./26.1.2003). Es kommt also darauf hinaus, dass der
Berufsschriftsteller eigentlich nur ein ganz windiger Theoretiker sein könne,
weil den Märkten und den Tageskämpfen ausgeliefert, während die unfreiwilligen
Amateure sich als die wahren Grundsatztheoretiker sehen allein schon deshalb,
weil sie sich ihre "Lebenspraxis" nicht durch Vollzeit-Theorie
vermiesen lassen und sie mit ihren geistigen Höhenflügen kein "Geld
verdienen". So erscheint es geradezu als besonders "edel", zur
theoretischen Begriffsbildung ein Verhältnis zu haben wie vielleicht ein
Dorfapotheker zur Paläontologie als Liebhaberei, während man über den
Berufsintellektuellen als ganz unedlen Handwerker die Nase rümpfen darf. Die
Philosophenkönige sitzen heute eben nur noch im geistigen Hobbykeller. Es
ist eine Mischung aus antitheoretischem Affekt und intellektuellenfeindlicher
Lebensphilosophie für den Hausgebrauch einerseits und einem selber
gockelhaft-wichtigtuerischen, aber nicht einlösbaren theoretischen Überanspruch
andererseits, die sich da aus den Konkurrenzgefühlen, Selbstwertkomplexen und
Ehrgeizfrustrationen der "Krisis"-Bruderhorde heraus zusammengebraut
hat. Die Verbeugung vor dem Alltagsverstand bornierter
"Lebenspraxis", während man sich gleichzeitig gegenseitig eines edeltheoretischen
imaginären Besitzstandes versichert, muss anziehend wirken für ein Milieu von
linken Schwadroneuren und Kneipenhengsten, die sich am liebsten zu Höherem
berufen fühlen und dem intellektuellen "Promi" Robert Kurz schon
immer mal in die Suppe spucken wollten. Was für eine Freude, wenn dem nun die
"eigenen Leute" an die Gurgel gehen und genau die Ressentiments an
den Tag legen, die man selber schon längst im Busen trägt. (...) Kleine Kampfhundkunde Die
niedersten Instinkte der bürgerlichen Subjektivität, wie sie von den
Frustrationen der "Krisis"-Bruderhorde geweckt worden waren, mussten
auf eine soziale und schließlich auch organisatorische Abstoßungsreaktion gegen
den immer stärker als Fremdkörper erlebten Veranstalter von publizistischen
"Extratouren" hinauslaufen. Und ohne dass das Ziel des organisierten
Ressentiments ausdrücklich benannt worden wäre, war es implizit schon längst
klar: Dem Privatgelehrten und Berufsschriftsteller ist die
"Nestwärme" der Gruppengemeinschaft zu entziehen, der er bislang noch
unberechtigterweise "teilhaftig" geworden sei. Der Aufstand der
Bruderhorde gegen die "Leitfigur", die unverzeihlicherweise über das
reduzierte Beziehungsverhältnis hinausgewachsen war, kündigte sich frühzeitig
an. Das Ziel konnte nur die soziale Ächtung des Abtrünnigen, Abgehobenen, der Hordengemeinschaft
Entzogenen sein; das "Hinaussäubern" dessen, der den falschen
Egalitarismus der Brüder verletzt hat. Es
dauerte allerdings einige Jahre, bis es so weit war. "Kairos"
(günstige Gelegenheit), das lief zunächst im Frühjahr 2002 darauf hinaus, dem
Berufsintellektuellen zuerst einmal die muffig gewordene Gemeinsamkeit der
Nürnberger "Krisis"-Gruppe aufzukündigen. Dass dabei auch andere
Gruppenmitglieder aufgegeben werden mussten, nahm man ohne weiteres in Kauf:
ein Zeichen, dass der Egalitarismus und die scheinbare Gemeinschaftlichkeit
sich in Wahrheit exkludent auf eine begrenzte, ambitionierte Brudergruppe
bezog, die sich bis heute als den "eigentlichen Kern" des Ganzen
imaginiert und alle anderen als Spielfiguren oder als Konkurrenten behandelt;
eine völlige Preisgabe des emanzipatorischen Anspruchs auf der Beziehungsebene,
womit auch der wertkritische Inhalt dementiert wird. Die
Aufkündigung des lokalen Nürnberger Gruppenzusammenhangs durch diese zunehmend
mafiotisch agierende Kleinbande (allerdings hat die wirkliche Mafia einen
anspruchsvolleren Ehrenkodex) war nur der Probelauf für den eigentlichen Coup.
Zwei Jahre später konnte dann die "große Gelegenheit" ergriffen
werden, den Ab- und Ausstoßungsprozess zu vollenden, um die bestgehasste
ehemalige "Leitfigur" (ein an sich unkoscherer Begriff, der noch zu
thematisieren sein wird) endgültig loszuwerden. Wiederum wurde es bewusst in
Kauf genommen, damit auch die Mehrheit der bisherigen überregional aktiven
Trägerschaft von Redaktion und Koordinationskreis gleich mit abzustoßen.
"Wir sind die Krisis", diese anmaßende Parole beim Hinausputschen der
Redaktionsmehrheit enthüllt den ganzen Zynismus der usurpatorischen falschen
Brüdergemeinschaft, der allerdings einen weitgehenden Realitätsverlust zur
Grundlage hat. Die
Reaktionen der organisierten Abstoßung und Abspaltung konnten freilich nicht
offen und ehrlich mit jenen schäbigen Motiven begründet werden, wie sie aus
allen Knopflöchern der internen Papiere, Mails usw. hervorblitzen. Das
bürgerliche Konkurrenzsubjekt muss sich stets hinter der Maske einer falschen
Sachlichkeit verstecken. So sahen sich die intriganten, ihren absurden Coup
vorbereitenden Brüder genötigt, ihre Motive zu verobjektivieren und einen
pseudo-sachlichen Begründungszusammenhang zu erfinden, mit dem die
Hinaussäuberung des Berufsintellektuellen offiziell gerechtfertigt werden
sollte. Zur
Maske dieser Versachlichung wurde das Postulat der so genannten Sachlichkeit
selbst; und zu diesem Zweck musste die Geschichte der
"Krisis"-Theoriebildung und der dabei in der Vergangenheit
vollzogenen Brüche neu interpretiert werden: "Wahrscheinlich
war...das Angebot einer verbindlich-unverbindlichen Identifikationsgemeinschaft
mit welthistorischem Auftrag die einzige Methode, mit der sich der Laden unter
den gegebenen Bedingungen zusammenhalten ließ. Allerdings war diese
Verfahrensweise auch mit ziemlichen Reibungsverlusten verbunden. Das gilt
zunächst natürlich für die seltsame Art, in der Konflikte ausgetragen wurden.
Im selben Maß wie die Ingroup in ihrer Herausarbeitung aus dem klassischen
Marxismus vorankam, entfernte sie sich vom Ausgangsbezugssystem, in dem sich
Umfeld und Theoriegruppe bewegt hatten. Im Zeichen des Inhaltsreduktionismus wurden
die sich daraus ergebenden Spannungen aber nicht als das wahrgenommen, was sie
waren, Gegensätze zwischen einer dynamischen Theoretikergruppe und einem
Rezipientenfeld, das einem anderen Takt folgt; die Tatsache, dass harmlose
Menschen noch immer die harmlosen Ansichten vertraten, die sie vor ein, zwei
Jahren in unserem Rahmen auch immer vertreten hatten, wurde zum Anlass, sie in
den Stand feindlicher Ideologen zu erheben und einer entsprechenden
Sonderbehandlung zuzuführen. An den armen Geschöpfen, die sich nicht mit uns
vom Arbeiterbewegungsmarxismus frei schwimmen wollten, wurde der
weltgeschichtliche Ablösekampf mit einer ganzen Epoche exekutiert, und alle
Beteiligten fanden sich mitten in klassischen K2L-Kämpfen wieder" (Ernst
Lohoff, Kairos, a.a.O.). Der
Verweis auf einen "Inhaltsreduktionismus", der die
Beziehungsverhältnisse unbeachtet gelassen habe, geht hier völlig daneben und
dient einzig der Instrumentalisierung für einen Beziehungskampf auf einer ganz
anderen Ebene, nämlich gegen den Berufsintellektuellen, dem man unbedingt etwas
Verbrecherisches anhängen musste. Dafür sollten nun die früheren
Abnabelungs-Konflikte herhalten. Faktum ist selbstverständlich, dass der Weg
der wertkritischen Theoriebildung gewissermaßen mit ideologischen Leichen gepflastert
ist; denn um diesen Ansatz überhaupt gegen die vorherrschenden Strömungen der
Linken durchhalten zu können, bedurfte es einige Male einer ziemlich harten
Gangart. Bis Mitte der 90er Jahre gab es innerhalb des sich herausbildenden
"Krisis"-Zusammenhangs in mehreren Wellen heftige Konflikte mit
diversen Vertretern von Positionen des Traditions- oder
Arbeiterbewegungsmarxismus (nicht zuletzt im Kontext der radikalen
Arbeitskritik), 1996/97 nabelte sich das postmodern eingefärbte "Karoshi"-Projekt
ab, und nach dem 11. September kam es kaum überraschend zu einem ebenfalls
heftigen Zusammenstoß mit den (wenigen) Sympathisanten des antideutschen
Bellizismus im "Krisis"-Koordinationskreis. Es
ist nun ein ziemlich an den Haaren herbeigezogener Gedanke, dass Konflikte mit
theoretischen Positionen, vor allem "der weltgeschichtliche Ablösekampf
mit einer ganzen Epoche" (des Arbeiterbewegungsmarxismus) sozusagen allein
mit der Epoche als solcher oder mit ihren abgestorbenen Theoriebildungen
geführt werden sollten und nicht auch mit bestimmten Personen, die sich noch
immer identitär daran festkrallen. Diese Konflikte mussten im Gegenteil auch
als persönliche
geführt werden, und zwar zwangsläufig mit Leidenschaft und Zorn; auf der einen
Seite, um die Selbstbehauptung des Neuen zu gewinnen, auf der anderen, um das
verinnerlichte Alte zu verteidigen. Gerade bei den Ablösekämpfen vom
Arbeiterbewegungsmarxismus, die mit leibhaftigen Vertretern dieser Spezies
ausgetragen wurden, hatte die spätere "Krisis"-Bruderhorde (ebenso
wie beim "Karoshi"-Konflikt) selber heftig ausgeteilt. Jahre später
wollte man nun plötzlich entdecken, daß es sich bei den früheren Kontrahenten
in Wirklichkeit um "harmlose Menschen mit harmlosen Ansichten"
gehandelt habe, die ganz falsch "behandelt" worden seien. Diese
seltsame späte Einsicht ist freilich nicht etwa als Selbstkritik gemeint,
sondern sie ist die schiere Heuchelei, um "eine Geschichte zu
erzählen", das heißt im Foucaultschen Sinne
"Wahrheitsproduktion" zu betreiben und dem Ressentiment gegen den
"Abgehobenen" die Weihe eines sachlichen Konflikts zu verleihen,
wobei man sich selbst den Part der "Guten" zugeschrieben hat. In
diesem Sinne legte sich also die "Krisis"-Bruderhorde auf eine
Geschichte fest, verbog dann die Fakten der früheren Konflikte so, dass sie
dazu passten, und präsentierte das Ganze schließlich einem Gericht, dessen
Vorsitz sie auch gleich selbst übernahm. Und diese Geschichte geht in etwa so:
Sämtliche Konflikte der letzten 15 Jahre im "Krisis"-Zusammenhang und
dessen Vorgeschichte, mit den Traditionsmarxisten ebenso wie mit den
Postmodernen und den Sympathisanten des antideutschen Bellizismus, nahmen einen
unguten Verlauf und verprellten "harmlose Menschen mit harmlosen
Ansichten", und zwar stets aus einem einzigen Grund, nämlich weil es
jemand gab, der alle diese Konflikte "unnötig" hochkochte und
polemisch zuspitzte. Dieser Jemand soll natürlich niemand anders als Robert
Kurz gewesen sein. Die Invektive gegen den abgehobenen Berufsintellektuellen
versachlicht sich also ganz im Sinne des bürgerlichen Sachlichkeitsbegriffs zur
Invektive gegen den bösen Berufspolemiker, der einfach nicht nett ist. Damit
befinden wir uns schon auf dem Weg zur "Krisis"-Revolution der
Nettigkeit, deren Generalparole lautet: Nette Menschen haben keine bösen
Lieder. Die
Revolution der Nettigkeit ist also eine Revolution der militant netten Softies,
als die sich die Konkurrenzmänner der "Krisis"-Bruderhorde verkleidet
haben, um im höchsten Grade wertkritisch nett zueinander und zum Rest der Welt
zu sein. Das geht nur durch die gemeinsame Abgrenzungsaktion gegen die
Inkarnation von allem, was nicht nett ist, nämlich die Person Robert Kurz, die
zur Beziehungs-Sau auf allen Ebenen gemacht werden muss, um endlich einen
pseudo-sachlichen Grund für die längst zum Wunsch und schließlich zum Willen
gereifte Hinaussäuberung und die Rekonstitution der falschen Gruppen-Egalität
zu haben. Die
Reinterpretation der früheren Konflikte war nur der Auftakt, um die Unperson
des Berufsintellektuellen zu einer Art universellem Monster auszustaffieren,
das "Krisis" mit harter Hand regiere und keinerlei Widerspruch dulde.
Diese über Jahre wohlgepflegten und immer wieder kolportierten Anwürfe aus dem
"Krisis"-Zusammenhang selbst seitens der Bruderhorde begannen mit den
öffentlichen Attacken von außen seitens der Traditionsmarxisten, Antideutschen
usw. zu konvergieren, die Robert Kurz als "Stalinisten" und Halbnazi
beschimpften, der sich schon immer "im Ton vergriffen" habe usw.
(welchen "Ton" soll man gegen "linke" Befürworter der
imperialen Weltordnungskriege anschlagen?). Die Pseudo-Versachlichung der
inneren und die Steigerung der äußeren Attacken verschmolzen zu einer einzigen politischen Denunziation, deren Verdichtung schließlich den
realen Coup der Hinaussäuberung ermöglichen sollte. Dabei wurde der Versuch des
Betroffenen, die Konvergenz der inneren und äußeren Anwürfe auf die
Tagesordnung der "Krisis"-Redaktion zu bringen, als Beweis für die
Richtigkeit dieser Anwürfe genommen, um schließlich die Mehrheit der Redaktion
gleich mit hinauszuputschen. Die
Bruderhorde musste selber unbedingt an die erzählte Geschichte ihrer
"Wahrheitsproduktion" glauben, so dass sie auch keinem gegenläufigen
Argument von Dritten mehr zugänglich sein durfte. Damit geriet sie allerdings
in die Gefangenschaft ihres Legitimationsmusters und musste fortan bis zum
Erbrechen eine Liebenswürdigkeitsinflation entfesseln wie ein
Verkaufspropagandist, der auch zu Hause seine Rolle nicht mehr abzulegen
vermag. Die Eskalation der Anschwärzung von Robert Kurz wurde zur Eskalation
der Sanftheitsmasche, um die Wertkritik in eine Art Schmachtfetzen der
Betulichkeit und des gegenseitigen Wohlwollens zu verwandeln. Allgemein verpönt
werden musste der "scharfe Ton", allgemein identifizieren musste man sich
mit der alten Parole der Springer-Presse: "Seid nett zueinander". Dieses
Identifikationsmuster ist so inhaltslos wie das in Wahrheit zu Grunde liegende
Ressentiment gegen den "Markterfolg" des "Abgehobenen".
Indem die Anwürfe hinsichtlich der Umgangsform in bestimmten
Auseinandersetzungen dekontextualisiert wurden, abgelöst von ihrem konkreten Bedingungszusammenhang und von der
wirklichen Konfliktkonstellation, trat an die Stelle der (durchaus akzeptablen)
bestimmten Kritik des Verhaltens in bestimmten Situationen eine
abstrakt-allgemeine Anforderung von Moderatheit überhaupt, um Schärfe überhaupt
zum Übel zu erklären, unabhängig vom Kontext, und die einschlägige
"Kritik" an der anvisierten Unperson ebenso zu versämtlichen. (...) Die "Krisis"-Revolution
der Nettigkeit fand denn auch wirklich nicht in der Art einer offenen
Kampfhundattacke statt, sondern in der Form einer ausgeklügelten
Biertisch-Kabale - wie sie übrigens auch nicht durch offene
Auseinandersetzungen vorbereitet worden war, sondern durch Mauscheleien und
Fädenzieherei im Hintergrund, wobei sich die Täter als Opfer aufzubauen
begannen; das größte Talent des Autors Ernst Lohoff etwa bestand schon seit
Jahren darin, dass er sich am Biertisch als armes Opfer von Robert Kurz
selbstdarstellen konnte. Ein wahrer Opfermann. So funktioniert die nette
Intrige, in der sich die "Wahrheitsproduktion" verobjektiviert. Und
genau so lief auch der eigentliche Akt des Hinaussäuberns ab, nämlich durch
eine Instrumentalisierung der formaljuristischen Ebene. Weil die zum
entscheidenden Schlag entschlossene Bruderhorde wusste, dass sie in der aktiven
Trägerschaft von Redaktion und Koordinationskreis bei "Krisis" kein
Gehör und keine Mehrheit finden würde, nutzte sie das ungeklärte Verhältnis der
rein informellen tatsächlichen Gremien zur formalen Fassade des
"Krisis"-Fördervereins aus, um plötzlich mit Hilfe von zweien der
drei Vorstände des Vereins (bloße Ehrenämter ohne Bezug zur Theoriebildung und
Publikationstätigkeit) als formale Machthaber gegen die Redaktionsmehrheit
auftreten zu können. Das
ging nur über die lokale Biertischbeziehung zu diesen "Amtsinhabern",
die beide längst in die persönliche Aversion gegen den Berufsintellektuellen
eingebunden waren und über mangelnde "Sachlichkeit" des
Berufsschriftstellers zu klagen wussten: "Ich
will ja nicht abstreiten, dass ich seit langer Zeit Distanz zu deinem Ton
gefunden habe (in Deinen Artikeln und Büchern), den ich für genauso überzogen
und abschätzig halte, wie die Verhältnisse, die er beklagt" (Peter
Millian, Vorstand des "Krisis"-Fördervereins, Mail an Robert Kurz vom
19.2.2004). Da spricht die Ausgewogenheit selbst, ein wenig auch das
gesunde Volksempfinden, und da musste eben irgendwann eingeschritten werden.
Was konnte näher liegen, als der Hinaussäuberungs-Initiative der Bruderhorde
den milden Segen und das unerwartete Vorstands-Machtwort zu geben? Sekundiert
natürlich durch den Wiener Hofprediger der Softie-Nettigkeit, der ebenfalls die
Zeit für reif zur Tat hielt, nachdem der eine oder andere der Brüder sich ihm
als Blutopfer des Kampfhunds Robert Kurz präsentiert hatte: "Auch wer all das bloß im Einzelfall beklatscht oder
nur leidet, wegschaut, bagatellisiert, ein wenig doch versteht, Appeasement übt
oder auf eine der tausend anderen Arten die Augen zumacht..., tut bei dem
Treiben mit..." (Glatz, a.a.O., S. 28). Und dem von der Bruderhorde
ausgemalten "Treiben" des Berufspolemikers musste eben mal ein Ende
gesetzt werden; kein "Appeasement" mehr, kein
"Bagatellisieren", sondern die "Entschlossenheit" (Franz
Schandl) zur Hinaussäuberung der Unperson und zur Machtübernahme durch den
Brüderchor mit den öligen Stimmen. Die
Bestätigung dieses Vorgehens durch eine Mitgliederversammlung des
"Krisis"-Fördervereins konnte nur eine Farce sein; nicht nur deshalb,
weil ein nach Kriterien der Kumpanei und lokalen Cliquen-Loyalität
zusammengekarrter Bruchteil der Mitgliedschaft zur "Entscheidung"
gerufen wurde, sondern auch wegen des illegitimen Charakters eines solchen
Verfahrens überhaupt, bei dem bloß passive Rezipienten (praktisch nichts
anderes als Förder-Abonnenten der Theoriezeitschrift) ein
"Volksgericht" über den Hinauswurf bestimmter Theorieproduzenten und
den Entzug ihrer Publikationsbasis abhalten sollten; und einige fühlten sich
offensichtlich gebauchpinselt, bei diesem Machtspiel dabei sein zu dürfen und
besonders den "Abgehobenen" ihrer Ungnade ausgeliefert zu sehen.
Selbst dann noch wäre die Aktion sogar an der Mehrheit der anwesenden
Mitglieder gescheitert, hätte die ihre Karfreitagspredigt-Show abziehende
Bruderhorde nicht plötzliche etliche "Vollmachten" von nicht
Anwesenden geltend gemacht; ein vereinsrechtlich völlig unzulässiges Verfahren,
das wohlweislich vorher nicht offen gelegt wurde - aber wenn man sich im Namen
der Nettigkeitsrevolution schon auf die formaljuristische Ebene begeben muss,
kann man dennoch nicht dauernd mit dem Gesetzbuch unterm Arm herumlaufen. Mit
den ganz und gar nicht-theoretischen Mitteln der Intrige und der sogar noch
getürkten "demokratischen Abstimmung" konstituierte sich die
Bruderhorde so als rein formale, äußerliche Machthaberschaft über den
Zusammenhang der wertkritischen Theoriebildung, um das "Krisis"-Label
für sich zu usurpieren und den Berufstheoretiker davon zu enteignen; samt allen
anderen (der Mehrheit der aktiven Trägerschaft), die sich diesem Machtanspruch
nicht beugen wollten. Und das alles ganz ohne Kampfhundmentalität, immer hübsch
leisetreterisch und stets nur das Beste für alle wollend, aber leider nicht
anders könnend. Lediglich
im Augenblick des Putsches selber musste die Maske kurz abgenommen werden, als
zum Auftakt der ganzen Aktion der erstarrten Redaktionsmehrheit, die eine
Auseinandersetzung erwartet hatte, aber keine Machtaktion im Stil eines
Volksgerichtshofs, von den Herren Schandl und Trenkle unter ausdrücklicher
Berufung auf den Nazi-Rechtstheoretiker Carl Schmitt dekretiert wurde, es
herrsche im "Krisis"-Zusammenhang ein "Ausnahmezustand",
der entschieden werden müsse; deshalb hätten Robert Kurz und Roswitha Scholz
augenblicklich Redaktion und Koordinationskreis zu verlassen, und darüber könne
es keine Abstimmung geben, weil die Redaktion sowieso soeben qua
Vorstandsbeschluss entmündigt worden sei. Kommentar eines Außenstehenden
Beobachters: "Die Pointe bei der Berufung auf
den Dezisionismus von Carl Schmitt scheint mir darin zu liegen, dass die
Schmittsche >Entscheidung< eine ist, die man sich selbst und anderen
nicht vermitteln kann. Soweit ist die Referenz richtig" (Martin Massip,
Mail an Robert Kurz, 30.4.2004). Diesem
leider, leider unumgänglichen Stiefel-Auftritt folgte jedoch sogleich wieder
die freundlich grinsende bürgerliche Nettigkeit. Die grob hintergangenen
übrigen Redaktionsmitglieder wurden aufgefordert, doch weiter
"sachlich" mitzuarbeiten, als wäre nichts gewesen; und um das Nettsein
auf die Spitze zu treiben, ließ man auch gleich durchblicken, dass nach dem
Hinauswurf die Gemeinsamkeit der Wertkritiker erst so richtig beginnen könne
und, die Krokodilsträne im Knopfloch, schwerste Inhaltlichkeit angesagt sei: "Dass wir das Zerwürfnis nun auf dem
formal-demokratischen Weg einer Mitgliederversammlung entscheiden mussten, ist
bitter für einen Zusammenhang wie den unseren und hat niemanden von uns
gefreut...Wir werden aber versuchen mit der neuen Zeitschrift, die Robert Kurz
herausgeben wird, in Zukunft inhaltlich weiter zusammenzuarbeiten"
(Deeskalation und Abspaltung in der Krisis, Erklärung der neuen
Krisis-Redaktion, 7.4.2004). Das ist ja richtig niedlich und die süßeste
"Deeskalation" seit den Nibelungen. Wir haben euch doch bloß ein
wenig hintergangen und, nun ja, ein ganz kleines bisschen hinausgeworfen, aber
das ist doch die beste Basis, um verantwortungstriefend die
"Zusammenarbeit" zu beschwören. Als Mastif kann man
bedauerlicherweise keine Händchen zum Sachlichkeits-Gebet falten, sondern sich
nur das Nettigkeits-Genick als ein zu durchbeißendes vorstellen. Es gibt eben
Tiere verschiedener Arten. Nachdem
die "Krisis"-Bruderhorde ihre Motive in
"Wahrheitsproduktion" hatte verschwinden lassen, konnte auch der
Grund für das ominöse "Zerwürfnis" im Stil einer geistlichen Rüst-
und Begegnungsstätte formuliert werden. Es sei eben leider so gewesen,
"dass immer wieder schwer vereinbare Vorstellungen, hinsichtlich der
Diskussionskultur nach innen und außen aufeinander stießen" (Deeskalation
und Abspaltung in der Krisis, a.a.O., Amateur-Zeichensetzung im Original).
"Diskussionskultur" ist das, was man hat, wenn man nichts mehr zu
sagen hat, dies aber nett und in Absage an jede Kampfhundmentalität. Geradezu
aufopferungsvoll hatte man an der universellen Deeskalation gearbeitet: "Vor allem kritisierten Ernst Lohoff und Norbert
Trenkle den oft übermäßig zuspitzenden Stil von Robert Kurz..."
(Deeskalation usw., a.a.O.). Das Blaue Kreuz der Diskussionskultur in voller
Aktion. Mäßigkeit ist schließlich die bürgerliche Kardinaltugend. Nichts sollte
man "übermäßig zuspitzen", vor allem nicht die Kritik der
bürgerlichen Aufklärungsphilosophie und der männlich-weißen westlichen
Subjektform. Sind doch alles harmlose Ansichten harmloser Menschen hier. Dem
"übermäßig zuspitzenden Stil von Robert Kurz" kann nur noch die nette
Abstumpfung gegenüber gestellt werden. Diese
Strategie der Abstumpfung ist es, die als Alternative zur Strategie der
Zuspitzung ausgegeben und zum "Kulturkampf" der Netten gegen die Nicht-Netten
bei "Krisis" erklärt wird: "Der Konflikt in der >Krisis< hat
vor allem den Charakter eines Clash of Cultures...Der Clash of Cultures
wird...zu einer Trennung und zu einer Entmischung der Kulturen führen"
(Ernst Lohoff, Clash of Cultures, Papier zur Mitgliederversammlung des
"Krisis"-Fördervereins, 28.3.2004). Wie
man es richtig macht, verrät uns Franz Schandl in den nicht übermäßig
zuspitzenden Wiener "Streifzügen": "Wir wollen
beides sein, umgänglich in der Form und unumgänglich im Inhalt. Eins soll um
uns nicht herumkommen, aber eins soll uns auch bekömmlich finden" (Franz
Schandl, Unumgänglich, In: Streifzüge 30/April 2004). Die allgemeine Bekömmlichkeit ist das Kriterium der
DiätassistentInnen und der Apothekerzeitung, nicht der radikalen Kritik. Aus
der Subjektform gibt es kein bequemes und schmerzloses Herauskommen mit
Wohlfühl-Qualität zu Billigpreisen für alle, die ein bisschen guten Willens
sind. Wenn Wert- und Abspaltungskritik nicht verstörend und provokativ wirkt,
ist sie keine. Die Idee, dass der ontologische Bruch ein kampfloser und
bekömmlicher sein soll, ist so fade wie die seichten Wortspiele eines Franz
Schandl, der sein Auskommen als mittelmäßig-gemäßigter Werbetexter für den
österreichischen Provinz-Mittelstand verfehlt hat. Der
Nivellierung der theoretischen Produktion auf den zwangsegalitären Maßstab der
Bruderhorde entspricht die Nivellierung des "Duktus", der
sprachlichen Form und der Vorgehensweise auf die bürgerlichen Benehmensregeln
von falscher Moderation und Contenance, das heißt auf den Nettigkeits-Codex des
Rechts- und Zirkulationssubjekts. Hauptanforderung: "Gelassenheit";
nämlich die Pseudo-Gelassenheit derer, die so tun müssen als ob. Aus diesem
gegen den "Kampfhund" und Berufspolemiker adaptierten
Anforderungsprofil der kapitalistischen Zirkulationssphäre ergibt sich zwanglos
die Tendenz zu einem Heruntertransformieren der Wert- und Abspaltungskritik auf
das, was das Normalo-Bewußtsein vielleicht gerade noch erträgt, ohne seinen
Normalo-Aggregatzustand verlassen zu müssen. Form-Moderation ist immer auch
Inhalts-Moderation. Die aus Ressentiments und Konkurrenzgefühlen heraus
mobilisierte Formdebatte gegen den Berufspolemiker enthält in nuce bereits die
Apologie der Subjektform, deren Kritik bloß vordergründig noch aufrecht erhalten wird. Das kleine Problem des Bruchs mit
aller bisherigen Geschichte soll in Nettigkeit aufgelöst werden, die radikalste
Kritik mit dem Verkäuferlächeln von Bauchladen-UnternehmerInnen einschweben. Es
gilt für dieses Bewußtsein bürgerlich-zirkulativer
"Diskussionskultur" das erste Gebot der universellen Harmlosigkeit.
Nach innen: Widersprüche im wert-abspaltungskritischen Zusammenhang selbst,
Konkurrenzbeziehungen und identitäre Blockaden des strukturell männlichen
Subjekts, das Festklammern an Momenten bürgerlicher Ontologie und Metaphysik
etc. sind grundsätzlich zu "behandeln" als "harmlose Ansichten
harmloser Menschen". Und nach außen: Die zerfallende kapitalistische
Weltgesellschaft ist ebenso erst einmal grundsätzlich zu nehmen als eine einzige
Ansammlung "harmloser Menschen mit harmlosen Ansichten". Bürgerliche
Subjektivität kann doch nicht völlig schlecht sein. Deshalb bleibt auch der
formal heruntertransformierten Wert-Abspaltungskritik gar nichts anderes mehr
übrig, als sich selbst in eine "harmlose Ansicht harmloser Menschen"
zu verwandeln. Die Mitglieder der von Berufsschriftstellern und
Berufspolemikern gesäuberten "Krisis"-Bruderhorde einer
"Wertkritik light" können ja auch wirklich nicht nur vor lauter
Wichtigkeit, sondern auch vor lauter Harmlosigkeit und Gemäßigtheit kaum
laufen. Jedenfalls was den Gehalt der Kritik betrifft; in den Binnenbeziehungen
darf die menschelnde subtile Gemeinheit sich sachlich austoben. Der
Bruderhorden-Restbestand des "Krisis"-Zusammenhangs muß nun als eine
Art "Organisation Seelenfrieden" firmieren. Angesichts von so viel
bürgerlicher Benimm- und Nettigkeitsscheiße auf einem Haufen kann man sich nur
zu seiner Unmenschlichkeit bekennen. Opfermänner und
Flintenweiber Die
Bruderhorde ist natürlich immer schon auch eine Männerhorde. Wie sich die
falsche Egalität auch den anderen, nicht dem verschworenen Bruderkreis
angehörenden männlichen Gruppenmitgliedern gegenüber in Wahrheit auf
Exklusivität reimte, so erst recht den wenigen Frauen gegenüber, die es gewagt
hatten, bis ins redaktionelle Zentrum des "Krisis"-Zusammenhangs
vorzudringen. Damit
ist eine Ebene angesprochen, die sich zunächst nicht aus den spezifischen
Verhältnissen einer bestimmten Gruppe mit bestimmten Personen erklärt, sondern
auf einen allgemeinen Zustand in der Wertvergesellschaftung verweist. Männerbündische
Strukturen in allen Bereichen bürgerlicher Öffentlichkeit sind nichts
besonders Auffälliges und Ungewöhnliches; sie gehören zum stummen Zwang der
Verhältnisse wie die universelle Konkurrenz. Genauer gesagt: Die Konkurrenz
erfährt hier eine bestimmte geschlechtsspezifische Grenze; es existiert
gewissermaßen eine universelle Männergewerkschaft, die gar keine
Organisationsform braucht und nicht einmal bewusst in Erscheinung treten muss, um
wirksam zu sein. In den Medien, im Management, in der Politik und in der
akademischen Wissenschaft müssen bekanntlich Frauen in aller Regel doppelt so
viel "leisten" wie Männer, um auch nur halb so viel anerkannt zu
werden. Und das gilt auch für linke Theoriebildungs-Zusammenhänge. Von
Feministinnen der 70er Jahre ist der Ausspruch überliefert, dass es für Frauen
leichter sei, ins Militär hineinzukommen als in eine Theoriegruppe. Es ist eben
nicht so, dass sich Frauen "von Natur aus" oder aus rein persönlichen
Gründen weniger für das begriffliche "Jenseits des Denkens"
interessieren würden, sondern sie stoßen dabei auf Barrieren, sichtbare und
unsichtbare. (...)
Die längste Erfahrung mit den jetzigen Pseudo-Softies musste Roswitha Scholz
machen, die Autorin der Abspaltungstheorie, die sich schon seit den 80er Jahren
an der männerbündischen Struktur der damaligen ersten Ansätze des
wertkritischen Theoriebildungs-Zusammenhangs abgearbeitet hatte. Im
theoretischen Milieu eines geschlossenen Objektivismus wurde es weitgehend als
"weiblicher Schwachsinn" abqualifiziert, dass sie die Subjekt- und
Psycho-Ebene geltend zu machen versuchte; sie wurde angesichts der Tatsache,
dass sie ganz und gar nicht als bloßes Anhängsel eines Mannes auftrat, scheel
angesehen und als eine Art Querulantin empfunden, ja sogar von einem der späteren
Putsch-Vorstände gelegentlich angemacht, dass sie irgendwie keine richtige Frau
sei, weil sie sich Mutterfreuden verweigern wollte und man(n) ihr diesbezüglich
baldige biologische Torschlusspanik prognostizierte usw. Selbstverständlich
wurden auch ihre Texte oberlehrerhaft auf Fehler und Kritikwürdigkeit besonders
akribisch durchgecheckt, während etwa von Zeichensetzungsfehlern wimmelnde
bessere Klozettel des ewigen männerbündischen Talents und verkannten Genies
Ernst Lohoff als "Fragment" durchgingen, fast schon als literarische
Form. Tausende von offenen und verdeckten Spitzen, von subtiler Anmache und
grober Verletzung sind es eben über die Jahre hinweg, in denen sich die stumme männerbündische
Struktur manifestiert, die dann von den adretten Netten als
"Halluzination" identifiziert werden kann. Diese
Struktur wurde allerdings in ihren Grundfesten erschüttert durch die Kreation
des Abspaltungstheorems und dessen konfliktreiche Implementierung in den
"Krisis"-Theoriebildungsprozeß seit 1991/92. Inhaltlich wurde damit
nicht nur die Theorie des modernen Geschlechterverhältnisses auf die
Abstraktionshöhe der Wertkritik gehoben und einer bloßen subsumptions- und
ableitungslogischen Thematisierung der geschlechtlichen Asymmetrie die
Grundlage entzogen. Vielmehr wurde auch deutlich, dass der geläufige
theoretische Begriffsapparat überhaupt, auch noch in seiner wertkritischen
Wendung, einem androzentrischen Universalismus entspringt und systematische Ausblendungsmechanismen
impliziert. Dieses erkenntnis- und begriffskritische Moment der
Abspaltungstheorie ist noch gar nicht völlig ausgeleuchtet; aber es reichte
schon, um den "Zugang" androzentrischer Begriffsbildung restlos
obsolet zu machen und die scheinbar wohlgeordnete Systematik der Theorie vom
punktförmigen abstrakten Individuum durcheinander zu wirbeln. Derartige
Verunsicherungen mochte das ordnungsliebende kollektive Identitätsbewusstsein
der Möchtegern-Philosophenkönige gar nicht leiden, auch wenn man(n) das schon
bald nicht mehr offen zugeben "durfte". Es
konnte nicht ausbleiben, dass dieser Bruch auf der Inhaltsebene auch den
Geschlechterkonflikt auf der Beziehungsebene verschärfte. Tatsächlich löste die
Abspaltungstheorie von Roswitha Scholz zunächst einmal die heftigsten
Abwehrreflexe aus und wäre mit Sicherheit von der Männerhorde niedergebügelt
worden, wenn nicht ausgerechnet der männerbündische Obermacker Robert Kurz sich
auf die Seite des neuen theoretischen Ansatzes geschlagen hätte; sicherlich
nicht aus einer plötzlichen und unglaubwürdigen Selbsteinsicht in die eigene
männliche Psychostruktur und als deren bruchlose Überwindung, sondern im Sinne
einer kognitiven Anerkennung auf der theoretisch-begrifflichen Ebene, obwohl
dadurch auch der androzentrische "Begriff des Begriffs" in Frage
gestellt wurde. Es lässt sich sogar sagen, dass die offizielle Akzeptanz und
Hereinnahme der Abspaltungstheorie in den "Krisis"-Zusammenhang
letzten Endes durch eine Art "Machtwort" und Geltendmachen von männlicher
Autorität der "Leitfigur" entschieden wurde, wobei ziemlich harte
Worte fielen. Vielleicht wurde es klammheimlich von der späteren Bruderhorde
als Demütigung empfunden, dass die graue Maus und Psycho-Frau nun zur
satisfaktionsfähigen Theoretikerin mutiert war, die man(n) zu allem Überfluss
gewissermaßen vor die Nase gesetzt bekam. Es
war angesichts dieser Reaktionen zweifellos ein sonderbares Gefühl und eine
paradoxe Situation, als durchaus psychostrukturell selber
männlich-patriarchales Wesen durch die Besonderheit der Konstellation in die
Lage versetzt zu werden, einmal nicht aus der Betriebsblindheit
männerbündischer Strukturen heraus spontan mitzuagieren, sondern als
"Dritter" (das heißt die in Frage stehende Abspaltungstheorie kognitiv-theoretisch
Unterstützender) bewusst mit eigenen Augen sehen und mit eigenen Ohren hören zu
müssen, mit welch unglaublicher Rabulistik, dreister Dummstellerei und kaum
verhüllter sexistischer Gemeinheit bei der "Diskussion" um die
Abspaltungstheorie die kollektive männliche Identität sich inszenierte, welches
Mienenspiel und welche Körpersprache sich äußerten, welche stummen Mechanismen
der Kanalisierung abliefen. Diese plötzlich durch die eigene Situierung in der
Konstellation erzwungene Aufmerksamkeit musste natürlich die Frage aufkeimen
lassen, wie man(n) eigentlich selber die ganze Zeit agiert hatte, ohne es
überhaupt sonderlich wahrzunehmen als ein bestimmtes, keineswegs
selbstverständliches Verhalten. Aus
dieser Konstellation heraus entwickelte sich, verschränkt mit dem
Geschlechterkampf zwischen Roswitha Scholz und der männerbündischen Gruppe
sowie vermittelt durch die kognitive Auseinandersetzung um den Inhalt der
Abspaltungstheorie, eine sekundäre "innermännliche" Polemik zwischen
dem soeben in die Öffentlichkeit eingetretenen Berufsintellektuellen und der
Bruderhorde in spe. Die Wahrnehmung der männerbündischen Abwehrreflexe
verschriftlichte sich in einem sekundierenden "Krisis"-Artikel
(Robert Kurz, Geschlechtsfetischismus, in: "Krisis" 12, Bad Honnef 1992)
sowie in diversen internen Papieren mit dem Versuch, bestimmte Muster dieser
geschlechtsspezifischen Abwehrreflexe sichtbar zu machen: "Es wird
pflichtschuldigst bedauert, dass sich so wenig Frauen für die theoretische
Praxis finden, für die radikale Kritik des warenproduzierenden Systems zumal;
nämlich gar keine. Mit hochgezogenen Schultern und nach außen gedrehten
Handflächen steht der theoretische Mann da, immer ein wenig kleiner Pontius
Pilatus, der gerade seine Christa ans Kreuz genagelt hat, aber alles
"überhaupt nicht versteht". Er, der so vieles, wenn nicht alles begreift,
hat für gewisse Erscheinungen an ihm selbst, die im Begriff nicht
reibungslos aufzugehen scheinen, auffallend häufig die mit einem zarten Hauch
von Enerviertheit vorgetragene Standardformel parat: >Das verstehe ich
nicht<. Er begreift, aber versteht nicht. Es geht ihm mit der theoretischen
Frau ungefähr so wie Oskar Negt mit der RAF: noch kurz "zuvor" hat er
mit Ulrike Meinhof gesprochen, über ein sozialkritisches Buchprojekt bei
Suhrkamp, "und dann das". Das verstehe ich nicht...Ganz von selbst
scheint sich im Theoriebildungsprozeß eine männerbündische Struktur
herzustellen, im akademischen Konkurrenzbetrieb (>publish or perish<)
sowieso, aber auch in jenen informellen und teilweise sogar bewußt
anti-akademischen Zirkeln, die sich vielleicht nicht zu Unrecht als die
eigentlichen Zentren theoretischer Innovation begreifen. Die männerbündische
Struktur kann aber nicht zum Thema werden, außer in gewissen Witzeleien beim
gemütlichen Teil, weil sie ihrem Wesen nach ebenso die unreflektierte
Selbstverständlichkeit von Atemluft besitzt wie die Existenz des Geldes für den
Alltagsverstand. >Männerbündische Struktur< heißt zum Beispiel ganz
empirisch, dass man sich im dahinfliegenden Gespräch >Ausdrücke< und
Anzüglichkeiten, um nicht zu sagen: Schlüpfrigkeiten, leisten kann, die
nirgendwo dokumentiert sind außer im hintersten Winkel des eigenen Bewußtseins,
und in denen die Frau jedenfalls nicht gerade als potentielle Theoretikerin erscheint.
Männerbündisch ist also vielleicht vor allem die Tatsache, dass durch die
schlichte Nichtanwesenheit oder zumindest hoffnungslose Minorität von Frauen
eine Art geschlechtlicher Ruheraum entsteht, ein Ort, an dem das WIR nicht
aufgewühlt und getrübt ist durch den Geschlechterkampf. Der
Theoriebildungsprozess als psychische Männerkneipe? Die schlagende Verbindung
wird sich zu wehren wissen...Denn natürlich (natürlich!) gibt es die Frauen,
aber sie sind, vom männerbündischen Theoriezirkel aus gesehen, Wesen im
Hintergrund. Gewiss kennt man die eine oder andere, die ist doch ganz nett, die
- wie heißt sie doch gleich? Die nette Wieheißtsiedochgleich, so könnten sie
alle heißen. Nimmt man die psychosoziale Binnenwelt der
Theoriebildungsverhältnisse als Maßstab, dann handelt es sich um Verhandlungen
von Planeten, die fast alle von unsichtbaren Trabanten umkreist werden. Von
einigen Männern, die bei Konferenzen und Seminaren sich des Öfteren zu Wort
gemeldet haben, weiß man zwar, dass sie beweibt und in etlichen Fällen sogar
fortschreitend mit Kindern gesegnet sind; aber die Frau selbst ward nie
gesichtet, bleibt ein namenloses Wesen, als hätte Herr Platon aus Athen erst
gestern sein Symposion veranstaltet. Um derartige Symposien handelt es sich
geschlechtssoziologisch und psychostrukturell, auch wenn gelegentlich blasse
Begleitwesen gesichtet werden oder auch schon mal eine mehr oder weniger
eloquente Exotin auftritt. Bis ins Allerheiligste der männerbündischen
Theoriebildung aber ist jedenfalls noch keine vorgedrungen. Die Frauen
interessieren sich eben nicht dafür, so das offizielle Bedauern der
theorieschwangeren Männer. Jedenfalls ihre eigenen Frauen nicht (oder nicht
sonderlich, oder nicht vorwiegend, oder nicht so, dass sie mehr als den Kaffee
reichen könnten)..." (Robert Kurz, Not am Mann - Not an der Frau,
unpubliziertes Schubladenpapier, Mai 1992). Diese
Passagen verweisen auf ein gewisses, manchmal sozusagen etwas streng riechendes
Milieu strukturell androzentrischer Theoriebildung, das angesichts der Abspaltungstheorie
fast automatisch in weniger kognitive als vielmehr habituelle Selbstapologetik
verfiel. Natürlich wurde auch der Inhalt dieses theoretischen Ansatzes
abgewehrt, vor allem von dem damals noch die "Krisis"-Theoriebildung
wesentlich mittragenden Autor Peter Klein (Bernd S.), der sich besonders
hervortat mit einem affektierten "Das verstehe ich nicht", weil er am
allerwenigsten Lust hatte, über den glatten Begriff des abstrakten Individuums
hinauszugehen. Aber nicht die Antikritik auf der kognitiven Ebene war
wesentlich bei der Abwehr, sondern eher das Ausweichen, Herunterspielen,
Wegducken, die eingenommene Haltung usw. Die Männerhorde verhielt sich also in
dieser Hinsicht mit einer geradezu "weiblichen Schläue". Sicherlich
auch deswegen, weil (ähnlich übrigens wie in Bezug auf antisemitische Motive)
offen sexistische und männerbündische Positionen unter dem in dieser Hinsicht
durchaus heilsamen Druck der "Political Correctness" längst nicht
mehr durchhaltbar sind. Aber
die unter dem Deckel gehaltene Wut köchelte gerade deswegen mehr oder weniger
geräuschvoll vor sich hin. Jeder Verweis auf diese Wut und auf die sich
äußernde Abwehrhaltung wurde damit gekontert, es handle sich um eine bloß "zugerechnete
Position" (Ernst Lohoff, Einige Stichpunkte zum Weiblichkeitswahn,
internes Papier für die Nürnberger "Krisis"-Gruppe in Form eines
Briefes an Robert Kurz, 7.6.1992), die mit dem tatsächlich Geäußerten nichts zu tun
habe: "Du unterstellst >eine Abwehrstrategie männlicher
Theoriebildung im Kontext radikaler Wertkritik<, die koste es was es wolle,
darauf erpicht ist >eine geschlechtsneutrale allgemeine Theorie abstrakter
Individualität und Subjektivität der Warenform< festzuhalten" (Ernst
Lohoff, Einige Stichpunkte zum Weiblichkeitswahn, a.a.O.). Eine reine Unterstellung
natürlich, weil sich in den schriftlichen Dokumenten zur Auseinandersetzung um
die Abspaltungstheorie davon explizit (aber immerhin) nur Spurenelemente finden
ließen: "Die Träger dieser Abwehrstrategie
sind mehr oder minder alle >Krisis-Autoren<, mit einer Ausnahme: Du
selber. Der ausgebuffteste theoretische Kampfhund (!) dokumentiert seine Kritik
am Kampfhundwesen, indem er seine Kumpanen anfällt. Du
beweist, dass Du über den auf Zwangsheterosexualität beruhenden abstrakt
männlichen Universalismus erhaben bist, indem Du noch in jeder ungeschickten,
halbausgegorenen Äußerung jedes Mal eine im Grunde in sich konsistente perfide
Abwehrstrategie auszumachen verstehst. Die Methode ist aus dem industriellen
Goldbergbau unserer Tage wohl bekannt. Wer nur genug Gesteinsmaterial zermalmt
und durchs Blausäurebad wandern läßt, der wird allemal fündig. Wer einen
Kontinent verarbeitet, der wird etliche Tonnen zusammenbringen" (Ernst
Lohoff, Einige Stichpunkte..., a.a.O.). Nichts
Neues unter der Sonne, jedenfalls was die "Krisis"-Männerhorde
angeht: Die Urfassung der Kampfhundmetapher ist schon 12 Jahre alt, allerdings
stand sie damals noch nicht im Kontext einer Invektive der Pseudo-Softies gegen
den Berufspolemiker, sondern im Kontext der tiefer liegenden Auseinandersetzung
um Abspaltungstheorie und männerbündische Struktur. An den Lohoffschen
Gedankengängen lässt sich unschwer erkennen, dass die spätere Softie-Masche
ihren eigentlichen Ursprung in einer Defensive gegen die abspaltungskritische
Zumutung hat, in einem Gefühl, identitätsverletzend angegriffen zu werden,
wobei der "Kampfhund" in Wirklichkeit von der bösen Frau, dem theoretischen Flintenweib, spazieren geführt und auf die armen
Opfermänner gehetzt wird. Die
Argumentationsstrategie der Opfermänner-Softies ist dabei in mehrfacher
Hinsicht ziemlich durchsichtig. Zum einen wird ganz auf die rein
textuell-kognitive Ebene abgehoben, auf der man nichts "beweisen",
sondern nur böse "Zuordnungen" vornehmen könne. Das ist ausgesprochen
nett gesagt; man(n) glaubt sich selber nahezu die Unschuld, solange man(n)
nicht in flagranti erwischt wird. Das Problem besteht aber ja gerade darin,
dass der androzentrische Universalismus schon in der modernen Begriffssprache
an sich implizit herrscht und deshalb nicht unbedingt und nicht immer explizit
aufzutreten genötigt ist, wie ja auch die männerbündische Struktur nicht erst
in einem expliziten Herrenclub mit eingeschriebener Mitgliedschaft und
codierter Eintrittsberechtigung sich äußert. Aber eben weil der strukturelle
Androzentrismus eine implizite Allgegenwärtigkeit hat, steht er gewissermaßen
gerade auch "zwischen den Zeilen", äußert sich in undokumentierbaren
und gleichwohl real erfahrenen mündlichen Aggressionen und Zynismen,
Verhaltensweisen usw. Der
scheinbare offizielle Konsens etwa, dass der wertkritische
Theoriebildungszusammenhang "selbstverständlich" und "im
Prinzip" offen sein sollte für Frauen, hindert nicht im geringsten, dass
dennoch stumme männerbündische Strukturen diese Oberflächen-Beteuerung dementieren,
solange sie nicht als solche thematisiert werden - und gerade dagegen verwahrt
sich die Bruderhorde vehement, vor 12 Jahren ebenso wie heute. Das
scheinheilige Bedauern darüber, dass so wenig Frauen sich an der Theoriebildung
beteiligen, wird nicht allein faktisch dadurch dementiert, dass die jeweils
eigenen Frauen hinsichtlich der doch auch ihr eigenes Leben thematisierenden
Wert-Abspaltungskritik bestenfalls passives Anhängsel oder sogar völlig
desinteressiertes Hintergrundwesen bleiben. Es geht nicht so sehr um diese
Tatsache schlechthin, als könnte das wünschenswerte Gegenteil gewissermaßen
abstrakt eingeklagt werden. Liebes- und Partnerbeziehungen, persönliche
Reproduktionsverhältnisse und Familienstrukturen im Kontext lebensgeschichtlicher
Entwicklung kann man nicht nach Kriterien des theoretischen Anspruchs
sortieren. Worum es geht, ist aber die Haltung, die man dazu einnimmt. Es ist
ein Unterschied, ob man die offiziell bedauerte Faktizität der geringen
Frauenbeteiligung sowohl durch die inhaltliche Thematisierung des Problems als
auch durch die eigene Haltung tatsächlich zu konterkarieren sucht, oder ob man
eine Haltung an den Tag legt, die diese offiziell als schlecht befundene
Faktizität im Grunde klammheimlich als Normalität affirmiert - gerade gegenüber
den wenigen Frauen, die den offiziellen Wunsch beim Wort nehmen und eben
dadurch plötzlich als "fürchterliche Weiber" empfunden werden. Es
ist klar, dass sich derart männerbündische und misogyne Haltungen in einem
wertkritischen Zusammenhang zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mehr so offen
äußern wie in der Vergangenheit, und schon gar nicht in der Textproduktion.
Umso weniger ist es angebracht, wenn unvermeidlicherweise doch immer wieder
etwas "herausrutscht", dies als Problem einer bloß
"ungeschickten, halbausgegorenen Äußerung" herunterzuspielen. Um dem
Androzentrismus auf die Spur zu kommen, ist hier in der Tat eine Art negativer
"Goldbergbau" nötig, der den androzentrischen Begriffskontinent
verarbeitet, dessen "Gesteinsmaterial zermalmt und durchs Blausäurebad
wandern lässt", um dann das auf den ersten Blick verborgene Implizite ans
Licht zu bringen und explizit werden zu lassen. Dieses Vorgehen ist keinesfalls
eine bloß äußere und willkürliche "Zuordnung" (so erscheint es nur,
wenn allein der bereits seiner Axiomatik nach androzentrische Begriffsapparat
auf der kognitiven Ebene in Betracht gezogen wird), sondern es handelt sich um
den Versuch, das die kognitiven Inhalte selber strukturierende implizite Deutungsmuster aufzudecken und zu dechiffrieren,
das nicht im begrifflichen Text aufgeht, sich allerdings auch dort durchaus
aufspüren lässt. Zum
andern bemüht sich die Argumentationsstrategie der Opfermänner-Softies, die
Aufmerksamkeit von der eigenen männerbündischen Struktur und dem eigenen
androzentrischen "theoretischen Zugang" abzulenken, indem der Spieß
umgedreht und behauptet wird, der ganze Konflikt sei nur darin begründet, dass
der selber männlich-patriarchale "Kampfhund" wieder mal sich selber
herausnehme (Theoretiker-Selbstüberhebung), so tue, als wäre er nicht betroffen
und sei "erhaben" über die männerbündisch-zwangsheterosexuelle
Struktur, und überhaupt das Problem nur für sich instrumentalisiere, also die
Frauen nicht für sich selber sprechen lasse, sondern sie benutze, um
unbegreiflicherweise über die eigenen Kumpanen herzufallen: "Der >Feminist< Robert Kurz als Heiliger Georg im
Kampf mit dem männlichen abstrakten Universalismus..." (Ernst Lohoff,
Einige Stichpunkte zum >Weiblichkeitswahn<, internes Papier, 7.6.1992). Dieser
Vorwurf der Instrumentalisierung ist selber eine Instrumentalisierung. Denn
damit soll verdeckt werden, dass es ja eigentlich um eine Auseinandersetzung
zwischen der als Abspaltungstheoretikerin auf den Plan getretenen Roswitha
Scholz und dem "Krisis"-Männerbund geht. Die eigene Position der
Theoretikerin wird als bloße Spielmarke des männlichen "Kampfhunds"
definiert; es wird gar nicht mehr ernst genommen, dass sie ja ihre eigene
Kritik an Inhalt und Struktur der bisherigen androzentrischen Theoriebildung
explizit formuliert hat. Um sich dieser Kritik nicht stellen zu müssen, wird
die sekundäre Auseinandersetzungsebene innerhalb der androzentrischen Struktur
mit dem "Männerbund-Verräter" als die allein gültige bestimmt - und
damit die radikale Kritik der Theoretikerin (auch an den praktischen
männerbündischen Verhaltensweisen!) als bloßes Anhängsel einer männlichen
Strategie, das man gar nicht als eigenständige Position wahrnehmen muss. Sicherlich
ist es eine paradoxe Situation, als selber männlich und androzentrisch
sozialisiertes Wesen, ja geradezu als (in diesem Augenblick allerdings
gewesenes) "Oberhaupt" eines männerbündisch strukturierten
Theoriebildungs-Zusammenhangs, einen "Heiligen Georg" als
gewissermaßen männlich gepanzerten Sekundanten gerade der Kritik an dieser
Struktur spielen zu müssen; zunächst allein qua versuchter Einsicht oder
wenigstens Aufgeschlossenheit auf der kognitiv-inhaltlichen Begriffsebene der
abspaltungstheoretischen Begriffskritik am abstrakten Universalismus. Die lamentierende
Bruder-Männerhorde vergisst dabei nur, dass sie selber ja diese paradoxe
Konstellation durch ihre eigenen Verhaltensweisen erst hergestellt hat. Genau
von dieser realen Konstellation wird abstrahiert, um gegen den selbsternannten
"Heiligen Georg" giften zu können, der bloß von seiner eigenen
Verfasstheit ablenken wolle. Der Stellenwert dieser Dekontextualisierung ist wiederum ziemlich
durchsichtig, wenn es weiter heißt: "Roswithas
Heiliger Geist sprach zu uns erst einmal nur durch Deinen Mund, die leibhaftige
Roswitha, mit ihren leibhaftigen eigenen Gedanken trat erst spät und bis heute
zögerlich auf den Plan" (Ernst Lohoff, Einige Stichpunkte..., a.a.O.). Die "leibhaftige Roswitha"
wusste natürlich nur zu gut, warum sie mit ihrer radikalen Kritik am
Androzentrismus auf der theoretischen Abstraktionshöhe der Wertkritik sich nur
"zögerlich" in die traute Männerrunde wagte. In diesem Zustand der ungeschützten Zögerlichkeit hätte man(n) sie gern vor die Flinte
bekommen, und deshalb musste das Auftreten des männlichen
"Sekundanten" besonders unangenehm berühren und als
"Verrat" nicht nur auf der kognitiven, sondern vor allem auch auf der
psychosexuellen Ebene empfunden werden. Dieser wirkliche Kontext enthüllt den
bloß abstrakt richtigen Verweis auf den inneren Widerspruch der männlichen
sekundierenden Rolle als ein selber männerbündisches Kampfmittel, das auf alles
andere als eine weitergehende Reflexion zielt. Im
Grunde genommen war mit dieser paradoxen und in sich widersprüchlichen Art und
Weise, wie die Abspaltungstheorie eher zwanghaft und äußerlich in die
"Krisis"-Theoriebildung implementiert wurde, bereits der stumme
männerbündische Frieden gebrochen. Seitdem hatte der Gruppenzusammenhang einen
"Sprung in der Schüssel". Die erst sechs bis sieben Jahre später
aufkeimende Invektive gegen den Berufsintellektuellen und Berufspolemiker etc.
aus Motiven der Konkurrenz und des Ressentiments hatte ihre tiefere Wurzel im
ursprünglichen Konflikt um die männerbündische Struktur und den Status der
Abspaltungstheorie. Schon 1992 schied Peter Klein (Bernd S.), bis dahin ein
Hauptautor der Vorläufer-Zeitschrift von "Krisis", aus dem Gruppen-
und Theoriebildungszusammenhang aus; die unklaren "persönlichen
Gründe" waren sehr deutlich vermittelt mit den Abwehrreflexen gegen die
Abspaltungstheorie und deren Urheberin auf der Inhalts- wie auf der
Beziehungsebene. Peter Klein hing und hängt besonders zäh an der
Begriffsbildung eines androzentrischen Universalismus; er schied freilich nur
aus, um in der unbeachteten Ehrenamts-Funktion eines Vorstands des
"Krisis"-Fördervereins gewissermaßen als "Schläfer" zu
überwintern und nach langer Durststrecke im Februar 2004 endlich das
"theoretische Flintenweib" und ihren "Beschützer" lustvoll
hinauswerfen und eine späte Rache genießen zu können. Allerdings
nahm man(n), was die Aversion gegen die unangenehm aufgefallene Theoretikerin
angeht, von Anfang an kaum ein Blatt vor den Mund; in dieser Hinsicht bedarf es
keines mühsamen Schürfens und Auswaschens im männerbündisch-androzentrischen
Gestein, sondern es ist Tagebau möglich: "In den letzten Jahren habe ich
persönliche Vorbehalte gegen Roswitha entwickelt, meinetwegen kannst Du auch
von Ressentiments (!) reden. Es ist aber natürlich ein Passepartout und eine
faule Ausrede, wenn Du meine Vorbehalte gegen ein Papier von ihr, damit per se
desavouiert siehst" (Ernst Lohoff, Einige Stichpunkte..., aa.O., Zeichensetzung im Original). Da sieht man, warum die Kreatorin
des Abspaltungstheorems einen "Sekundanten" brauchte; aber
selbstverständlich soll es angeblich nur um Einzelnes, nicht um Allgemeines
gehen, nur um einen zufälligen, rein persönlichen "Vorbehalt", nicht
um männerbündische Strukturen und nicht um androzentrische Begriffslogik. Mit
diesen "Vorbehalten" und sogar offen zugegebenen
"Ressentiments", die sich dann zunehmend auch gegen den
"Beschützer" richteten, waren gleichzeitig ausgesprochen nette
Gewaltphantasien verbunden: "Mein erster
Impuls bei der Lektüre war der mit Fußtritten (!) zu reagieren, meine zweite
Regung war die, dass diese Form der Antwort (!) natürlich nur bestens dazu
geeignet wäre bei Dir ein Gefühl der Bestätigung über Dein Verdikt gegen die
>zwangsheterosexuellen Verdrängungskünstler< und Abwehrspezialisten in
der Krisis-Gruppe hervorzurufen" (Ernst Lohoff, Einige Stichpunkte...,
a.a.O.). Ein
kleiner Vorschein der künftigen Softie-"Diskussionskultur", wie man
annehmen darf. Bei
den Phantasien blieb es nicht. Einige Jahre später beging der Softie in spe
Ernst Lohoff auf offener Straße eine Tätlichkeit gegen Roswitha Scholz;
immerhin nur mit der Hand und nicht mit den Füßen. Diese relative Zurückhaltung
kann vielleicht jene "Absage an die Kampfhundmentalität"
illustrieren, der man(n) sich später zu befleißigen vorgab. Dass derselbe
Mensch, der sich derartiges geleistet hat, inzwischen als Sachlichkeits- und
Nettigkeitsapostel einen "Clash of Cultures" gegen Berufspolemikertum
und Kampfhundmentalität ausgerufen hat, in dessen Kontext auch Roswitha Scholz
endgültig hinausgeworfen wurde, diese Dreistigkeit schlägt wirklich alle
Rekorde. Wenn
die dokumentierbare Gewaltphantasie und die faktische, vor Zeugen begangene
Gewalttat in Erinnerung gerufen werden müssen, so nicht allein dieser
Faktizität wegen. Es handelt sich dabei ja nur um die Spitze eines Eisbergs von
Gefühlslagen und Haltungen, theoretischen Vorbehalten und Beziehungshass. Das
Bemerkenswerte ist gerade, dass die einzelnen schriftlichen Äußerungen und
"Vorfälle", die eindeutig die männerbündische Struktur belegen, um
Jahre auseinander liegen. Das zeigt, mit welcher Konsistenz und Hartnäckigkeit
sich dieses Muster gehalten hat und in einen Schwelbrand von Aversionen,
sozialer Ab- und Ausgrenzung und dumpfer Ressentiments übergegangen ist, der
irgendwann offen auflodern musste. Das aufkeimende Ressentiment gegen den
Berufsintellektuellen konnte nur zusätzliches Brennmaterial liefern für dieses
tiefer liegende Ressentiment gegen das "schreckliche Weib" der
Abspaltungstheorie und ihren "Kampfhund-Beschützer". Hinter der
Softie-Maske kommt nicht nur das Bruderhorden-Konkurrenzsubjekt, sondern auch
das Männerhorden-Bewußtsein androzentrischer Theoriebildung und sexistischer
Ausgrenzung von unliebsamen Frauen mit eigenem theoretischen
Anspruch zum Vorschein. In
dem Maße, wie sich gegen Ende der 90er Jahre die Auseinandersetzung um den
"abgehobenen" Robert Kurz mit seinen publizistischen
"Extratouren" aufbaute und das Bruderhorden-Syndrom in den
Vordergrund trat, wurde die theoretische Suffragette zwar umgekehrt nur noch
als lästige "Beschützerin" des abzutreibenden Berufsintellektuellen
pejorativ bestimmt, aber unter dieser Oberfläche in Wahrheit weiterhin vom
Männerhorden-Standpunkt aus als das eigentliche Übel wahrgenommen; und zwar
unwillkürlich bis in die Semantik hinein. So klagte der in Bezug auf seine
eigenen Äußerungen und Handlungen von Amnesie heimgesuchte Obersoftie in statu
nascendi, seine Thematisierung der "Krisis"-Gruppenprobleme (u.a. in
jenem zitierten Kairos-Papier) seien von Robert Kurz und "seiner
Zerbera...sofort abgewürgt (worden)" (Ernst Lohoff, Mehr persönliche
Erklärung als Diskussionsbeitrag, internes "Krisis"-Papier, Herbst
2000). Der Höllenhund
Zerberus hat sich hier in eine "Zerbera" verwandelt; eine Metapher,
die weit über den "Kampfhund" hinausgeht und unfreiwillig den wahren
Beziehungshintergrund offen legt: die "Höllenhündin" Roswitha Scholz
steckt hinter allem, sie hat den einstigen Männerbundbruder verdorben und muss
zusammen mit ihm unschädlich gemacht werden. Um
auch gegen die "Zerbera" ein Legitimationsmuster für die
Hinaussäuberung zu erfinden und Elemente von "Wahrheitsproduktion" zu
konstruieren, wurde Roswitha Scholz von der Bruderhorde zu einer Art
"Krisis"-Megäre aufgebaut. Die über mehr als ein Jahrzehnt sich
erstreckende männerbündische Abstoßungsreaktion und Verletzungsgeschichte bis
hin zur Tätlichkeit wurde auf den Kopf gestellt und eine "Geschichte"
erzählt, in der genau umgekehrt die Megäre die Opfermänner bis aufs Blut
gequält und nahezu entmannt haben soll. An Biertischen wurden über Jahre hinweg
die unsäglichen Leiden der Opfermänner kolportiert, die von der männermordenden
Roswitha Scholz, einer Art Lynndie England des
"Krisis"-Zusammenhangs, heimgesucht worden seien; insbesondere das
männliche Unschuldslamm Ernst Lohoff. Als
sich die Konfliktfronten endgültig klärten und die Bruderhorde zum
entscheidenden Schlag ausholte, musste auch diese männerbündische
"Wahrheitsproduktion" noch einmal mobilisiert werden. Roswitha
Scholz, so hieß es, betreibe eine "persönliche
>Nichtung< von Personen und Beziehungen" (Karl-Heinz Wedel,
Autorenname Karl-Heinz Lewed, Jetzt ist schon wieder was passiert, Mail an die
"Krisis"-Redaktion vom 11.2.2004), nämlich eben der Opfermänner im
"Krisis"-Zusammenhang. Daß sie unbegreiflicherweise auf diese Männer
nicht gut zu sprechen war, konnte das jüngste Bruderhorden-Mitglied nur als
drohende allgemeine "Nichtung" der "Krisis"-Männerwelt und
damit als Angriff auf die eigene Person empfinden: "Jedenfalls
hinterließ diese permanente >Nichtung< von Norbert (Trenkle) und Fritz
(Ernst Lohoff)...eine Unsicherheit bei mir, in welche Apothekerinnen-Schublade
denn wohl der sonstige Zusammenhang und natürlich auch ich gesteckt würde"
(Karl-Heinz Wedel, a.a.O.). In
Verbindung mit der unangenehmen Anwesenheit weiterer wenig pflegeleichter
Frauen in der Nürnberger Diskussionsgruppe, im
"Krisis"-Koordinationskreis und in der Redaktion baute sich in der
Bruderhorden-"Wahrheitsproduktion" somit ein Bedrohungsszenario von
Megären und Höllenhündinnen auf, deren wilden Gesang man schon zu hören
glaubte: "Geh’n wir Männer nichten im
Park" (Wiener Schmäh). Und dagegen musste natürlich erst recht
eingeschritten werden; allerdings möglichst soft und geräuschlos, um keine
neuen Furien zu wecken. Also wurde der Hinauswurf der Männernichterin (und in
der Folge der unbotmäßigen Frauen überhaupt) als bloße Nebenwirkung beim
Hinauswurf des Berufsintellektuellen Robert Kurz inszeniert, um die tiefer
liegenden misogynen und männerbündischen Motive im Dunkeln zu lassen und gar
keine extra Begründung mehr liefern zu müssen, warum der angebliche
Softie-Aufstand gegen die "bürgerliche Kampfhund-Subjektivität"
ausgerechnet die Frauen aus der "Krisis"-Redaktion hinaussäubern
musste. Als
es endlich so weit war, konnte die Mit-Abservierung von Roswitha Scholz in den
Modus der Beiläufigkeit gesetzt werden, um sie als bloße Spielfigur im "feministischen
Gehabe des Robert Kurz" (Franz Schandl, Mail an die
"Krisis"-Redaktion vom 19.2.2004) zwangszudefinieren: "Dieses
arbeitet mit einem banalen Trick: Werden die Frauen von der >Gegenseite<
mitgenannt, dann wird dieser vorgeworfen, jene werden unter einem Mann
subsumiert, als sein Anhängsel betrachtet, dem keine Eigenständigkeit
zugestanden wird; werden sie nicht mitgenannt, dann werden sie offensichtlich
in sexistischer Manier ausgeblendet. Ganz beliebig ist dann die
>Frauenkarte< spielbar, indes sie hier doch nur eines ist, ein männlicher
Trumpf" (Franz Schandl, a.a.O.). Schandl merkt nicht einmal, wie er
sich hier selbst desavouiert: Frauen kommen bei ihm nur in der
Scheinalternative vor, entweder "mitgenannt" oder "nicht
mitgenannt" zu werden, das heißt überhaupt nur als explizites oder bloß
implizites Anhängsel zu erscheinen. Genauer gesagt: die Alternative zum bloßen
"Mitgenannt"-Werden als Anhängsel besteht für ihn allein in der
völligen Ausblendung. Nun wählt mal schön, was euch lieber ist. Nach dieser
Definition können Frauen überhaupt nur eine "Karte" sein, entweder
als "männlicher Trumpf" oder als Nullmarke. Die Inhalte der
eigenständigen Attacke von Roswitha Scholz auf die männerbündische Struktur
verschwinden völlig; dazu heißt es nur lapidar: "Ihr
Papier spricht nicht für sie" (Franz Schandl, a.a.O.). Begründet
werden muss das nicht mehr; für Schandl ist jegliches Frauen-Geschreibsel per
se schon indiskutabel, wenn es seine lächerlich mickrige Selbstherrlichkeit
bloßstellt. Es kann dann nur als "Trumpf" in anderer männlicher Hand
abqualifiziert werden. Deshalb bedarf es für die Hinaussäuberung der
"Höllenhündin" auch keiner besonderen Schein-Versachlichung mehr: "Über Roswithas Anteil will ich nicht
spekulieren" (Franz Schandl, a.a.O.). Dein "Anteil" ist
egal, hinausgeworfen wirst Du sowieso. Netter geht es wohl kaum. Dieselbe
Erleichterung verspürt der als "Schläfer" erwachte Vorstand des
"Krisis"-Fördervereins Peter Klein, wenn er mit tiefer Befriedigung
anläßlich des Hinauswurfs bemerkt: "Da
Roswitha für sich alleine diese giftige, haßerfüllte Atmosphäre mit Sicherheit
nicht zu erzeugen in der Lage wäre, muß ich sie nicht ausdrücklich
miterwähnen" (Peter Klein, Offener Brief an den "Krisis"-Koordinationskreis,
9.3.2004). Nachdem die selbsterzeugte "giftige Atmosphäre"
gegen den Berufsintellektuellen gewendet werden konnte, muss das
"schreckliche" theoretische Flintenweib endlich nicht mehr
"ausdrücklich miterwähnt" werden, obwohl es den eigentlichen
Hassgegenstand bildet. Was für eine Genugtuung, die alte Feindin nunmehr
vermeintlich endgültig ihrer theoretischen Kompetenz entkleidet und sie
reduziert zu haben auf ein vernachlässigenswertes Anhängsel des verrückten,
"psychologisch immer auffälliger werdenden" (Peter Klein, a.a.O.)
Robert Kurz. Es bedurfte nur noch der "Volksgerichts"-Männermeute von
Cliquen-Kumpels im "Krisis"-Förderverein, um dieses Urteil zu
vollstrecken und die "Hündin" nebenbei mit hinauszuwerfen, ohne sie
noch "ausdrücklich miterwähnen" zu müssen. Ich ist ein anderer:
Instrumentelle "Selbstreflexion" Der
Beziehungskonflikt, wie er sich in der Geschichte des
"Krisis"-Zusammenhangs über einen Zeitraum von inzwischen mehr als 12
Jahren darstellt, kann für ein an der wertkritischen Theoriebildung
interessiertes Publikum natürlich nicht auf der rein individuell-persönlichen
Ebene zur Debatte stehen. Es ist in dieser Hinsicht irrelevant, wer wen im Lauf
der Zeit nicht mehr leiden und nicht mehr sehen konnte. Dennoch können der
Konflikt und seine Darstellung nicht darauf reduziert werden, dass hier
schmutzige Wäsche gewaschen wird; ebenso wenig ist die Häme von schaulustigen
Unfalltouristen angebracht, die sich daran aufgeilen, dass es nun auch die
"Krisis"-Gruppe erwischt hat. Es handelt sich ja um ganz gewöhnliche
Auseinandersetzungen und Brüche, wie sie in linken Polit- und Theoriegruppen
ebenso wie in der bürgerlichen Welt der politischen Klasse und des
Wissenschaftsbetriebs an der Tagesordnung sind und bloß normalerweise nicht
dokumentiert und nicht reflektiert werden. Diese Reflexion ist aber dem
wertkritischen Zusammenhang bei einem solchen Bruch abzuverlangen, weil die
Kritik der bürgerlichen Subjekt-Konstitution die sonst ausgeblendete Ebene
berührt. Was für die wertkritische Reflexion an diesem Konflikt relevant ist,
das ist eben die Zone, in der sich Einzelnes und Allgemeines berühren. In
gewisser Weise kann der "Krisis"-Konflikt fast schon unter
Laborbedingungen zeigen, wie sich Persönliches und Gesellschaftliches vermitteln,
wie aus den Poren individueller Aversionen, Idiosynkrasien und
gruppendynamischer Gefühlslagen die Ideologiebildung aufsteigt wie ein
Nebel und zu allgemeinen Deutungsmustern verdichtet wird. In
diesem Sinne ist auf das einleitend skizzierte Problem der Verschränkung von
Inhalts- und Beziehungsebene zurückzukommen. Es dürfte inzwischen deutlich
geworden sein, dass der oberflächlich betrachtet bloß persönliche
Konflikt sich allmählich mit Allgemeinheitsmomenten angereichert hat. Die
individuellen Charaktere sind dazu übergegangen, die Konfliktlagen auf der
Beziehungsebene mit Attributen der männlich-bürgerlichen Charaktermaske
auszustatten. Selbstwertprobleme, Eifersuchtsgefühle und Frustrationserlebnisse
haben die Schwelle des individuellen Erfahrungsraums überschritten, um sich
strukturell zu formieren und ideologisch aufzuladen. Die Matrix des
Konkurrenzverhältnisses hat sich ebenso herausgebildet wie der Affekt gegen die
intellektuelle Existenz, das Ressentiment gegen den Berufsschriftsteller, die
tiefer liegende männerbündische Struktur und androzentrische Identität. Durch
den (persönlichen) Beziehungskonflikt hindurch werden die Konturen eines
(theoretischen) Inhaltskonflikts sichtbar. Es
ist im Grunde derselbe Vorgang, wie er sich auch schon in früheren Phasen der
wert- und abspaltungskritischen Theoriebildung abgespielt hat: Einige bleiben
stehen, machen die weitere Reise nicht mehr mit, graben sich identitär ein. Ein
Novum ist es allerdings, dass diejenigen, die stehen bleiben oder zurückfallen,
sich mittels eines Putsches des "Krisis"-Labels bemächtigt haben. Das
ändert natürlich nichts an der Sache. Dann ist es eben das
"Krisis"-Label selber, das stehen bleibt, zurückfällt und irrelevant
wird, während die Reise unter dem neuen "EXIT"-Label weitergeht. Was
die "Krisis"-Brudertruppe nicht mehr mitmacht, sind offensichtlich
die mit der Abspaltungstheorie vermittelten Weiterungen der Subjekt- und Aufklärungskritik.
Es ist das männlich-weiße westliche Subjekt (MWW) in den Brüdern selbst, das
sich der Weiterreise sperrt. Das hat übrigens nichts mit dem Diskussionsbedarf zu tun, den es selbstverständlich
noch gibt. Aber Diskussionsbedarf und tatsächliche (auch kontroverse)
Diskussion sind etwas ganz anderes als eine identitäre Blockade, die vermittelt ist mit Ressentiments
und Brüchen auf der Ebene von zerrütteten persönlichen Beziehungen, die
ihrerseits wiederum vermittelt sind durch die Art und Weise, wie die
Subjektform sich in den darin nicht aufgehenden Individuen konfliktreich
geltend macht. Es
kann in einem Zusammenhang kritischer Theoriebildung nicht ausbleiben, dass
diese Konflikte sich schließlich auf der theoretischen Inhaltsebene selbst
darstellen. Und in diesem Sinne war es auch kein Zufall, dass der
Beziehungskonflikt aufbrach und sich zum institutionellen Konflikt (Spaltung)
ausweitete, als die Aufklärungskritik (in den letzten drei
"Krisis"-Ausgaben Nr. 25, 26 und 27) und die Kritik der
männlich-weißen westlichen Subjektform (in der Auseinandersetzung mit der
antideutschen Ideologie) durch Robert Kurz "übermäßig zugespitzt"
wurde, begleitet von zahlreichen Bremsversuchen und Unmutsäußerungen aus dem
Kreis der Brudertruppe. Die Verschränkung von Inhalts- und Beziehungsebene wird
an genau diesem Punkt neuralgisch, auch wenn der sich andeutende
Inhaltskonflikt bis jetzt von den Bremsern und Stehengebliebenen immer wieder
heruntergespielt wird; es gehe, so heißt es, nicht um eine Abwehr der Subjekt-
und Aufklärungskritik als solcher, sondern um eine Kritik des "Wie",
der Art und Weise, der Darstellungsform etc. Aber anders haben tief gehende
Inhaltskonflikte noch nie angefangen. Stets wird zuerst die Form moniert, bevor
der hinter dem Formkonflikt lauernde Inhaltskonflikt hervorbricht. Skrupulös
hinsichtlich der Form und des "Wie" wird man immer nur dann, wenn man
den Gegenstand der Kritik irgendwie in Schutz nehmen will. Dass das etwa bei
der theoretischen Kritik der Arbeit und der Politik nicht der Fall war, aber
jetzt bei der abspaltungstheoretisch fundierten Subjekt- und Aufklärungskritik aufscheint,
ist eben das starke Indiz für den längst aufgekeimten inhaltlichen Dissens. In
gewisser Weise gilt das auch für die der Auseinandersetzung zu Grunde liegende
Abspaltungstheorie. Schon die Art und Weise, wie dieser theoretische Umsturz in
der "Krisis"-Theoriebildung konfliktreich und gegen die
Beharrungstendenz der männerbündischen Hintergrundstruktur durchgesetzt worden
war, hatte auf eine Bruchlinie verwiesen, auch wenn der tatsächliche Bruch erst
jetzt vollzogen wurde. Wie der Konflikt auf der Beziehungsebene lange schwelte,
so auch auf der Inhaltsebene. Das äußerte sich etwa darin, dass die
Abspaltungstheorie von den "widerständigen" Konkurrenzmännern nie als
der Umsturz gesehen wurde, der sie eigentlich war, sondern stets als bloße
"Erweiterung" oder "Ergänzung" der
androzentrisch-universalistischen Wertkritik. Man wollte den eigenen
"theoretischen Zugang", der sich den Konsequenzen der
Abspaltungskritik sperrte, unbedingt erhalten wissen. Natürlich wird man(n)
auch jetzt nicht zum offenen Frontalangriff gegen die Abspaltungstheorie als
solche vorgehen; falsche Softies müssen einen anderen Weg wählen. Es geht
darum, den Abspaltungsbegriff zu entschärfen und in den eigenen, letztlich androzentrischen
"Zugang" einzubringen, ihn möglichst unauffällig wieder
ableitungslogisch zu subsumieren und irgendwie auf die historisch-empirische
Ebene zu beschränken etc. Der
Entschärfung auf der inhaltlich-kognitiven Ebene entspricht die
Instrumentalisierung auf der Beziehungsebene. Im Beziehungskonflikt nämlich
versucht die Brudertruppe, den Spieß einfach umzudrehen und die
Abspaltungskritik für sich zu vereinnahmen als Waffe gegen deren Urheberin und
gegen den abzuservierenden Berufsintellektuellen. (...) Auf der Seite der Lebensfremdheit angeblich
"vermittlungsloser" Theorie erscheint nun nicht allein der
Berufsintellektuelle, sondern auch die "höllenhündische"
Abspaltungstheoretikerin. Und
was macht dieses schreckliche Paar mit den unschuldigen Opfermännern? Diese
werden unter böse Abstraktionen "mechanisch subsumiert", wo sie doch
die "sinnlichen Bezüge" geradezu sind: "Hier stellt sich eine
Beziehung zur Bemächtigung der Theorie her. Die Delegierung von Welterklärung
bemächtigt den Theoretiker dem Rezipienten die Welt erst transparent und
zugänglich zu machen und trägt insofern ein Moment von geschlechtlich
keinesfalls indifferenter Entmündigung bzw. von patriarchaler Herrschaft. Auf
einer allgemeinen Ebene, d.h. die gesellschaftliche Struktur und den >Lauf
der Dinge< betreffend, ist dieses Verhältnis von Theoretiker und Rezipient
unter Umständen schon problematisch. Mehr als das wird es aber, wenn die
Feststellung objektiver, gesellschaftlicher Zusammenhänge unvermittelt auf
Personen bzw. das persönliche Beziehungsgeflecht (in der Krisis) angewandt
wird. Meiner Beobachtung nach, ist dieses Vorgehen der Einkategorisierung in
objektive Strukturen wichtiger Hintergrund für die gegenwärtige Situation in
der Krisis und zumindest im Konfliktfall ein zentrales Aktionsmuster von Robert
Kurz...Auch Roswitha Scholz´ Analyse des Konflikts...folgt leider diesem
Muster...Im weiteren Verlauf wurde diese...Kategorisierung verfeinert und als
quasi-theoretische Erkenntnis der Krisis-internen Scholz´schen
Geschlechterforschung zur objektiven Linie erhoben, wobei die so konstruierte
Objektivität nur als reines Denkkonstrukt existierte. Überhaupt sind Konstrukte
wesentliches Kennzeichen dieser >Methode<. Es handelt sich um
eine...unvermittelte Transformation von der Ebene gesellschaftlicher Kategorien
auf die Ebene persönlicher Beziehungen" (Karl-Heinz Wedel, a.a.O.,
Zeichensetzung im Original). Zunächst
einmal wird hier die in der Tat männerbündisch geheckte, die Verhältnisse
verkehrende Projektion, in der die Abspaltungstheoretikerin als
"Männernichterin" erlebt wird, zur geradezu meta-theoretischen
"kritischen Reflexion" geadelt. Qua Abspaltungstheorie wird Roswitha
Scholz eine "Bemächtigung der Theorie" vorgeworfen, die den
Rezipienten und vor allem den Gegenständen dieser Theorie gegenüber eine
"geschlechtlich keinesfalls indifferente Entmündigung" enthalte, die
ein Moment "patriarchaler Herrschaft" sei. Ausgerechnet die
Abspaltungstheoretikerin selber wird somit zur Repräsentantin des Patriarchats
umkostümiert und ihr zwecks Denunziation eine vollbärtige "Theoriebemächtigung"
zugerechnet. Sie ist es also eigentlich, die abspaltet
- und die Abgespaltenen sind die von "sinnlichen Bezügen" geradezu
strotzenden Opfermänner. Mit einem Wort: Roswitha Scholz ist der Wert! Wir
wissen nun also, mit welcher netten Interpretation der Abspaltungstheorie wir
in Zukunft zu rechnen haben, wenn sie uns in ihrer "wahren"
begrifflichen Gestalt aus den zuckersüßen Softie-Mündchen der Bruderhorde
verkündet wird. Es ist eine Queer-Politik sui generis, mit der hier auf die
sanfte Tour klar gemacht werden soll, wer eigentlich Herr im Haus ist gerade
dadurch, dass man(n) sich des Abgespalten-Werdens "bemächtigt" und
die reale bürgerliche Geschlechterlogik auf den Kopf stellt. Bemächtigung durch
einfache Umkehrung des Bemächtigungsvorwurfs, wie "raffiniert". Die
nunmehr weiblich definierte Schläue der selbstapologetischen
Softie-Argumentation entfaltet, nachdem sie die ideelle Geschlechtsumwandlung
vollzogen hat, eine höchst originelle Interpretation des Verhältnisses von
Einzelnem (Persönlichem) und Allgemeinem. Vom bösen Berufsintellektuellen und
von der "höllenhündischen" Patriarchin werde "die Feststellung
objektiver gesellschaftlicher Zusammenhänge unvermittelt auf Personen bzw. das
persönliche Beziehungsgeflecht (in der Krisis) angewandt" und die sinnlichen
Opfermänner würden in bloße Abstraktionen "einkategorisiert". Worum
es tatsächlich geht, das ist das konkrete Verhältnis von Persönlichem und
Gesellschaftlichem, die Vermittlung von Einzelnem und Allgemeinem. Im
Beziehungsraum berühren und durchdringen sich die beiden Momente. Vermittlung
besteht hier darin, zu zeigen, wie sich bestimmte psycho- und gruppendynamische
Entwicklungen, Gefühlslagen, Verarbeitungsformen mit Strukturen
gesellschaftlicher Allgemeinheit vermitteln; wobei sich übrigens die (gewöhnliche)
männerbündische Struktur in Theoriegruppen der Sache nach auf einer ziemlich
niedrigen Abstraktionsebene befindet, also sehr nahe an die gruppendynamische
Besonderheit und die individuell-persönliche Einzelheit anschließt. Die
darstellende Vermittlung kann nicht anders geschehen, als dass die
tatsächlichen Verhaltensweisen, Äußerungen, Haltungen und Handlungen bestimmter
Personen in einem bestimmten Beziehungsgeflecht zu den Strukturen
gesellschaftlicher Allgemeinheit (auf verschiedenen Abstraktionsebenen) in
Beziehung gesetzt werden. Eine solche Beziehung muss es geben, aber in
Beziehungskonflikten fällt logischerweise ihre Deutung different und eben
konfliktreich aus. (...)
Wir dürfen also feststellen, dass es die Ebene der gesellschaftlichen Allgemeinheit
real gar nicht gibt, noch nicht einmal auf der niedrigen Abstraktionsebene
männerbündischer Strukturen, oder jedenfalls nicht im
"Krisis"-Zusammenhang und schon gar nicht bei den abgespaltenen und
zwangskategorisierten Opfermännern. Was sollen wir daraus schließen? Dass die
Reflexion, die über das Niveau der Einzelheit hinausgeht, ein
"transzendentales" Glasperlenspiel und von Übel ist, weil sie nichts
Wesentliches mit den handelnden Personen zu tun hat? Das gesellschaftliche
Wesen befindet sich so bloß in einem "logischen Raum", der eigentlich
nur "Fiktion", "Konstrukt" etc. ist. Dummerweise wäre dann
allerdings die mit ihrem eigenen gesellschaftlichen Wesen unvermittelte
Einzelheit auch bloß eine abstrakte, aber das geht die Opfermänner
nichts mehr an. Sie haben alles Übel auf der Seite der Theorie versammelt,
sobald diese überhaupt in Beziehung gesetzt wird zu "konkreten
Verhältnissen" als angebliche bloße "Zuordnung". Die Theorie ist
nur abstrakt, die Verhältnisse sind nur konkret, jedenfalls sobald es um ihre
eigenen Verhältnisse geht. Im
übrigen enthalten diese Invektiven gegen die theoretische
Allgemeinheitszumutung und die damit verbundenen Vorwürfe der
"Einkategorisierung" und der angeblich äußerlichen
"Zuordnung", wie sie die Brüder aus ihrem Beziehungskonflikt heraus
entwickelt haben (und offenbar dabei sind, zum Inhaltskonflikt hochzuladen)
auch ein völlig falsches, im Kern objektivistisches Verständnis von "Immanenz"
(darauf wird im geplanten zweiten Text einer inhaltlich-theoretischen
Abrechnung mit den Softie-Brüdern von Rest-"Krisis" genauer
einzugehen sein; darüber hinaus ist das Verhältnis von Immanenz und
Transzendenz überhaupt ein auszuleuchtender Gegenstand weitergehender
theoretischer Reflexion, sowohl im Sinne einer erkenntniskritisch konsistenten
Herleitung des immanenten und gleichzeitig transzendierenden "Standpunkts
der Kritik" als auch im Sinne einer Ideologiekritik an falschen,
affirmativen Immanenzbegriffen, wie sie in unterschiedlicher Weise bei
Adorno/Horkheimer, krude heruntergebrochen bei den Antideutschen, in anderem
Kontext bei Antonio Negri und eben auch bei den "Krisis"-Softie- und
Freizeit-Theoretikern nachweisbar sind). Die
Mechanik der instrumentellen Entbegrifflichung funktioniert allerdings auch
andersherum. Dass die Bruderhorden-Opfermänner in den
"Kategorisierungen" und Struktur-Abstraktionen "nicht
aufgehen", wird nicht nur zum Beweis genommen, dass sie damit eigentlich
gar nichts zu tun haben, sondern dient gleichzeitig dazu, ihr eigenes sehr
persönliches und unmittelbares Verhalten zu eskamotieren. Indem sie sich selber
in den seinerseits bloß "logischen Raum" der abstrakten Einzelheit
davongestohlen haben, erscheint ihr reales Verhalten als ganz konkrete,
persönliche Einzelheit plötzlich ebenso unwirklich wie die "theoretischen
Kategorisierungen". Nehmen
wir als extremes Beispiel den tätlichen Angriff des Herrn Lohoff gegen Roswitha
Scholz. Man sollte meinen, dass ein Schlag ins Gesicht eine ziemlich sinnliche
Angelegenheit ist. Aber, so heißt es dann, der Herr Lohoff geht ja auch in
seiner Tätlichkeit "nicht auf". Deren unliebsame Erwähnung (eine
unwichtige "alte Geschichte") "kategorisiert" ihn ja schon
wieder ein. Das "Nicht-Aufgehen" wird so zum Generalschlüssel für das
Unsichtbar-Machen sowohl auf der Ebene der Allgemeinheit als auch auf der Ebene
der Einzelheit. In sowieso bloß "halluzinierten" männerbündischen
Strukturen gehen die Herren "nicht auf"; klick, schon sind die
männerbündischen Strukturen gelöscht. In seiner Tätlichkeit geht der Herr Lohoff
"nicht auf"; klick, schon ist die Tätlichkeit gelöscht. Und zwischen
gelöschten Aussagen/Informationen auf verschiedenen Ebenen darf dann auch keine
Verknüpfung und schon gar keine Beziehung zu den Formen gesellschaftlicher
Allgemeinheit mehr hergestellt werden. Die
Adornosche Kritik an der begrifflichen Identitätslogik wird so missbraucht und
herabgewürdigt zum instrumentellen Verfahren, um das eigene Verhalten
auszublenden. Per Mausklick geht’s ins Nirwana der abstrakten Konkretheit; der "logische Raum" der
abstrakten Einzelheit wird zum sicheren Hafen. Und genauso wird dann verfahren mit den
persönlichen Ressentiments, der Konkurrenzsubjektivität, den politischen und
persönlichen Denunziationen und allem anderen, was sich in diesem
Beziehungsraum abgespielt hat und eine Vermittlung von Psycho- und
Gruppendynamik mit Momenten gesellschaftlicher Allgemeinheit darstellt. Die
Brudertruppe ist es nie gewesen, sie ist so unschuldig wie eine ganze
Säuglingsstation oder, besser noch, wie die privaten US-Söldnerbanden im Irak. Man
könnte die ganze Rabulistik in die Form einer Parabel bringen: Drei Männer
schlagen einen Passanten krankenhausreif, bis er bewusstlos am Boden liegt.
Anschließend räsonieren sie über die Tat und bescheinigen sich gegenseitig,
dass sie in diese nicht "einkategorisiert" werden könnten. "Ich
habe vorher noch nie jemand zusammengeschlagen", gibt der erste zu
bedenken. "Und ich liebe meine Frau und meine Kinder", sagt der
zweite. Der dritte schließlich meint: "Ich bin immer gut zu meinem Hund
gewesen". Weiter stellen die drei fest, dass sie ja ganz verschiedene
Menschen mit verschiedenen Ansichten seien, die unmöglich auf den einen
abstrakten Nenner dieser Tat gebracht werden könnten. "Ich bin eigentlich
im Prinzip gegen Gewaltanwendung", erklärt der erste. "Ich hatte eine
Wut auf den Kerl, er hat nichts anderes verdient", proklamiert der zweite.
"Mir war halt danach, aber das kommt bei mir selten vor", sinniert
der dritte. Am Ende kommen sie überein, dass jede Anklage gegen sie eine
"theoretische Fiktion" und ein "wahnhaftes Konstrukt" wäre,
und gehen befriedigt nach Hause. Die
Herren haben etwas läuten hören von den "wirklichen sinnlichen
Individuen", die in der Subjektform nicht aufgehen. Woher sie das wohl
haben? Und sogleich meinen sie, das "nicht Aufgehende" herausfiltern
und isolieren, womöglich ontologisieren zu können. Der "unverdinglichte
Rest" wäre dann etwas wie ein Sack Kartoffeln, den man einkellern, oder
wie die Gans, die man unter den Arm nehmen und damit davonlaufen kann. Und
siehe da, die auf diesen "unverdinglichten Rest zum Anfassen"
bezogene Sinnlichkeit sieht ganz aus wie Karl-Heinz Wedel und die übrige
Brudertruppe; die fatalen Abstraktionen dagegen gleichen Roswitha Scholz und
Robert Kurz aufs Haar. Auf der einen Seite des Beziehungskonflikts finden wir
also die "vermittlungslosen TheoretikerInnen", die "Bemächtigung
der Theorie", die "Mechanik der Subsumtion", "dünne Fäden
theoretischer Kategorisierung" und "wahnhafte Konstruktionen".
Auf der anderen Seite dagegen geht’s herzhaft zu; dort finden wir die
"wirklich sinnlichen Individuen", den vollen
"Beziehungsreichtum", eine "Vielfalt sozialer Beziehungen"
und mitten in diesem prallen Leben den "adäquat selbstreflexiv sich
verhaltenden Zusammenhang" der schunkelnden Brudertruppe. Die Herren
können nicht nur vor lauter Wichtigkeit und vor lauter Harmlosigkeit, sondern
auch vor lauter Sinnlichkeit kaum laufen. Da dürfte die Wahl für die "gute
Seite" nicht schwer fallen. "Ich
ist ein anderer", dieser geniale Satz Rimbauds, der das Fetischverhältnis
der Subjektform auf die kürzeste denkbare Formel bringt, wird so zu einer
banalen Selbstentlastung verkehrt: Wenn es zwischen uns einen Konflikt im
Beziehungsraum bürgerlicher Subjektivität gibt, dann bin ich darin nicht
anwesend, sondern du musst beide Seiten übernehmen, sofern es dabei mies und
fies zugeht. Die Formel für die Lösung aller Beziehungsrätsel darf dann lauten:
Soweit wir schlimme bürgerliche Subjekte sind - seid das ihr, Robert Kurz und
Roswitha Scholz! Soweit wir aber darin nicht aufgehen - sind wir es selber! Ist
das nicht eine ausgesprochen nette Rollenverteilung? Ödipussi nach
Softie-Art Nicht
ganz unerheblich sollte es sein, wie eigentlich der übrige aktive
"Krisis"-Zusammenhang den Konflikt erlebt hat. Die bloß passive
Mitgliedschaft des "Krisis"-Fördervereins, die großenteils die
Beteiligten persönlich oder zumindest den Binnenraum der
"Krisis"-Verhältnisse überhaupt nicht kennt, kann hier kaum zählen.
Soweit dabei Leute, die sich dafür hergaben, von der Brudertruppe mobilisiert
wurden, geschah dies überwiegend aus lokalen Cliquen-Loyalitäten heraus ohne
intime Kenntnis der Zusammenhänge. Entscheidend sind vielmehr die eigentlich
betroffenen aktiven Gremien der Nürnberger Gruppe, der überregionalen Redaktion
und des Koordinationskreises. Würde die Bruderhorden-Interpretation mit der
allgemeinen Erfahrung übereinstimmen, dann hätte sie in diesen Gremien auch auf
allgemeine Zustimmung stoßen, also Robert Kurz und Roswitha Scholz isolieren
müssen. Genau diese Vorstellung erscheint auch als geradezu selbstverständliche
in der zur Meta-Reflexion geadelten anti-theoretischen Selbstdarstellung der
Brudermänner: "Tatsächlich wird...nur, wie ich
meine, das von den anderen isolierte und verunsicherte Theorie-Subjekt sichtbar"
(Karl-Heinz Wedel, a.a.O.). Wer
ist nun eigentlich "isoliert", und wer sind die "anderen"?
Was wird hier "sichtbar"? Unter Einschluss von Roswitha Scholz und
Robert Kurz hat sich die Mehrheit der Nürnberger Gruppe, die Mehrheit der
"Krisis"-Redaktion und die Mehrheit des
"Krisis"-Koordinationskreises gegen die Interpretation der
Brudertruppe gestellt. Streng genommen haben sich also diese Herren
"isoliert". Das heißt nichts anderes, als dass deren Definition von
Isolierung sich ausschließlich auf ihren eigenen mafiotischen
"Zusammenhang" bezieht. Wer sich von ihnen "isoliert", der
ist eben überhaupt isoliert. Sie sind die "Eigentlichkeit" des
Zusammenhangs ("Wir sind die Krisis"), der Rest ist gar nichts, und
sei es die Mehrheit. Wer sich von ihnen "isoliert", muss
"verunsichert" sein, weil die anderen aktiven Mitglieder als Niemande
zu gelten haben, vor allem die unbotmäßigen Frauen, die von ihnen so nett
gemobbt worden sind. Der
kleine Widerspruch, dass sie sich selber isoliert haben, muss also von der
Brudertruppe dahingehend aufgelöst werden, dass die Mehrheit des aktiven
"Krisis"-Zusammenhangs, die sich inzwischen als EXIT!-Zusammenhang formiert hat, irgendwie
"unzurechnungsfähig" sein muss. Es handle sich um Leute, die
"den Blick
aus Demut und Treue tief gesenkt" (Karl-Heinz Wedel, a.a.O.) hätten vor
dem Guru Robert Kurz und der "Höllenhündin" Roswitha Scholz. Es gehe
um die "Reflexion einer Treue-Beziehung zu
Kurz. Wobei sich eine falsch verstandene Treue in ein Verhältnis der Schuld
verkehrt" (Karl-Heinz Wedel, a.a.O.). Wer den Interpretationen der
Herren nicht folgt, befindet sich also per se in einem "Verhältnis der
Schuld" und zählt nicht mehr. Die Definitionsmacht ist festgelegt,
jedenfalls in der selbstlegitimatorischen Imagination. Daß
sie sich in eine Minderheitsposition manövriert hat, wird also von der
Brudertruppe dahingehend interpretiert, dass die Mehrheit einem falschen
Autoritätsverhältnis unterliege, einer "nicht
hinnehmbaren Sonderstellung" (Karl-Heinz Wedel, a.a.O.), einem "bis zur Generalvollmacht gehenden Sonderstatus
eines Robert Kurz" (a.a.O.), einer "Generalbemächtigung für Robert
Kurz" (a.a.O.). Die Eigenständigkeit des übrigen
"Krisis"-Zusammenhangs wird gelöscht, die definierten Niemande, auch
die männlichen, erscheinen als bloße Anhängsel. Es erübrigt sich fast, zu
sagen, dass dies ein Zerrbild der tatsächlichen Verhältnisse darstellt. Dass
die übrigen Mitglieder des inner circle von "Krisis", durchwegs Leute
mit eigenständigen Positionen, hier lange Zeit nichts anderes erkennen konnten
als eine zunächst undurchschaubare Gruppendynamik, lag nicht an ihrem
"verstellten Blick", wie die Brüder jetzt behaupten, sondern an ihrer
Distanz. Jede und jeder von ihnen hat seine/ihre eigene Geschichte, eigene
theoretische Interessen und Schwerpunkte, eigene Darstellungsformen und auch
gelegentlich immer wieder Meinungsverschiedenheiten mit Robert Kurz oder
Roswitha Scholz. Die gibt es im übrigen auch zwischen
dem "Kampfhund" und der "Höllenhündin", etwa hinsichtlich
einer wert-abspaltungskritischen Geschichtstheorie, ohne dass deswegen jemals
eine wechselseitige Zerfleischung stattgefunden hätte. Wenn es eine
"Sonderstellung" von Robert Kurz gibt, dann allein wegen der
vorgelegten theoretischen Produktion, nicht aus Gründen einer autoritären
"Generalbemächtigung" (wofür eigentlich?). In
Wahrheit nehmen die übrigen "Krisis"-Mitglieder des engeren Kreises,
die sich vom "Coup" der Brudertruppe scharf distanziert haben, eine
weitaus selbständigere und unbefangenere Position ein als letztere. Wer hier
eigentlich ein Autoritätsproblem hat, ist niemand anders als die
Bruderhorde selbst, die sich zuletzt nicht mehr anders als durch
"Vatermord" zu helfen wusste, wobei die männernichtende,
höllenhündische "Patriarchin" als böser Muttervater oder böse
Vatermutter mit eingeschlossen wurde. Dieser ödipale Aspekt des
Beziehungskonflikts ist völlig durchsichtig. Umso heftiger wird er von den
Herren ebenso als angeblich "wahnhaft" abgestritten wie die
männerbündische Struktur, die Ressentiments, Konkurrenzgefühle und alle daraus
folgenden Handlungen. Die Brüder können ja auch vor lauter
"Selbstreflektiertheit" kaum laufen; also kann nicht wahr sein, was
nicht wahr sein darf. Dabei
muss man nicht besonders psychoanalytisch durchgebildet sein, um zu wissen, dass
die ödipale Konstellation ebenso wie männerbündische Strukturen einen ganz gewöhnlichen
Bestandteil bürgerlicher Beziehungsverhältnisse bildet. Es handelt sich nicht
bloß um eine Familienkonstellation im engen Sinne, sondern um ein universelles
Beziehungsmuster im
historischen Kontext der männlich-weißen westlichen Subjektform. Dieses Muster
für den "Krisis"-Beziehungskonflikt abzuleugnen, in dem es sogar
besonders klar zutage liegt, zeugt von peinlicher Unreflektiertheit und
Verdrängung aus Gründen einer ebenso unreflektierten männlichen
Selbstwertproblematik. Das
ödipale Muster strukturiert einen geradezu vorprogrammierten Konfliktablauf.
Die Ausgangskonstellation besteht darin, dass ein bürgerliches Autoritätsverhältnis eingegangen wird, so ziemlich das
Gegenteil einer freien Vereinigung von Individuen. Eine vielleicht gegebene
"sachliche" Autorität wird überformt von einem Verhältnis der
persönlichen Selbstunterwerfung, in dem sich die strukturelle Unfreiheit des
bürgerlichen Subjekts auf der individuellen Beziehungsebene reproduziert und
den bürgerlichen Emanzipationsbegriff Lügen straft. Die Autoritätsperson (der "maximo leader") wird
übermenschlich erhöht, angehimmelt, ikonisiert und eben diffus -
"generalbevollmächtigt". Er soll das eigene ungelebte Leben lebendig
machen, die Illusion vom "souveränen" Subjekt repräsentieren; wie ja
auch die Konstitution der kapitalistischen "Souveränität" in der
Modernisierungsgeschichte mit entsprechenden "Führerfiguren" im
gesellschaftlichen Maßstab einherging. In
demselben Maße jedoch, wie sich die Widersprüche dieses Verhältnisses
zuspitzen, das Ungelebte des eigenen Lebens schmerzhaft fühlbar und die
Delegation der "Souveränität" unerträglich wird für das
Selbstwertgefühl, läuft derselbe Projektionsmechanismus rückwärts ab: Die
positive Fixierung schlägt in eine negative um, ohne dass die Fixierung als
solche emanzipativ aufgelöst wird. Der einst angehimmelte
"Übervater", die projizierte Autoritätsfigur, erscheint plötzlich als
feindliche Über-Macht, Diktator und Monster. Es kommt zur Palastrevolution, zum
(personalen) Ikonoklasmus, Denkmalsturz, Cäsarenmord und Vatermord. Der junge
Mann "emanzipiert" sich vom Vater dadurch, dass er ein ebensolcher
wird; das demokratische Konkurrenzindividuum "emanzipiert" sich historisch
vom "großen Führer", indem es ihn verinnerlicht und sein eigener
Diktator wird; der Junghirsch in der Führungsetage "emanzipiert"
sich, indem er den alten Platzhirsch zu Tode forkelt und dessen Stelle hinter
dem breiten Schreibtisch einnimmt. Die
"Krisis"-Brudertruppe, die in ihrem Beziehungskonflikt von einem
ödipalen Muster nichts wissen will, reproduziert dieses
bilderbuchartig bis zur Lächerlichkeit, und zwar in ihren eigenen nachprüfbaren
Aussagen. Für die (inzwischen ziemlich graue) Vergangenheit des früheren
"Beziehungsgefühls" zu Robert Kurz wird die "Rolle des
Übervaters" (Peter Klein, i.e. Bernd Suffert, an die
"Krisis"-Redaktion weitergeleiteter Brief an Franz Schandl vom
11./12.2.2004)
festgestellt; und "es gab Zeiten, in denen ich mich ernstlich fragte, was aus
mir werden würde, sollte (Robert Kurz) einmal etwas zustoßen, sollte es ihn
einmal nicht mehr geben" (Peter Klein, a.a.O.). Robert Kurz sei "die Ikone im eigenen Kopf" (Peter Klein,
Offener Brief an den "Krisis"-Koordinationskreis, 9.3.2004),
eine Autoritätsfigur, "die wir verinnerlicht
haben" (a.a.O.), ja geradezu ein "Jupiter"
(a.a.O.). Dieses ödipale Verhältnis im Kontext
der männerbündischen Struktur bekam seinen als Bruchlinie erkennbaren Sprung
schon 1992 bei der Implementierung der Abspaltungstheorie, um sich als
Autoritätskonflikt fortzusetzen und schließlich zum endgültigen Bruch zu
führen, also sich gerade darin negativ zu bestätigen und zu erfüllen. Wie
nämlich wurde das ödipale Problem verarbeitet? Emanzipatorisch wäre es gewesen,
sich dem autoritären Verhältnis "im eigenen Kopf" zu stellen und
dessen Reproduktion durch eine Selbstauseinandersetzung zu unterbrechen, um die
Projektion zu überwinden und zu einem anderen Verhältnis zu gelangen, das dann
auch den "Krisis"-Zusammenhang weiter gebracht hätte. In diesem Sinne
wäre es auch grundsätzlich angebracht, den bürgerlichen Begriff der
"Leitfigur" kritisch zu reflektieren und die Perspektive eines
Zusammenhangs radikaler Theoriebildung ohne ödipale Beziehungsstruktur zu
gewinnen, also die inhaltliche Kompetenz und deren Anerkennung von
"verinnerlichten" Autoritätsverhältnissen zu trennen. Natürlich auch
selbstkritisch seitens dieser "Figur" selber, denn es wäre sicherlich
albern, hier die eigene Rolle ausblenden zu wollen; das ginge jedoch nur durch
eine reflexive Anstrengung, die einen solidarischen Zusammenhang voraussetzt,
der nicht bereits durch Konkurrenzmotive und Selbstwertprobleme vergiftet ist. Stattdessen
wurde die ödipale Beziehung seitens der Brüder jedoch strikt geleugnet, was
einzig dazu führen konnte, sie ihren klassischen Verlauf nehmen zu lassen. An
die Stelle der Selbstauseinandersetzung, um die eigenen Projektionen zu
durchschauen, trat also bloß die klassische Umkehrung der Projektion, die
Verwandlung der positiven in eine negative Fixierung. Der innere Widerspruch
musste veräußerlicht werden; statt der
"verinnerlichten" Autoritätsbeziehung musste man die Person Robert
Kurz äußerlich loswerden und sie deshalb zur Unperson machen. Die eigene Seite
des Beziehungsverhältnisses wurde schlicht eskamotiert oder sogar (als die
"gute", "selbstreflektierte", "sinnliche" usw.)
positiviert, um die andere Seite durch pejorative Zuschreibungen als negativen
Pol zu definieren. Aus der Ikone, dem Übervater, dem Jupiter etc. wurde also
der böse "Berufsschriftsteller", der "übermäßig
zuspitzende" Berufspolemiker, der unmögliche "Kampfhund"; und
schließlich, auf das innere Beziehungsverhältnis bezogen, der angeblich
diktatorische "Alleinherrscher" (Peter Klein, Brief vom 11./12.2004,
a.a.O.) mit
"Allmachtsphantasien"
(a.a.O.), dessen üble diktatorische Rolle darin
bestehe, "die Diskussion zu verhindern und zu unterdrücken"
(Peter Klein, Offener Brief an den "Krisis"-Koordinationskreis,
a.a.O.). Daran
ist nur so viel "wahr", dass das Aufnehmen der Abspaltungstheorie
zumindest teilweise konfrontativ durchgesetzt wurde, was sich damit
rechtfertigen lässt, dass dieser weitertreibende Ansatz sonst womöglich
erstickt und Roswitha Scholz von der "Krisis"-Männerhorde an der
Publikation sogar gehindert worden wäre. Es kann also nicht von einem
(negativen) Autoritarismus schlechthin gesprochen werden, sondern der bestimmte
(männerbündische, androzentrische) Kontext ist aufzumachen. Ähnliches gilt für die versuchte
Rückkehr des Autors Peter Klein seit 2000 nach seinem Ausstieg 1992. Dass nicht
allein Robert Kurz und Roswitha Scholz, sondern auch die Mehrheit des aktiven
"Krisis"-Zusammenhangs keine Lust zeigten, sich noch einmal mit einem
längst überwundenen Diskussionsstand auseinanderzusetzen, auf dem zum Beispiel
immer noch behauptet wird, mit Kant sei kein Rassismus und kein Sexismus
möglich, kann eben in gar keiner Weise zu der Behauptung verallgemeinert
werden, es gebe eine allgemeine und grundsätzliche "Deckelung und
Sistierung der Diskussion" (Peter Klein, a.a.O.) seitens eines durchgedrehten Diskurs-Diktators. Die
"Krisis"-Bruderhorde distanzierte sich zwar immer wieder von den
allzu offensichtlich rückwärtsgewandt-androzentrischen Aussagen Kleins und
wollte damit nicht in einen Topf geworfen werden; dennoch war diese
Distanzierung keine offizielle und schon gar keine scharfe, sondern eine eher
wohlwollend-eingemeindende, weil man(n) diese "Position" zumindest im
Rahmen eines "wertkritischen Pluralismus" als zugelassene sehen wollte,
um einen Brückenkopf des androzentrischen Universalismus im
"Krisis"-Zusammenhang zu haben und die eigene Affinität dazu nach
Gusto als Verhältnis von Distanz und Affirmation in der Schwebe halten zu
können. Der inhaltlich diffuse Bezug auf diese Kleinsche "Position"
wurde jedoch begleitet von einem rein positiven Bezug auf dessen Behauptungen
hinsichtlich der Form der Diskussion, nämlich eben als Vorwurf der
Diskurs-Diktatur gegen Robert Kurz. Das passte einfach zu gut zur eigenen
Tendenz einer Negativ-Fixierung, die sich schon längst mit ganz gewöhnlichen
Konkurrenz-Motiven, Ressentiments und Affekten gegen den Berufsintellektuellen
aufgeladen hatte. Schließlich wurde Peter Klein mittels seiner
Vorstands-Funktion im "Krisis"-Förderverein direkt in die Brudertruppe
aufgenommen, um formal losschlagen zu können. Mit dem Aufgreifen der Kleinschen
Formel vom jede "vernünftige" Diskussion abwürgenden angeblichen
"Alleinherrscher" Robert Kurz nahm die Brudertruppe ihrerseits die
"Mechanik der Subsumtion" in Anspruch, wie man(n) es eben gerade
brauchte. Ihrem
Interpretationsmuster des Konflikts zufolge, das dessen ödipale Struktur
ableugnete, wagten die Brüder "vor Kühnheit zitternd" einen
grandiosen "antiautoritären Aufstand" gegen den durchgeknallten
Diktator bzw. gegen das aus Robert Kurz und Roswitha Scholz bestehende ideelle
Gesamtmonster. Hätte es sich jedoch tatsächlich um einen Akt der Emanzipation
gehandelt, dann hätten die anderen aktiven "Krisis"-Mitglieder,
zumindest die Mehrheit, überzeugt werden und mit ihnen gemeinsam eine
Veränderung des Verhältnisses herbeigeführt werden müssen. Die Bruderhorde ging
jedoch von vornherein davon aus, dass das nicht möglich wäre. Unfreiwillig ist
dies das Geständnis, dass es in Wirklichkeit kein emanzipatorischer Akt sein
konnte. Um den wahren Charakter auf eine allerdings sehr durchsichtige Weise zu
kaschieren, mussten die übrigen Mitglieder des aktiven
"Krisis"-Zusammenhangs eben für unzurechnungsfähig und
"schuldbeladen" erklärt werden. Es konnte den Brüdern nicht mehr in
den Sinn kommen, dass die anderen tatsächlich andere Erfahrungen gemacht
hatten, dass sie die Behauptung vom jede kontroverse Diskussion
"erstickenden" Diktator nicht nachvollziehen konnten. Schon gar nicht
wollten sie wahrhaben, dass die anderen eben nicht in derselben ödipalen
Autoritätsbeziehung standen und diese deshalb auch nicht in eine bloß negative
Fixierung umschlagen konnte. Der
anti-emanzipatorische Charakter des Bruderhorden-Aufstands musste sich daher
gerade darin zeigen, dass die Veränderung in der klassischen bürgerlichen
Manier eines Machtanspruchs ablief: als putschistische
Entmündigung von Redaktion und Koordinationskreis, in der Folge als Rückgriff
auf formaljuristische Strukturen mit unsauberen Mitteln. Die Mehrheit wurde
nicht überzeugt, sondern hintergangen, überrumpelt, ausgetrickst und einem
selber diktatorischen Vorgehen unterworfen (ausdrücklich nach dem Muster des
Schmittschen "Ausnahmezustands"). Oder, wie es einer der ihr formales
Machtwort sprechenden Herren Vereinsvorstände ausdrückte: "..ein
Platzhirsch läßt sich nur von dem Auftauchen eines anderen Platzhirschen
imponieren" (Peter Klein, Brief vom 11./12.2.2004, a.a.O.). Das durch die eigenen Projektionen und das eigene
Verhalten zustande gekommene Autoritätsverhältnis wurde nicht aufgelöst,
sondern durch die Selbstkonstitution als kollektiver "Platzhirsch"
(bei den einzelnen Brüdern reicht es nicht zu einem solchen) lediglich allen
anderen gegenüber neu definiert als nunmehr tatsächlicher Unterwerfungsanspruch.
Aus einem solchen Verhalten kann nie und nimmer eine freie, offene Vereinigung
von Individuen ohne bürgerliche Autoritätsstruktur hervorgehen. Die Mittel
dementieren den angeblichen Zweck. An die Stelle einer emanzipatorischen
Auflösung des Autoritätsverhältnisses war nur die übliche Vollendung des ödipalen Kreislaufs getreten: in diesem Fall die
"Machtergreifung" durch eine minoritäre Gruppe. Damit hatten die
vermeintlich "Antiautoritären" sich nur praktisch bewiesen und selbst
bestätigt als Ausgeburten der männlich-weißen westlichen Subjektform (MWW). Es
war ja auch nicht etwa eine Art neutraler Schiedsspruch, der hier vollstreckt
wurde, sondern die Bruderhorde hatte sich ganz offen und aufreizend zum Richter
in eigener Sache erklärt, was den usurpatorischen, unverschämten Machtanspruch
doppelt unterstreicht. Selbst diese unverhüllte Dreistigkeit des "Willens
zur Macht" musste aber noch geradezu zwanghaft mit süßlichem
Softie-Lispeln vorgebracht werden: Man(n) habe ja niemanden gänzlich aus dem
weiteren Zusammenhang hinausgeworfen, lediglich Roswitha Scholz und Robert Kurz
aus Redaktion und Koordinationskreis (den einzigen Gremien der aktiven
"Krisis"-Mitgliedschaft!) entfernt, nun ja, ein wenig gegen den
Willen der aber ja leider unzurechnungsfähigen Mehrheit; und auch das nicht für
immer, sondern nur so lange, bis die Betroffenen zur Besinnung gekommen wären,
vielleicht ein paar Monate (oder Jahre?). "Der zeitweise Rückzug aus der
Redaktion, mehr war nicht verlangt" (Karl-Heinz Wedel, Die Mechanik der
Subsumtion, a.a.O.).
Und Robert Kurz ebenso wie Roswitha Scholz dürften ja weiterhin ihre Artikel
bei den Brudertruppen-Machthabern einreichen, die dann darüber in ihrer
unendlichen Güte und Reflektiertheit befinden und den Grad der Gemäßigtheit
prüfen würden. Wirklich reizend-aufreizend verpackt, dieser schmutzige
Machtwille. Dass dies der endgültige Bruch und die Spaltung sein mussten, dass
niemand von den anderen diesen Machtanspruch auch nur eine Sekunde lang
hinnehmen konnte, war den Brüdern natürlich sehr bewusst. Aber dreiste
Machtaktionen heißen ja heute bekanntlich stets "Friedensmissionen"
im Namen der "Demokratisierung"; und in dieser Hinsicht befand sich
die Brudertruppe ganz auf der Höhe der Zeit. Betroffenheitskitsch
und falsche Unmittelbarkeit Dem
Machtwillen der brüderlich-mafiotischen Gruppe nach innen als kollektiver
"Platzhirsch" und MWW gegenüber dem "Krisis"-Zusammenhang
entspricht umgekehrt proportional die "Mäßigung" der
Wert-Abspaltungskritik nach außen, das Heruntertransformieren auf ein bewegungskompatibles
Betroffenheitsniveau, wie es sich im Softie-Gebaren und im Affekt gegen den
Berufsintellektualismus bereits angedeutet hat. Das Auftauchen des
theoriefeindlichen Moments in der Theoriebildung selbst, die unvermittelte
Berufung auf "das Leben" gegen die "Fiktionen" des
abstrakten Denkens usw. signalisiert den Willen zur Entschärfung, um
endlich Anschluss zu finden an die Bewegungs-Normalos, was man(n) sich als
"Vermittlung" in die Tasche lügen möchte. Die Sachlichkeits- und
Mäßigkeits-Maske ist mit dem Gesicht verschmolzen und vermittelt sich mit dem
Wunsch zum "Dabeisein" um jeden Preis; die notwendige Distanz der
kritischen Theorie wird preisgegeben zugunsten einer
"Umgänglichkeit", die nichts anderes ist als Anbiederei. Man(n)
möchte "Gebrauchsanweisungen zur Arbeits- und Sozialkritik in Zeiten
kapitalistischen Amoklaufs" (Untertitel des von Lohoff, Trenkle u.Co.
herausgegebenen Sammelbands zur Arbeitskritik) geben. Wie alles an der
Brudertruppe ist auch dieser Begriff der "Gebrauchsanweisung" ein
Etikettenschwindel. Die Aufgabe der wert-abspaltungskritischen Theorie ist die
begriffliche Zuspitzung, Analyse und Ideologiekritik, keine
"Gebrauchsanweisung" für den Hausgebrauch einer Bewegungspraxis,
deren klügere Protagonisten sich sowieso "Handlungsanweisungen" mit
Recht verbitten werden. Da der Begriff des "Gebrauchs" hier
grundsätzlich leer bleiben muss, weil Vermittlung nicht derart
heruntergebrochen werden kann, läuft es auf ein allgemeines Mitschwafeln im
Zeichen einer reduzierten, "umgänglich" gemachten Theoriebildung
hinaus; eben einer "Wertkritik light". Dazu
passt, dass die theoretische Weiterentwicklung der Wert-Abspaltungskritik zur
radikalen Kritik der Aufklärung und der männlich-weißen westlichen Subjektform
nicht nur überhaupt moderiert und verwässert, sondern auch insofern in die
"zweite Linie" zurückgenommen werden soll, als die
"Arbeitskritik" auf heruntergebrochenem Pseudo-Vermittlungsniveau zum
"Hauptschwerpunkt" erklärt wird. Die Dynamik der theoretischen
Initiative und der "Begriffszertrümmerung" erlischt, die Zeit des
Verharrens im vermeintlich bewährten und schon erreichten Begriffsraum einer
Kritik der Arbeitskategorie und der politischen Form soll beginnen, weil die
entscheidenden Konsequenzen einer radikalen Subjekt- und Aufklärungskritik an
die Schmerzgrenze heranführen würden. In Wahrheit kann durch diese Bremsung der
theoretischen Dynamik aber auch die Arbeitskritik nicht durchgehalten werden,
weil das System der abstrakten Arbeit gerade mit dem androzentrischen Kern der
Subjektform vermittelt ist. Man(n) möchte sich gewissermaßen theoretisch
ausruhen, bevor es allzu ernst wird, und endlich ein warmes Plätzchen in der
linken und Bewegungs-Öffentlichkeit finden. Dieser
Stillstand der theoretischen Dynamik, der zum Rückschritt werden muss, ist auch
deswegen eingetreten, weil die "Krisis"-Brudermänner spüren, dass
ihnen selber allmählich - wie uns allen - der kapitalistische Krisenprozess auf
die Pelle rückt. Die drohende Prekarisierung der eigenen Lebensumstände
verbindet sich in der Gruppen- und Psychodynamik mit der durch
Konkurrenzgefühle und das ödipale Autoritätsproblem vermittelten Hetze gegen
den Berufsintellektuellen und Berufspolemiker und mit der ideologischen
Beschwörung des prallen "Lebens". Das geschieht in unterschiedlichen
Graden und Ausdrucksformen einer Betroffenheits-Rhetorik, die auch ohne jeden
Anspruch auf heruntergebrochene "Vermittlung" mit sozialen
Bewegungsansätzen im Kontext einer rein hobbymäßig betriebenen
"Edeltheorie" erscheinen kann: "Ich
verkenne auch nicht, dass mein persönlicher Erfahrungshorizont als - wenn auch
ausgestiegener - Arzt und Sohn einer Zahnärztin durchaus beschränkt ist. Ganz
klar, daß ich den Kapitalismus vorzugsweise in jenen Aspekten darstelle und
bekämpfe, in denen ICH ihn erfahren und erlitten habe. Stichwort: Isolierung
und Vereinsamung des abstrakten Individuums" (Peter Klein, Brief an Robert
Kurz und die Nürnberger "Krisis"-Gruppe vom 4.7.2000, Hervorheb.
Klein). Diese Edel-Theoriebildung "in der ersten Person"
stellt einen doppelten Reduktionismus dar, nämlich sowohl in den sozialen und
gefühlsmäßigen Prämissen ("mein" Erfahrungshorizont und
"mein" Erleiden, als wären Erfahrungen und Erleiden nicht von
vornherein sozial und gesellschaftlich vermittelt, als müsste nicht diese
Dimension schon im Ausgangspunkt mit eingehen) als auch in der theoretischen
Reflexionsweise selber (als müsste diese, wenn sie denn die Höhe der
vermittelten "Allgemeinheitszumutung" erreichen soll, nicht
grundsätzlich die Beschränktheit der abstrakten Ego-Erfahrung sprengen, statt
diese bloß in allgemeiner Form auszudrücken und damit unwahr zu bleiben). Für
die restliche Brudertruppe verlagert sich derselbe Impuls jedoch vom
theoretischen Hobbykeller in eine nach außen getragene
"Bewegungspolitik", die "das Leben" noch krasser zur
ideologischen Spielmarke macht. Was dabei im Bewegungsbezug herauskommt, ist Anwamserei
in Form von Betroffenheitskitsch, der die theoretische Kritik erst recht
herunterzieht. Die Spannung zwischen begrifflicher Kritik bzw. Begriffskritik
einerseits und Bewegungspraxis andererseits wird nicht mehr ausgehalten und
scheinaufgelöst in klassische Muster von falscher Unmittelbarkeit. Immer
mehr Textbeiträge (gut die Hälfte in den kotzgelb aufgemotzten
"Streifzügen" 30/April 2004) könnten, ohne dass noch eine über
seichte Phraseologie hinausgehende Vermittlung zu wert-abspaltungskritischen
Positionen erkennbar wäre, in jeder beliebigen Linkspostille oder
Gewerkschaftszeitung stehen. Dort mag so etwas akzeptabel sein, aber dafür bedarf
es keines "wertkritischen Magazins". (...)
Das Muster von Anbiederung und falscher Unmittelbarkeit erscheint auch in der
Art und Weise, wie sich "Streifzüge" und Rest-"Krisis"
einen Praxisschritt als angebliche "Entkoppelung" von der Warenform
in die Tasche lügen, nämlich in der Adaption des so genannten
"Copyleft"-Prinzips, die keineswegs zufällig mit der putschistischen
Hinaussäuberung des Berufsintellektuellen und der daraus folgenden Spaltung
zeitlich in etwa zusammenfiel. Es handelt sich hier in gar keiner Weise um
einen realen Eingriff in die Reproduktion, weder im Sinne einer immanenten
Forderung noch im Sinne einer materiellen Entkoppelung irgendeines
Lebensbereiches, sondern um eine rein juristische, auf der Ebene der Rechtsform
und der Zirkulation verbleibende Angelegenheit, die dem Kapitalismus überhaupt
nicht wehtut, sondern auf eine bloße Selbstenteignung von Textproduzenten
hinausläuft. Damit
wird wieder einmal die eigene Not zur Tugend gemacht; und es passt
ausgezeichnet zu den gehässigen Ressentiments gegen den Berufsintellektuellen,
wenn die Amateur-Schreiber, die ihre Texte sowieso nicht in die größere
Zirkulation hineinbringen oder nur in Medien zum Zuge kommen, für deren
Honorare man sich gerade mal ein paar Dosen Katzenfutter kaufen kann, diese
ihre eigene Prekarität zur "unbürgerlichen",
"anti-wertförmigen" Großtat hochjubeln. Der antitheoretische Affekt,
bei dem der erhabene Begriffskitsch stets unvermittelt in die falsche
Unmittelbarkeit "des Lebens" abstürzt, und das billige Ressentiment
können so qua bloßem Null-Wert zur Glorie der Transzendenz erhoben und der
Berufsintellektuelle in den Geruch der "Bürgerlichkeit" gebracht
werden, weil er sich nicht grundsätzlich zum Nulltarif anbietet und die
Kontrolle über die eigenen Texte nicht verlieren will - Copyleft kann nämlich
keinerlei Garantie geben, dass die rein formale "freie Nutzung" nicht
auf eine völlig unkoschere Weise von dubiosen Medien und Figuren in Anspruch
genommen wird (zur ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Copyleft-Prinzip
und dessen Begründungen vgl. den Text von Petra Haarmann in EXIT Nr. 1). Noch
bis vor nicht allzu langer Zeit wäre die Adaption einer Pseudo-Vermittlung wie
des Copyleft-Prinzips im "Krisis"-Zusammenhang nicht ohne heftigen
Widerspruch möglich gewesen. Nachdem nun aber durch den Hinauswurf der Mehrheit
der bisherigen Redaktion und des bisherigen Koordinationskreises die
weitertreibende theoretische Dynamik zum Stillstand gebracht worden ist und die
Brudertruppe qua Machthaberschaft über den kläglichen
"Krisis"-Restzusammenhang endlich mit vermeintlich gesicherten
Resultaten im Gepäck ihren "Platz an der Sonne" im Bewegungs-Kontext
suchen kann, gibt es kein Halten mehr, was eine ganz andere Dynamik angeht:
nämlich eben das Herunterbrechen der theoretischen Kritik zur falschen
Kompatibilität mit dem Bewegungsbewußtsein, zum verkürzten und verbilligten
Verständnis des kategorialen Bruchs und zum seichten utopischen Populismus, um
den Konsequenzen einer weitertreibenden theoretischen Kritik des MWW zu entgehen
und es sich im Istzustand gemütlich zu machen. (...) Es gab einen Ausweg - mit dem Projekt "Exit" ging’s weiter
... Das Editorial der Exit! 1, 2004 Das vorliegende Heft ist das
erste einer neuen Theoriezeitschrift. EXIT ist das Produkt einer der ganz
gewöhnlichen Spaltungen, die schon lange zu den schlechten Gewohnheiten der
Linken gehören. Jetzt ist auch die "Krisis" diesen Weg gegangen. Es gibt sie
nicht mehr, jedenfalls nicht mit ihrem bisherigen Stamm von Autorinnen und
Autoren und nicht als Zeitschrift im Horlemann-Verlag. Die ach so verschriene
bürgerliche Rechtsform wurde in Stellung gebracht, um Robert Kurz und Roswitha
Scholz auf administrativem Wege aus der Krisisredaktion zu entfernen, und in
der Folge die Mehrheit derselben mit ihnen. Die Frage nach den ja keineswegs
offenliegenden Gründen für einen solchen Bruch ist seitdem oft gestellt worden.
Eine kurze Antwort darauf gibt es nicht, und für eine lange ist hier nicht der
Platz. Die dazu notwendige Darlegung eines mindestens 12-jährigen Binnenkonflikts
würde wohl das gesamte erste EXIT-Heft füllen, und dafür ist es uns zu schade.
Schließlich haben wir wichtigere Themen zu behandeln, siehe unten. Die
interessierten Leserinnen und Leser verweisen wir daher auf unsere im Internet
unter http://www.exit-online.org/html/aktuelles.php veröffentlichten Erklärungsversuche,
insbesondere auf die ausführliche Darstellung der Genese dieses Bruchs: "Die Revolution der
Nettigkeit" von Robert Kurz. Wir haben diese Spaltung weder
gewollt noch herbeigeführt, doch wir leiden auch nicht (mehr) besonders an ihr.
Anders, als von denen, die uns loswerden wollten, wohl vorhergesehen, und
schneller, als auch von uns erwartet, ist das neue wertabspaltungskritische
Projekt EXIT auf den Weg gebracht:
Genauere Informationen zu den
Möglichkeiten einer aktiven oder fördernden Beteiligung am Projekt sind den
entsprechenden Infoseiten in diesem Heft zu entnehmen. Personelle Veränderungen bringen
beinahe zwangsläufig auch veränderte Akzentsetzungen mit sich. Hervorgegangen
aus dem Theoriebildungsprozess der ehemaligen "Krisis", werden wir uns
verstärkt darum bemühen, die Eierschalen des mit ihm verbundenen
ableitungslogischen Objektivismus abzustreifen und die Kritik der
männlich-weißen westlichen Subjektform voranzutreiben, gerade in diesen Zeiten
einer "prowestlichen" Hurra-Ideologie bis in die Linke hinein. Über die weitere
theoretische Fundierung einer Kritik der "abstrakten Arbeit" als Substanz des
Kapitalverhältnisses wollen wir einen kritisch-solidarischen statt
"linkspopulistischen", antisemitische Denkmuster bedienenden Bezug zu den
aufkeimenden sozialen Bewegungen herstellen. Wir freuen uns über alle, die uns
auf diesem Wege aktiv oder fördernd begleiten. ***
Ist Robert Kurz ein
Gesellianer? Ginge es nach Elmar Altvater, so müssten wir uns mit dieser Frage ernsthaft
auseinandersetzen (und die nächste Spaltung vorbereiten?). In seinem Beitrag
Eine andere Welt mit welchem Geld? zum gerade erschienenen Attac-Reader
Globalisierungskritik und Antisemitismus (2004) legt Altvater eine solche
Seelenverwandtschaft nahe (S. 32): "Es scheint so, als ob Robert Kurz in der
Frage der Abschaffung der Grundrente mit der Freilandbewegung einer Meinung
sei." Die Freilandbewegung, von der hier die Rede ist, gehört zur
kleinbürgerlichen, antisemitisch aufgeladenen Geldutopie des Silvio Gesell, die
nicht das Kapital abschaffen will, weder Wert noch Mehrwert, sondern nur den
Zins, auch den auf Grund und Boden. Nachzulesen und kritisch analysiert ist das
alles bei Robert Kurz: "Politische Ökonomie des
Antisemitismus", Krisis 16/17, 1995, 177 - 218.
Nur hatte Kurz eben auch darauf hingewiesen, dass die Frage der Aneignung von
Grund und Boden noch in einem ganz anderen Zusammenhang von Bedeutung sein
könne als dem einer schlechten Geldutopie: nämlich dem einer sozialen Bewegung,
die auf die Entkopplung von der Warenform zielt, von Luft, Liebe und Kritik
allein aber nicht leben kann (auch nicht von freier Software). Folgte man der
von Altvater vorgenommenen Gleichsetzung, so wäre damit allerdings nicht nur
Kurz, sondern auch jede antikapitalistische, die Frage der materiellen Ressourcen
einbeziehende Praxis per se gesellianisch. So hat er es aber nun auch wieder
nicht gemeint, denn natürlich sei die Beschäftigung mit der Bodenfrage im
Rahmen einer "solidarischen Ökonomie" von zentraler Bedeutung, wie es ein paar
Zeilen später heißt. Was also soll das Ganze? ***
***
Die Spaltung der Krisis
hinterließ auch in Wien Spuren ... "Es war nicht unser Anliegen, diesen
Schritt öffentlich zu machen; wir hatten uns aus der Redaktion verzogen wie ein
Furz im Wald. Wir wollten keine Schmutzwäsche waschen. Das Erscheinen von
"Streifzüge" 32 hat aber dazu beigetragen uns auf die Sprünge zu
helfen. War unsere Absicht gewesen, nicht öffentlich unsere Wunden zu lecken oder
neue zu schlagen, so zeigte uns die letzte Nummer der "Streifzüge",
wie sehr dies vergebene Liebesmüh’ war". Erklärung von Heinz Blaha und Gerold Wallner zu ihrem Ausscheiden aus der
Redaktion der "Streifzüge" Die
Redaktion der Zeitschrift "Streifzüge" hat zwei Mitglieder verloren:
Im Impressum der letzten Ausgabe scheinen wir, Heinz Blaha und Gerold Wallner,
nicht mehr auf. Dies wäre in einem herkömmlichen Periodikum keiner Erwähnung
wert und es erregt ja höchstens der Wechsel in der Chefetage bürgerlicher Blätter
ein gewisses Aufsehen. So hat denn die Redaktion, die (zugleich) auch aus den
Mitgliedern des Leitungsorgans des Medieninhabers besteht, kein Aufhebens um
unser Ausscheiden gemacht, gerade so, als hätten wir es uns verbessern können
oder schlicht die Lust verloren. Zwar ist beides der Fall, aber das ist eine
längere Geschichte, wie so vieles in der Welt. Tatsache
ist, dass unser Ausscheiden einer mäßig bis gar nicht geführten inhaltlichen
Diskussion geschuldet ist. Es
wird dem aufmerksamen Publikum nicht entgangen sein, dass seit April dieses
Jahres die "Streifzüge" in neuem Gewand erschienen sind. Unserer
Ansicht nach stammt diese Garderobe aus derselben Schneiderei, die für des Kaisers neue Kleider zuständig war, und nackt sehen dann
alle gleich aus. Wir haben diese Gefahr, dass die Streifzüge zu einem
verwechselbaren Produkt in den Markthallen werden, wohl im Voraus geahnt; was
uns an den "Streifzügen" gefallen hat, war eben ihre äußere Kargheit,
die auf eine inhaltliche Dichte hinzuweisen angetan war. Die Umstellung auf
Gefälligkeit in Form und Inhalt, vom angepassten Layout bis hin zu Glossen,
Kommentarformaten und Kolumnen über Popkultur, war aber gleichzeitig mit einer
angebahnten vertieften Kooperation mit dem Periodikum "krisis"
verbunden. Franz Schandl, der Redakteur beider Organe ist, argumentierte
einerseits mit vermehrten Synergieeffekten, andrerseits mit dem Vollzug einer
Arbeitsteilung, im Zuge dieser die "krisis" für die Theorie,
"Streifzüge" dann für Glossen, kürzere Aufsätze und Ähnliches zuständig
sei (s.: http://www.krisis.org/editorial_krisis28_2004.html). Wie weit dieses
Vorhaben gediehen ist, kann nun gesehen werden, und ein jedes kann sich selbst
ein Bild machen. Im
Diskussionsprozess um diese Umstellung wurde aber von unserer Seite zur Debatte
gestellt, dass zu diesem Zeitpunkt das Projekt "krisis" von
persönlichen Zerwürfnissen geprägt war, die ihre Auswirkung auf die
Theoriebildung hatten. Ebenso hatten sie ihren Grund in der Theoriebildung;
Roswitha Scholz’ Arbeiten zur Abspaltung wurden in ihrer Dynamik und Konsequenz
nie wirklich begriffen; eine Weiterführung ihrer Arbeiten dazu ist aber höchst
aktuell. Als Robert Kurz in Konsequenz aus der Wertabspaltungstheorie zu einer
Kritik des bürgerlichen Subjekts schritt - auch dies in seinen Auswirkungen im
"krisis"-Zusammenhang noch nicht vollständig begriffen -, kam es zu
Versuchen, das Erscheinen eines Artikels, der in diesem Zusammenhang das
Gesamtparadigma Aufklärung höchst kritisch, ja ikonoklastisch beleuchtete, zu
hintertreiben. So weit aber diese Zerwürfnisse, die zu einer inhaltlichen
Stagnation zu führen drohten, nicht ausgeräumt waren, war für uns eine
vertiefte Zusammenarbeit mit "krisis" zwar nicht undenkbar, aber doch
von inhaltlichen Klärungen abhängig. Mit einem zerstrittenen Haufen, der sich
über die weitere Entwicklung des eigenen Projekts nicht klar war, würde doch
ein Zusammengehen eher hemmend wirken. Unberührt
von diesen Einwürfen wurde das Projekt "Streifzüge - neu"
durchgezogen. Etwa zeitgleich kam es in der "krisis" zur Klärung der
Differenzen, indem die persönlichen Zerwürfnisse, die einer verschiedenen
Orientierung über inhaltliches Weitertreiben der Theoriebildung und über
gesellschaftliche Praxis geschuldet waren, zum Anlass genommen wurden; was in
einer schon verweigerten Diskussion an gegenseitigen Vorwürfen gemacht worden
war, wurde nun einseitig einem Einzigen in die Schuhe geschoben. Er wurde von
jenen, die heute als "krisis" firmieren wollen, als "nicht
gremienfähig" bezeichnet (wobei dies - bei Licht betrachtet - für linke
Leute ebenso wenig ein Vorwurf sein sollte wie etwa "vaterlandsloser
Geselle") und ein administratives Szenario wurde, gut vorbereitet, aber
mit zweifelhaften Mitteln, abgerollt. Robert Kurz sollte gezwungen werden, sich
aus der Redaktion zurückzuziehen, zwar weiter seine Artikel in der
"krisis" publizieren, aber sich jeder inhaltlichen und
organisatorischen Mitsprache enthalten. Als Ergebnis dieser Zumutung kam es zum
crash, der ausführlich dokumentiert wurde (s. zum Beispiel: http://www.giga.or.at/others/krisis/erklaerung_krisisspaltung.html,
aber auch: http://www.exit-online.org/html/aktuelles.php, Aktuelles - Zur
Spaltung der Krisis). Dies
hatte seine Rückwirkungen auf die Situation in Wien. Durch die Verschränkung
von "krisis" und "Streifzüge", einerseits durch die Person
Franz Schandls, der in beiden Organen tätig und an der so genannten Klärung
federführend beteiligt war, andrerseits durch das auf die Schiene gesetzte
Projekt einer Engführung von "krisis" und "Streifzüge", war
die Redaktion zu einer Stellungnahme gezwungen. Diese fiel so aus, dass
unhinterfragt das Vorgehen Schandls, wenn nicht ohnehin gebilligt, so doch
jeden Falls akzeptiert und abgesegnet und nicht zur Debatte gestellt wurde. Wir
reagierten darauf mit einem zunächst informellen schleichenden Rückzug, während
dessen wir unsere Position überprüften. Es war uns schnell klar, dass wir den
Schritt der nunmehrigen "krisis"-Gruppe nicht akzeptieren und
mittragen würden. Wir erklärten unseren Austritt aus der "Streifzüge"-Redaktion
und schlossen uns dem Projekt "Exit!" an, das von der Mehrheit der
ehemaligen "krisis"-Redaktion initiiert wurde. So
weit so schlecht. Es
war nicht unser Anliegen, diesen Schritt öffentlich zu machen; wir hatten uns
aus der Redaktion verzogen wie ein Furz im Wald. Wir wollten keine
Schmutzwäsche waschen. Das Erscheinen von "Streifzüge" 32 hat aber
dazu beigetragen uns auf die Sprünge zu helfen. War unsere Absicht gewesen,
nicht öffentlich unsere Wunden zu lecken oder neue zu schlagen, so zeigte uns
die letzte Nummer der "Streifzüge", wie sehr dies vergebene
Liebesmüh’ war. In seinem Beitrag "Denunziation!" geht Franz Schandl
auf die Vorfälle, an denen er beteiligt war und die er mitgestaltet hat, ein,
freilich ohne sie beim Namen zu nennen. Er bezichtigt der Denunziation, nein,
er warnt vor Denunziation, nein, nicht einmal das, er beschreibt Denunziation
in dem ihm recht eigentlichen Stil: "Denunziation meint
Substantivierung" (was immer das in diesem Zusammenhang meinen mag)
"hin zu einem Unterschied ums Ganze. Diese Differenz wird zum elementaren
Ereignis aufgeblasen, meint Sein oder Nichtsein. Die Verwandtschaft zum
Inklusions- und Exklusionsprinzip der Konkurrenz ist unverkennbar. Denunziation
inszeniert Entwürdigung, die ja nichts anderes darstellt als eine ideelle
Entwertung. Es geht um soziale Kontrolle eines gesellschaftlichen Feldes, auch
wenn es sich nur um ein Szenesegment handelt: Hier bestimmen wir!" Das
schreibt er also und unsere erste Vermutung war die, dass es sich um eine etwas
ausführlicher geratene Vorstellung des Autors selbst handeln dürfte, mit einer
verklausulierten, abrisshaften Angabe seiner Motivlage im
"krisis"-Konflikt, seiner Haltung gegenüber Robert Kurz und
GenossInnen. Erst später wird klar, dass hier der Rufer in der Wüste zu uns
spricht: "Die verkappte bürgerliche Form des Stalinismus steckt der Linken
immer noch in den Knochen. Auch wenn er politisch tot ist, lebt er in den
Psychen fort. Er tradiert sich, will nicht vergehen. Wer da meint, ganz frei
davon zu sein, lügt. Aber doch ist es ein Unterschied, ob man sich dieser
Disposition stellt oder sich ihr unterstellt, also hingibt, und den Kampf nach
der Zahl der ausgeteilten Schläge und geführten Schlachten, nicht aber nach den
ausgelösten Denk- und Handlungsprozessen beurteilt." Schreibt
er und ist außerdem noch persönlich betroffen: "Ob das nun die ungustiösen
Vorgänge in der KPÖ sind, das antideutsche Syndrom in der deutschsprachigen
Linken, die blindwütige Ignoranz des Antiimperialismus oder der Crash in der
Krisis-Gruppe, sie haben eines gemeinsam: Kommunikation findet in einer Form
statt, die die Individuen nicht fördert, sondern geradezu durchstreicht. Man
lese diverse Tiraden, insofern man den Nerv dafür hat." Schreibt
er und wie der Schelm denkt, so ist er: "’Wie du mir, so ich dir’, schreit
das bürgerliche Konkurrenzsubjekt, denn Gleiches muss mit Gleichem vergolten
werden. Und es ist manchmal sehr schwierig, dieser Versuchung zu widerstehen.
Demut wäre indes des Öfteren angebracht, wo vorschnell zur Demütigung gegriffen
wird." Schreibt
er und lässt sich sekundieren. "Warum nichts mehr geht ..." heißt der
hilfreiche Beitrag, in dem wir unter dem Zwischentitel "Die Pathologie der
Gesellschaft betrifft auch ihre KritikerInnen" lesen: "Diese"
(die bürgerliche) "Lebensweise ist hochgradig pathogen. Psychische
Gesundheit lässt sich nur noch als das durchschnittliche, einigermaßen stabile
und daher unauffällige Maß an Krankheit definieren. ... Die krankhafte
Verfassung der Individuen wird jedoch meist ignoriert, ja als Tabu behandelt.
Jemandes ’ausrastendes’ Verhalten zu ’pathologisieren’ (aus seinem Leiden,
seiner Krankheit zu erklären, an der so gut wie jede/r teilhat) gilt nicht als
nahe liegend, sondern ist verpönt. ... Dies gilt freilich keineswegs nur für
unreflektiert dahinlebende ZeitgenossInnen, sondern auch für
GesellschaftskritikerInnen. Dass auch das eigene alltägliche Verhalten, die
eigene kranke Seele zum Gegenstand der Erkenntnis und Kritik zu machen wäre,
wird meist als Psychologisiererei verachtet oder liegt von vornherein im
blinden Fleck der eigenen Wahrnehmung. ... Die Folgen sind so banal wie
destruktiv: Geltungsdrang und Eifersucht, Hackordnung nach Hoch- und
Minderleistern, Autoritätshörigkeit, Verletzung und Ranküne, Gezänk und Mobbing
usw. Die verheerenden Verarbeitungsformen der wertgesellschaftlichen Realität
und ihres wachsenden Drucks, werden auch bei und von Menschen, die ansonsten um
ein sehr hohes Reflexionsniveau bemüht sind, als ’Privatproblem’ und
’spezieller Fall’ betrachtet und entsprechend der Leistungshierarchie gegen
Hochleistungen aufgerechnet (wenn nicht gar als neuester Geniestreich
angenommen) oder aber als Bestätigung der Minderleistung betrachtet. Dass
dieser flächendeckende Zustand kaum thematisiert, geschweige denn behandelt
wird, erschwert die Formierung von geistigem und praktischem Widerstand gegen
die Zumutungen, ja oft schon dessen adäquate Formulierung ungemein, wenn es sie
nicht schon im Ansatz vereitelt." Also
die Sache ist klar, wenn wir uns diese Diagnose in geläufiges Deutsch
übersetzen. Pathologisieren bedeutet nun nicht, jemanden krank zu reden, krank
zu machen, als krank zu bezeichnen, es bedeutet, die unhintergehbaren
gesellschaftlichen Verhältnisse an einer Person als Krankheit zu entdecken und
sie darauf anzusprechen. Blöd ist halt nur, wenn diese Person partout nicht
darauf hören will, vielleicht sogar mit dem Hinweis darauf, dass es eben
allgemeine Verhältnisse wären, die für jene, die die Krankengeschichte
vorlegen, genauso gelten, von ihnen aber instrumentalisiert würden dergestalt,
dass aus dem Allgemeinen der Einzelfall eines Uneinsichtigen konstruiert wird,
was das Krankheitsbild nur bestätigt. Kennen wir dies nicht aus den
Kommunikationsseminaren, die uns unser Berufsleben noch verschärfen? Was als
Ergebnis Anpassung und Mitläufertum hervorbringen soll, wird mit oder ohne
Beipackzettel als therapeutische Chance verkauft. Ein
schönes Stück Betriebspsychologie wird hier ausgebreitet: Da wird der
aufmüpfige und unangepasste, besserwisserische Prokurist auf Erholungsurlaub
geschickt und wenn er zurückkommt, ist sein Posten neu besetzt. Für ihn wird
sich schon was finden, wo er sich nicht so echauffieren muss und sein
Leidensdruck gemildert wird. Ob er mit seiner Kritik an der Unternehmensleitung
vielleicht sogar recht gehabt hat, steht nicht zur Debatte. Hauptsache, er war
krank und ist jetzt wieder hergestellt. Unn wat dem een sin uul, is dem annern
sin nachtigal. Der eine verwahrt sich gegen Denunziation und der andere
beschreibt vorher, welche Argumente und ihre Anwendungen vom geneigten Publikum
als Denunziation zu verstehen seien. Der eine schreibt von Moral und korrektem
Verhalten, der andere von Objektivität. Der Moralische will, dass alle gut
zueinander sind, der Objektive weiß, dass wir alle krank sind. Der Moralische
will, dass wir alle wieder gesund werden, der Objektive weiß, dass wir dazu das
"ausrastende Verhalten" aneinander "pathologisieren" müssen
- und beide meinen, streeeng solidarisch natürlich. Wir
hatten und haben vor, uns auf unsere inhaltlichen Diskussionen (als Mitglieder
von "Exit!") zu beschränken und nur diese publik zu machen in der
kleinen Öffentlichkeit einer (wertabspaltungs-)kritischen Szene in Wien. Was
"Streifzüge" tun und lassen, berührt uns nur am Rande. Unsäglich ist
aber die Art, in der sie mit einem Konflikt umgehen, den sie selbst vom Zaun
gebrochen haben, als selbstproklamierter Partner und Verbündeter derer, die nun
"krisis" ausschlachten und deren Nachlass erbberechtigt verwalten
wollen. Da unser Ausscheiden mit diesem Konflikt ursächlich zusammenhängt,
dieser Konflikt nun als objektive Notwendigkeit gegen ein krankhaftes, krankes
und krank machendes Verhalten von Kurz et al. an das geneigte Publikum heran
getragen wird, brechen wir unser Schweigen: Unser Ausscheiden hat nicht die
Gründe, dass ein übermächtiger, alles beherrschender, sich in Schimpftiraden
voll unziemlicher ausrastender Unhöflichkeit ergehender Größenwahnsinniger die
Arbeit durch Gremienunfähigkeit lähmt. Das ist in Wien nie vorgekommen. Der
Grund unseres Ausscheidens liegt in der Verkleisterung der inhaltlichen
Differenzen, die im "krisis"-Zusammenhang aufgebrochen waren, einer
Verkleisterung, die durch das Projekt "Streifzüge - neu" zementiert
wurde und einer Beteiligung am administrativen Vorgehen gegen die Redaktionsmehrheit
von "krisis" Vorschub leistete. Und
nun wird dieser Konflikt dargestellt, als wüssten die Beteiligten nicht, wie
ihnen geschah. In der zitierten Erklärung
(http://www.giga.or.at/others/krisis/erklaerung_krisisspaltung.html) stellt die
"krisis"-Redaktion, darunter auch Franz Schandl, fest: "Am
3.4.2004 stiegen Robert Kurz, Roswitha Scholz und einige ihrer AnhängerInnen
aus dem Projekt Krisis aus." In den neu erschienen "Streifzügen"
wird über das Ereignis aber so geschrieben, als wäre es in weiter Ferne
vonstatten gegangen und hätte in Wien keine Spuren hinterlassen. Wenn schon das
Aussteigen nicht als Hinausdrängen kenntlich gemacht wurde, wenn schon nicht
die Empörung, sondern schiere Gefolgschaft dafür verantwortlich dargestellt
wird, dass Kurz und Scholz nicht allein die "krisis" verlassen
mussten, die anderen aber auch einer namentlichen Erwähnung nicht für wert
befunden wurden, wohl weil dann klar würde, welchen Qualitätsverlust sich der
übrig gebliebene Haufe einhandelte, so wird, um gänzlich den Mantel der
traurigen Schicksalhaftigkeit über dieser Angelegenheit mit Vernunft und
Objektivität zu lüften, in Wien dies alles so dargestellt, als hätte da eins
den Stein der Weisen gefunden und wüsste nun, wie Leute miteinander umzugehen
hätten. Und halten die sich dann nicht an die luziden Ausführungen, aus denen
wir zitiert haben, beweist und belegt dies doch nur das an ihnen konstatierte
Krankheitsbild. Wir
hätten diese Erklärung nicht abgegeben, wenn "Streifzüge" sich auf
seine ihm zukommende Journalistik beschränkt hätte - Arbeitskritik und
Feuilleton. Wenn aber in Moralpredigten der Betroffenheit über die Fährnisse in
dieser Welt und über die Uneinsichtigkeit der AkteurInnen in ihr Ausdruck
verliehen wird, entgegnen wir in Ruhe und würdevoller Gelassenheit und berufen
uns dabei auf Johann Nepomuk Nestroy: "S is ollas net woa!" gerold wallner, heinz blaha
++++ mit "EXIT" geht’s weiter ++++ mit "EXIT" geht’s weiter
++++ Das Editorial der Exit! 2, März 2005 Krise
allenthalben: Auch im Jahre 2004 haben die Konsumenten die Umsatzziele des
deutschen Einzelhandels in unverantwortlicher Weise verfehlt. Im dritten Jahr
nacheinander ging die private Nachfrage zurück, und die Experten rätseln immer
noch, woher denn die der deutschen Wirtschaft so abträgliche, neuerdings auch
in Gestalt des "Rabattwahns" (Spiegel) auftretende "Sparwut" wohl kommen möge.
Soviel haben auch die "Wirtschaftsweisen" inzwischen immerhin begriffen, dass
nämlich die deutsche Volkswirtschaft von ihren Exporterfolgen allein nicht
leben kann. Lassen wir sie weiter rätseln, sie hören ja doch nicht auf uns. In
die Dauerkrise ist offenbar auch das deutsche Bildungssystem geraten, wie der
fast schon alljährlich wiederkehrende "PISA-Schock" zeigt. Der Schock besteht
darin, dass Deutschland im internationalen Vergleich nur "Mittelmaß" ist, was
nicht sein dürfe, da die Bildung das "Humankapital" bereitstelle, das die
"Basis allen Wohlstands" sei, sodass der Abstieg in der globalen Konkurrenz
drohe. Die möglichen Maßnahmen gegen diese unerträglichen Aussichten stehen
allerdings unter Finanzierungsvorbehalt und halten sich entsprechend in Grenzen:
Während Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpräsidentin im Wahlkampf plötzlich die
"Schule für alle" entdeckt, als ginge es darum, die allgemeine Schulpflicht
endlich einzuführen, setzt die CDU auf das gute alte Gymnasium, "Leistungsanreize"
und zentrale Kontrollen. Die FDP schließlich führt die schlechten PISA-Ergebnisse
auf die zu geringe Kinderzahl der "Besserverdienenden" zurück
und möchte mit Anreizen der etwas anderen Art lieber an dieser Stelle ansetzen.
|