Marxistische Kritik Nr.
3, Juni 1987
[Vorbemerkung: Die Seitentrennung bezieht sich auf die Original-Ausgabe]
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Robert Kurz
[S. 53-113]
DIE HERRSCHAFT DER TOTEN DINGE / Teil 2
Kritische Anmerkungen zur neueren Produktivkraft-Kritik und Entgesellschaftungs-Ideologie
Vorbemerkung
Der erste Teil dieser Arbeit ist in der "Marxistischen Kritik" Nr.
2 erschienen (kann beim Verlag bestellt werden). Dort werden folgende Punkte
behandelt:
1. Naturbeherrschung und Wertabstraktion: Vom "Fortschrittsglauben"
zum Kulturpessimismus (Einleitungskapitel)
2. Der Zerfall gesellschaftlicher Totalität (Nachweis der positivistischen
Methode bei den Produktivkraftkritikern)
3. Die Fetischisierung der Technik:
a) Subjektivierung der Natur und "Herrschaft" als Erbsünde
b) Verdinglichung des Produktivkraftbegriffs und Logik der Vernichtungsproduktion
Die Auseinandersetzung wird hauptsächlich mit den produktivkraftkritischen
Theoretikern Otto ULLRICH und Winfried THAA geführt, und zwar anhand
folgender Publikationen:
Otto Ullrich, Technik und Herrschaft, Ffm. 1977, zitiert unter der
Abkürzung TuH;
ders., Weltniveau, Berlin 1980, zitiert unter der Abkürzung WN;
Winfried Thaa, Herrschaft als Versachlichung, Ffm. 1983, zitiert unter
der Abkürzung HaV.
Der hier vorliegende 2. Teil setzt zunächst das 3. Kapitel "Die
Fetischisierung der Technik" fort mit dem Unterpunkt c) Die Degradation
des Arbeiters. Es folgt das 4. und letzte Kapitel "Dürftige Moral
und Moral der Dürftigkeit: Konsequenzen der Produktivkraftkritik"
mit den Unterpunkten: a) Entgesellschaftung und Warenfetisch: "Small is
beautiful", b) Dürftige Moral: Die "Reduzierung der Dimension des
Machens", c) Moral der Dürftigkeit: Die "Reduzierung der Bedürfnisse"
und d) Die Rettung des unmittelbaren Produzenten als seine Verewigung.
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c) Die Degradation des Arbeiters
Ebenso wie die gebrauchswertschädliche, zur Zerstörung der
natürlichen Lebensgrundlagen führende Vernichtungsproduktion
wird in den Theorien der Produktivkraftkritiker auch die Degradation des
unmittelbaren Produzenten im kapitalistisch-industriellen Arbeitsprozeß
unmittelbar aus der abstrakten, mystifizierten Naturbeziehung abgeleitet.
Der Charakter der menschlichen Arbeitskraft als WARE wird, wie wir bereits
gesehen haben, für die Gesellschaften der sowjetischen Produktionsweise
überhaupt geleugnet, für die westlich-kapitalistischen Gesellschaften
aber wie alle anderen Waren dem "Subsystem" des zirkulativ verkürzten
"Warenverkehrs" zugeordnet. Die Ausbeutung des Lohnarbeiters erscheint
dann, ganz in der Tradition des "Verteilungssozialismus" des 19. Jahrhunderts
und der alten Arbeiterbewegung, nur noch äußerlich als "Verkürzung
des Arbeitsertrags", als "Prellen" des Arbeiters um den Mehrwert, den der
Kapitalist sich aneignet. Aus dieser verdinglichten Sichtweise fällt
die Degradation des Arbeiters im maschinisierten Produktionsprozeß
völlig heraus, übrigens in diametralem Gegensatz zur Marx'schen
Theorie, in der gerade diese Degradation aus dem Lohnarbeitsverhältnis
selbst abgeleitet wird. Auch hier überwinden die Produktivkraftkritiker
die verkürzte Sichtweise der alten Arbeiterbewegung und des traditionellen,
wertfetischistischen Marxismus nicht etwa, sondern machen sich diese Verkürzung
vielmehr für ihre eigene, spezifische Mystifizierung zunutze. Wie
schon bei den dinglichen Produkten und Produktionsmitteln zerreißen
sie auch hinsichtlich der menschlichen Arbeitskraft den logischen Zusammenhang
von Produktion und Zirkulation, von Produktionslogik und Vergesellschaftungs-Logik.
Soweit die Arbeitskraft in ihrem Warencharakter überhaupt gesehen
wird, bleibt dieser in den äußeren Vergesellschaftungs-Zusammenhang
des "Arbeitsmarktes" verbannt und die Kritik an diesem Warencharakter bleibt
auf die äußerliche Eigentums-Frage und Verfügungsgewalt
über das hergestellte Gesamtprodukt beschränkt. Die von diesem
Zusammenhang abgetrennte "Produktionslogik" aber wird auch hinsichtlich
ihrer Konsequenzen für den Arbeiter auf die abstrakte Naturbeziehung,
auf Naturwissenschaft und Technik "als solche" zurückgeführt.
Die Kritik konzentriert sich auch in diesem Zusammenhang auf die angebliche
"Herrschaftslogik" der Naturwissenschaft, nun aber neben dem Aspekt der
"quantifizierenden Abstraktionen" des naturwissenschaftlichen "Messens"
auf einen zweiten Aspekt, den Ullrich mehrfach als "reproduzierbare(n)
Prozeß naturwissenschaftlicher Erkenntnis" (TuH, 82) bezeichnet.
Worum soll es sich dabei handeln? Ullrich geht, teils explizit, teils implizit,
von einem positiven Gegenmodell zur Naturwissenschaft aus, z.B. von bäuerlichen
und handwerklichen (nicht-wissenschaftlichen) Auseinandersetzungen mit
dem Naturstoff, die sich unmittelbar an diesem abarbeiten und "sinnlich"
mit ihm verbunden bleiben. Dem stehe der "entsinnlichte" Prozeß der
EXPERIMENTELLEN NATURWISSENSCHAFT gegenüber, die einen idealtypischen
und REPRODUZIERBAREN Naturprozeß als "Konstruktion" anstrebt. Dem
experimentellen Naturwissenschaftler geht es also um einen von allen
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"störenden Einflüssen" gereinigten Ablauf kontrollierbarer
Naturerkenntnis, deren Wahrheit sich eben in ihrer beliebigen Reproduzierbarkeit
erweist. Seiner lebensphilosophischen Subjektivierung der Natur folgend,
deutet Ullrich nun auch diese Struktur der experimentellen Naturwissenschaft
um in ein mystifizierendes "Herrschaftsverhältnis"; da es "Herrschaft"
nur als Beziehung zwischen Subjekten geben kann, muß die Natur eben
zum Subjekt mystifiziert werden. Dieses absurde "Subjekt" der anorganischen
und organischen Natur soll nun nicht nur durch das naturwissenschaftliche
"Messen" als solches "vergewaltigt" werden, sondern auch darüber hinaus
durch die experimentelle Anordnung und Zurichtung des Naturstoffs: "Das
Herrschaftswissen über die Natur geht aus von 'bereinigten', isolierten
Prozessen. Um einen komplexen Prozeß, einen zusammengesetzten 'Arbeitsprozeß'
der Natur für den Menschen, in gleicher Weise zu beherrschen, bedarf
es einmal einer großen Zahl partikularer Gesetze, und zum anderen
muß das Naturmaterial auch genügend 'begradigt' sein, damit
der synthetisierte Prozeß auch 'wirklich' berechenbar abläuft"(TuH,
101). Die experimentelle Naturwissenschaft stelle also das "Modell" eines
"selbsttätige(n), von außen zu steuernde(n) und kontrollierbare(n),
gleichmäßig ablaufende(n) Prozess(es)" (TuH, 101) dar. Um die
Mystifizierung auf die Spitze zu treiben, muß sogar noch eine Gegenwehr
des "Subjekts Natur" allen Ernstes konstruiert werden: "Dies machte anfänglich
Schwierigkeiten; auch der Naturprozeß ließ sich nicht unwiderstrebend
in einen kontrollierten Vorgang zwingen" (TuH, 102). Das Verbrechen der
Naturwissenschaft gegen die Natur besteht also in diesem Modell einer "Außensteuerung"
und "Kontrolle" im Unterschied und Gegensatz zur nicht- und vorwissenschaftlichen
"sinnlichen" Behandlung des Naturstoffs: "Die Beherrschung der Natur, auch
eines komplexen zusammengesetzten Prozesses, durch symbolisches Wissen
aus der Distanz, ohne Einschaltung des eigenen Körpers(!), ist nun
prinzipiell möglich" (TuH, 101). Ironischerweise sind solche bis zur
Lächerlichkeit gehenden Mystifizierungen des Naturverhältnisses
objektiv nur möglich durch eben jene Distanz des Universitätsmenschen
und reinen "Kopfarbeiters" von der physischen Produktionsarbeit, die überhaupt
erst durch Produktivkraftentwicklung und Wissenschaft in großem Maßstab
möglich geworden ist. Ullrich würde vielleicht weniger Unsinn
über "Naturbeherrschung" reden, wenn er sich einmal ganz praktisch
vorstellen könnte, was es z.B. für die Arbeit in der Agrarproduktion
bedeuten würde, vom Mähdrescher wieder zurückzukehren zum
Dreschflegel und so dem Naturstoff unter "Einschaltung des eigenen Körpers"
zuleibe zu rücken! Es entbehrt nicht der tragikomischen Züge,
wenn der Universitäts-Soziologe Ullrich allen Ernstes der auf "Naturbeherrschung"
ausgerichteten Wissenschaft vorwirft, daß sie die "Mühseligkeit"
in der Reproduktion einmal gewonnener Naturerkenntnis beseitigt: "Im Produkt
wissenschaftlich experimenteller Tätigkeit ist der Prozeß der
Entstehung, die mühsame Auseinandersetzung mit dem widerstrebenden
Gegenstand der Natur nicht mehr sichtbar ... die Reproduktion des geistigen
Produkts ist im Gegensatz zum handwerklichen Produkt mit erheblich geringerem
Aufwand möglich, als er für die Originalproduktion nötig
war, da der mühselige vorbe-
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reitende Prozeß entfällt. Das Subjekt kann sich aus dem
experimentell konstruierten Naturprozeß nun heraushalten. Der Prozeß
läuft berechenbar 'selbsttätig' ab, er ist von außen manipulierbar
durch Verändern der in ihrem Einfluß bekannten Parameter" (TuH,
81). Der pejorative Charakter solcher Aussagen bei Ullrich wird nur möglich
durch die mystifizierende Subjektivierung der Natur. Abgesehen davon ist
seine negative Kennzeichnung der experimentellen Naturwissenschaft aber
noch aus einem anderen Grund unsinnig. Denn nicht einmal metaphorisch stimmt
die Denunzierung des Experiments als "Herrschaftsbeziehung". Es handelt
sich um einen reinen, jeweils beschränkten Erkenntnisvorgang an Naturprozessen,
die als solche per definitionem vom Menschen UNABHÄNGIG sind. Menschliche
Erkenntnis kann Naturgesetze nicht "beherrschen", sondern eben nur in ihrem
unabhängigen, objektiven Dasein ausfindig machen und das eigene Verhalten
danach ausrichten. Die von der Wert-Ökonomie erzwungene Vernichtungsproduktion
stellt alles andere als eine "Herrschaft" über die Natur dar; viel
besser wäre sie zu kennzeichnen als ein gesellschaftliches Handeln
GEGEN NATURGESETZE, das letztlich nicht den Untergang der Natur "als solcher"
und ihrer objektiven Gesetzmäßigkeiten, sondern den Untergang
der menschlichen Zivilisation herbeiführen muß. Deswegen wird
ja auch, sogar von Ullrich selber, die Vernichtungsproduktion gerade unter
Hinweis auf ERKANNTE NATURGESETZE (Ökologie usw.) kritisiert und bekämpft.
Die ganze Begrifflichkeit einer "Herrschaft" über oder gegen die Natur
ist nichts als eine völlig schiefe und den gesellschaftlichen Zusammenhang
verdunkelnde Metaphorik.
Aber Ullrich BRAUCHT diese falsche und schiefe Metaphorik, diese Denunziation
des naturwissenschaftlichen Experiments als "lebensfeindlich" usw. unbedingt,
sogar wenn er selber mit Erkenntnissen dieser angeblich so negativen Experimentalwissenschaft
ganz munter argumentiert (woher wüßte er sonst überhaupt
etwas über "Ammoniak" oder "Fotosynthese" usw.?). Er braucht diese
mystifizierende Denunziation, weil er die GESELLSCHAFTLICHEN Herrschaftsbeziehungen
über die logische Kette "Naturwissenschaft - Technik - Industriesystem"
auf die abstrakte Naturbeziehung zurückführen will. Dies wird
nun vollends deutlich in der Art und Weise, wie die Degradation des Arbeiters
im Fabriksystem abgeleitet wird. Nachdem er die Experimentalwissenschaft
genügend schwarz eingefärbt und verteufelt hat, geht Ullrich
zu einem ganz platten ANALOGIESCHLUSS über. Die experimentelle Naturwissenschaft
"beherrsche" vergewaltigend die Natur durch das Modell eines "von außen
zu steuernden und kontrollierbaren, gleichmäßig ablaufenden
Prozesses", DASSELBE geschehe nun im Industriesystem mit den Arbeitern!
Obwohl dieser flache und willkürliche Analogieschluß durch nichts
als seine eigene schiefe Metaphorik und mystifizierende Subjektivierung
der Natur "begründet" ist, baut Ullrich seine gesamte weitere Argumentation
auf dieser haltlosen Grundlage auf.
Nachdem er zunächst für die Naturwissenschaft auf die beschriebene
Weise eine "strukturelle Affinität zur Logik des Kapitals" (TuH, 69)
festgestellt und die "Herrschaftskonformität der Wissenschaft" (TuH,
69) nicht aus ihrer gesellschaftlichen Stellung, sondern aus
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ihrem naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozeß selbst abgeleitet
hat, kann er diese selbstfabrizierte Logik durch ständige Wiederholung
in verschiedenen Zusammenhängen dem Leser einreden: "Die kapitalistische
Logik verlangt eine Produktionsorganisation, die auffallende Ähnlichkeit
hat mit der Herrschaftslogik der experimentellen Naturwissenschaft" (TuH,
115), oder: "Die wissenschaftlich motivierte Beherrschung der Natur und
die kapitalistisch motivierte Beherrschung des Produktionsprozesses haben
eine hohe strukturelle Ähnlichkeit" (TuH, 138) usw. Tatsächlich
aber geht Ullrich sogar noch einen Schritt weiter. Die bloße "strukturelle
Ähnlichkeit" und gegenseitig sich bedingende "Herrschaftslogik" von
Naturwissenschaft und Kapital genügt ihm nicht, er will die Naturwissenschaft
bzw. die ihr entspringende Technologie in ihrer "autonomen" Bereichs-Logik
zur EIGENTLICHEN HISTORISCHEN UND MATERIELLEN GRUNDLAGE des Fabriksystemsund
der darin enthaltenen Degradation des Arbeiters machen: "Zusammenfassend
kann man also sagen: daß die Logik der Naturwissenschaft eine Logik
der Herrschaft ist, ist zunächst nicht verwunderlich ... Daß
die gleiche Logik jedoch einen Herrschaftsverband der materiellen Produktion
ermöglicht, suggeriert(!) und ideologisch vorbereitet, noch ehe die
spezifische Logik des Kapitals eine prägende Rolle spielt, wird nicht
genügend beachtet. Zwar sind Naturwissenschaft und Kapital beides
bürgerliche Produkte und eine 'reine' Trennung nicht möglich,
nur muß dann auch die bürgerliche Prägung der Naturwissenschaft
erkannt werden, die sie zu einem Herrschaftsmedium über Natur UND
(Hervorheb. Ullrich) Menschen macht, ohne dazu vom Kapital erst 'gezwungen'
werden zu müssen" (TuH, 103). Wohlgemerkt: Ullrich spricht hier weder
von der gesellschaftlichen Stellung der bürgerlichen Naturwissenschaft
noch von der gesellschaftlichen Denkweise oder den sozialen Interessen
usw. ihrer Träger, sondern immer von Inhalt und Form der Naturerkenntnis
"als solcher"! So verwundert es nicht, daß schließlich das
Kapitalverhältnis hinsichtlich des Herrschaftscharakters des Industriesystems
als sekundär und eigentlich unwichtig erscheint, man kann es nach
Ullrich wegnehmen und der Herrschaftscharakter wird unverändert bestehen
bleiben, "er wird auch für eine naturwissenschaftliche Technik kennzeichnend
sein, die von der Logik des Kapitals abgetrennt worden ist" (TuH, 107).
Aus dieser aufwendig hergeleiteten Konstruktion heraus führt Ullrich
nun alle bekannten Erscheinungen der Degradation des Arbeiters im Fabriksystem
der Wert-Ökonomien nicht mehr auf die völlig ausgeblendete Lohnarbeit
zurück, sondern unmittelbar auf das durch die Verwissenschaftlichung
der Produktion gesetzte Naturverhältnis. Die Hierarchisierung des
Produktionsprozesses, die systematische und immer weiter ausgebaute Trennung
von Kopf- und Handarbeit, der Taylorismus usw. werden unmittelbar aus der
verwissenschaftlichten Technologie als solcher und als deren eigenes "notwendiges
Strukturmerkmal" bestimmt: "Die Synthese und Bestimmung der Arbeit durch
einen fremden Willen über die Köpfe der unmittelbaren Produzenten
hinweg ist ein quasi natürliches(!) Strukturmerkmal moderner materieller
Produktion, und für die Stabilisierung und Befestigung dieses Strukturmerkmals
spielt die naturwissenschaftliche Technik eine wesentliche Rolle" (TuH,
116).
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Aus diesen angeblich "natürlichen" Strukturmerkmalen der Naturwissenschaft
und der naturwissenschaftlichen Technik leitet Ullrich schließlich,
gestützt u.a. auf die Arbeiten von L. Mumford, die den Arbeiter degradierende
"große Maschine" ab, deren Urformen er (durch neue falsche Analogieschlüsse)
bis auf die ägyptischen Pharaonen zurückverlegt und in der er
alle typischen Degradationsformen angelegt sieht: "Hohe Arbeitsteilung,
lebenslange Kettung an eine Tätigkeit, straffe hierarchische Autoritätsbeziehungen,
Ausbeutung der Schwächeren, Standardisierung von Produkten und Arbeitsvollzügen,
Auftrennung zwischen Kopf- und Handarbeit, vollkommene Enteignung der Individuen
und Nichtigkeit der Individuen ..." (WN, 49).
Statt der Wert-Ökonomie muß Ullrich so Naturwissenschaft
und Technik als die negative gesellschaftliche Identität des "Realsozialismus"
und des westlichen Kapitalismus behaupten und die Technik als "Trojanische
Maschine" (TuH, 431) der Herrschaft in "nachkapitalistischen" Gesellschaften
bezeichnen; Winfried Thaa gibt ihm darin ausdrücklich recht (HaV,
150) und geht seinerseits davon aus, daß die den Arbeiter degradierende
Arbeitsteilung "in der Konstellation von Techniken versteinert bewahrt"
(HaV, 150) sei. Die angebliche "innere Wertform der Technik" wird so direkt
zur Ursache der Degradation des Arbeiters erklärt; Thaa behauptet,
daß durch die naturwissenschaftliche Technik selbst "in der Produktion
eine DER FORM NACH DESPOTISCHE GESELLSCHAFTLICHKEIT (Hervorheb. Thaa)"
(HaV, 128) entsteht. Auch bezüglich dieser Degradation des Arbeiters
schafft Thaa Verwirrung dadurch, daß er beständig von "Wertabstraktion"
und "wertabstraktiver Gesellschaftlichkeit" redet, in Wirklichkeit aber
eben die abstrakte Naturbeziehung in der von der Warenproduktion abgetrennten
naturwissenschaftlichen Technik meint; er setzt die Hierarchisierung der
Menschen im Arbeitsprozeß sogar ausdrücklich dem kapitalistischen
Verwertungsprozeß äußerlich: "Nun aber schafft sich die
Form der Produktion in den arbeitsteiligen Beziehungen zwischen den Repräsentanten
ihrer wertabstraktiven Gesellschaftlichkeit und den Arbeitern eine neue
soziale Existenz. Und zwar wird die Leitung in der arbeitsteiligen Organisation
zu einer Notwendigkeit der produktiven Tätigkeit selbst ... Entscheidend
ist nun, daß diese hierarchische Gesellschaftlichkeit des Arbeitsprozesses
nicht nur ihren logischen und historischen Ursprung im Verwertungscharakter
der Produktion hat, sondern darüber hinaus EINE EIGENE SOZIALE FORM
DER WERTABSTRAKTIVEN VERSACHLICHUNG DARSTELLT" (HaV, 126f., Hervorheb.
Thaa).
Nun wird natürlich niemand bestreiten, daß jeder KOOPERATIVE
ARBEITSPROZESS auf verschiedenen Ebenen eine "Dirigentenfunktion" (Marx),
eine Leitung etc. voraussetzt. Dies ist selbst-evident, und den Tatbestand
als solchen pejorativ bestimmen wie Thaa und Ullrich hieße nichts
anderes, als gesellschaftlich-kooperative (über handwerkliche Familienbetriebe
hinausgehende) Arbeitsprozesse überhaupt ablehnen (daß Thaa
wie Ullrich zumindest der Tendenz nach tatsächlich in diese Richtung
gehen, soll im letzten Kapitel ausführlich behandelt werden). Aber
nicht im geringsten selbstverständlich und keines-
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wegs direkt aus dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses folgend
ist die lebenslange Subsumtion eines großen Teils der Menschen unter
die rein ausführende Tätigkeit, als "Anhängsel der Maschine"
usw. Aber es ist diese Degradation keine "neue", unmittelbar aus der Technik
"als solcher" folgende soziale Existenz, wie Thaa suggeriert, sondern eben
die der LOHNARBEIT, d.h. dieselbe Erscheinung, die in der Zirkulation als
Warencharakter der Arbeitskraft auftritt, zeigt sich IDENTISCH in der Produktion
selber als SUBSUMTION DES ARBEITERS unter die Teilfunktion, als seine Unterordnung
unter die Logik der abstrakten Arbeit. Aus der produktiven Tätigkeit
als STOFFLICHER geht diese Notwendigkeit nicht im geringsten hervor, vielmehr
aus der Verwandlung dieser stofflich-produktiven in eine wert-produktive
Tätigkeit ("Doppelcharakter der Arbeit"), in der die Arbeiter als
bloße Einheiten der Verausgabung abstrakter Arbeit behandelt werden.
Vom Standpunkt des Kapitals aus und für seinen Zweck besteht der GEBRAUCHSWERT
der "Ware Arbeitskraft", des menschlichen Arbeitsvermögens, nicht
etwa in dessen Fähigkeit zur Herstellung materieller Produkte (diese
erscheinen für das Kapital selber nur als WertTräger), sondern
vielmehr in seiner erzwungenen "Fähigkeit", MEHR WERT ZU PRODUZIEREN,
ALS SEINE EIGENE REPRODUKTION KOSTET: "Der Gebrauchswert des Arbeitsvermögens
ist für es (das Kapital, R.K.) eben der Überschuß der Quantität
Arbeit, die es liefert über die Quantität Arbeit, die in ihm
selbst vergegenständlicht und daher zu seiner Reproduktion erheischt
ist. Sie liefert dieses Quantum natürlich in der bestimmten Form,
die ihr als besondrer nützlicher Arbeit zukommt, als Spinnarbeit,
Webarbeit etc. Aber dieser ihr konkreter Charakter, der sie überhaupt
befähigt, sich in Ware darzustellen, ist nicht ihr spezifischer Gebrauchswert
für das Kapital. Für es besteht dieser in ihrer Qualität
als Arbeit überhaupt und in der Differenz des Arbeitsquantums, das
sie leistet über dem Arbeitsquantum, das sie kostet ... Der kapitalistische
Produktionsprozeß ist daher auch nicht bloß die Produktion
von Waren. Er ist ein Prozeß, der unbezahlte Arbeit absorbiert, Material
und Arbeitsmittel - die Produktionsmittel - zu Mitteln der Absorption unbezahlter
Arbeit macht" (Theorien über den Mehrwert, MEW 26, 376).
Produktiv in diesem Sinne des Kapitals ist aber nur diejenige Arbeit,
die in das Produkt wirklich eingeht und es zum "Wertgegenstand" macht,
zur gesellschaftlich fiktiven "Verkörperung" von "Arbeit überhaupt",
und für das Kapital zu MEHR "Arbeit überhaupt", als es selber
"vorschießen" muß. Dies gilt aber NICHT für den größten
Teil der wissenschaftlichen Arbeit, die getrennt vom Produktionsprozeß
in den Labors, Universitäts-Instituten usw. stattfindet; diese erscheint
für das Kapital als nur stofflich notwendig, im ökonomischen
Sinne aber als "faux frais" (Entwicklungskosten, Kosten für Grundlagenforschung
etc.). Unter dem Diktat des Selbstzwecks der kapitalistischen Produktionsweise
als Verwertung des Werts müssen daher die großen Massen der
Gesellschaft von diesen wissenschaftlichen Potenzen der Gesamtreproduktion
ausgeschlossen und unter die Maschinerie subsumiert werden als deren bloßes
"Anhängsel" und Träger der (Mehr-)Wertproduktion. Nicht aus sich
heraus, sondern einzig und allein aufgrund dieser gesellschaft-
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lich-ökonomischen Logik wird die TECHNIK der verwissenschaftlichten
Produktion zu einer dem Arbeiter fremden und äußerlichen Sache.
Dasselbe gilt für die Leitungsfunktionen im Produktionsprozeß
selbst. Auch deren notwendige Existenz als solche setzt nicht an sich die
totale Subsumtion der Masse der Arbeitenden lebenslang unter diese Funktionen
voraus. Diese Subsumtion ist vielmehr ebenso Resultat des Doppelcharakters
des Produktionsprozesses als stofflicher und als Verwertungsprozeß
wie die Subsumtion unter die Maschinerie; diese Funktionen der Leitung
sind nur produktiv, soweit sie aus den Notwendigkeiten der stofflichen
Produktion hervorgehen, unproduktiv hingegen, soweit sie aus dem Charakter
der Produktion als Verwertungsproduktion und somit aus dem Gegensatz von
Kapital und Arbeit hervorgehen. Sie müssen sich daher ebenso wie die
wissenschaftliche Tätigkeit als begrenzte und ausschließliche
Korporationen unter dem Kommando des Kapitals den Arbeitern gegenüber
verselbständigen: "Die Kollektivkraft der Arbeit, ihr Charakter als
gesellschaftliche Arbeit, ist daher die Kollektivkraft des Kapitals. Ebenso
die Wissenschaft. Ebenso die Teilung der Arbeit, wie sie erscheint als
Teilung der employments und ihnen entsprechender Austausch. Alle gesellschaftlichen
Potenzen der Produktion sind Produktivkräfte des Kapitals und es selbst
erscheint daher als das Subjekt derselben. Die Assoziation der Arbeiter,
wie sie in der Fabrik erscheint, ist daher auch nicht von ihnen, sondern
vom Kapital gesetzt. Ihre Vereinigung ist nicht IHR Dasein, sondern das
Dasein des Kapitals. Dem einzelnen Arbeiter gegenüber erscheint sie
zufällig. Er bezieht sich auf seine eigne Vereinigung mit andren Arbeitern
und Kooperation mit ihnen als fremde, als Wirkungsweisen des Kapitals"
(Grundrisse, 479).
Die "betriebswirtschaftliche" Trennung der gesellschaftlichen Teil-Produktionen
nach außen mit ihrer Logik der gebrauchswertschädlichen Vernichtungsproduktion
ohne Rücksicht auf die stofflichen Verkettungszusammenhänge des
umgeformten Naturstoffs setzt sich also ebenso nach innen fort, als Degradation
des Arbeiters, als Rücksichtslosigkeit gegen sein Dasein als Teil
des Gesellschaftskörpers, als seine Subsumtion unter die Logik der
abstrakten Arbeit als Mehrwertproduktion. Dieses PRODUKTIONSVERHÄLTNIS
hat sein anderes Dasein in der Zirkulation als Warenform der Arbeitskraft
und als Geld-Lohnform der Reproduktion des von den gesellschaftlichen Potenzen
enteigneten Arbeiters. Dieses Produktionsverhältnis und die Warenform
der Arbeitskraft stellen nicht verschiedene, voneinander unabhängige
"Bereiche" des Arbeiterdaseins dar, sondern sind vermittelte Identität,
die Identität seiner Existenz als variables Kapital.
Die Trennung von Produktions- und Vergesellschaftungslogik, die Mystifizierung
der gesellschaftlichen Produktionsbeziehung zur abstrakten Naturbeziehung
aber führt gerade zur Trennung und Leugnung dieses Zusammenhangs in
der Degradation des Arbeiters und seiner Unterordnung unter die Hierarchisierung
der sozialen Beziehungen in der Wert-Ökonomie; so behauptet Thaa,
"daß sich die sozialen Verhältnisse innerhalb des kapitalistischen
Produktionsprozesses von der Warenförmigkeit in der Zirkulationssphäre
gründlich unterscheiden ..., daß die herrschaftlichen Verhältnisse
in der Produktion,
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genauer: die funktionalen Hierarchien der vertikalen Arbeitsteilung,
eine Form der realen Versachlichung der Arbeit darstellen und deshalb,obwohl
nicht warenförmig, doch als Wertverhältnisse zu verstehen sind"
(HaV, 153). Allen Ernstes soll sich also für Thaa der Lohnarbeiter
in zwei völlig verschiedene Wesen aufspalten, die Warenförmigkeit
seiner Arbeitskraft als solche überhaupt nichts zu tun haben mit seiner
Degradation im Arbeitsprozeß; das "nicht warenförmige Wertverhältnis",
die phantastische "innere Wertform der Technik" soll sich also direkt in
der Degradation des Arbeiters bewahrheiten. Warum aber muß dann die
Arbeitskraft überhaupt "außerhalb" der Produktion Warencharakter
annehmen? Allen Leugnungs- und Verschleierungsversuchen zum Trotz tut sie
dies ja auch in den Wert-Ökonomien der sowjetischen Produktionsweise;
auch dort wird die Arbeitskraft zwecks Akkumulation von abstraktem Reichtum,
Erwirtschaftung von Devisen etc. der Geld-Lohnform (inclusive Arbeitsvertrag,
Arbeitsrecht usw.) in ihrer Reproduktion unterworfen und damit im Produktionsprozeß
der Logik der abstrakten Arbeit, also unter Degradation des Arbeiters und
seinem Ausschluß von den wissenschaftlichen Potenzen der gesellschaftlichen
Gesamtreproduktion. Die absurde Aufspaltung der Gesellschaftlichkeit in
zwei völlig getrennte "Parallelwelten" von Zirkulation und Produktion
löscht diesen notwendigen Zusammenhang systematisch aus.
Ullrich und Thaa können sich mit ihrer Mystifizierung allerdings,
darauf habe ich schon hingewiesen, durchaus auf die verkürzte Sichtweise
des traditionellen Marxismus stützen. So spricht Thaa interessiert
von einer "im Marxismus - und keinesfalls nur da - vorherrschenden Tradition,
den Herrschaftscharakter der vom Kapitalismus hervorgebrachten Produktionsweise
wesentlich als Aneignungsverhältnis zu bestimmen" (HaV, 154). Zur
Illustration dieser dem Produktionsprozeß äußerlichen
Eigentums- und Verteilungsbeschränktheit dient ihm die Definition
von Herrschaft bei dem "traditionellen" Marxisten Werner Hofmann in dessen
1969 erschienener Arbeit "Grundelemente der Wirtschaftsgesellschaft": "Unter
Herrschaft sollte ... etwas sehr bestimmtes verstanden werden: nämlich
ein GRUNDVERHÄLTNIS der Gesellschaft, das gekennzeichnet ist durch
die ANEIGNUNG FREMDER ARBEITSLEISTUNG DURCH NICHTARBEITENDE, und zwar aufgrund
von Herrengewalt an den entscheidenden Produktionsmitteln" (zit. nach HaV,
154, Hervorheb. W. Hofmann). Thaa moniert demgegenüber zu Recht, daß
durch die bloße "Gegenüberstellung von Arbeitenden und nichtarbeitenden
Aneignern die soziale Organisation im Innern des Produktionsprozesses von
vornherein als herrschaftsfrei gesetzt (wird). Hofmanns Definition kann
die Kommandoverhältnisse im Produktionsprozeß, in denen ja der
Kommandierende durchaus eine produktive Funktion wahrnimmt ..., wo also
das Verhältnis zum Untergebenen trotz eventueller Lohndifferenzen
im Kern kein Aneignungs- sondern ein Arbeitsteilungsverhältnis darstellt,
nicht als herrschaftlich begreifen" (HaV, 154). Und triumphierend kann
Thaa die begriffliche Verkürzung bei Hofmann feststellen: "Es liegt
auf der Hand, daß eine derartige Herrschaftsdefinition der tatsächlich
die Form von Aneignungsbeziehungen tragenden Zirkulationssphäre der
bürgerlichen Gesellschaft ver-
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haftet bleibt, gegen die sie die unbezahlte Mehrarbeit des Proletariats
einklagt" (HaV, 154f.). Thaa merkt aber gar nicht, daß er damit indirekt
auch seine eigene, bloß spiegelverkehrte Beschränktheit und
Verkürzung des Kapitalverhältnisses angreift. Denn nicht nur
bei Hofmann, sondern auch bei Ullrich und Thaa selber wird ja durch die
verkürzende soziologistische Sichtweise der Selbstzweckcharakter kapitalistischer
Produktionsweise, d.h. das übergreifende dingliche "automatische Subjekt"
des Werts ausgeblendet. Gerade dadurch aber erscheint der Charakter kapitalistischer
Aneignung bei Hofmann auf die Zirkulationssphäre beschränkt,
während Ullrich und Thaa, diese Beschränkung bestätigend,
die "eigentliche" Produktionssphäre von dieser Aneignung GETRENNT
setzen, als abstraktes Naturverhältnis, dessen "eigenständiger"
Herrschaftscharakter in der Degradation des Arbeiters der Herrschaftslogik
der Naturwissenschaft in ihrer Naturerkenntnis entspringe. Beide Seiten,
sowohl traditionelle Marxisten wie Produktivkraftkritiker, vergessen, worin
der kapitalistische Aneignungsprozeß wirklich besteht,WAS eigentlich
"angeeignet" wird. Die Beschränkung des Aneignungs-Begriffs auf die
Zirkulationssphäre ist in doppelter Weise falsch: zum einen ganz platt
deswegen, weil in der Zirkulation überhaupt keine Aneignung stattfindet,
sondern nur ein TAUSCH VON ÄQUIVALENTEN. Das zu Tauschende muß
also schon vorher angeeignet worden sein, entweder vermittels eigener Arbeit
oder durch Ausbeutung fremder Arbeit. Insofern behält selbst Hofmann
in seiner Verkürzung noch recht gegenüber Ullrich und Thaa, die
Zirkulation und Distribution nicht unterscheiden können und übersehen,
daß die Aneignung des Mehrprodukts aufgrund des Privateigentums an
gesellschaftlichen Produktionsmitteln bereits vor der Zirkulation der Produkte
stattfindet (in den sowjetischen Produktionsweisen nimmt der Staat als
verselbständigte Korporation gegenüber den Produzenten diese
formelle Rolle des Privateigentümers ein).
Aber auch dieser richtig bestimmte Aneignungsbegriff bleibt als formelle
Bestimmung dem realen ANEIGNUNGSPROZESS noch äußerlich. Angeeignet
werden ja nicht eigentlich die dinglichen Produkte der Produktion, die
als solche nur GEBRAUCHSWERTE darstellen. Angeeignet wird in Wahrheit die
ARBEIT SELBST, als abstrakte Arbeit, als Wert; darauf deutet ja auch Hofmanns
Formulierung von der "Aneignung fremder Arbeitsleistung" hin, ohne daß
der traditionelle Marxismus allerdings den wahren Gehalt dieser Worte zu
erfassen vermag. Die wirkliche Aneignung der Arbeit findet im Produktionsprozeß
statt, in seiner Gestalt als WERTBILDUNGSPROZESS, deren gespenstische abstrakte
Gegenständlichkeit stofflich in der Vernichtungsproduktion aufscheint
ebenso wie in der Degradation des Arbeiters, der auf seine "wertbildende"
abstrakte Funktion reduziert wird. Die VERGEGENSTÄNDLICHUNG dieser
abstrakten Arbeit, "Arbeit als solcher", ist eine real werdende GESELLSCHAFTLICHE
FIKTION, die den dinglichen Produkten als solchen nicht anzusehen ist,
sondern eben erst in der Zirkulation als dingliche REALABSTRAKTION DES
GELDES zu sich kommt. Deswegen kommt auch der reale Aneignungsprozeß
in der Produktionssphäre erst in der Geldform der Zirkulationssphäre
zu sich; an der Oberfläche er
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scheint dies als Notwendigkeit, den "Mehrwert" zu "REALISIEREN", d.h.
die im Mehrprodukt fiktiv vergegenständlichte Mehrarbeit in Geld zu
verwandeln. Die an sich absurde, "verrückte" Form der Aneignung von
"Arbeit" statt von Gebrauchswerten, die durch den flüssigen Prozeß
der Arbeit erzeugt wurden, wird nur möglich durch die logische Verschränkung
von Produktion und Zirkulation, durch die dingliche Erscheinung der abstrakten
Arbeit in der Zirkulation als Geld. Diese vermittelte Identität ist
weder den traditionellen Marxisten noch den Produktivkraftkritikern klar,
weil sie den fiktiven, "verrückten" Charakter des "Werts" nicht kritisch
durchschauen, sondern rein definitorisch-ontologisch als fertige, feste,
unabänderliche Tatsache positivistisch hinnehmen. Statt das Geld in
der kapitalistischen Reproduktion als die dingliche Erscheinung der Aneignung
fremder Arbeit IM PRODUKTIONSPROZESS zu begreifen, muß es so als
bloßes Ding, als "Instrument" der Zirkulation mißverstanden
werden. Die wirkliche Aneignung von Arbeit kann nur im Wertbildungsprozeß
der Produktion selber stattfinden, und eben diesem Charakter der Produktion
als Wertbildung entspringt die Degradation des Arbeiters ebenso wie die
spezifische dinglich-technologische Struktur der Produktionsmittel, bis
hin zur Vernichtungsproduktion. Das den Arbeiter zum bloßen Wertbildungs-Atom
degradierende "Arbeitsteilungsverhältnis" in der gesellschaftlichen
Gesamtreproduktion ist so selber das eigentliche Aneignungsverhältnis,
wobei sowohl die "Offiziere und Unteroffiziere" des unmittelbaren Produktionsprozesses
wie die Wissenschaftler, das Management usw. nur die FUNKTIONÄRE des
"automatischen Subjekts" darstellen, des sich verwertenden Werts als Selbstzweck
der kapitalistischen Produktionsweise. Die Zurückführung der
Degradation des Arbeiters auf das abstrakte Naturverhältnis und den
absurden "Herrschaftscharakter" der Naturerkenntnis "als solcher" beruht
daher auf derselben verdinglichten Begriffsbildung, wie sie den traditionellen
zirkulativ bzw. distributiv verkürzten, wertfetischistischen "Aneignungs"-Marxismus
auszeichnet, der seine eigenen Begriffe nicht begreift.
4. Dürftige Moral und Moral der Dürftigkeit: Konsequenzen
der Produktivkraftkritik
Der als anthropologische Konstante verstandene Entfremdungs-Begriff
und lebensphilosophisch gefärbter Kulturpessimismus, resultierend
aus der Ableitung von gesellschaftlicher "Herrschaft" aus der abstrakten
Naturbeziehung, haben die originale Kritische Theorie und ihre späteren
Vertreter emanzipationstheoretisch verstummen und in offene Resignation
münden lassen. Horkheimer, Adorno, Marcuse und ihre (wenigen) authentischen
Nachfahren konnten und wollten aus den Antinomien ihrer Theorie keine platten
"praktischen" Konsequenzen ziehen. Anders die heutigen Produktivkraftkritiker,
die vom begrifflichen Apparat der Kritischen Theorie nur noch die für
ihre Zwecke brauchbaren Teile ausschlachten und das reaktionäre lebensphilosophische
Moment daher auch viel stärker betonen (offenbar ohne sich über
die historischen Wurzeln völlig im Klaren zu sein). Ihr aus der 68er
Bewegung ererbter Impuls, auf jeden Fall "praktisch" werden und sich
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politisch vermitteln zu müssen, verleitet sie dazu, den produktivkraftkritischen
Ansatz bis zu handlungsorientierten gesellschaftspolitischen Konzeptionen
auszubauen. Nirgendwo werden aber die logischen und analytischen Schwächen,
die letztlich reaktionäre Tendenz der Produktivkraftkritiker so deutlich
wie in ihren quasi-programmatischen Versuchen, auf die ich nun abschließend
eingehen will. Dabei sollen auch die sozialen Grundlagen dieses Denkens
bis zur Kenntlichkeit enthüllt werden.
a) Entgesellschaftung und Warenfetisch: "Small is beautiful"
Sowohl bei Ullrich wie bei Thaa ist die gesellschaftliche Realabstraktion
des Geldes aus der Schußlinie der Kritik genommen und zur sekundären,
"unwichtigen" und im Realsozialismus angeblich gar nicht mehr dominierend
vergesellschaftenden "Bereichslogik" eines nachgeordneten "Subsystems"
erklärt worden. Ebenso haben beide Produktivkraftkritiker die abstrakte
Naturbeziehung und damit Naturwissenschaft und Technik "als solche" zur
eigentlichen und primären Grundlage von "Herrschaft" verbogen und
zurechtgestutzt. Ich habe bisher nur nachgewiesen, daß damit der
Kern der Wertabstraktion und aller daraus folgenden gesellschaftlichen
und natürlichen Konsequenzen verfehlt wird. Da es sich jedoch bei
der Produktivkraftkritik heute keineswegs bloß um die logisch-begrifflichen
Fehler einzelner Theoretiker, sondern um einen breiten und mächtigen
Strom gesellschaftlicher Ideologie handelt, ist über die wissenschaftliche
Kritik der bloßen Inhalte hinaus auch deren sozial-historische Grundlage
herauszuarbeiten.
Das Vorbeizielen an der konkreten Kritik des Geldes legt den Schluß
nahe, daß die von Thaa wie Ullrich gegen die "Versachlichungspotenzen"
von Naturwissenschaft und Technik beschworene Subjektivität und Individualität
in letzter Instanz nichts anderes darstellt als die ABSTRAKTE PRIVATHEIT
des waren- und geldbesitzenden abstrakten, d.h. BÜRGERLICHEN Individuums.
An dieser Problematik ist ja auch bereits die alte Kritische Theorie von
Horkheimer, Adorno und Marcuse gescheitert, die am entscheidenden Nervenpunkt
eben gerade nicht über den traditionellen Marxismus der alten Arbeiterbewegung
hinauszukommen vermochte. Auch der Lohnabhängige ist als "Warenbesitzer"
seiner Arbeitskraft ein bürgerliches Individuum und insofern dessen
auf die Logik des Geldes verpflichteter Ideologiebildung ausgeliefert;
eine Sprengung dieses Zusammenhangs wäre nur möglich durch die
konkrete Kritik der abstrakten Arbeit in ihrer Totalitätsform von
Produktion und Zirkulation. Die lebensphilosophische "Naturalisierung"
des Wertverhältnisses bietet nun in ihren zahlreichen Schattierungen
dem bürgerlichen Individuum ebenso zahlreiche Möglichkeiten,
die Konsequenzen kapitalistischer Vergesellschaftungs-Logik zu kritisieren
und zu bekämpfen, ohne doch den Boden der abstrakten Geld-Subjektivität
wirklich zu verlassen. Die ideologischen Konstrukte der Produktivkraftkritik
wären so als aufwendiges Ausweichmanöver des wertfetischistischen
Bewußtseins zu erklären. Das offen oder klammheimlich auf seiner
abstrakten Privatheit beharrende bürgerliche Subjekt kann (und muß)
auf einer zweiten
65
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Ebene der Fetischisierung die Mächte der negativen, wert-ökonomischen
Vergesellschaftung in ihrer toten Sachlichkeit und Gegenständlichkeit
unvermittelt attackieren. So gesehen handelt es sich aber bei der Beschönigung,
Vertuschung und Verkleisterung des Geldes als der Realgestalt der Wertabstraktion
kaum um ein bloßes Mißverständnis. Das Geld ist ja die
dingliche Inkarnation jener Privatheit oder (abstrakten) Subjektivität,
die um jeden Preis gegen ihre eigenen Konsequenzen verteidigt werden soll,
weil anders keine Selbstbehauptung des Individuums möglich scheint.
Der zunächst geheime Sinn der theoretischen Trennung von Produktions-
und Vergesellschaftungslogik, von toter technisch-wissenschaftlicher Maschinerie
und "Warenverkehr" kann von daher entschlüsselt und auf eine Formel
gebracht werden, die den ewigen Wunschtraum des abstrakten Ware-Geld-Subjekts
ausdrückt: die nicht anders als in ihrer Verkehrung denkmöglich
erscheinende Vergesellschaftung soll die Schmerzgrenze der geldvermittelten
Privatheit nicht verletzen, die Produktivkräfte den Horizont der Warenproduktion
nicht überschreiten dürfen. Die Vermeidung einer Identitätskrise
des Geld- bzw. Lohn-Individuums um jeden Preis, d.h. die geradezu hysterische
Abwehr auch nur des Gedankens einer Revolution über den Tauschwert
hinaus, dies ist das wahre Credo der Produktivkraftkritik.
Um der Verewigung der Warenproduktion willen sollen die Produktivkräfte
und damit wissenschaftliche Naturerkenntnis und Technik auf "kleiner Flamme"
gehalten werden. "Klein" ist dabei buchstäblich zu verstehen. Wie
sein Gewährsmann Mumford rennt auch Don Quichotte Ullrich gegen die
negative Vergesellschaftung in ihrer windmühlenhaften Fetischgestalt
als "Große Maschine" an; so wettert er gegen die "zentral steuerbare
Groß-Produktions-Maschine" (WN, 32), gegen "das immer höher
integrierte Organisationswesen der modernen Gesellschaft" (WN, 32), gegen
die "ganze Territorien überziehenden Netzapparaturen des Transports,
der Kommunikation, der Kanalisation(!) und der Kraft-, Licht- und Wasserversorgung"
(WN, 33), nachdem er schon vorher das im Kommunistischen Manifest kühl
benannte "unbarmherzige Zerreißen der menschlichen Bande" (WN, 29)
gegeißelt hatte. Es lebe das Plumpsklo im Hof und die bucklige Blutsverwandtschaft!
Oder auf gut deutsch: "Small is beautiful"!
Aber nicht nur die schiere "Größe", die angeblich die "menschlichen"
(i.e. Waren-) Proportionen übersteigt, ist den Produktivkraftkritikern
an der verwissenschaftlichten Produktion ein Dorn im Auge, sondern gleichzeitig
die aus dieser "Größe" und "Unüberschaubarkeit" abgeleitete
(bürokratische) "Zentralmachtorientierung". So die eigentümliche
Staatsableitung bei Ullrich, die den modernen Staat folgerichtig nicht
mehr aus den Antinomien der Warenform erklärt, sondern unmittelbar
aus der toten technologischen Gegenständlichkeit: "Eine weitere zentralisierte
'Netzapparatur', die ebenfalls ein Kennzeichen des Industriesystems ist
und in ihm an Umfang zunimmt, ist die Staatsmaschine. Wenn auch ... Marx
noch glaubte, daß der Staat bei entfalteten Produktivkräften
überflüssig würde, ist es heute offensichtlich, daß
eine zentralisierte Groß-Produktions-Organisation und Großvernetzung
der Gesellschaft einen zentralisierten, bürokratisierten Staat in
West und Ost gleichermaßen notwendig
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macht" (WN, 33). Der Vergesellschaftungsprozeß soll also deswegen
an sich prinzipiell von Übel sein, weil es sich dabei immer nur um
"eine zentralmachtorientierte Vergesellschaftung" (WN, 34) handeln könne.
Auch in diesem Punkt stimmt Thaa völlig mit Ullrich überein:
"Die Vergesellschaftung, die der technisierten Produktion entspricht, ist
deshalb extrem zentralmachtorientiert. Im Idealfall sind die Teilprozesse
vollkommen determiniert durch die vorgegebenen Normen der Zentrale. An
den einzelnen Stellen des Gesamtsystems kann weder der Sinn der Tätigkeit
- zumindest nicht unmittelbar - eingesehen, noch die Zweckmäßigkeit
des Verfahrens beurteilt werden. Beides erfordert die 'höhere Warte'
der Zentrale" (HaV, 144).
Die Produktivkraftkritiker bringen hier durcheinander, was überhaupt
durcheinanderzubringen ist. Von einer wirklichen gesellschaftlichen "Zentralisierung"
kann auf der Basis einer Wert-Ökonomie überhaupt nie die Rede
sein. Die gesellschaftliche Realexistenz der Wertabstraktion impliziert,
in welchen spezifischen Formen auch immer, den "Warentausch" und damit
eine "Zirkulationssphäre", d.h. aber VONEINANDER GETRENNTE ÖKONOMISCHE
EINHEITEN. Deren Beziehung zueinander kann, selbst bei noch so hochorganisierter
bürokratischer Regulierung (durch den Staat), immer nur eine INDIREKTE
sein, was durch die Existenz des Geldes als allgemeiner Verkehrsform bestätigt
wird. Die innere Produktionslogik dieser ökonomischen Einheiten (Betriebe,
Konzerne, Korporationen) ist und bleibt daher in West und Ost gleichermaßen
eine GETRENNTE, "BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE". Gleichzeitig aber hebt der Verwissenschaftlichungsprozeß
der Produktion diese betriebswirtschaftliche Trennung im stofflichen Sinne
auf, d.h. er führt zu einer allseitigen technologischen "Vernetzung"
der Gesellschaft. Unter dem Diktat der Wertabstraktion bleiben aber die
Menschen durch das Geld voneinander getrennt, diese Trennung verschärft
sich durch den "verkehrten", negativen Vergesellschaftungsprozeß
des Werts sogar zunehmend mit seiner Verallgemeinerung ("Monetarisierung
der Welt"). VERGESELLSCHAFTET WERDEN DIE TOTEN SACHEN, NICHT DIE MENSCHEN
SELBER. Wie schon ihre bürgerlichen lebensphilosophischen Vorläufer
sehen die Produktivkraftkritiker zwar den Entleerungsprozeß der menschlichen
Individuen und die Schein-Verlebendigung der toten Dinge, aber sie ziehen
die verkehrten Schlußfolgerungen, weil sie über die gesellschaftliche
Verkehrtheit des Werts nicht hinausdenken können.
Soweit also auf der Ebene der gesellschaftlich-ökonomischen Grundbeziehung
von einer "Zentralisierung" die Rede sein kann, bezieht sie sich zunächst
immer nur auf die einzelnen, voneinander getrennten (und eben nicht wirklich
zentralisierten) Einheiten selber. Diese sind NACH INNEN sehr wohl zentralisiert,
einem einheitlichen Willen unterworfen, nämlich dem des kommandierenden
Geldkapitals (dessen formverschiedene Existenz im Osten nichts an der gesellschaftlichen
Grundbeziehung ändert); dabei sind menschliche Individuen nichts weiter
als "Funktionäre des Werts" (Marx), d.h. der Selbstbewegung des Verwertungsprozesses.
Diese "Zentralmacht" innerhalb der Basis-Einheiten der Wertökonomie
aber ist ja, wie sich schon anhand der Frage der Degradation des Arbeiters
im Produktionsprozeß ge-
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zeigt hat, in Wahrheit nicht dem stofflichen Verwissenschaftlichungsprozeß
geschuldet, sondern eben der "betriebswirtschaftlichen" Logik der Wert-Produktion,
die alle im wertmäßigen Sinne "unproduktiven" Funktionen zu
minimieren sucht und diese daher auf gesonderte und ausschließliche
Korporationen hierarchisierend überträgt, um die Lebenszeit der
tatsächlichen Wert-Produzenten mit optimaler "Rationalität" als
Verausgabungsprozeß abstrakter Arbeit organisieren zu können.
Die "Zentralmachtorientierung" NACH INNEN kommt also aus DEMSELBEN Grund
zustande, aus dem heraus die Betriebe usw. NACH AUSSEN eben in letzter
Instanz gerade NICHT "zentralisiert" sind. Was die Sowjet-Ökonomie
betrifft, so genügt ein Blick auf den ökonomischen Inhalt der
Reformdebatten unter Gorbatschow, um zu begreifen, daß das Hauptproblem
die nicht genügende "Effizienz" der betriebswirtschaftlichen Führung
im Sinne der Wert-Ökonomie ist. Hieraus erklärt sich übrigens
eine im Westen meist übersehene Erscheinung: je "zentralisierter"
scheinbar die Wert-Ökonomie als Ganzes ist, d.h. je mehr die nach
wie vor betriebswirtschaftlich getrennten Produktionsprozesse einer bürokratischen
äußerlichen Regulierung des "geplanten Marktes" unterliegen,
desto weniger "zentralmachtorientiert" sind auch die einzelnen Betriebe
nach innen. Zu den beklagten Erscheinungen gehört z.B., daß
die Arbeiter als Wert-Produzenten nach Lust und Laune krank feiern, aus
rein persönlichen Gründen vor dem offiziellen Arbeitsschluß
nach Hause oder während der Arbeitszeit zum Einkaufen gehen usw. Die
vielbeklatschte ökonomische DEZENTRALISIERUNG und daraus folgende
"DEMOKRATISIERUNG" der sowjetischen Gesellschaft dürfte daher eine
vornehm verschwiegene Kehrseite haben: die umso schärfere betriebswirtschaftliche
"Zentralmachtorientierung" der Produktionseinheiten NACH INNEN. Wie in
jeder Demokratie sollen die wirklichen ökonomischen Grundlagen, die
optimale Rationalität der Wert-Produktion, durchgesetzt und also die
Arbeiter in ihrem wirklichen Lebensprozeß an die Kandare genommen
werden. Dafür dürfen sie dann auch viel "freier" als bisher ihr
Kreuzchen bei Wahlen machen.
Begrifflich getrennt werden muß der STAAT als besondere Erscheinungsform
der WertÖkonomie, während Ullrich und Thaa alle negativen gesellschaftlichen
Erscheinungen völlig begriffs- und unterschiedslos auf eine allgemeine
"Groß-Technologie" und "Zentralmacht-Vergesellschaftung" zurückführen.
Der Staat kann in Wirklichkeit die vom Wert erzwungene Trennung der Betriebe
usw. nicht durch "Zentralisierung" aufheben. Er ist selber eine Ausgeburt
dieser Trennung, soweit vom modernen Staat die Rede ist. Die Logik des
Werts ist so absolut blind gegenüber menschlichen Bedürfnissen,
daß sie als alleiniges Vergesellschaftungsprinzip zum schnellsten
Zusammenbruch der Reproduktion führen müßte, zum Kampf
aller gegen alle, zur Verwahrlosung und Zerstörung vieler notwendiger
Momente der Reproduktion, die nicht unmittelbar betriebswirtschaftlich
"rentabel" betrieben werden können usw. Dies gilt umso mehr, je höher
der stoffliche Verwissenschaftlichungsprozeß fortgeschritten ist
und in immer schreienderen Widerspruch tritt zur Wertabstraktion, die sich
gleichwohl gerade durch denselben Prozeß verallgemeinert. Um die
allgemeinen und äußeren Reproduktionsbedingungen zu sichern,
ist daher auch die Absonderung einer Instanz des "All-
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gemeinen" notwendig, die aber auf der Wert-Basis notwendig ein "abstrakt
Allgemeines" bleibt. Mit anderen Worten: es tritt das Paradox ein, daß
die ALLGEMEINHEIT der Gesellschaft sich dieser gegenüber als ein BESONDERES
verselbständigt, also in Form einer besonderen Korporation auftritt.
Jedem einzelnen Staatsbürger tritt in seinem wirklichen, vom Wert
diktierten Lebensprozeß seine eigene gesellschaftliche Allgemeinheit
als ein besonderer Apparat, als Staatsapparat eben, fremd und äußerlich
gegenüber (Polizei, Bürokratie usw). Und je höher der stoffliche
Vergesellschaftungsprozeß fortschreitet, desto mehr muß dieser
besondere Apparat der abstrakten Allgemeinheit institutionell und regulierend
in Erscheinung treten ("Gesetz der zunehmenden Staatsquote" am Bruttosozialprodukt).
Aber diese reale Abstraktion der Allgemeinheit, die der realen Abstraktion
der gesellschaftlichen Arbeit als GELD entspricht als ihr Zwilling (Geld
und Staat bedingen sich gegenseitig als Realabstraktionen der negativen
Gesellschaftlichkeit), kann der wertmäßigen Reproduktion immer
nur äußerlich und mit deren eigenen Mitteln gegenübertreten.
Der Staat muß die Gesellschaft nach außen vertreten, aber eben
als Verkörperung einer wertabstraktiven National-Ökonomie anderen
ebensolchen gegenüber und den blinden Gesetzen des Werts unterworfen.
Der Staat muß die Gebrechen, Übel und Verheerungen, die von
der Wert-Ökonomie nach innen angerichtet werden (Arbeitslosigkeit,
Verwahrlosung, Kriminalität, Krankheit usw.) und die sich nicht rein
betriebswirtschaftlich "behandeln" lassen, recht und schlecht verwalten
und reparieren; aber er kann dies selber nur mittels des Geldes als allgemeiner
Verkehrsform tun und gerät dabei mit zunehmender Vergesellschaftung
auch zunehmend in Schwierigkeiten (Staatsverschuldung, Privatisierungs-Diskussion).
Der Staat muß immer mehr unverzichtbare Momente der stofflich vergesellschafteten
Produktion (Energieversorgung, allgemeine Transportsysteme, Institutionen
der Infrastruktur usw.) direkt in eigene Regie übernehmen, weil sie
nicht in ihrer Existenz völlig der betriebswirtschaftlichen Rentabilität
überlassen werden dürfen ohne Gefahr eines Zusammenbruchs der
Produktion überhaupt; aber trotzdem muß er auch selber im betriebswirtschaftlichen
Sinne, d.h. wert-ökonomisch wirtschaften, woraus sich neue Widersprüche
ergeben. Kurz: die "Zentralmachtorientierung" des Staatsapparats ist erstens
selber eine Ausgeburt der Warenproduktion (im Osten wie im Westen) und
daher nicht Ausdruck einer tatsächlich realen gesellschaftlichen Zentralisierung,
sondern des genauen Gegenteils; zweitens aber ist die reale Zentralisierung
dieses Apparats den abstrakten Staatsbürger-Individuen gegenüber
ebenso eine Funktion des im Geld zu sich kommenden Werts wie die Zentralisierung
auf betrieblicher Ebene den Arbeitern gegenüber. Die Ableitung der
Produktivkraftkritiker bleibt demgegenüber plump und begriffslos.
Tatsächlich könnte die stofflich-technologische gesellschaftliche
"Zentralisierung" an sich selber kein Übel sein, wenn die gesellschaftlichen
Individuen sie unter sich subsumieren könnten anstatt umgekehrt unter
sie subsumiert zu werden. Ich möchte nur kurz am Beispiel des "zentralistischen"
Kommunikationssystems "Große Tageszeitung" (BILD-Zeitung z.B.) erläutern,
wie wenig die Subsumierung der Individuen unter eine solche "Zentralmacht"
un-
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mittelbar von deren purer "Größe" und "Zentralisierungsfunktion"
bedingt ist. Daß ein derart großes Vernetzungs-System auf einer
bestimmten Ebene tagtäglich Kommunikation von Flensburg bis Rosenheim
ermöglicht, wäre ja rein stofflich gesehen ein großer Vorteil,
wenn es sich darum handeln würde, einfach Informationen über
Geschehnisse, Meinungen usw. auszutauschen, eine allgemeine Debatte über
gemeinsame Probleme zu führen usw. Aber dafür wird bekanntlich
ein solches Kommunikationssystem nicht benutzt. Warum nicht? Warum wird
es zu einer kommunikativen "Einbahnstraße", über die nichts
als sensationelle Verzerrung der Wirklichkeit und Desinformation verbreitet
werden? Der altgediente Hinweis auf das formelle Privateigentum hilft
da nicht weiter, solange dieses Privateigentum eben nur formell verstanden
wird. Das Kommunikationssystem "große Tageszeitung" ist wie alle
anderen gesellschaftlichen Institutionen in die verselbständigte Wert-Reproduktion
eingebunden, auf deren Boden es keine direkte menschliche Debatte und Verständigung
über die gemeinsamen Angelegenheiten geben kann. Da nicht die Menschen
selber, sondern die toten Sachen vergesellschaftet sind, ist das Kommunikationssystem
nicht nur selber als Einheit von Verwertung des Werts der Form nach organisiert,
sondern auch die transportierten Inhalte der Kommunikation tragen das Kainsmal
der verschiedenen Fetischgestalten des gesellschaftlichen Lebens, die alle
ihrerseits wieder getrennte Korporationen darstellen. Sowohl der Form wie
dem Inhalt nach tritt also das Kommunikationssystem dem einzelnen Individuum
in seiner Doppeleigenschaft als abstrakter Funktionär des Geldes und
als abstrakter Staatsbürger äußerlich, fremd, getrennt
und selber abstrakt gegenüber wie alle anderen Formen menschlichen
Verkehrs auch. Das Individuum erlebt das Kommunikationssystem Zeitung nicht
als direktes Moment seiner eigenen Gesellschaftlichkeit, an dem es lebendigen
Anteil hat, sondern als totes Konsumprodukt, das als solches eine Wertgegenständlichkeit
besitzt und einen in Geld ausgedrückten Preis hat wie alle anderen
Waren. Nur auf dieser Schiene des abstrakten Tauschakts findet die reale
Verbindung des Individuums mit dem Kommunikationssystem statt. Was danach
noch kommt ist der gleichgültige Akt des Konsums, in dem das tote,
ausgestoßene Produkt des Kommunikationssystems auch bloß die
Funktion eines Einwickelpapiers übernehmen könnte. Anders als
totes, fremdes Konsumprodukt kann das System Zeitung auch im inneren Lebensprozeß
des abstrakten Individuums gar nicht in Erscheinung treten; dafür
hätte es gar keine Zeit. Da die Lebenszeit des Lohnarbeiters unter
den Verausgabungsprozeß abstrakter Arbeit subsumiert ist, besitzt
er weder die inhaltliche Kompetenz noch den formalen Zugang zur Informationsverarbeitung,
die nötig wäre, um eine Erörterung der allgemeinen Angelegenheiten
leisten zu können. Dafür steht ihm kein Zeit-Fonds in seinem
Lebensprozeß zur Verfügung; stattdessen gibt es "Spezialisten",
Politiker, Wissenschaftler, Künstler usw., während das Kommunikationssystem
selber wiederum von anderen Spezialisten in Gang gehalten wird. Für
das unmaßgebliche Meinungsgeschwätz der Masse von Inkompetenten
genügt dann die Spielwiese und kommunikative Hyde-Park-Ecke der Leserbriefe
(oder der berüchtigten Telefon-Kommunikation im Idiotenfunk, die ebenfalls
kommunikative Teilhabe suggeriert). Letztlich besteht so für den
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Konsumenten des Systems Zeitung die Funktion des Produkts gar nicht
in der Kommunikation hinsichtlich seiner eigenen Gesellschaftlichkeit,
sondern in seiner weiteren Zurichtung als Produzent und Konsument der Wert-Ökonomie:
Die Sensationen und grellen Desinformationen dienen seiner einsamen Zerstreuung
und Aufputschung, damit die grauenvolle Öde und Leere seines Reproduktionsprozesses
erträglicher wird, die überflutende Werbung der Kanalisation
seiner Kaufkraft.
Wie mit dem Staat und den Kommunikationssystemen, so verhält es
sich auch mit allen anderen "großen" gesellschaftlichen Vernetzungs-Zusammenhängen,
die allesamt in ihrer Fetischgestalt als Momente der Wert-Reproduktion
immer bedrohlicher erscheinen müssen. Es ist schon eine Zumutung,
wenn Ullrich Marx die naive Auffassung unterstellt, mit zunehmenden Produktivkräften
werde der Staat von selber überflüssig werden. Bei Marx liegt
allerdings die "Kleinigkeit" einer Revolution gegen die Wert-Ökonomie
dazwischen. Solange die Vergesellschaftungsform über die Wertabstraktion
nicht von den Menschen abgeschüttelt worden ist, werden alle Stufen
der Produktivkraftentwicklung automatisch zu ebensovielen Stufen einer
Aufblähung der abstrakten Allgemeinheit des Staatsapparats und einer
verstärkten Entleerung und Nichtigkeit des Individuums gegenüber
den toten "Zentralmächten" seiner eigenen Gesellschaftlichkeit. Da
Ullrich und Thaa die Logik des Geldes in einen nicht als wesentlich erachteten
Sekundär-"Bereich" verbannt haben, bleiben sie auch total unfähig,
den gesellschaftlichen Grund der "Zentralmachtorientierung" zu verstehen.
"Klein" gegen "groß", "dezentral" gegen "zentral" - die extreme
Dürftigkeit dieser Gesellschaftskonzeption verweist schon darauf,
daß nur eine Abstraktion gegen eine andere ausgetauscht und der Boden
der Warenproduktion nicht verlassen worden ist, Eine wirklich gebrauchswertorientierte
Reproduktion wird die Frage nach "kleinen" oder "großen", nach "zentralisierten"
oder "dezentralen" Zusammenhängen mit großer Selbstverständlichkeit
vom STOFFLICHEN INHALT und dessen sinnvoller Vernetzungs-Reichweite abhängig
machen, d.h. unter Abwägung qualitativer Bedürfnisse und stofflicher
Verkettungs-Zusammenhänge. Natürlich ist es eine himmelschreiende
Verrücktheit, wenn z.B. die Produktion von Radieschen ökonomisch
"zentralisiert" und in kontinentale Distributions-Vernetzungen mit riesigen
Transportwegen eingespannt wird, während Abermillionen von Menschen
in den großen Städten nicht einmal ein winziges Fleckchen Garten
besitzen, um ohne alle Umstände ihre Radieschen selber anzubauen und
frisch zu verzehren. Sie müssen auf diese Weise nicht nur eine solche
Kleinigkeit wie den Radieschen-Konsum über den abstrakten Wert-Geld-Zusammenhang
abwickeln, es wird ihnen auch noch das Vergnügen geraubt, das durch
Pflanzen- und Gartenbau gewährt wird. Daß die totale "Monetarisierung
der Welt" solche Irrsinns-Blüten von "Zentralisierung" hervortreibt,
kann aber doch nicht ernsthaft zum Anlaß genommen werden, nun auch
die Produktion von Lokomotiven "dezentral" vornehmen oder abschaffen zu
wollen, die gesellschaftlichen Kommunikationssysteme in provinzielle Enge
zurückzutreiben usw., bloß um einem entgegengesetzten Abstraktionsprinzip
Genüge zu tun!
Das hysterische Sich-Festklammern an der abstrakten Waren- oder Wert-Subjektivität
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gegen die unbegriffenen Vergesellschaftungstendenzen, wie sie aus der
Entwicklung der Produktivkräfte resultieren, ist seit langem zum Dauerbrenner
bürgerlicher Ideologiebildung geworden. In gewisser Hinsicht kämpfen
auch die Konzernführer und Mittelstands-Ideologen für "Dezentralisierung"
und "Entstaatlichung", so neuerdings die Monetaristen im angelsächsischen
Raum und die Neo-Wirtschaftsliberalen vom Schlage des Grafen Lambsdorff
in Deutschland. Sogar die staatliche Förderung der Wissenschaft wird
von ihnen angegriffen. Auch in der Arbeiterbewegung gibt es eine Tradition,
so in Gestalt der Anarchisten, Syndikalisten und der Genossenschaftsbewegungen
(Kibbuz in Israel), in der abstrakte Staatskritik vermittelt ist mit einer
Propagierung "kleiner", dezentraler Warenproduktion, um den unbegriffenen
Übeln der kapitalistischen Vergesellschaftungslogik zu entfliehen.
Ullrich beschwört auch ganz offen diese Traditionslinie: "Es gibt
aber auch die Geschichte einer ANDEREN (Hervorheb. Ullrich) Arbeiterbewegung:
der Genossenschaftsbewegung, der Anarchisten, Syndikalisten und utopischen
Sozialisten usw. Für diese Bewegungen standen das Individuum, die
unmittelbaren Interessen von Menschen, eine von den Betroffenen selbst
beherrschbare und wünschbare Lebensweise in kleineren Sozialnetzen
wesentlich stärker im Vordergrund. Die Große Industrie UND (Hervorheb.
Ullrich) die großindustrieorientierte Arbeiterbewegung haben diese
Alternativen unterdrückt und vernichtet" (WN, 19).
In der Tat hat der Hauptstrom der alten Arbeiterbewegung, von dem auch
die verkürzte, wertfetischistische Rezeption des Marxismus getragen
wurde, zu einer Integration in den demokratisch-kapitalistischen Staat,
zur Einbindung in das "fordistische" Kapitalverhältnis und andererseits
zur Staatsmaschine einer nachholenden wert-ökonomischen Industrialisierung
in der Sowjetunion geführt. Diese alte Arbeiterbewegung hatte die
Traditionslinien der Dezentralisierungs-Propaganda und der antistaatlichen
genossenschaftlichen Warenproduktion als "kleinbürgerlich" eliminiert,
jedoch nur, um eine mehr oder weniger staatlich regulierte, als "krisenfrei"
erhoffte gesellschaftliche Warenproduktion und Lohnarbeit zu propagieren.
Der Gedanke einer Aufhebung des Warenfetischs und damit der Lohnarbeit
selber ist dieser Bewegung immer ganz äußerlich geblieben und
daher auch zunehmend im 20. Jahrhundert verblaßt und schließlich
ganz verschwunden, sogar aus der Theoriebildung. Eine Arbeiterbewegung
und ein "Marxismus" aber, die über das Wuchern mit dem Pfund der eigenen
menschlichen Arbeitskraft als Ware nicht hinauskommen, die daher alle zentralen
Fetischgestalten des bürgerlichen Lebensprozesses lediglich formverwandelt
und mit entsprechenden neuen Widerspruchsebenen reproduzieren, können
auch den klein-bürgerlichen Schatten eines "anderen" Auswegs aus der
kapitalistischen Vergesellschaftungs-Misere nicht loswerden. Wie der Graf
Lambsdorff und die Monetaristen alle Eingriffe der abstrakten Allgemeinheit
des Staates in den gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß als Verletzung
der "eigentlichen, wahren, korrekten" Warenproduktion und ihrer Prinzipien
empfinden, so die Genossenschaftsideologen, Syndikalisten usw. und heute
die Produktivkraftkritiker die Selbstauslieferung der Arbeiterbewegung
an Staat und fordistische Industrie als "Verrat" an den Prinzipien einer
kleinvernetzten, "menschengerechten", dezentral-antistaatlichen genossen-
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schaftlichen Warenproduktion unter Ausschaltung der "Großen Industrie",
die den Menschen das "Eigentum" an ihren Produktionsmitteln raubt. In Wahrheit
aber handelt es sich nur um verschiedene Formen des Steckenbleibens in
der Wertabstraktion, die sich als Schein-Alternativen in wechselnden Formzusammenhängen
stets aufs neue ergänzen und gegenseitig bedingen. Die "unmittelbaren
Interessen", wie sie Ullrich bemüht, sind für die abstrakten
Subjekte der Wertökonomie immer befangen in den vorausgesetzten Bedingungen
negativer, blinder Gesellschaftlichkeit und ihrer Antinomien, daher immer
abstrakte Geld-Interessen, ganz gleichgültig, ob sie sich auf Sozialstaat
und regulierte Lohnarbeit oder auf kleinvernetzte, dezentrale Warenproduktion
beziehen. Solange dieser Teufelskreis des wert-ökonomischen Denkens
nicht durchbrochen wird, müssen die sozialistischen Programme und
"Utopien" stets aufs neue unter dem erbärmlichen Schicksal leiden,
nur zwischen fordistischen Sozialstaatsillusionen und neo-kleinbürgerlicher
Projektemacherei schwanken zu können. Davon sind heute nicht nur die
Programme der Sozialdemokratie, sondern auch die der Grünen und diverser
sozialistischer bzw. "kommunistischer" Sekten gezeichnet. Und so ist es
auch kein Wunder, daß angesichts der Krise des Fordismus und des
Sozialstaats die alten Genossenschaftsideologien wieder zu blühen
beginnen und die einschlägige Publizistik zu wuchern anfängt,
nicht nur im Dunstkreis der Grünen und der Alternativbewegung, sondern
auch am Rande der Sozialdemokratie. Alte Ideen werden nicht gegen neue,
sondern gegen noch ältere, zu Beginn des 20. Jahrhunderts bloß
schein-überwundene eingetauscht und noch einmal durchlaufen, obwohl
sie auf der heutigen mikroelektronischen Vergesellschaftungsstufe des Kapitals
noch viel illusionärer und dümmer sind als im letzten Jahrhundert.
Wie sehr die Ableitung der Vergesellschaftungs-Übel aus der schieren
"Größe" von Reproduktions-Zusammenhängen auf einem verkürzten,
formal-juristischen "Eigentums"-Begriff des Kapitals beruht, von dem dann
die auf Verwissenschaftlichung beruhende Vernetzungsgröße als
separater Ursachenkomplex abgetrennt wird, zeigt wiederum Ullrich mit überraschender
Deutlichkeit. So führt er als illustratives Beispiel für einen
angeblich nicht-kapitalistischen, bloß auf Großvernetzung beruhenden
Verdinglichungsprozeß ausgerechnet die bis vor kurzem gewerkschaftseigene
"Neue Heimat" an: "... Wachstum abstrakter Flußgrößen
oder Leitvariablen ist so wesentlich gesellschaftlich institutionalisierter
Mechanismus unserer Produktionsweise, daß auch Produktionsbereiche,
die nicht in 'privatkapitalistischer' Hand sind, sich diesem Sog nicht
entziehen können. Beispiele gibt es hierfür in kapitalistischen
Gesellschaften genug. In der Bundesrepublik wäre als oft kritisiertes
Beispiel die 'arbeitereigene'(!) Wohnungsproduktionsfirma 'Neue Heimat'
zu nennen, die ihre Produktion auch nur ausrichtet an Wachstumsraten von
abstrakten Wohneinheiten, die weitgehend losgelöst sind von qualitativen,
emanzipierten Wohninteressen. Dabei, so sollte man annehmen, bestünde
doch gerade hier die Chance - da durch direkte Einflußnahme 'privatkapitalistischer
Interessen' nicht behindert -, die abstrakte Wachstumsvariable auch in
qualitative Bedürfnisdimensionen auszuweiten. Dieses Beispiel erinnert
jedoch daran, daß ... 'Besitz' oder Eigentum nur eine Variable unter
anderen ist, die für die Beurteilung verdinglichter Pro-
73
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zesse auf hohem Komplexitätsniveau der Vergegenständlichung
zunehmend eine geringere Bedeutung hat. Neben der Tatsache einer Einbettung
in die gesellschaftlich institutionalisierte Grundlogik des Kapitals würde
am Beispiel 'Neue Heimat' bei genauerer Analyse auch deutlich werden, daß
noch zusätzliche Mechanismen verantwortlich sind für die quantitativ-abstrakte
Außenorientierung dieser 'nicht-kapitalistischen' Produktionsorganisation:
von der Logik des Kapitals unabhängige Verdinglichungstendenzen großer
vergegenständlichter Prozesse ..." (TuH, 256).
Plumper kann die Verblendung einer wertfetischistischen Ideologie fast
nicht mehr daherkommen. Weil die kapitalistische Verwertungseinheit "Neue
Heimat" von Gewerkschaftsgeldern angekauft ist, deswegen stellt sie für
Ullrich eine "arbeitereigene" Reproduktionseinheit dar. Der Begriff des
"Eigentums" ist hier noch deutlicher als in anderen Zusammenhangen völlig
von jedem sachlich-gesellschaftlichen Inhalt abgetrennt und zum rein äußerlichen
totalen Rechtsfetisch geronnen. Und in der Tat, wenn der Begriff des Kapitals
kein sachlich-gesellschaftliches Verhältnis darstellt, sondern bloß
eine rein formale Beziehung, dann müssen alle realen sachlichen und
persönlichen Momente dieses Verhältnisses als lauter separate
und miteinander nur äußerlich in Beziehung stehende "Sphären"
oder "Bereiche" erscheinen. Dann kann als Gipfelpunkt dieser Mystifikation
dem abstrakten Gesellschaftsverhältnis der Wert-Ökonomie sogar
dessen eigene "Größe" als äußerlicher, separater
Mechanismus und Ursachenzusammenhang gegenübergestellt werden!
Die Realabstraktion des Geldes bleibt dabei deswegen außerhalb
der Reichweite der Kritik, weil sie gar nicht mehr als historische Besonderheit
erscheint, sondern als unbezweifelbare ontologische Grundtatsache des menschlichen
Lebens, die allen Produktionsweisen gemeinsam ist und die in Frage zu stellen
als ebenso verrückt betrachtet werden muß wie etwa die Forderung,
daß die Atemluft abgeschafft werden soll. Es zeigt sich so die gepanzerte
Hartnäckigkeit des abstrakten Individuums, das sich nur als Geld-Subjekt
weiß und jedes Aufbrechen des Geld-Panzers der abstrakten Vergesellschaftung
als Angriff auf seine Identität als Subjekt erleben muß. Wenn
Wert und Geld aber absolute, unhistorische, ontologische Gegebenheiten
sind, dann kann es höchstens noch darum gehen, das Geld aus der Verselbständigung
des kapitalistischen Verwertungsprozesses und aus den teuflischen Fängen
der verwissenschaftlichten Großproduktion wieder heimzuholen in den
Märchenpark kleiner Warenproduktion. Dort könnte es, im Rahmen
"menschengerechter" Proportionen "kleiner" Vernetzungszusammenhänge,
für Ullrich wieder die Rolle spielen, die ihm "eigentlich" zukommt,
nämlich bloßes "Mittel des Austauschs" zu sein: "Für die
entwickelte Tauschgesellschaft war vorher typisch, daß am Anfang
und am Ende des Tauschvorgangs ein Produkt stand. Jemand stellte ein Produkt
her, verkaufte es, um dafür ein andres Produkt kaufen zu können.
Dieser Austausch wurde zwar vermittelt über Geld, aber der Endzweck
des Tauschvorgangs blieb der GEBRAUCHSWERT (Hervorheb. Ullrich) der Ware.
Für die kapitalistische Wirtschaftsweise dagegen ist typisch, daß
sich dieser Zyklus Ware - Geld - Ware (W - G - W) umwandelt in Geld - Ware
- Geld (G - W - G). Am Anfang und am Ende steht
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das Geld, der TAUSCHWERT (Hervorheb. Ullrich) der Ware, und der einzige
Zweck des Prozesses ist, diesen Geldwert zu erhöhen" (WN, 28).
Was Ullrich hier beschwört, hat es freilich als eigenständige
Gesellschaftsformation nie gegeben; die einfache Warenproduktion, die "im
Gebrauchswert erlischt", stellt nichts als eine unentfaltete Form der Wert-Ökonomie
dar, die sich auf die "Nischen" einer überhaupt nicht "warenförmigen"
feudalen etc. Agrarproduktion beschränkt, in der das Mehrprodukt nicht
über die Wertabstraktion angeeignet wird, sondern natural auf der
Basis persönlicher Abhängigkeitsverhältnisse. Und selbst
in diesen "Nischen" vorkapitalistischer Produktionsweisen entwickelt sich
das Geld schon zum Selbstzweck (etwa in Form der Schatzbildung, des Kaufmanns-
und des besonders idyllischen Wucherkapitals), wenn auch noch nicht im
unmittelbaren Produktionsprozeß selbst. Wie viele Autoren vor ihm
verwechselt Ullrich das analytische Moment der Wertformanalyse bei Marx,
den "einfachen" W - G - W -Vermittlungszusammenhang, mit einer realen Produktionsweise
oder Gesellschaftsformation der Vergangenheit. Die von ihm wie von den
meisten Produktivkraftkritikern immer wieder als Vorbild aus dem Hut geholten
handwerklichen Warenproduzenten gab es in Wirklichkeit nur als verschwindende
Minderheit, die der Masse der unmittelbaren Produzenten gegenüber
ungeheuer privilegiert war und den realen gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß
gar nicht entscheidend trug. Die Verallgemeinerung der Wert-Ökonomie
hingegen, die längst vor der industriellen Revolution einsetzte und
zu Beginn des 19. Jahrhunderts schon eine lange Geschichte hat, geht auch
einher mit der Herausbildung von verschiedenen Formen der Lohnarbeit. Während
aber in der Marx'schen Theorie die innere Logik der Entfaltung des Wert-Geld-Zusammenhangs
als negative Vergesellschaftung anhand des realen Geschichtsprozesses herausgearbeitet
wird, erscheint die Geschichte der Wert-Ökonomie bei Ullrich, der
die Logik des Geldes umnebelt und beschönigt hat, schlicht als willkürliche
Fehlentwicklung, die bei "rechter Einsicht" auch ganz anders hätte
verlaufen können. Wie für jeden beliebigen Amateur-Weltverbesserer
ist der real vorgefundene Gesellschaftsprozeß für ihn nur "dieser
wenig glückliche Geschichtsverlauf ..." (WN, 20), an dem er nun mit
dem gesunden Menschenverstand des abstrakten Warensubjekts, das unsäglich
guten Willens ist, herumbasteln und -bosseln will.
Während sich Thaa vornehm zurückhält, was die praktischen
Konsequenzen aus der Produktivkraftkritik angeht, kennt Ullrich in dieser
Hinsicht kein Halten mehr. Mit der Unbeeindruckbarkeit des Eklektikers
legt er frohgemut los und malt völlig unbekümmert einen Gesellschaftszustand
aus, wie er für das abstrakte Geldsubjekt "wünschenswert" und
akzeptabel wäre. Die leichtherzige Willkür allen objektiven "Bedingungen"
gegenüber, wie sie zwar nicht die Realität, wohl aber die Ideologie
der abstrakten Subjektivität auszeichnet, wird konterkariert durch
die Tatsache, daß das Geld immer schon als Bedingung in die "real-utopischen"
Wolkenkuckucksheime mit eingeht, d.h. der "Austausch" der abstrakten Individuen,
der als Naturbedingung nur auf sein "wahres" Maß gebracht werden
soll. Es soll sich dann um eine "Gesellschaft der assoziierten relativ
autonomen Kommunen" handeln,
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"in der es wieder 'richtige Proportionen' gibt und einen 'individuellen
Austausch', wo in kleinen Netzen der Austausch der menschlichen Arbeitskraft(!)
nicht über ein Büro verrechnet wird, wo die Kreisläufe der
Produkte, der Energie, des Verkehrs klein und übersichtlich sind..."
(WN, 134). Über den "Austausch der menschlichen Arbeitskraft" kann
der Produktivkraftkritiker nicht hinausdenken, eine andere als die indirekte
Vergesellschaftungsform über eine abgesonderte Zirkulationssphäre
ist für seine abstrakte Subjektivität nicht menschenmöglich.
Der naive Glaube an die Regulierbarkeit einer Wert-Ökonomie, den die
Produktivkraftkritik mit ihren realsozialistischen und links-fordistischen
Stiefgeschwistern durchaus teilt, kommt so bei Ullrich als das eklektische
Gesellschaftsprojekt eines "Mischsystems" heraus, und zwar "ein Mischsystem,
in dem nicht nur EIN (Hervorheb. Ullrich) Prinzip vorherrscht" (WN, 129).
Denn "aus der Tatsache, daß Marktbeziehungen u.a. zur Ausbeutung
von Schwächeren führen, kann man nicht phantasielos ableiten,
daß nun alles durch einen Plan geregelt werden müßte..."
(WN, 128). Es ist ja alles so babyleicht: "Den Fluß der meisten Halbfertigprodukte
regelt wohl am besten ein kommunaler Markt mit Geld als Tauschmittel ...
Das Ganze könnte überlagert sein durch einen National- und Weltmarkt
für eine mengen- und wertmäßig geringe Zahl von Spezialprodukten"
(WN, 128). So also sehen die "Realutopien" einer Linken heute aus, die
aufgebrochen ist, um - zum wievielten Male? - "über Marx hinaus" zu
gelangen und doch immer nur von neuem hoffnungslos hinter diese Theorie,
die durchaus einer Weiterentwicklung bedürfte, kläglich zurückfällt.
Das reaktionäre Zurückdrehen der Produktivkräfte auf den
Stand einer historisch fiktiven "einfachen Warenproduktion" muß dann
folgerichtig auch den erreichten Stand der Welt-Vergesellschaftung negieren,
um zu rein nationalen oder regionalen Reproduktionsformen zurückzukehren:
"Vor allem muß die Exportabhängigkeit gebrochen werden..." (WN,
133). Es kann also für die "Utopie" Ullrichs ein Resumé gezogen
werden, das vom ökonomischen Inhalt her kaum über das Ahlener
Programm der CDU von 1946 hinausreicht: "Man muß alles unterstützen,
was die Zentralen, die radikalen Monopole und die großen Vernetzungen
schwächt ..." (WN, 129).
Ein solches "Modell" ist im schlechtesten Sinne reformistisch. Nicht
nur, daß die Idee einer "kleinen" Vernetzung über die Geldform
Fleisch vom Fleische der Wertabstraktion ist und daher befangen bleibt
im Horizont der bürgerlichen Ideologie; die ökonomischen Abstraktionen
Ullrichs könnten von so ziemlich jeder ordinären Mittelstandsvereinigung
und Metzgersinnung unterschrieben werden. Daß es sich um ein Projekt
innerhalb der real existierenden Gesellschaftsform inclusive deren beschriebener
und kritisierter Übel handelt, stellt übrigens Ullrich selber
ausdrücklich fest: "Trotz der vielen Behinderungen sind kleine Netze
jetzt schon möglich, und sie entstehen auch zusammen mit vielfältigen
Vorformen in Wohngemeinschaften, Bürgerinitiativen oder in der Frauenbewegung.
Sie setzen nicht schon eine im ganzen veränderte Gesellschaft voraus,
sondern sie sind als Inseln, als Einsprengsel in der alten Gesellschaft
möglich, die nach und nach auch Rückwirkungen auf die Gesellschaft
haben können, wie in Spuren etwa in Holland schon erkennbar wird"
(WN, 127).
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Warum nicht gar! Das Schlimmste freilich ist, daß eine derartige
gesellschaftspolitische Perspektive im kapitalistischen Krisenprozeß
durchaus für die Stabilisierung der bestehenden "Herrschaft" instrumentalisiert
werden kann. Die meisten "Alternativbetriebe" sind längst von "Staatsknete"
abhängig geworden (und stellen insofern nur eine Variante der linkskeynesianistischen
Illusionen dar) oder bei den Banken verschuldet; nur durch "Selbstausbeutung",
Überarbeitung und Subsumtion der eigenen Lebenszeit unter das "Geschäft"
über den erreichten Standard der Lohnarbeit hinaus können solche
"Insel"-Projekte überhaupt eine Zeitlang dahinvegetieren. Ihre Hauptfunktion
in den letzten Jahren war die galoppierende Entpolitisierung eines Teils
der (Ex-) Linken und die Herausbildung eines durchaus dem "neuen" gesellschaftlichen
Sein entsprechenden neo-kleinbürgerlichen Bewußtseins von geradezu
klassischem Zuschnitt. Die Praxis hat bereits bewiesen, daß es sich
genau umgekehrt verhält, wie Ullrich es erhofft: in ganz kurzer Zeit
hat die "alte Gesellschaft" ihrerseits auf die verschiedenen Alternativprojekte
"zurückgewirkt" und sie entweder eliminiert oder zur ganz "normalen"
betriebswirtschaftlichen Kalkulation und Anpassung gezwungen. Die "Professionalisierungsdebatte"
ist bekanntlich auch schon wieder vorbei, und "professionell" heißt
im Rahmen hochvernetzter Warenproduktion eben bedingungslose Kapitulation
vor der Wertabstraktion und also dem Geld, Unterwerfung der qualitativen
Bedürfnisse unter die Logik der abstrakten Arbeit, sei es nun die
eigene oder die von Lohnarbeitern. Die "Überschaubarkeit" der kleinen
Warenproduktion, abgesehen von ihrer Gefangenschaft im monetären Spinnennetz
von Staat und Banken, besteht höchstens darin, daß sie die Scheußlichkeit
der abstrakten Geldbeziehung im Vergleich zu der wohltuenden Anonymität
der "Großvernetzungen" zu allem Überfluß auch noch auf
ein Niveau gleichzeitig persönlicher Beziehungen zurückführt
und dadurch nur umso widerwärtiger und schmieriger macht.
b) Dürftige Moral: Die "Reduzierung der Dimension des Machens"
Es dürfte schwerfallen, die Notwendigkeit von "Moral" im praktischen
Leben zu bestreiten. Nicht alles, was als "richtig" erkannt ist, läßt
sich auch ohne weiteres in gesellschaftliche Praxis übersetzen; und
zur Überwindung der gesellschaftlichen Hemmnisse, die auch das eigene
Denken und Handeln in der Praxis beeinflussen (Angst, Macht der Gewohnheit,
unmittelbares Partikularinteresse des abstrakten Individuums usw.), muß
zweifellos auch ein "moralischer" Impuls mobilisiert werden. Aber der Impuls
des "Sollens" und "Müssens" kann seine INHALTE weder unmittelbar aus
sich selbst schöpfen noch entspringen sie einer jenseitigen Offenbarung
oder einem "angeborenen" Kategoriensystem. Mißlich wird es daher,
wenn die "Moral" in den ihr nicht zukommenden Rang gesellschaftlicher Erkenntnis
gehoben wird; dies geschieht immer dann, wenn in der Theorie klaffende
Lücken ausgefüllt werden müssen. Eine Linke, die nicht über
die Wertabstraktion hinausdenken kann und im Warenfetisch befangen bleibt,
muß daher stets aufs neue hinter den historischen Materialismus zurückfallen
und auf den Notbehelf irgendeiner Variante des Kant'schen "kategorischen
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Imperativs" zurückgreifen. Am allerwenigsten entgeht die Produktivkraftkritik
diesem Schicksal.
Wenn das "automatische Subjekt" des Werts als allgemeiner Bedingungsgrund
aller menschlichen Interessenhandlungen ideologisch eliminiert worden ist
und der Begriff des Vergesellschaftungs-Zusammenhangs in lauter zusammenhangslose
"Bereichs"-Logiken von gesellschaftlichen "Subsystemen" zerfällt,
dann muß sich auch die Frage nach der MOTIVATION für diese Handlungen
völlig abstrakt stellen. Der Urgrund von "Herrschaft" soll die abstrakte
Naturbeziehung sein, Naturwissenschaft und Technik sollen ein verselbständigtes
gesellschaftliches Subsystem außerhalb der Warenlogik und unabhängig
von dieser darstellen. Die Leiche liegt vor uns, der Mörder ist bekannt,
aber was war das Motiv? Da der detektivische Scharfsinn der Produktivkraftkritik
an dieser Stelle zwangsläufig versagen muß, bleibt nichts übrig,
als die moralische Krücke aus dem dürftigen Methoden-Arsenal
des Positivismus hervorzuholen. Was nicht mehr theoretisch erklärt
werden kann, muß mit Moral zugeschüttet werden; die Moral selber
wird zur Schein-Erklärung für den begriffslos gewordenen Sachverhalt.
Ein dankbares Exempel gibt natürlich die Atomphysik ab. Ullrich
nennt nur kurz das "Erkenntnis-Produkt", nämlich "eine tiefere 'Einsicht'
in die Struktur der Materie" (TuH, 232). Die Apostrophierung des Wortes
"Einsicht" signalisiert schon, daß dem menschlichen Erkenntnisinteresse
hier grundsätzlich ein pejorativer Sinn zugesprochen wird; hängt
dieses Erkenntnisinteresse doch mit "Naturbeherrschung" und Produktivkraftentwicklung
zusammen. Darüber hinaus ist es aufschlußreich, wie Ullrich
auf die gesellschaftliche Form des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses
eingeht: "Dieses Erkenntnisprodukt befriedigt ausschließlich die
Interessen einer kleinen Gruppe der scientific community. Versuche, diese
Erkenntnisse auch einem Teil der Bevölkerung zu vermitteln, die diese
Forschung bezahlt, werden erst gar nicht unternommen" (TuH, 232).
Warum nur einem "Teil" der Bevölkerung? Und warum findet diese
"Vermittlung" nicht statt? Warum wird Wissenschaft überhaupt zum Partikularinteresse
einer abgesonderten Korporation? Und warum muß diese Forschung in
Geld bezahlt werden, und zwar via Staat von "der Bevölkerung", die
selber wissenschaftlich inkompetent bleibt? Ullrich kann keine einzige
dieser Fragen beantworten, da er keinerlei Begriff des gesellschaftlichen
Arbeitsteilungsverhältnisses der Wertabstraktion besitzt. Die von
der negativen Vergesellschaftung des Werts erzwungene korporative Absonderung
der Wissenschaft muß so unmittelbar aus sich selbst erklärt
werden, als der Motivationszusammenhang einer "besonderen Sorte Mensch".
In Wirklichkeit gilt für die Atomphysik vielleicht mehr als für
jede andere Wissenschaft, daß die korporative Absonderung und gleichzeitige
Unterwerfung unter die allgemeine Geldlogik sie unabhängig vom Bewußtsein
ihrer wissenschaftlichen Träger in die Bahnen der Vernichtungsproduktion
gezwungen hat. In allen Wert-Ökonomien gilt auch für die Wissenschaft
der Zwang zur Einbindung in den Verwertungsprozeß. Da sie für
die Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt einerseits absolut notwendig
ist, andererseits aber gleichzeitig selber nicht un-
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mittelbar produktiv ist im Sinne der Wertproduktion, wird die Wissenschaft
und selbst die Naturwissenschaft zwar gefördert, gleichzeitig aber
harten Restriktionen unterworfen, wo dies möglich erscheint. Auch
die Wissenschaft kann sich nur über das Geld reproduzieren, aber das
Geldinteresse ist himmelweit davon entfernt, mit dem Erkenntnisinteresse
identisch zu sein. Dies gilt für den einzelnen Wissenschaftler und
sein Interesse selbst, dies gilt aber erst recht für die Beziehung
von Wissenschaft und kapitalistischer Vergesellschaftung. Besonders die
Grundlagenforschung steht hier einem Dilemma gegenüber, die physikalische
wie jede andere. Im Sinne eines partikularen Verwertungsinteresses ist
eine Forschung schwer einsehbar, die durchaus etwas "Spielerisches" an
sich hat und die hinsichtlich der profitablen technologischen Anwendbarkeit
ihrer Ergebnisse völlig undurchsichtig und vage bleibt. In den Sowjet-Ökonomien
tritt dieses Hemmnis sogar verstärkt auf, da unter der Käseglocke
des "geplanten Marktes" sogar noch die ökonomischen Stimulantien für
kurz- und mittelfristige technologische Innovationen wegfallen und sich
die Konkurrenz unter diesen Bedingungen viel leichter durch Qualitätsverschlechterung,
formales Austricksen der Planungsvorgaben usw. bewerkstelligen läßt.
Die wert-ökonomische Reproduktion und ihr beschränktes Geldinteresse
müssen also notwendig gerade der Grundlagenforschung eher skeptisch
gegenüberstehen. Dieser Widerspruch zeigt sich z.B. gegenwärtig
in der BRD anhand der Weltraumforschung. Nachdem der Vorsprung der USA
gegenüber Europa selbst auf diesem Gebiet zusammengeschmolzen ist,
scheint hier eine große Chance für die europäische und
speziell deutsche Wettbewerbsfähigkeit zu liegen. Aber das Zögern
ist groß und ohne staatliche Programme würde sich gar nichts
bewegen. Denn zu weit ist die Grundlagenforschung im Weltraum von der betriebswirtschaftlichen
Logik entfernt: "Die deutsche Industrie ist, um es milde auszudrücken,
skeptisch gegenüber wissenschaftlichen Versuchen im Weltall ... Man
sieht die Chancen, allein es fehlt der Glaube an ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Entsprechend zögerlich ist die Bereitschaft der deutschen Industrie,
sich an kommenden Programmen zu beteiligen" (W. Osel, in: Handelsblatt
v. 6.3.87).
Es ist also klar, daß die Grundlagenforschung, die von unmittelbar
profitabler Umsetzbarkeit am weitesten entfernt ist, innerhalb einer Wert-Ökonomie
weitgehend auf die abstrakte Allgemeinheit des Staates angewiesen bleibt.
Dieser ist zwar einerseits weniger direkt von rein betriebswirtschaftlichen
Vorgaben abhängig, steht aber andererseits dem rein wissenschaftlichen
Erkenntnisinteresse kaum weniger fremd und äußerlich gegenüber.
Als abgesonderter korporativer Apparat, der die wertabstraktive National-Ökonomie
nach außen und innen als abstrakt Allgemeines repräsentiert,
hat er sich in hohem Maße als Vollstrecker der ultima ratio aller
Klassengesellschaft zu begreifen: der Gewalt nämlich. Seine höhere
Bereitschaft zur Finanzierung von Grundlagenforschung wird daher zum überwiegenden
Teil direkt und indirekt durch das militärische Interesse strukturiert;
ganz besonders kommt dieser Zusammenhang bei Staaten mit parasitärer
Weltmacht-Ökonomie wie dem faschistischen Deutschland oder heute den
USA zum Ausdruck. Dieser Gesamtzusammenhang prägt natürlich auch
das Bewußtsein der Wissenschaftler selbst, für die sich wissenschaftliches
Erkenntnis-
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interesse, subjektives Geldinteresse und vorgefundene Einbindung in
den militärisch-industriellen Komplex bzw. die staatliche Militärforschung
bewußtlos zu einem einzigen, unveränderlich erscheinenden Bedingungszusammenhang
verknüpfen. An der Oberfläche des wertfetischistischen Bewußtseins
erscheinen die Widersprüche dieses Zusammenhangs dann als das subjektiv-moralische
Problem des abstrakten Wissenschafts-Individuums, das nur noch mit Verweigerung
und also Eliminierung aus dem Wissenschaftsbetrieb oder eben mit Zynismus
reagieren kann. Gestützt auf seinen Gewährsmann Wagner (F. Wagner,
Die Wissen schaft und die gefährdete Welt. Eine Wissenschaftssoziologie
der Atomphysik, München 1964) verweist Ullrich auf die "Borniertheit"
solcher "Väter der Atombombe" wie Teller und Oppenheimer und zitiert
voll moralischen Abscheus Enrico Fermi, der gesagt haben soll: "Laßt
mich in Ruhe mit euren Gewissensbissen, das ist doch so schöne Physik!"
(TuH,234f.). Dieses bösartige Bonmot drückt aber nicht nur bodenlosen
Zynismus, sondern gleichzeitig
Hilflosigkeit aus. Und warum sollte auch der Atomphysiker Fermi ein
höheres Bewußtsein über die Widersprüche und Vernichtungs-Konsequenzen
der Wert-Ökonomie besitzen als der Soziologe Ullrich? Statt die in
letzter Instanz aus den Widersprüchen der Wertabstraktion abzuleitende
Situation der Wissenschaften und besonders der Grundlagenforschung bewußt
zu machen (was immer der erste Schritt für die Aufhebung eines
ebenso unerträglichen wie zunächst unbegriffenen Zustands ist),
schneidet Ullrichs systemtheoretische Verkürzung die Wissenschaft
von ihrem gesellschaftlichen Kausalzusammenhang ab, damit er dann umso
ungehemmter über die abstrakten Wissenschafts-Individuen als quasi
"moralisch verkommene Subjekte" herfallen kann.
Natürlich weiß auch Ullrich, daß sein Abgleiten in
bloßes Moralisieren nicht nur den Vorwurf des Pharisäertums
provozieren könnte, sondern auch im positivistischen Verständnis
aus der "Wissenschaftlichkeit" herausfällt. Er muß also noch
eine zusätzliche "wissenschaftliche" Begründung für die
moralische Abartigkeit der Atomphysiker nachschieben. Und es fällt
ihm tatsächlich nichts Dümmeres ein, als deren "Wissenschaftstrieb",
unterstellt als eine Art von der "Normalität" abweichendes Verhalten,
zu - psychiatrisieren! Bekanntlich gehörte es zu den Leistungen der
Neuen Linken und der Studentenbewegung in ihrer "Kritik der bürgerlichen
Wissenschaft", am positivistischen Verfahren der Psychiatrie die völlige
Ignoranz den gesellschaftlichen Zusammenhängen gegenüber aufgedeckt
und gezeigt zu haben, wie die Folgen kapitalistischer Vergesellschaftung
am Individuum als dessen subjektiver Defekt, abgeschnitten vom gesellschaftlichen
Konstitutionszusammenhang, "behandelt" werden. Auch die Psychiatrisierung
abweichenden politischen und sozialen Verhaltens, nicht nur in der Sowjetunion,
war Gegenstand dieser Kritik. Ullrich wird nun, getrieben von der inneren
Logik seiner dem Wertverhältnis gegenüber begriffslosen systemtheoretischen
Verkürzung, zu einer ganz ähnlichen psychiatrisierenden Bestimmung
des "Wissenschaftstriebes" der scientific community gezwungen. Mit vagen,
an psychoanalytische Kategorien erinnernden Ableitungen der Wissenschafts-Subjektivität
tastet er sich an diese Psychiatrisierung heran und behauptet, "daß
für die scientific community eine situationsbezogene Motivations-
80
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basis und eine Eingrenzung des Bewußtseins gegeben ist, wie sie
in analoger Weise vielleicht nur noch zu finden ist in einer weltvergessenen
infantilen Spielsituation, nur mit dem Unterschied, daß das weltvergessene
Spiel infantil gebliebener Wissenschaftler ein zerstörerisches Spiel
mit der Welt sein kann" (TuH, 229).
Da der "Wissenschaftstrieb" hier als eine Art Steckenbleiben in einer
infantilen Situation beschrieben ist, kann natürlich leicht als Gegenbild
"reifer Persönlichkeit" ein nicht-wissenschaftliches Bewußtsein
abgeleitet werden, das in der bloßen Reproduktion seines Lebens vollkommen
aufgeht und keinerlei weiterreichendes Erkenntnisinteresse entwickelt.
Womit wir wieder bei den famosen Bauern und Handwerkern etc. als kleinen
Warenproduzenten angelangt wären. Ullrich hat schon vorher klargemacht,
daß er dieses jämmerliche Gegenbild tatsächlich im Auge
hat, wenn er allen Ernstes die "Bornierung" des Wissenschaftler-Bewußtseins
nicht etwa aus den Abstraktionen und Trennungen der Wert-Ökonomie
ableitet, sondern aus der gesellschaftlich bereitgestellten Freiheit von
Sorge um die alltägliche materielle Reproduktion: "Eine nicht gesicherte
Lebensreproduktion erlaubt nicht die Konzentration der Interessen auf einen
von den unmittelbaren Lebensbedürfnissen isolierten Bereich. Sind
jedoch durch eine genügend hohe Bezahlung die Lebensbedürfnisse
'gesättigt' erfüllt worden, wird ein 'Spielraum' frei für
die Konzentration der Interessen auf einen lebensferneren Bereich. Durch
die 'selbstverständliche' Erfüllung der 'normalen' Lebensbedürfnisse
wird für diesen Bereich ein Wissen und Bewußtsein nicht mehr
notwendig. Das Interesse, das Wissen und das Bewußtsein können
sich einschnüren auf die 'Spielsituation' wissenschaftlicher Arbeit"
(TuH, 227).
Abgesehen davon, daß der logisch-historische Beziehungszusammenhang
der Wertökonomie mit der typisch positivistischen Oberflächlichkeit
des durchschnittlichen akademischen Vulgär-Soziologismus als blanke
"hohe Bezahlung" daherkommt, so schimmert auch hier wieder durch, wie der
Produktivkraftkritiker von dem Drang beseelt ist, die Widersprüche
nach rückwärts aufzulösen: er tauscht so die im Gefüge
der Wertabstraktion erzwungene Bornierung des abstrakten Wissenschafts-Subjekts
bloß durch die noch viel brutalere Bornierung des vorwissenschaftlichen
und vorindustriellen Subjekts einer viel niedrigeren Vergesellschaftungsstufe
ein. Welch eine niedrige und verächtliche Perspektive, was für
ein Bonsai-Humanismus, wenn nichts weiter herauskommt als das biblische
Motto vom "Brotessen im Schweiße des Angesichts"! Wenn die Wissenschaftlichkeit
und ihr abstraktes Erkenntnisinteresse ausgetrieben ist, wenn das Bewußtsein
in den Schafspferch der bloßen Lebensreproduktion und des Aufgehens
in der ewigen Plackerei zurückgetrieben wird, dann kann nach dieser
Diktion auch den "infantilen Flausen" des "Wissenschaftstriebs" der Boden
weggezogen werden. Als der erwachsene Normalmensch entpuppt sich
so tatsächlich der nicht- und vorwissenschaftliche Warenproduzent;
nicht umsonst wendet sich Ullrich bei jeder Gelegenheit gegen eine "Geringschätzung
der bäuerlich-handwerklichen Lebensweise" (WN, 15). Der "Idiotismus
des Landlebens" (Marx) wäre freilich eine ziemlich sichere Barriere
gegen jeglichen "Erkenntnistrieb", der über eine Kuhstall-Perspektive
hinausreicht.
81
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Von diesem regressiven Gegenbild aus erscheint dann die "Besessenheit"
der Wissenschaftler, die innerhalb ihrer spezifischen abstrakten Subjektivität
von ihrem Erkenntnisinteresse ausgeht, nicht mehr im modernen Sinne als
bloße Metapher, sondern wird in einem quasi mittelalterlichen Sinne
wieder buchstäblich genommen. Hatte Ullrich schon in den vorgeschichtlichen
Magiern den verwerflichen Drang nach "Herrschaftswissen" gegen die Natur
erkannt, so müssen nun die modernen Naturforscher wieder mit dem Bann
belegt werden, der früher zur Verbrennung von Hexen und Zauberern
geführt hatte. Seinem Gewährsmann Wagner folgend, verquickt Ullrich
die Psychiatrisierung der Wissenschafts-Subjekte mit ihrer Mystifizierung
als "Besessene, Magier, Verblendete" (TuH, 234), so unglaublich dies zunächst
auch klingen mag. Nur kurz hält sich der Produktivkraftkritiker mit
wissenschaftlichen Bedenken hinsichtlich seiner mehr als eigenartigen Verfahrensweise
auf, um die Mystifizierung und Psychiatrisierung dann nur umso hemmungsloser
weiterzubetreiben: "Es ist wohl überflüssig zu betonen, daß
'Trieb' und 'Besessenheit' unzulängliche Kategorien sind ... Versucht
man jedoch zunächst auf der Ebene der Phänomene die Vorgänge
zu ordnen, dann drängen sich bei der Beschreibung des Verhaltens der
Mitglieder der scientific community die Begriffe 'Trieb' und 'Besessenheit'
förmlich auf. Ich möchte darum, trotz aller Bedenken, in diesem
Zusammenhang hier auf eine Analogie hinweisen zu einem pathologisch triebhaften
Verhalten. Das Beispiel, das sich hier wiederum aufdrängt, im Vergleich
zum Verhalten der Kernphysiker, ist das 'lustvolle' und 'erregende Abenteuer'
des Feuerlegens durch Pyromanen" (TuH, 235).
Es genügt, an dieser Stelle haltzumachen und die dürftige
Erklärung Ullrichs für die Beziehung von Wissenschafts-Individuen
und Vernichtungspotenz der Physik zusammenfassend zu betrachten. Da er
nicht über die abstrakte Geld-Subjektivität hinauskommt, wie
sie alle gesellschaftlichen Prozesse einschließlich der Wissenschaft
dinglich vermittelt, bleibt das Problem des Motivationszusammenhangs für
ihn das Problem der MORAL ABSTRAKTER INDIVIDUEN. Die Wissenschaftler bestehen
diese moralische Probe nicht, sie entwickeln vielmehr einen krankhaften
Trieb zur Erkenntnis bzw. unterliegen einer magischen "Besessenheit". Die
materielle Grundlage für eine freie Entfaltung dieser amoralischen,
triebhaften Besessenheit wird durch die "hohe Bezahlung" der Wissenschaftler
geliefert, d.h. durch ihre Freistellung von den "normalen" Erwachsenen-Sorgen
eines völlig in seine pure Reproduktion verstrickten kleinen Warenproduzenten.
Überträgt man diese "Erklärung" von den Individuen auf
die Gesamtgesellschaft, so läßt sich nach dieser Diktion als
allgemeine Formel angeben, daß der Verwissenschaftlichungsprozeß
an einer "Diskrepanz zwischen Machen, Verfügung und Bewußtsein,
Verantworten" (TuH, 230) leidet. Nicht der völlig ausgeblendete Widerspruch
von Wertabstraktion und Produktivkraftentwicklung, sondern der Gegensatz
von "technischer Machbarkeit" und "moralischer Verantwortbarkeit" soll
das entscheidende Signum moderner Gesellschaftlichkeit sein. Ullrich beruft
sich dabei auf die Atombomben-Philosophie von Günther Anders, der
von einem "prometheischen Gefälle" spricht, d.h. von einer zunehmenden
Inkongruenz von "Griff-
82
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weiten der Vermögen" bzw. dem "Volumen des Machens und Denkens"
einerseits und der Fähigkeit des "Vorstellens" bzw. "Fühlens"
andererseits (zit. nach TuH, 189). In vereinfachter und vulgarisierter
Form hat diese These als Gegensatz von "ungeheurem technischen Fortschritt
des Menschen" und seinem gleichzeitigen Stehenbleiben auf der "moralischen
Stufe der Steinzeit" Eingang in die landläufig-inflationäre bürgerliche
Krisenphilosophie gefunden und ist geradezu zum Topos des wertfetischistischen
theoretischen Bewußtseins geworden. Letztlich handelt es sich aber
um nichts anderes als die ordinäre Stammtisch-Weisheit, daß
"der Mensch" halt ein "moralisches Vieh" und deshalb zwanghaft zu disziplinieren
sei.
Es ergibt sich fast von selbst, welche praktisch-gesellschaftspolitische
Konsequenz Ullrich aus seiner moralisch-psychiatrisierenden Kennzeichnung
der modernen Naturwissenschaft zu ziehen genötigt ist. Hinsichtlich
der Position von Anders sagt er dazu: "Sollte dies richtig sein, dann wäre
eine von den Menschen gewollte Kongruenz der Vermögen nur denkbar
in der Reduzierung der Dimension des Machens" (TuH, 189). Daß genau
darin seine Konsequenz tatsächlich besteht, bekräftigt Ullrich
auch in anderen Texten: "Da weder durch individuelle noch durch institutionelle
Ausweitungen die Diskrepanz zwischen HerstellenKönnen und Verantworten-Können
eingeholt werden kann, muß eine Begrenzung und Reduzierung des technischen
Mittelapparats erfolgen" (in: Techniksoziologie, 203). Die Menschen im
allgemeinen und die Naturwissenschaftler im besonderen sind moralische
Versager, und da sich Moral und wissenschaftliche Technologie nur im abstrakten
Individuum schneiden können, muß die gesellschaftliche "Reduzierung
des technischen Mittelapparats" gleichzeitig auch eine Sanktion gegen die
abstrakten Wissenschafts-Subjekte sein. Auch vor dieser letzten Konsequenz
schreckt Ullrich nicht zurück: "Zusammenfassend und abkürzend
... kann wohl gesagt werden: für die heutige Konstellation einer durch
Wissenschaft möglichen Technik sollte die Gesellschaft im Interesse
ihrer Lebens- und Überlebensfähigkeit den 'Forschertrieb' der
scientific community zunächst als 'Krankheit' betrachten, die geheilt,
eingedämmt oder zumindest auf ein 'lebensfähiges' Maß reduziert
werden muß" (TuH, 237).
Also ab in die psychiatrischen Kliniken mit Atomphysikern und anderen
allzu neugierigen naturwissenschaftlichen Grundlagenforschern, die dem
lieben Gott ins Handwerk pfuschen wollen und sich an der Madame "Natur"
vergreifen und versündigen? Vor allem aber: Wer sind die Richter?
Eine populistische Volksdiktatur unter Führung von Ullrich u. Co.
etwa, eine erkenntnisfeindliche Staatspolizei nach dem Muster von "Fahrenheit
451" in einer calvinistischen oder pietistischen Gesellschaft kleiner Warenproduzenten,
die kein vom Ebenbilde ihrer sozialen Bornierung abweichendes Verhalten
mehr dulden wollen? Der Einfall ist im allerschlechtesten Sinne utopisch
und gleichzeitig absurd. Nur einem von allen guten Geistern verlassenen
neo-kleinbürgerlichen Ideologen wie Ullrich kann es in den Sinn kommen,
das menschliche Erkenntnisinteresse gegenüber der Natur unter Kuratel
und Polizeiaufsicht stellen zu wollen, bloß weil er selber in seinem
Denken nicht über die Fetischismen von Ware und Geld hinauskommt.
Denn nichts anderes verbirgt sich hinter der hochnotpeinlichen moralischen
Aufwallung und psychiatrisierenden Verdammung des "Wissenschaftstriebes",
als
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das selber hochgradig bornierte Verlangen, die hochentwickelten gesellschaftlichen
Produktivkräfte samt ihrer naturwissenschaftlichen Basis gewaltsam
in die Zwangsjacke des Werts und dessen abstrakten, negativen Vergesellschaftungs-Prinzips
zurückzuzwängen. Die wildgewordene, vor ihren eigenen gesellschaftlichen
Konsequenzen zurückscheuende abstrakte Geld-Subjektivität wäre
noch eher bereit, die ganze moderne Wissenschaft fallen zu lassen wie eine
heiße Kartoffel, als den Sprung aus der Wert-Ökonomie hinaus
zu wagen. Der Wert IST ja diese abstrakte, dingliche Subjektivität,
als deren Funktionär das abstrakte menschliche Individuum seine eigene
Subjektivität nur begreifen kann und will. Für Ullrich träfe
sich freilich so alles auf's beste; stünde doch die "Reduzierung des
technischen Mittelapparats" in völligem Einklang mit dem Prinzip der
kleinvernetzten, dezentralen Produktionsweise und der warenproduzierende
Normalmensch, der niemals der Natur zu tief in den Ausschnitt blickt, könnte
sich für immer und ewig auf seinem dicken Handwerkerundbauern Hintern
selbstzufrieden niederlassen.
c) Moral der Dürftigkeit: Die "Reduzierung der Bedürfnisse"
Wenn die "Dimension des Machens" eingeschränkt und zurückgeschraubt,
wenn der "technische Mittelapparat" reduziert werden soll, dann erhebt
sich natürlich die Frage nach den BEDÜRFNISSEN, die vermittels
dieses wissenschaftlich-technologischen Apparats befriedigt werden. Bekanntlich
handelt es sich dabei gerade in den industriell entwickelten Ländern
um Bedürfnisse keineswegs bloß der schmalen Oberschicht, sondern
durchaus auch der berühmten "breiten Massen".
Es ist hier allerdings eine gewisse Begriffsverwirrung entstanden.
Denn einerseits fällt es schwer, gegen die Höherentwicklung der
Bedürfnisse und gegen die Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen
grundsätzlich etwas einzuwenden, andererseits gibt es aber auch Anlaß
genug, zahlreiche in den industrialisierten Wert-Ökonomien entstandene
Bedürfnisse vom Standpunkt eines "guten Lebens" aus zu kritisieren.
In den alten, vorkapitalistischen Gesellschaften konnte man sich noch ausladend
Zeit nehmen für Gastmähler, für eine umfassend sinnliche
Freude an Essen, Trinken und damit verbundenen Kulturen usw., - falls es
überhaupt etwas zu essen gab oder falls man ein "Herr" war. In den
kapitalistischen Wert-Ökonomien ist die gesellschaftliche Produktivkraft
so hoch entwickelt, daß jedenfalls für die große Mehrheit
eine reichliche Nahrungsmittelversorgung zur Selbstverständlichkeit
geworden ist; freilich gilt dies schon nicht mehr für eine wachsende
Minderheit der "Neuen Armut", wovon die Armen-Suppenküchen im Chikago
der Reagan-Ära ebenso Bände sprechen wie die "Restaurants des
Herzens" für die neuen Armen Frankreichs, die in ihren Betten erfrorenen
Rentner des glorreichen Thatcher-Großbritannien und die Sozialhilfe-Langzeitarbeitslosen
der BRD, deren Kinder ihren Durst mit mehr oder weniger giftigem Leitungswasser
löschen. Im krassen Unterschied zu allen vorkapitalistischen Produktionsweisen
hat diese "Neue Armut" als jüngste Errungenschaft des freien Marktes
ihren Grund aber
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nicht mehr in der mangelnden Produktivkraft, die selbst bei vergleichsweise
kleinen Bevölkerungsmengen zu periodischen Hungersnöten führte,
sondern einzig und allein in der gesellschaftlichen Logik der Wert-Ökonomie,
die trotz eines relativen Überflusses an Gebrauchsgütern Menschen
nur als abstrakte Verausgabungs-Einheiten von "Arbeitskraft" kennt und
jedes Individuum, das aus diesem Verwertungsprozeß herausfällt,
ziemlich rasch auf die Grenze des Existenzminimums herabdrückt. Mindestens
ebenso schlimm aber ist die Kanalisierung der Bedürfnisse selbst in
ihrem Inhalt. Die Produktion "schafft" die Bedürfnisse nicht nur in
dem Sinne, daß mit der vom Industriesystem geschaffenen Fülle
neuer Produkte auch die Bedürfnisse danach geweckt werden, sondern
auch insofern, als der Produktionsprozeß selber den Menschen formt
und damit seine Bedürfnisse in ein fremdbestimmtes Korsett zwängt.
Beispiele gibt es mehr als genug. Das Bedürfnis, sich zu vergiften,
erscheint auf den ersten Blick nur absurd, wird aber gesellschaftliche
Realität in dem Maß, wie die immer wahnwitzigere Anspannung
des abstrakten Verausgabungsprozesses eine permanente Aufputschung durch
Koffein, Nikotin usw., auf die der Körper kaum noch reagiert, zur
Massengewohnheit macht und umgekehrt die darauf folgende "Entspannungs"-Kurve
nur noch mit Alkohol oder überhaupt im Suff erträglich scheinen
kann. Auf der anderen Seite ist das Pendant der "Neuen Armut", der zunehmende
gestylte Luxuskonsum bis in die gutverdienenden Mittelklassen hinein, durch
seine Abkoppelung von den produktiven Potenzen der Gesellschaft völlig
sinnentleert; das "Bedürfnis", mit einem Porsche zum Kaffeetrinken
nach München zu fahren oder seine Kinder in wandelnde Ausstellungsstücke
teurer Markennamen zu verwandeln, zeigt nur die kaum verwunderliche Tatsache,
daß innerhalb einer Wert-Ökonomie das Leben auch der "Reichen"
sich an die toten Dinge verliert, nicht nur im Arbeits-, sondern auch im
Konsumprozeß, der ja derselben abstrakten Logik gehorchen muß.
Ganz ohne Zweifel ist daher nicht nur eine Kritik der Produktion, sondern
ebenso eine Kritik der Konsumtion notwendig. Diese würde freilich
ihr Ziel verfehlen, wenn sie nicht aufgehoben ist in einer Kritik der zugrundeliegenden
Wert-Abstraktion selbst. Denn eine isolierte Kritik der Bedürfnisse
muß sofort zur öden Moralpredigt verflachen, d.h. an das unbegriffene
abstrakte Individuum ein Ansinnen nach Änderung der Bedürfnisse
herantragen, ohne doch gleichzeitig den gesellschaftlichen Bedingungsgrund
dieser "falschen" Bedürfnisse anzutasten. Auch hier also wird die
Moral zur Krücke, um auf äußerliche Weise mit dem Nicht-Begriffenen
irgendwie fertig zu werden. Vor allem aber gerät das begriffslose
Moralisieren in die Gefahr, das Kind mit dem Bade auszuschütten und
mit der Kritik der "falschen", selbstzerstörerischen, barbarisierenden
Bedürfnisse zugleich auch das BEDÜRFNISNIVEAU als ganzes anzugreifen.
Wie es einen wesentlichen Unterschied gibt zwischen dem erreichten Niveau
der Produktivkräfte als gesellschaftlicher Potenz und dem wertökonomisch
geprägten Gegenstandscharakter der Produktionsmittel, so zwischen
der echten Errungenschaft des gesellschaftlichen Bedürfnisniveaus
und der gegenständlich kanalisierten, wertökonomisch geformten
Bedürfnisstruktur.
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Die Kritik des "Fast Food" soll ja nicht zurück zum Steckrübenfraß,
die Kritik des automobilen Individualverkehrs nicht zurück zum merowingischen
Ochsenkarren führen. Das Spülklosett für alle, gekachelte
Badezimmer, tägliches Duschen, tägliche warme Mahlzeiten, Waschmaschinen,
Bücher (welchen Inhalts auch immer) für weniger als einen Stundenlohn,
saubere Kleidung zum Wechseln usw.: es ist wohl den wenigsten Bedürfniskritikern
heute mit völligem Bewußtsein klar, wie absolut und lebenslang
unerreichbar die in solchen Alltäglichkeiten sich ausdrückenden
Bedürfnisse für die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung
in allen vorindustriellen Epochen waren. Marx hat mit vollem Recht von
der "zivilisatorischen Mission" des Kapitals gesprochen, denn erst durch
die transitorische Formation des Werts wurde das scheinbar unzerreißbare
Band zum Naturdreck wirklich durchschnitten und ein heute nicht mehr zurücknehmbares
menschenwürdiges Bedürfnisniveau geschaffen. Das transitorische
Moment ist heute an seinem Endpunkt angelangt, der Wert offenbart die zerstörerischen
Konsequenzen seiner dinglichen Subjektivität. Es gilt daher, das erreichte
Bedürfnisniveau von den Zwängen der Wertabstraktion und für
eine Gebrauchswert-Ökonomie direkter Vergesellschaftung zu befreien.
Die Produktivkraftkritiker geraten hier allerdings in eine höchst
fatale Lage. Denn sie wissen natürlich, zumindest instinktiv, daß
die offene Propaganda einer Zurücknahme des Bedürfnisniveaus
unmöglich ist. Keine große Schwierigkeit macht dies vorerst
den GRÜNEN als der unmittelbar politischen Ausgeburt einer wertfetischistisch
verblendeten Oppositionsbewegung. Daß in ihren kunterbunten Programmen
stark produktivkraftkritische Momente auftauchen, hindert sie keineswegs,
eilfertig die Erhaltung des Bedürfnisniveaus auf volkstümliche
Weise zu fordern: wie alle Politiker versprechen sie einfach das Blaue
vom Himmel herunter und geloben, die zerstörerischen Konsequenzen
des Geldes mit den Mitteln des Geldes zu beseitigen usw. Etwas mißlicher
sieht die Sache freilich für den THEORETISCHEN Produktivkraftkritiker
aus, denn dieser muß sich der unangenehmen Aufgabe stellen, Produktivkraftkritik
und industrielles Bedürfnisniveau logisch-argumentativ miteinander
in Einklang zu bringen. Diese Aufgabe ist leider unlösbar. Denn nachdem
mit der Wertabstraktion und der Logik der abstrakten Arbeit der eigentliche
gesellschaftliche Problemkern ausgeblendet bzw. in die abstrakte Naturbeziehung
umgewandelt worden ist, ergibt sich auch ein logischer Selbstlauf der Argumentation,
der vor der Frage der Bedürfnisse nicht haltmachen kann. Die Kritik
der Naturwissenschaft (statt des Geldes und der Lohnarbeit) führt
notwendig zur Kritik der Produktivkräfte, von da zur Propaganda der
kleinen, dezentralen Warenproduktion, und über die "Reduzierung
des technischen Mittelapparats" am Ende notwendig auch zur "Reduzierung
der Bedürfnisse", d.h. zur Zurücknahme des historisch erreichten
Bedürfnisniveaus. Eine kleine Produktion mit kleinen Mitteln erlaubt
eben letztlich auch nur kleine Bedürfnisse, nicht nur im rein quantitativen,
sondern auch im qualitativen Sinne.
Entsprechend zögerlich gehen die Produktivkraftkritiker auch an
die fatale Bedürfnisfrage heran. Thaa, der in den praktisch-gesellschaftspolitischen
Konsequenzen sowieso stets
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vage und orakelhaft bleibt, setzt sich vor allem mit der Frage der
menschlichen Bedürfnisse INNERHALB des unmittelbaren Produktionsprozesses
nach "sinnvoller Arbeit" etc. auseinander (ich werde darauf im letzten
Abschnitt ausführlich eingehen). Soweit es um die Frage des konsumtiven
Bedürfnis- und Kulturniveaus des Alltagslebens und dessen unauflösliche
Bindung an eine erreichte Höhe der Produktivkraftentwicklung geht,
schweigt er sich vornehm aus bzw. flüchtet immer wieder in die typischen
idealistischen Leerformeln der Kritischen Theorie, indem er z.B. am Ende
seines Buches "Glücksansprüche im weitesten Sinn" und den "Reichtum
einer mit den Triebansprüchen des Individuums versöhnten Gesellschaft"
(HaV,256) fordert. Gleichzeitig wehrt sich Thaa durchaus gegen "asketische"
Tendenzen in der Alternativbewegung und gegen einen "ökologischen"
Rigorismus, der die Bedürfnisse womöglich noch mehr als der "Leistungsfetisch"
sich zu unterwerfen gedenke (HaV, 255 f.) und reklamiert bereits in der
Einleitung seines Werkes für sich einen Standpunkt, der "zu den Ursachen
der Destruktivität moderner Industriegesellschaften führen" könne,
"ohne alternativen Luftschlössern oder heilen gestrigen Zeiten anzuhängen"
(HaV, 8). Wie dies alles jedoch unter einen Hut zu bringen und mit der
Produktivkraftkritik praktisch vereinbar sein soll, darauf weiß Thaa
keine Antwort. Und da er ohnehin nicht so sehr auf programmatische Konsequenzen
für eine praktische Gesellschaftspolitik hinauswill, kann er sich
diese Orakelhaftigkeit auch leisten. Bis zu einem gewissen Grade kann also
die Unverbindlichkeit theoretischer Produktivkraftkritik mit der theoretischen
Beliebigkeit grüner Programmatik insofern noch zusammengehen. Offen
bricht das Dilemma erst dann auf, wenn die Produktivkraftkritik logisch
als Gesellschaftsprogramm zu Ende gedacht wird.
Wie auch sonst fast immer ist es wiederum Otto Ullrich, der die Konkretisierung
bis zur Blamage weitertreibt. Auch er hebt mit beschwichtigenden Versprechungen
bezüglich des Bedürfnisniveaus an, wenn er für seine Programmatik
kleiner Warenproduktion fordert, daß "die Nachfrage wieder die Produktion
bestimmt, ohne dadurch mögliche vorindustrielle Kargheit und Bornierung
einhandeln zu müssen" (WN, 9). Die "Zurücknahme" der Produktivkräfte
soll also mit einem "guten Leben" vereinbar sein; Ullrich doziert dazu,
"daß in der neuen Gesellschaft viele wesentliche Bestimmungsmerkmale
des Industriesystems ZURÜCKGENOMMEN (Hervorheb. Ullrich) werden und
eine qualitativ neue Richtung eingeschlagen wird. Bei 'Zurücknahme'
fällt den phantasielosen Statthaltern von Kapitalgesellschaften, Zentralmächten
und großen Maschinen nur ein: zurück auf die Bäume, zurück
ins Mittelalter oder zurück zur Natur. Um ein solches Zurück
geht es gar nicht..." (WN, 113). Wirklich nicht? Eine von der Wertabstraktion
befreite Gebrauchswertproduktion könnte diesem Anspruch genügen,
aber diesen Weg hat sich die Produktivkraftkritik ja selber verbaut. So
wäre also zu fragen, wohin die "Phantasie" von Ullrich denn nun wirklich
schweift, denn ein "gutes Leben" kann natürlich auch sehr willkürlich
definiert werden, nicht zuletzt vom Soziologensessel des produktivkraftkritischen
Gesellschafts-Alchimisten aus. Und Ullrich enttäuscht uns nicht: trotz
aller Versprechungen tritt seine Phantasie
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unverzüglich den wenig beflügelten Fußmarsch nach rückwärts
an, zurück in die Kargheit und Bornierung des vorindustriellen Bedürfnisniveaus.
Zunächst treffen wir dort auf die unvermeidlichen, jedem Amateur-Ethnologen
und Alternativ-Esoteriker geläufigen Indianer und weisen Chinesen,
die in der neo-lebensphilosophischen "Realitätsbewältigung" der
deutschen Ex-Linken mittlerweile den Rang des Winnetou unserer Kinderzeit
einnehmen: "Besonders ausgeprägt war diese Überzeugung von der
Gleichrangigkeit allen Lebens auf der Erde in indianischen Kulturen Nordamerikas
oder in China. Diese Religionen und Vorstellungen, die wir heute nur noch
belächeln, waren sehr 'realitätsorientiert' und ermöglichten
den Menschen ein angemessenes (!), nicht selbstzerstörerisches Leben
in der Natur, zu der sie selbst gehörten" (WN, 43).
Wie so viele der neuen Indianer- und Chinesen-Freunde ignoriert auch
Ullrich den Zusammenhang der angesprochenen naturmystischen Vorstellungen
etc. mit einer bestimmten Stufe der menschlichen Gesellschaftlichkeit oder
Vergesellschaftungsform, die untrennbar wiederum mit einem jeweils bestimmten
Stand der Produktivkraftentwicklung und damit des Bedürfnisniveaus
verbunden war. Die "Vorstellungen" können davon nicht beliebig abgelöst
und auf beliebige andere Bedürfnisniveaus übertragen werden,
ganz abgesehen davon, daß die Gesellschaftsformen der Indianer und
der Chinesen sich ja doch wohl ganz grundsätzlich unterscheiden und
innerhalb dieser Unterschiede jeweils konstituierende Züge aufweisen,
wie sie mit Recht kein moderner Mensch ertragen könnte und möchte.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie es der positivistischen Willkür
gelingt, gerade bei der chinesischen Kultur einzelne als "menschen- und
naturfreundlich" erachtete Vorstellungen einfach wegzupräparieren
von der despotischen, blutig grausamen und jede Individualität negierenden
Vergesellschaftungsform der "asiatischen Produktionsweise". Für unseren
Zusammenhang genügt es, darauf hinzuweisen, daß die Frage der
"Angemessenheit" des Lebens nicht dem Richtspruch eines willkürlich
eklektischen Denkens unterliegt, das aus den Epochen und Kulturen der Menschheit
sich zusammenklaubt, was ihm "passend" dünkt, sondern der inneren
Logik der eigenen geschichtlichen Gesellschaftlichkeit, innerhalb der allein
die Frage der "Angemessenheit" diskutiert werden kann. "Angemessen" im
Sinne der Indianer und Chinesen sind Bedürfnisniveaus, die bloß
deswegen ihren "Vorstellungen" entsprechen, weil diese ihren Stand der
Produktivkraftentwicklung reflektieren. Und diese Bedürfnisniveaus
sind aus eben diesem Grunde "karg" und "borniert"; für die chinesische
Kultur als im Vergleich zu den nordamerikanischen Indianern höher
entwickelte Klassengesellschaft existierte freilich für die herrschenden
Klassen ein ganz anderes und viel höheres Bedürfnisniveau als
für die bäuerlichen unmittelbaren Produzenten. Aber auch dieses
mit der Produktivkraftentwicklung untrennbar verbundene Problem wird von
Ullrich systematisch ignoriert. Auch wenn er sich gern daran vorbeimogeln
möchte: es gibt kein Zurück zu den "Vorstellungen" früherer
Kulturen, ohne damit gleichzeitig deren niedrigere Produktivkraft und damit
Klassen-Gesellschaftlichkeit inclusive des "kargen" und sozial kraß
auseinanderfallenden Bedürfnisniveaus
in Kauf nehmen zu müssen.
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Von den Indianern und Chinesen gelangen wir mit den raschen Schritten
von Ullrichs Phantasie in das fröhliche Leben des Mittelalters. In
dieser Vergangenheit sieht er nicht nur "angemessene" Vorstellungen über
das Mensch-Natur-Verhältnis, sondern direkt Momente eines "guten Lebens"
verwirklicht. Der freie Zeit-Fonds für alle, von den Utopisten wie
von Marx in die Zukunft verlegt, soll in der Vergangenheit bereits Realität
gewesen sein: "Im Mittelalter gab es 189 Feiertage, in ganz Europa wurde
nicht mehr als die Hälfte der Tage im Jahr gearbeitet" (WN, 58). Wieder
unterschlägt Ullrich das tatsächliche Bedürfnisniveau und
damit den wirklichen Lebensprozeß einer vergangenen Gesellschaftsformation,
um stattdessen ein abstraktes Moment herauszupräparieren ("viele Feiertage")
und damit eine vergleichsweise erbärmliche Vergangenheit zu glorifizieren.
Die ackerbauende Gesellschaft des Mittelalters war nicht nur an den kirchlichen
Feiertagen, sondern im Winter eine ganze Jahreszeit hindurch zur Untätigkeit
im Sinne ihrer eigentlichen Reproduktion verurteilt. Freilich hieß
dies keineswegs, daß der äußerlich "freie" Zeit-Fonds
auch nur das geringste mit einem "guten Leben" zu tun gehabt hätte.
Besonders lange Winter und damit besonders lange erzwungene Zeiten von
Untätigkeit auf dem Acker führten sehr schnell zu verheerenden
Hungersnöten; zahlreiche Menschen erfroren regelmäßig in
ihren Hütten, wenn nicht genügend Brennholz herangeschafft werden
konnte. In dieser "freien" Zeit mußten die Menschen ihre groben und
kümmerlichen Werkzeuge oft mühselig reparieren, und den Rest
verdämmerten sie an die Öfen gekauert, eher Tieren vergleichbar
als etwa hochentwickelten Menschen, die aus einem reichen Zeit-Fonds schöpfen,
um Kunst und Wissenschaft etc. zu betreiben. Im Sommer und Herbst war der
kirchliche Feiertag sogar oft genug ein positives Unglück, wenn etwa
bei drohenden Unwettern die Ernte eingebracht und dafür extra flehentlich
die Erlaubnis bei den Pfarrern und Kirchenbehörden eingeholt werden
mußte. Die mittelalterlichen Bauern als unmittelbare Produzenten
hatten nicht freie Zeit FÜR SICH, sondern waren auf einem elenden
Bedürfnisniveau gleichermaßen dem Jahreslauf der Natur wie den
irrationalen Mächten feudaler Gesellschaftlichkeit ausgeliefert. Und
der letzte Grund dieser gesellschaftlichen Zustände ist eben der Stand
der Produktivkraftentwicklung, die das Bedürfnisniveau ebenso wie
die sozialen Beziehungen determiniert. Die 189 Feiertage können nicht
losgelöst von Tatsachen wie dem primitiven Brandrodungs-Ackerbau,
willkürlich die Feldfrüchte niederreitenden feudalen Jagdgesellschaften,
der Sitte des Ohren- und Nasenabschneidens bei Delinquenz oder dem Verrichten
der Notdurft aus dem Fenster auf die Straße gesehen werden. Es ist
nichts als fauler Zauber, wenn Ullrich sich einbildet, er könne durch
ein Zurückdrehen der Produktivkraftentwicklung die abstrakte Zeit
der "189 Feiertage" zurückholen, ohne damit auch das Bedürfnisniveau
und die entsprechenden Gesellschaftszustände des Mittelalters zurückholen
zu müssen.
Doch nicht genug damit, die phantastische Reise in die Vergangenheit
führt uns noch weiter zurück in geradezu paradiesische Zustände:
"Der Vergleich fällt noch ungünstiger aus, wenn man die Industriegesellschaften
mit 'primitiven' Kulturen vergleicht" (WN, 59). Ullrich stützt sich
dabei auf die Behauptung Mumfords, daß "sehr lange Zeit ... für
die
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Menschheitsentwicklung die 'materielle Produktion' nur eine sehr untergeordnete
Rolle gespielt (hat)" (WN, 59) und auf das 1972 erschienene Buch "Stone
Age Economics" von Marshall Sahlin, in dem es über primitive Jäger-
und Sammlergesellschaften heißt, daß "pro Kopf und Jahr mehr
am Tag geschlafen wird als in jeder anderen Gesellschaftsform" (WN, 59).
Für die Jäger- und Sammler-Gesellschaften gilt aber noch
weit mehr als für die Bauern des Mittelalters, daß ihre Nicht-Arbeitszeit
keineswegs der Reichtum eines Zeit-Fonds für freie Lebensgestaltung
ist, sondern vielmehr ganz im Gegenteil nur die geringe Fähigkeit
eines Stoffwechselprozesses mit der Natur und also einen Mangel an Bedürfnissen
darstellt. Die Herde ist vorübergezogen, der Bauch momentan gefüllt,
die Wurzelknollen der Umgegend ausgegraben; also gibt es nichts weiter
zu tun und die Menschen "schlafen" auch am Tag, verfallen in eine Art Dämmerzustand.
Der Zeithorizont ist ungeheuer verkürzt wie bei kleinen Kindern und
reicht nicht über die nächsten Stunden oder vielleicht den nächsten
Tag hinaus, und diese begrenzte Reichweite des Denkens, die noch nicht
durch den "Prozeß der Zivilisation" (Norbert Elias) hindurchgegangen
ist, entspricht der ebenso begrenzten Reichweite der produktiven Arbeit.
Daß solch paradiesische Zustände einem extrem niedrigen Bedürfnisniveau
entsprechen, wird auch Ullrich klar, wenn er mit biblischer Naivität
die treuherzigste Bedürfnislosigkeit in Diogenes-Manier beschwört:
"Die Bedürfnisse, die unbedingt erfüllt werden müssen, damit
ein Mensch überleben kann, sind sehr gering, in der Zahl und im 'Niveau'.
Sie beschränken sich auf Nahrung und liebevolle Zuwendung durch andere
Menschen. Schon bei Kleidung und Behausung gibt es eine große Variationsbreite.
Selbst bei eisiger Kälte haben Menschen ohne Kleidung gelebt, wie
z.B. in Feuerland" (WN, 102).
Damit sind wir am Ziel der phantastischen Reise angelangt, einem Ziel
allerdings, bei dem vermutlich auch die Weisen des Ostens etwas die Mundwinkel
verziehen dürften. Nicht zufällig ist die Phantasie des Produktivkraftkritikers
mit ihm nach rückwärts durchgegangen, und nicht zufällig
ist er nach dem eingangs gegebenen Versprechen, keinesfalls zu "vorindustrieller
Kargheit und Bornierung" zurückkehren zu wollen, schließlich
doch unversehens bei der Propaganda der Bedürfnislosigkeit und den
nackten Feuerländern angelangt. Wie "ein Mensch" überleben kann,
dies hängt eben nicht bloß von der puren physischen Nahrungsaufnahme
und einem abstrakten Begriff "liebevoller Zuwendung", sondern auch von
seinem einer bestimmten Produktivkraftentwicklung entsprechenden Kulturzustand
und damit Bedürfnisniveau ab. Das "Stone Age"-Mittagessen und die
anschließende liebevolle Zuwendung der Steinzeit-Mami dürfte
selbst dem abgebrühtesten Bahnhofspenner des 20. Jahrhunderts übel
bekommen. Ullrich arbeitet mit der schlechten Abstraktion eines unhistorischen
Menschenbildes, weil er anders die Konsequenzen der Produktivkraftkritik
nicht unterbringen kann. Er müßte sich, Schicksal des schlechten
Utopisten, seine realen Individuen ebenso eklektisch zurechtmodeln und
sie auf das Prokrustes-Bett seiner Bedürfnis-Phantasien spannen wie
sein zusammengezimmertes Gesellschaftsmodell.
Nach mancherlei Winkelzügen und Seitenwegen läßt Ullrich
die Katze also aus dem Sack
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und gibt offen zu, daß zu den praktischen Konsequenzen der Produktivkraftkritik
eine einschneidende Senkung des allgemeinen Bedürfnisniveaus gehört.
Auf eine allgemeine Formel gebracht hat dies bereits Sahlin, der von Ullrich
zustimmend zitiert wird: "Es gibt nämlich zwei mögliche Wege
zum Wohlstand. Bedürfnisse können bei hohem PRODUKTIVITÄTSNIVEAU
- aber eben auch bei einem niedrigen BEDÜRFNISNIVEAU - 'leicht befriedigt'
werden" (zit. nach WN, 59, Hervorheb. Ullrich).
In der Tat, wenn "Wohlstand" vom Diogenes-Standpunkt aus definiert
wird, dann reichen Wasser, Brot und eine Tonne aus, um ein "gutes Leben"
zu garantieren. Das Dumme ist nur, daß bei einem derart niedrigen
Bedürfnisniveau die "freie Zeit" wertlos wird und eben höchstens
zum Dösen verwendet werden kann. Zwar ist der Gesichtspunkt durchaus
richtig, daß der Mensch sich nicht an die Dinge verlieren soll; aber
er verliert sich ja nicht, weil er aufgrund einer "zu hohen" Produktivkraft
zuviel davon besitzt, sondern weil er als abstrakter Wertproduzent von
den produktiven Potenzen seiner eigenen Gesellschaftlichkeit abgeschnitten
ist und sich die Dinge nur als "tote" Konsumprodukte aneignen kann. Ullrich
kann die Entfremdung des abstrakten Konsums auf hohem Niveau nur hilflos
mittels einer Reduzierung der Bedürfnisse bekämpfen, weil er
die Logik der Wert-Ökonomie nicht begreift. Dies wird besonders deutlich,
wenn er abstrakt den Zeit-Fonds der Individuen vorindustrieller Epochen
mit dem heutigen vergleicht: "Menschen in Ländern mit hoher Arbeitsproduktivität,
also mit dem technologischen Vermögen, viele Güter in kurzer
Zeit herstellen zu können, haben immer weniger Zeit ... Viele ehemals
lustvolle Tätigkeiten werden bei steigender Arbeitsproduktivität
reduziert oder verdrängt, da sie nicht durch einen höheren Gütereinsatz
intensiviert werden können. Dadurch werden die Menschen hektischer,
oberflächlicher und empfindungsärmer. Auch die Kulturzeit gehört
zu den Verlierern bei der neuen Zeitverteilung. Die alte Hoffnung, daß
durch entfaltete Produktivkräfte die Menschen Zeit finden würden
für Philosophie und Kunst, erfüllt sich gerade bei einer hohen
materiellen Produktivität nicht" (WN, 104f.).
Man muß es den Produktivkraftkritikern gegenüber immer wieder
betonen: Der Kapitalismus und die von ihm hervorgerufene Revolutionierung
der Produktivkräfte WAR ein ungeheurer Fortschritt, ein nicht mehr
zurücknehmbarer zivilisatorischer Schub, der trotz aller Grausamkeiten
der "ursprünglichen Akkumulation" insgesamt das reale Alltagsleben
der großen Masse erstmals in der Geschichte aus einem quasi viehischen,
schmutzigen, erbärmlichen und bedürfnislosen Dasein herausgehoben
hat. Wenn die Produktivkraftkritiker das privilegierte Leben der Minderheit
von städtischen Handwerkern und Großbauern oder die idealistischen
Philosophien herrschender Klassen der Vergangenheit als Kontrast zum "modernen
Leben" bemühen, so muß ihre absolute "Phantasielosigkeit" dem
elenden Leben der großen Mehrheit des "armen Volkes" der unmittelbaren
Produzenten gegenüber, wie es sich in diesen Epochen abgespielt hat,
umso unangenehmer auffallen. Ganz davon abgesehen aber ist der "Zeitdruck"
und der Verlust an "Kulturzeit" in den westlichen wie den östlichen
Industrieländern heute nicht der "hohen Arbeitsproduktivität"
geschuldet, sondern der totalen
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Subsumtion der Individuen unter den Verausgabungsprozeß abstrakter
Arbeit. Diese Subsumtion erstreckt sich nicht nur auf den unmittelbaren
Arbeitsprozeß selber, sondern auf den gesamten Reproduktionsprozeß
und also auch auf die Konsumtion samt den dazugehörigen Bedürfnissen.
Der Mensch, der in seinem produktiven Gesellschafts-Dasein auf eine Verausgabungs-Einheit
abstrakter Arbeit reduziert ist, kann nicht nach Feierabend gedankentief
und empfindungsreich sein. Ullrich übersieht völlig, daß
die hohe Arbeitsproduktivität GESELLSCHAFTLICH durchaus eine nie dagewesene
Menge von "freier" Nicht-Arbeitszeit schafft, aber eben nicht in Form einer
reichen Entwicklung und Entfaltung aller Gesellschaftsmitglieder, sondern
in der gegensätzlichen und absurden Form der "Arbeitslosigkeit", in
der die "nicht gebrauchten" Verausgabungs-Einheiten abstrakter Arbeit aus
dem Reproduktionsprozeß ausgespuckt und tendenziell auf ein historisch
bereits überwundenes Bedürfnisniveau "zurückgebombt" werden.
Der von der hohen Arbeitsproduktivität erzeugte ZeitFonds wird durch
den Raster des Werts in Zeit-Vernichtung für das Individuum verwandelt.
Übrigens ist es eine reine Unterstellung von Ullrich, daß die
"alte Hoffnung" auf einen "neuen Menschen" sich von Seiten der alten Arbeiterbewegung
und ihrer Theoretiker jemals aus einem blanken Automatismus der Produktivkraftentwicklung
hergeleitet hätte. Es bestand nie ein Zweifel, daß die PRODUKTIONSVERHÄLTNISSE
revolutionär umgewälzt werden müssen, damit die Menschen
durch "entfaltete" Produktivkräfte "Zeit finden würden für
Philosophie und Kunst". Nicht daran muß die Kritik ansetzen, sondern
an der ungeheuren Verkürzung im Begriff dieser Umwälzung, die
den wirklichen Kern des abstrakten Wertverhältnisses völlig unangetastet
gelassen hat. Für Ullrich aber ist der Wert sogar eher noch mehr als
für die alte Arbeiterbewegung und ihre Theoretiker zur ontologischen
Selbstverständlichkeit geworden, sodaß ihm sowohl die "falschen",
selbstzerstörerischen Bedürfnisse als auch die Zeit-Vernichtung
absurderweise unmittelbar der "hohen Arbeitsproduktivität" selber
zu entstammen scheinen. Der zur Totalitätsform gewordene Wert ist
gerade durch seine totale Allgemeinheit als historisch besondere Form der
Vergesellschaftung unsichtbar geworden, nicht nur für das Alltagsbewußtsein,
sondern auch für das theoretische Bewußtsein, jedenfalls das
soziologistische von Ullrich u. Co.
Dabei könnte er es eigentlich durchaus besser wissen; in der Phänomenologie
der Bedürfnisbefriedigung beschreibt er selber den Wert-Mechanismus,
dessen Begriff ihm jedoch verschlossen bleibt, weil die zu verselbständigten
"Subsystemen" geronnenen Momente des "Industriesystems" und des "Marktes"
unvermittelt auseinanderfallen. Ullrichs "richtige" Zustandsbeschreibung
wird so zu einem Paradebeispiel von Begriffslosigkeit: "Ein Grundzug des
Industriesystems besteht darin, den Menschen die Möglichkeit und Fähigkeit
zu nehmen, ihre Bedürfnisse unmittelbar und selbständig zu befriedigen.
Um Bedürfnisse befriedigen zu können, müssen meist Mittel
erworben oder Dienstleistungsbetriebe in Anspruch genommen werden. Der
Ursprung hierfür liegt im Kapitalismus, der auf diese Weise sich seinen
Zugriff zur Ausbeutung und Herrschaft sicherte. Ein entscheidender Schritt
zu dieser Enteignung von der selbständigen Befriedigungsmöglichkeit
der Bedürfnisse war die Etablierung
92
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von Marktbeziehungen mit Monopolcharakter: Nachdem alle Möglichkeiten,
sich mit Nahrung und Kleidung selbst zu versorgen, zerschlagen waren, standen
die Menschen nur vor der Wahl, entweder eine Lohnarbeit anzunehmen oder
arbeitslos zu werden und damit aller Mittel der Existenzsicherung beraubt
zu sein. Die Marktbeziehung hatte nun nicht mehr nur eine Ergänzungsfunktion,
die man nutzen konnte, wenn man sich bestimmte zusätzliche Wünsche
erfüllen wollte, auf die man aber auch leicht hätte verzichten
können. Nun MUSS (Hervorheb. Ullrich) man die Marktbeziehung eingehen,
wenn man leben will. Diese Industrialisierung der Befriedigung von Bedürfnissen
erfaßt zunehmend alle Lebensbereiche" (WN, 103).
Die Beschreibung Ullrichs ist vorzüglich, aber die Begriffe sind
falsch. In der Tat, die Menschen können ihre Bedürfnisse nicht
mehr "selbständig" befriedigen. Die stoffliche Vergesellschaftung
durch Wissenschaft und Maschinerie wurde als MENSCHLICHE vermittels der
bisher einzig bekannten ökonomischen Vergesellschaftungsform des WERTES
bewerkstelligt. In der Produktivkraftentwicklung unter der Zwangsform der
Wertabstraktion aber ist die Logik der Entleerung und Enteignung des Individuums
und der Unterordnung seiner Bedürfnisse unter den verselbständigten
Akkumulationsprozeß des Werts angelegt. Bei Ullrich hingegen erscheint
der Wert als neutrales, subjektiv von den Menschen einsetzbares "Mittel"
und daher die Unterordnung der Bedürfnisse unter die totale Vermarktung
nicht als innere Logik des Werts, sondern als innerhalb des Werts selber
abschaffbare Willkür, als "Etablierung" von "falschen", dem "wahren",
"menschlichen" Wertverhältnis widersprechenden "Marktbeziehungen mit
Monopolcharakter". Der "antimonopolistische Kampf" läßt grüßen,
sei es nun der genuin kleinbürgerliche oder die einschlägigen
strategischen Phantasien des Vulgärmarxismus der DKP.
Und eben deshalb kann sich der Produktivkraftkritiker die Wiederaneignung
der Bedürfnisse nur als STOFFLICHE Auflösung nach rückwärts,
als Ent-Wissenschaftlichung und damit Ent-gesellschaftung vorstellen. Das
richtig beschriebene Übel erscheint als "INDUSTRIALISIERUNG" der Bedürfnisbefriedigung
statt als deren MONETARISIERUNG. Die Verwandlung aller Beziehungen in GELD-Beziehungen,
wie schon im Kommunistischen Manifest angedeutet, ist aber der ökonomische
Kern der Enteignung der Menschen von jeder "selbständigen" Bedürfnisbefriedigung.
Da Ullrich die Unterwerfung der Bedürfnisse unter die Totalität
des Marktes mit der stofflich-technischen Vergesellschaftung völlig
begriffslos identifiziert, ist für ihn die "Selbständigkeit"
der Bedürfnisbefriedigung auch identisch mit deren "Unmittelbarkeit",
d.h. Nicht-Gesellschaftlichkeit. Als "Ideal" erscheint so plötzlich
nicht einmal mehr die berühmte "kleine" Warenproduktion, sondern die
autarke, geschlossene Hauswirtschaft mit nur ausnahmsweisen, auf "zusätzliche
Wünsche" gerichteten Marktbeziehungen. Dabei läßt Ullrich
natürlich wieder in seiner eklektischen Gesellschafts-Bastelei wesentliche
Bestimmungen einer solchen Produktionsweise außer acht. Im Unterschied
zur "kleinen Warenproduktion" als allgemeiner Vergesellschaftungsform ist
die geschlossene Hauswirtschaft mit ausnahmsweiser, marginaler Marktbeziehung
tatsächlich logisch möglich und
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auch historisch real. Ullrich hat nur leider vergessen, hinzuzufügen,
daß auf dieser Stufe keineswegs lauter idyllische, autarke Wirtschaften
nebeneinander gemütlich existieren, sondern diesen jeweils ein gepanzerter
und waffenstarrender Feudalherr im Nacken sitzt und sie ausquetscht bis
aufs Blut, wie die zahlreichen Bauernaufstände in allen entsprechenden
Gesellschaftsformationen beweisen. Und diese wenig idyllische Sozialbeziehung
ist eben keineswegs willkürlich oder zufällig, sondern notwendige
Folge eines Standes der Produktivkraftentwicklung und der daraus resultierenden
(niedrigen) Vergesellschaftungsstufe. Ullrich als willkürlicher Eklektiker
aber bildet sich tatsächlich ein, es ließen sich "kleine" Produktivkräfte
mit "kleinen" Vergesellschaftungsformen "etablieren", OHNE damit auch eine
dementsprechende Totschläger-Herrenklasse in Kauf nehmen zu müssen.
Er löst damit die Geschichte wieder in jene Summe von Willkürlichkeiten
auf, als die sie den Aufklärern und Utopisten erschien.
Was die Produktivkraftkritik sich partout nicht vorstellen kann und
will, ist die Möglichkeit einer "selbständigen", aber deswegen
nicht "unmittelbaren", sondern gesellschaftlichen Bedürfnisbefriedigung.
Sich mit Nahrung und Kleidung wieder "selbst zu versorgen", würde
als Preis der vermeintlichen "Selbständigkeit" den Menschen nicht
nur die Unausweichlichkeit "direkter" und roher Herrschaftsbeziehungen
aufdrängen, sondern gleichzeitig das Bedürfnisniveau wieder historisch
weit zurückwerfen. Was für Kleider sollen das denn sein, die
jeder in "Selbstversorgung" herstellt? Nicht der Weg zurück zur Selbstversorgung,
sondern die Ent-Monetarisierung der gesellschaftlichen Industrie, die auch
im Ostblock nicht im geringsten geleistet ist, steht historisch auf der
Tagesordnung. Indem die gesellschaftlichen Individuen FÜR SICH zu
solchen werden statt für die tote Dinglichkeit des Geldes auf dem
Boden dinglicher Gesellschaftlichkeit sich als ökonomische Monaden
gegenüberzutreten, können sie sich auch ihre Bedürfnisbefriedigung
wieder selbst als gesellschaftliche aneignen. Dies schließt auch
Momente "unmittelbarer" Bedürfnisbefriedigung keineswegs aus, jedoch
nicht als gegensätzliches Abstraktionsprinzip der "Selbstversorgung"
oder der "kleinen Warenproduktion", sondern als selbst-bewußte Entscheidung
nach qualitativen Gebrauchswerten. Ich möchte in diesem Zusammenhang
noch einmal auf die Radieschen und den Garten zurückkommen. In einer
Gebrauchswert-Ökonomie direkter Gesellschaftlichkeit sind vielfältige
Formen "unmittelbarer" Bedürfnisbefriedigung hinsichtlich Obst, Blumen,
Frischgemüse usw. möglich und denkbar, wenn zu Wohnhäusern,
Schulen, Fabriken und anderen Institutionen ohne weiteres auch GÄRTEN
gehören, nicht bloß zur Zierde oder zu Lehrzwecken etc., sondern
wirklich als Teilmoment der Versorgung. In einer Wert-Ökonomie aber
wird nicht zuletzt Grund und Boden monetarisiert und der partikularen,
betriebswirtschaftlichen Kalkulation oder sogar der monetären Spekulation
unterworfen. Die Verwandlung der großen Städte in Stein- und
Betonwüsten, das systematische Schrumpfen und Verschwinden der Gartenkultur
aus den Städten ist schlechterdings nicht aus der Industrialisierung
als solcher abzuleiten, sondern als notwendige Folge der Wert-Ökonomisierung
des gesamten Lebensraums.
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Wie man die Sache auch dreht und wendet, es stellt sich am Ende doch
heraus, daß die logische Konsequenz der Produktivkraftkritik tatsächlich
"zurück ins Mittelalter" führt und die Betonung Ullrichs, daß
es nicht um "vorindustrielle Kargheit" gehe, ein ebenso leeres Versprechen
bleibt wie die abstrakten und inhaltslosen Verheißungen Thaas über
"Glücksansprüche im weitesten Sinn" usw. Für den "Glücksanspruch"
benötigt man in der famosen Zukunftsgesellschaft der Produktivkraftkritiker
eine in Wahrheit völlig anspruchslose DiogenesMentalität, eine
knechtische Haltung des Sich-Zufriedengebens. Die kleinen Bedürfnisse
mit kleinen Produktivkräften in kleinen Einheiten und kleinen Vernetzungen
produzieren unfehlbar auch kleinliche, kleinkarierte Menschen; die allseitige
BESCHRÄNKTHEIT als Lebensund Gesellschaftsideal, das also ist das
Resultat des ganzen weitausholenden theoretischen Aufwands, das die Produktivkraftkritik
ohne Schamröte zu präsentieren wagt! Vom akademischen Soziologensessel
aus läßt sich dann leicht in Phantasien einer "angemessenen"
Ackerbau-Gesellschaft schwelgen, solange man nämlich selber keine
Schaufel in die vom Schreiben so viel baren Unsinns schwieligen Hände
zu nehmen braucht. "Als einzig sinnvolle Perspektive" erweist sich daher
für Ullrich schließlich eine "arbeitsintensive(!) Produktionsweise
in kleinen Einheiten ... Für den Antrieb von arbeitssparenden Maschinen
werden auch Tiere wieder wie das Pferd sinnvoll integriert werden können.
Über eine arbeitsintensive(!), biologisch ausgerichtete Landwirtschaft
könnte sich auch ein neues Naturverhältnis des 'zivilisierten'
Menschen entwickeln als eine ausgewogene(!) Synthese zwischen naiv-mythischer(!!)
und aufgeklärt-wissenschaftlicher Haltung" (WN, 124).
Also tatsächlich wieder zurück zur Plackerei und Schinderei
des Hackens, Grabens und Schaufelns mit der Hand, zurück zum Pflügen
mit dem Pferd, zurück zur "arbeitsintensiven" Produktion von Adam
und Eva, wo es keinerlei "disponible Zeit" des gesellschaftlichen Individuums
gibt, sondern nur von der Natur erzwungene Notzeiten stumpfsinniger Ruhe
in einem Leben endlosen Aufgehens in der täglichen Notdurft! Es fällt
allerdings schwer, eine solche Perspektive überhaupt ernst zu nehmen.
Daß die Menschen dann wieder fleißiger den Rosenkranz beten
und sich vor Waldteufeln fürchten würden, ist durchaus einsehbar.
Diese von der "kleinen" Produktivkraft produzierte Vorstellungswelt allerdings
mit einer "aufgeklärtwissenschaftlichen Haltung" (wo soll die dann
herkommen?) in Einklang bringen zu wollen, diese Zumutung stellt den Gipfelpunkt
von Ullrichs historischem Eklektizismus dar! Eine derartige Monstrosität
von "Ausgewogenheit" legt den Ratschlag nahe, Ullrich möge sich als
Moderator bei der ARD bewerben; wissenschaftlich ernst genommen werden
kann sie nicht.
Freilich dient eine derart kleinkarierte Utopie der allseitigen Bedürfnisreduzierung
eher den ideologisch-weltanschaulichen Bedürfnissen einer neo-reformistischen,
auf die abstrakte Geld-Subjektivität verpflichteten Oppositionsbewegung
als daß sie im Sinne einer realen Gesellschaftsperspektive ernst
genommen werden wollte; und es ist zweifelhaft, ob Ullrich selbst dies
tut, sieht er doch den praktischen Ansatz einer Veränderung ausdrücklich
ganz friedlich im Rahmen der bestehenden (kapitalistischen) Gesellschaft
angesiedelt und auf die berüchtigte
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"Machbarkeit" unter diesen nicht mehr revolutionär in Frage gestellten
Bedingungen eingeschränkt. Die reaktionäre Entgesellschaftungs-Propaganda
der kleinen Warenproduktion, die auf dem Geld als "Mittel" beharrt und
sich so mehr oder weniger freiwillig in den Reproduktionsprozeß der
Wert-Ökonomie einfügt, wird damit durch die ergänzende ebenso
reaktionäre Propaganda der Bedürfnisreduzierung sogar direkt
zur Funktion kapitalistischer Krisenbewältigung gegen die Bedürfnisse
der Massen. Konnten die neo-kleinbürgerlichen "Geschäfts"-Gründungen
noch als Entpolitisierung auf eigene Rechnung einer lustlos und weich gewordenen
Ex-Linken aufgefaßt werden, so erweist sich das verherrlichende Ausmalen
eines gesenkten allgemeinen Bedürfnisniveaus, streicht man die Ausflüge
in die Vergangenheit bzw. die eklektische Konstruktion phantastischer Kleinwelten
weg und siedelt den Grundgedanken in der jetzigen Realwelt an, in der Konsequenz
der Produktivkraftkritik als offene Flankendeckung für die neo-konservative
"Wende" des "Exportmodells" Deutschland. Im Gerangel der grünen Realpolitik
um die Position der "Mitte" zwischen SPD und CDU entpuppt sich dieser schäbige
Kern der Produktivkraftkritik langsam aber sicher auch auf der prosaischen
Ebene der Tagespolitik. Die Einbindung in die "Sachzwänge" der wertabstraktiven
Vergesellschaftungs-Logik, gleichgültig ob an der Seite der Sozialdemokratie
oder sogar zusammen mit "Wert-Konservativen" oder "Markt-Ökologen",
muß die produktivkraftkritischen "Realutopien" unvermeidlich als
Waffe gegen das historisch erreichte Bedürfnisniveau der Massen instrumentalisieren.
Praktisch bewiesen hat dies bereits die Debatte um das "Mindesteinkommen",
wo unter dem glänzenden Mäntelchen einer "realutopischen" angeblichen
"Entkoppelung von Arbeit und Einkommen" sehr schnell die Krisenbewältigungs-Perspektive
eines Zurückwerfens großer, aus dem Verwertungsprozeß
als "überflüssig" herausfallender Massen (Arbeitslose, Kranke,
Rentner etc.) auf ein erbärmliches Sozialhilfe-Niveau
sichtbar geworden ist.
d) Die Rettung des unmittelbaren Produzenten als seine Verewigung
Das "Zurückdrehen" der Produktivkräfte, die "Reduzierung der
Dimension des Machens" usw. hat nicht nur den Rückfall auf ein niedrigeres,
rohes Vergesellschaftungsniveau und eine Reduzierung der Bedürfnisse
zur Konsequenz, sondern signalisiert als Ideologie (um etwas anderes handelt
es sich ja nicht) auch ein bestimmtes Verhältnis zum unmittelbaren
Produktionsprozeß selbst. Darin zeigt sich die eigene soziale Position
der Produktivkraftkritiker und der Reflex ihres eigenen Interessenmoments
innerhalb der real existierenden wert-ökonomischen Reproduktion vielleicht
am deutlichsten, und deshalb will ich abschließend darauf gesondert
eingehen. Schon hinsichtlich der realen, objektiven Degradation des Arbeiters
(Lohnarbeiters) im Arbeitsprozeß, wie er als Verausgabungsprozeß
abstrakter Arbeit erscheint, war die Ausblendung der Lohnform und das direkte
Ableiten der Degradation aus dem toten technischen Mittelapparat selber
in der Produktivkraftkritik deutlich geworden. Dieser Gedanke erscheint
nun auch in den praktischen, gesellschaftspolitischen Konsequenzen
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wieder. Sowohl Ullrich als auch Thaa wollen die Frage der Bedürfnisbefriedigung
nicht auf das Konsumtionsniveau beschränken, sondern den INHALT DER
ARBEIT SELBST als wesentliches Bedürfnismoment festhalten; und darin
ist ihnen auf dieser Abstraktionsebene auch unbedingt zuzustimmen. Die
Frage ist nur, was aus dieser durchaus fruchtbaren Problemstellung unter
den Prämissen der Produktivkraftkritik dann konkret wird.
Marx hat die Zerstörung der Arbeit als menschliches Grundbedürfnis
und ihre Verwandlung in einen stummen äußeren Zwang bereits
in den Frühschriften der "Pariser Manuskripte" unübertroffen
dargestellt: "Worin besteht nun die Entäußerung der Arbeit?
Erstens, daß die Arbeit dem Arbeiter äußerlich ist, d.h.
nicht zu seinem Wesen gehört, daß er sich daher in seiner Arbeit
nicht bejaht, sondern verneint, nicht wohl, sondern unglücklich fühlt,
keine freie physische und geistige Energie entwickelt, sondern seine Physis
abkasteit und seinen Geist ruiniert. Der Arbeiter fühlt sich daher
erst außer der Arbeit bei sich und in der Arbeit außer sich.
Zu Hause ist er, wenn er nicht arbeitet, und wenn er arbeitet, ist er nicht
zu Hause. Seine Arbeit ist daher nicht freiwillig, sondern gezwungen, ZWANGSARBEIT.
Sie ist daher nicht die Befriedigung eines Bedürfnisses, sondern sie
ist nur ein Mittel, um Bedürfnisse außer ihr zu befriedigen.
Ihre Fremdheit tritt darin rein hervor, daß, sobald kein physischer
oder sonstiger Zwang existiert, die Arbeit als eine Pest geflohen wird"
(Karl Marx, Texte zu Methode und Praxis II, Pariser Manuskripte 1844, Reinbek
1969, 54f.).
Zweifellos gilt diese Grundbestimmung entfremdeter (Zwangs-) Arbeit
im Kern heute noch weit mehr als für die Mitte des 19. Jahrhunderts,
und sie gilt nicht nur für den Westen, sondern auch für die Wert-Ökonomie
des östlichen, sowjetischen Typus. Der Gedanke, daß die Arbeit
selber in ihrem Inhalt ein Bedürfnis und ihre Ausführung eine
Bedürfnisbefriedigung an ihr selber sein könnte, ist den Menschen
bereits ganz fremd geworden. Auch die traditionelle Arbeiterbewegung hat
im Prozeß ihrer fordistischen Integration den bloßen äußerlichen
Mittelcharakter der Arbeit unter dem Diktat der Wertabstraktion bewußtlos
akzeptiert und ihren Kampf in erster Linie auf die stetige Verbesserung
der Arbeiter-Situation "zu Hause" gerichtet, dort, wo er "erst außer
der Arbeit bei sich" ist als Konsument, Familienmensch, Hobby-Bastler,
Vereinsmeier und geistloser TV-Pantoffelheld. Die weitgehende Verspießbürgerung
der traditionellen Gewerkschaftsbewegungen hat ihre tiefsten Wurzeln sicherlich
in dieser grundsätzlichen Akzeptanz der Lohnarbeit als solcher, d.h.
der entfremdeten Arbeit, in der die Arbeitenden "außer sich" sind
und "nicht zu Hause". Der Kampf um die "Arbeitsbedingungen" blieb demgegenüber
immer auf das Notwendigste beschränkt und hat sich im 20. Jahrhundert
immer mehr in Kleinigkeiten verloren oder auf die schwache Ideologie einer
"Humanisierung der Arbeitswelt" umgelenkt, die zwar allerlei moralisches
Räsonnement verbreitet, aber vor der Medusa der Lohnarbeit und der
Wertabstraktion als ihrer Grundlage letztlich doch das Haupt verhüllt
und den unbegriffenen "Sachzwang" hinnimmt.
Auch im Osten und in den politisch revolutionären "marxistischen"
Parteien, Bewegungen und Strömungen hat sich die konsumtive Verkürzung
in der Kritik des Arbeiterdaseins in
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verschiedenen Formen und Schattierungen festgesetzt. Die Lebenslüge
der Sowjet-Ökonomie, daß sie nicht auf Lohnarbeit beruhe, entlarvt
sich am krassesten darin, daß die entfremdete Arbeit mindestens so
deutlich wie im Westen ihren bloß aufgezwungenen Mittelcharakter
hinausschreit und die Administratoren des regulierten Arbeitsmarktes ihr
nur durch moralische Phrasendrescherei einerseits und "Freizeit"-Kompensationen
andererseits, die aber nirgends auch nur annähernd den westlichen
Standard erreichen, das Maul zu stopfen suchen. Weil es sich in der nachholenden
Industrialisierung niemals um die Herausbildung einer sozialistischen,
nicht mehr auf der abstrakten Wertrechnung beruhenden Produktionsweise
handeln konnte, sondern im Gegenteil um die forcierte gesellschaftliche
Schaffung der Lohnarbeit und des Mechanismus der Wert-Akkumulation, eben
deswegen wird die Frage des "materiellen Anreizes" nicht einmal im Traum
INNERHALB DES ARBEITSPROZESSES SELBST gesucht, sondern verräterisch
immer AUSSERHALB davon, in der rein abstrakt konsumtiv bezogenen Lohnhöhe
oder verwandten Gratifikationen wie Prämien etc., die ebenso selbstverständlich
allesamt die GELDFORM annehmen müssen. Die Marx'sche These, daß
in einer sozialistischen Gesellschaft die Arbeit allmählich bis in
den Übergang zum "vollen Kommunismus" zum "ersten Lebensbedürfnis"
werde, verwandelt sich so in allen Sowjet-Ökonomien in eine geradezu
niederträchtige, heuchlerische Lüge, die in den quasi-religiösen
Partei-Traktätchen eher der moralischen Erbauung der Funktionäre
dient als daß sie irgendetwas mit der Wirklichkeit zu tun hätte.
Genauso falsch und heuchlerisch werden auf der anderen Seite alle konsumtiven
Freizeit-Gratifikationen, die sich von den westlichen nur durch ihre geringere
Quantität und Qualität unterscheiden, in ebensoviele Beweise
für das "Herankommen" an den "Kommunismus" umgelogen. Gerade diese
totale Unfähigkeit, die Menschen mit dem Inhalt ihrer Arbeit zu versöhnen
und ihr den inneren Bedürfnischarakter wiederzugeben, hat vielleicht
den "Realsozialismus" bei den arbeitenden Massen der Welt am meisten desavouiert,
und mit vollem Recht. So stark ist die Resignation gegenüber der gesellschaftlichen
ZWANGSARBEIT in den Wert-Ökonomien geworden, daß auch die vermeintlich
radikalen Richtungen und Parteien des Westens das Heil nur noch in der
konsumtiven Kompensation sehen und auch in ihrer Begriffswelt die Arbeit
nicht mehr als mögliches Bedürfnis, sondern nur noch als "Pest"
erscheint, von der man sich befreien muß. Gerade für die verschiedensten
aus der Neuen Linken hervorgegangenen Gruppen und Strömungen, von
den Neo-Anarchisten, Operaisten, "Autonomen" usw. bis hin zur "Marxistischen
Gruppe" hat sich die Marx'sche Bestimmung des Kommunismus als der Wiederherstellung
des Bedürfnischarakters der Arbeit auf dem Niveau der industriellen
Vergesellschaftung in ihr Gegenteil verkehrt, in die falsche Utopie eines
bloßen Konsum-Kommunismus der Unproduktiven, in dem die Arbeits-Pest
auf ein Minimum für den Einzelnen reduziert ist, ohne daß sie
jemals aufhören könnte, Widerwillen einzuflößen.
Es wäre also zunächst durchaus als ein Verdienst der Produktivkraftkritik
und der grünalternativen Bewegung im weitesten Sinne zu rechnen, daß
sie die Frage nach dem INHALT der Arbeit selbst gegenüber dem bloß
kompensatorischen Konsumdenken wieder aufgeworfen
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und die Forderung nach "sinnvoller Arbeit" gestellt hat. Unglücklicherweise
versperrt aber die produktivkraftkritische Ideologie wie schon in allen
anderen Fragen jeden Zugang zum Gedanken einer Aufhebung der "sinnentleerten"
Arbeit auf dem industriellen Vergesellschaftungsniveau. Zunächst ergibt
sich diese Ausweglosigkeit natürlich daraus, daß ja für
die Degradation des Arbeiters im industriellen Produktionsprozeß
unmittelbar nicht die Lohnarbeit, sondern die abstrakte Naturbeziehung
und also der aus dem Verwissenschaftlichungsprozeß resultierende
tote technische Mittelapparat verantwortlich gemacht wird. Was liegt näher,
als auch im Inhalt der Arbeit selber eine "Auflösung nach rückwärts"
anzustreben? Zwar zieren sich die Produktivkraftkritiker in dieser Hinsicht
nicht weniger als in der Frage des Bedürfnisniveaus; so sagt Ullrich
über den handwerklichen Arbeitsprozeß vorsichtig: "Ich greife
diese Form der produktiven Tätigkeit nicht deswegen auf, weil ich
hierin ein anzustrebendes Ideal industrieller Arbeit sehe und weil beobachtbare
Industriearbeit an diesem Modell zu kritisieren sei. Diese Sehnsucht nach
Rückwärts ist oft genug und schon von Marx kritisiert worden.
Die Struktur dieser handwerklichen Arbeit wird mit zunehmender Industrialisierung
eine immer geringer werdende Bedeutung haben" (TuH, 201).
Das schreibt derselbe Autor, der sich nicht entblödet, zum Pferdepflug
und zum "naiven Mythos" zurückkehren zu wollen! Die Schutzbehauptung
ist ihm in keiner Weise abzunehmen, denn sein ganzes Werk strotzt nur so
von "Sehnsucht nach rückwärts" und gerade das Loblied des handwerklichen
Arbeitsprozesses singt er über weite Strecken aus vollem Halse. Die
innere Logik der produktivkraftkritischen Argumentation läßt
auch gar nichts anderes zu. Da das selbst-bewußte vergesellschaftete
Individuum nicht gedacht werden kann, weder außerhalb noch gar innerhalb
des Arbeitsprozesses, bleibt keine andere Idee übrig, als die negative
kapitalistische Vergesellschaftung der toten Dinge einfach wieder größtenteils
zurückzunehmen. Für den unmittelbaren Arbeitsprozeß bedeutet
dies, daß die in der negativen Vergesellschaftung des Werts arbeitsteilig
abstrakt auseinanderfallenden und auf die Maschinerie übertragenen
Fertigkeiten und Fähigkeiten wieder in das arbeitende Individuum ZURÜCKGENOMMEN
werden sollen, wobei der vorindustrielle handwerkliche Arbeitsprozeß
das Vorbild abgibt: "Um das Ziel zu erreichen, müssen ständig
'geschickte' Handlungen erfolgen. Die geschickten Hände, genau registrierende
Sinne und ein erfahrenes, koordinierendes Gehirn sind die wichtigsten Teile
des handwerklichen Funktionskreises. Entsprechend ist die Wissensform dieses
Gehirns nicht abstrakt an Symbole gebunden, nicht sprachlich in den einzelnen
Schritten
aufbereitet, sondern unmittelbar an den Prozeß gebunden, gespeichert
als 'Fertigkeit' und 'Erfahrung'..." (TuH, 53). Und es gibt keinerlei Zweifel,
daß Ullrich das Loblied dieser vorindustriellen, noch nicht von der
Naturwissenschaft "befleckten" Technik singt und direkt oder indirekt deren
"Zurückholen" anstrebt: "Eine erfolgreiche Tätigkeit ist nicht
von analytisch-symbolischem Wissen abhängig, sondern von Erfahrung,
Kunstfertigkeit und schöpferischer Spontaneität" (TuH, 54); "Die
Vergegenständlichung ist also kein Verlieren an den Gegenstand, sondern
eine Möglichkeit der Selbsterkennung und Selbstgestaltung" (TuH, 58);
"Die vorindustrielle Technik war also ... 'körperzentriert' 'überschaubar'
... von ihren Pro-
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duzenten und Benutzern überschaubar in ihrer Funktionsweise und
in ihren Auswirkungen" (TuH, 61).
Ullrich spricht schließlich auch von einer "vorkapitalistischen
handwerklichen Produktionsweise" (TuH, 114), die vom Arbeitsinhalt und
dessen Struktur her der ökonomischen Form der "kleinen Warenproduktion"
entspricht und die es ebensowenig wie diese als eigenständige Produktionsweise
historisch jemals gegeben hat. Die "schöpferische Kunstfertigkeit"
des alten Handwerks war ebenso wie seine ökonomische Form, die "einfache"
Warenproduktion, nichts als ein marginales Einsprengsel in den großen
Ozean der feudalen Agrarproduktion, die sich vom konkreten Arbeitsprozeß
her ganz und gar nicht als "schöpferische Kunstfertigkeit "darstellte,
sondern als heute unvorstellbare körperliche Plackerei. Dieses körperliche
Sich-Abrackern allerdings, das wissen wir bereits, nimmt Ullrich für
seine Zukunftsgesellschaft der kleinen Kreisläufe freudig in Kauf
und stilisiert es sogar zum menschlichen Grundbedürfnis. Dieser dreiste
Gedanke von Schreibtischtätern spukt tatsächlich in der gesamten
produktivkraftkritischen Literatur. So bedauert es Ullrichs Gewährsmann
Mumford, daß "die Arbeit in unserer Gesellschaft infolge der Automation
zu verschwinden beginnt und der Begriff der täglichen Mühsal
für den einzelnen bedeutungslos wird(!)..." (Lewis Mumford, Mythos
der Maschine, Frankfurt 1977, S. 169) und feiert an anderer Stelle die
Einheit von Kopf- und Handarbeit auf der Basis von "Muskelkraft": "Der
Fluch der Arbeit war eine wahre Heimsuchung für jene, die unter die
Herrschaft der autoritären Technik (!) gerieten. Doch der Gedanke,
alle Arbeit abzuschaffen, die Geschicklichkeit der Hand ohne die Vorstellungskraft
des Geistes auf eine Maschine zu übertragen - diese Idee war nur der
Traum eines Sklaven und enthüllte eine verzweifelte, aber phantasielose
Sklavenhoffnung; denn sie ignorierte die Tatsache, daß Arbeit, die
nicht auf Muskelkraft beschränkt ist, sondern alle Funktionen des
Geistes mit einschließt, kein Fluch, sondern ein Segen ist" (ebda,
S. 277f.). Ähnliche Gedanken finden sich auch bei Günther Anders,
der ebenfalls allen Ernstes bedauert, daß "das Arbeiten auch heute
schon um die Anstrengung des Arbeitens, und nicht nur um die Anstrengung,
sondern um die Lust an der Anstrengung, um die unverzichtbare voluptas
laborandi, betrogen(!)" sei (Günther Anders, Die Antiquiertheit des
Menschen Bd. 2, München 5/ 1987, S. 102). Gleichzeitig kritisiert
Anders "die Kompensationsleistung des Sports": "Während wir als Fließbandarbeiter
um die Chance betrogen sind, uns mit unserer Tätigkeit zu identifizieren
und das Ergebnis der eigenen Arbeit vor uns zu sehen, sind wir als Sporttreibende:
als Läufer, Schwimmer, Skifahrer nicht nur fähig, (aufs freudigste)
mit unserer Aktion eins zu sein, sondern sogar unfähig, das nicht
zu sein" (ebda, S. 104). Anders bringt hier unzulässig zwei ganz verschiedene
Momente willkürlich auf einen Nenner, nämlich einmal die "Sinnentleerung"
der Fließbandarbeit, die unmittelbar der Unterordnung des Individuums
unter den Verausgabungsprozeß abstrakter Arbeit der Wert-Produktion
entspringt, und andererseits die Verlagerung körperlicher Anstrengung
aus der Arbeit heraus auf die spielerische Ebene des Sports, die unbedingt
eine echte zivilisatorische Leistung des Kapitalismus darstellt und zur
Hebung des allgemeinen Bedürfnisniveaus gehört. Was seit der
Antike den
100
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Herrenklassen vorbehalten war, nämlich die körperliche Auslastung
außerhalb der Arbeit im agonalen Spiel, ist heute zum Massenstandard
geworden und gehört wie die Möglichkeit der allgemeinen Körperhygiene
zu den unverzichtbaren kulturellen Errungenschaften. Anders selber, der
im US-Exil zu Fabrikarbeit gezwungen war, sollte den Unterschied in der
"voluptas laborandi" zwischen einem Waldlauf oder einem Fußballspiel
und dem Ziehen schwerbeladener Paletten oder dem Heben sperrigen Materials
usw. gut genug kennen und wissen, daß das tendenzielle Verschwinden
der schweren körperlichen Belastung aus den Arbeitsprozessen zu den
großen Fortschritten der Menschheit gehört. Die Abqualifizierung
der spielerischen körperlichen Betätigung außerhalb der
Arbeit als quasi "unnatürlich" und die Propaganda der körperlichen
Mühsal im Arbeitsprozeß als Preis für die angebliche Wiedervereinigung
von Kopf und Hand zeigt deutlich genug, wohin sich die Produktivkraftkritik
versteigen muß, wenn sie von ihren Grundlagen aus die Frage der Arbeitsinhalte
und der Arbeit als Bedürfnis thematisiert.
Auch Thaa bleibt trotz seines Versprechens, keinen Träumen einer
"heilen gestrigen Welt" nachhängen zu wollen, letztlich doch keine
andere Wahl, als die Kunstfertigkeit des vorindustriellen Handwerks zu
feiern, über dessen Art der Auseinandersetzung mit der Natur er sagt:
"In der handwerklichen Tätigkeit etwa drückt sie aus, daß
der Arbeitende selbst noch Herr seiner Tätigkeit ist, auch wenn er
bereits für den Markt, also für die Bedürfnisse anderer
produziert ... Arbeit ist noch nicht Selbstverlust, sondern Selbstgewinnung"
(HaV, 124). Der Grund dafür ist klar: die Kunstfertigkeit des Handwerkers
enthält noch alle "Wissens"Potenzen in sich selber; diese Potenzen
sind noch nicht als Wissenschaft und deren technologische Anwendung vom
unmittelbaren Produzenten (soweit er zur Minderheit der "kunstfertigen"
Handwerker gehört!) abgespalten: "Er bedient sich des Mittels und
bleibt das den ganzen Prozeß übergreifende Subjekt ... Die Arbeit
behält so immer ein Moment subjektiver Bildung, ist nicht nur Veräußerung,
sondern darin auch stets Selbstbestätigung. Als Subjekt übergreift
der Arbeitende den Prozeß eben nicht nur in bezug auf den produktbezogenen
Zweck, sondern er besitzt im Handwerk darüberhinaus die Möglichkeit
zur Reflexion der Produktionsweise auf seine Person" (HaV, 140f.).
Wie von selbst kommen die Produktivkraftkritiker immer wieder auf das
Handwerk als "positives" Gegenbild zurück; nur dort "stimmt" alles,
nur in dieser Hinsicht können sie "konkret" werden in ihren Alternativen
zur industriellen Arbeit, unter vornehmer Ignoranz allerdings dem wirklichen
historisch-gesellschaftlichen Bedingungszusammenhang gegenüber oder
sogar unter Glorifizierung der weniger schönen Aspekte, etwa der schweißtreibenden
"Mühsal". Unkonkret und dunkel bleibt die Rede allerdings, sobald
eine Perspektive angegeben werden sollte, die den Bedürfnischarakter
der Arbeit in ihrem Inhalt konstituiert, OHNE platt auf ein vorindustrielles
Niveau zurückzufallen. Den Eklektiker Ullrich mit seinen Pferdepflügen
und nackten Feuerländern können wir in diesem Zusammenhang ohnehin
vergessen; aber auch Thaa spricht nur vage und mit rückwärts
gewandtem Blick von einer "Wiederaneignung der produktiven Potenzen durch
die Produzenten" (HaV, 151). WIE aber soll diese "Wiederan-
101
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eignung" denn bewerkstelligt werden, ohne schlicht zum Handwerk zurückzukehren?
"Die technische Konstruktion selbst müßte dazu 'resubjektiviert'
werden, um so eine reflexive Dimension zu gewinnen, in der eine von den
Produzenten bewußt hergestellte Relation zwischen den auf das Produktergebnis
und die Tätigkeit selbst gerichteten Bedürfnissen gegenständlich
aufgehoben wäre. Erst dadurch, daß so die Verkehrung zwischen
Arbeit und Arbeitenden rückgängig gemacht wird, können die
Produzenten auch zum Subjekt der gesellschaftlichen Entwicklung werden"
(HaV, 151f.).
Alles klar? Die Geschwollenheit der Ausdrucksweise zeigt, wie der Produktivkraftkritiker
vergeblich mit der konkreten Bestimmung ringt. Woher sollte die auch kommen?
Wenn die abstrakte Naturbeziehung als letzter Grund an die Stelle der gesellschaftlichen
Beziehungen gesetzt wird, wenn die Wissenschaft selbst in ihrer Naturerkenntnis
und die daraus mögliche technologische Anwendung zum eigentlichen
Grundübel erklärt worden ist, dann kann "Resubjektivierung" der
Arbeit eigentlich immer nur genereller Abbau des "verwissenschaftlichten"
Mittelapparats heißen, eine logische Konsequenz, die Thaa freilich
weitaus weniger schmeckt als etwa Ullrich oder Mumford. Die Forderung nach
"Resubjektivierung der technischen Konstruktion" bleibt aber vor dem produktivkraftkritischen
Hintergrund inhaltsleer und steht sogar noch in dieser leeren Abstraktheit
im Widerspruch zu den ideologischen Prämissen. Denn wenn Naturbeziehung
und also Verwissenschaftlichungsprozeß "als solche" die Entsubjektivierung
der Arbeit bewirkt haben, dann kann es auch ohne logische Willkürlichkeit
innerhalb dieses Verwissenschaftlichungsprozesses keine "Resubjektivierung"
geben.
Wie immer die "technischen Konstruktionen" in einer sozialistischen
Gebrauchswertgesellschaft verändert werden mögen aus der Einsicht
in qualitativ-stoffliche Verkettungszusammenhänge heraus, das Problem
der "Resubjektivierung" ist in letzter Instanz kein "technisches", sondern
ein Problem der gesellschaftlichen Grundbeziehung oder der VergesellschaftungsLogik
des Werts. Deren notwendige Aufhebung freilich wäre auch unmittelbar
identisch mit der AUFHEBUNG DES UNMITTELBAREN PRODUZENTEN SELBST. Und sofort
wird deutlich, daß das begriffliche Zurückscheuen der Produktivkraftkritiker
vor der Kritik und Aufhebung der Wertabstraktion eigentlich nichts anderes
ist als ein Zurückscheuen vor der Aufhebung des unmittelbaren Produzenten!
Thaa spricht Bände, wenn er "die moderne Industrie" folgendermaßen
anklagt: "Der Arbeitsprozeß der modernen Industrie ist keiner Zweckbestimmung
durch die Arbeitenden unterworfen, er emanzipiert sich davon gewissermaßen
durch die Objektivierung, die er in seiner wissenschaftlich-technischen
Gestaltung erfährt. Der 'Fortschritt', seine Weiterentwicklung, LÖST
SICH VON DEN UNMITTELBAREN PRODUZENTEN (Hervorheb. R.K.) und wird zur 'Sache'
von Wissenschaft und Technik ... Das heißt, die wissenschaftliche
Technik schließt ... DIE UNMITTELBAREN PRODUZENTEN ALS ÜBERGREIFENDE
SUBJEKTE DES PRODUKTIONSPROZESSES AUS" (HaV, 142f., Hervorheb. R.K.).
Jetzt haben wir also das eigentliche Verbrechen der Wissenschaft vor
uns: sie stellt (natürlich ohne sich dessen bewußt zu sein)
den unmittelbaren Produzenten als solchen in Frage! Denn nur unter der
Bedingung, daß der "unmittelbare Produzent" eine ontologische, ewige
102
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soziale Kategorie darstellt, muß die Verwissenschaftlichung der
Produktion als das Unglück einer ausweglosen Entsubjektivierung des
Inhalts der Arbeit begriffen werden. Wird diese Bedingung aber nicht akzeptiert,
dann stellt sich vielmehr eine grundsätzlich neue historische Aufgabe,
nämlich erstmals in der Geschichte die Aufhebung des unmittelbaren
Produzenten selbst: dies wäre der SOZIALE INHALT einer Aufhebung der
Wert-Ökonomie. Dies wäre gleichzeitig die endliche Herstellung
des konkreten GESELLSCHAFTLICHEN INDIVIDUUMS, von dem an vielen Stellen
des Marx'schen Werkes die Rede ist. Wie aber ist diese Aufhebung zu denken?
Die allgemeine Bestimmung einer AUFHEBUNG DER ARBEITSTEILUNG kann von den
Produktivkraftkritikern nicht mehr gedacht werden, angeblich weil diese
Aufhebung durch den Verwissenschaftlichungsprozeß verunmöglicht
wird, in Wirklichkeit aber, weil sie den unmittelbaren Produzenten begrifflich
zur ewigen sozialen Seinskategorie versteinert haben. Die Aufhebung der
Arbeitsteilung besteht im Kern gerade darin, die unmittelbaren Produzenten
von der totalen Unterordnung unter den unmittelbaren Arbeitsprozeß
zu befreien und sie an den abgekoppelten, korporativ verengten gesellschaftlichen
Potenzen der Reproduktion teilhaben zu lassen, d.h. an Wissenschaft und
Technik ebenso wie an Planung, Verwaltung usw. Dies hieße umgekehrt
natürlich, die bisher auf einer Gesellschaftsklasse lastende unmittelbare
Produktionsarbeit auf alle Gesellschaftsmitglieder zu verteilen, d.h. die
bisher korporativ abgesonderten Wissenschaftler, Planer, Beamten usw. ebenso
zur Produktionsarbeit heranzuziehen wie die bisherigen einseitig unter
den unmittelbaren Produktionsprozeß subsumierten Produzenten zur
wissenschaftlich-technologischen und planenden usw. Arbeit. Marx sah mit
Recht die Möglichkeit einer solchen grundsätzlichen Aufhebung
der Arbeitsteilung gerade durch die PRODUKTIVKRAFTENTWICKLUNG gegeben,
die es zunehmend nicht mehr NÖTIG macht, einen Teil der Gesellschaft
ausschließlich mit direkter Produktionsarbeit zu beschäftigen.
Es wäre also eine Gesellschaft zu denken, die nicht mehr in abgesonderten,
nur über die Wert-Geld-Beziehung abstrakt verbundenen Korporationen
sich blind reproduziert, sondern in sich selbst direkt gesellschaftlich
organisiert ist und daher ihren Reproduktionsprozeß mit Bewußtsein
- und das heißt: mit dem Bewußtsein jedes ihrer individuellen
Mitglieder - selber steuert. Eine solche Gesellschaft wäre von der
lokalen und sublokalen bis hinauf zur kontinentalen Ebene in, sagen wir,
"Räten" organisiert, die einerseits die unmittelbare Produktionsarbeit
auf ihrer Ebene organisieren und andererseits zahlreiche, sagen wir, "Ausschüsse"
für alle gesellschaftlichen Angelegenheiten wie Wissenschaft, Erziehung,
Kunst, Wohnungsbau, Gartenbau usw. bilden. Die "Arbeitszeit" jedes Individuums
wäre immer auf verschiedene Ebenen und Funktionen der gesellschaftlichen
Reproduktion verteilt, sodaß ein "blindes" korporatives Partikularinteresse
im bisherigen Sinne ebensowenig möglich wäre wie das abstrakte
Geldinteresse der individuellen ökonomischen Monade. Indem jedes Individuum
unmittelbar an den gesellschaftlichen ZWECKSETZUNGEN und an den WISSENSCHAFTLICHEN
POTENZEN seiner Arbeit beteiligt ist, diese als sein eigenes "Projekt"
begreifen kann, wird diese Arbeit auch "resubjektiviert", gewinnt ihren
Inhalt wieder und wird zum "ersten Bedürf-
103
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nis". In demselben Maße, wie Produktionsarbeit, Planung, Wissenschaft,
kulturelle Betätigung usw. ineinander übergehen und sich durchdringen,
wird die bisherige Unterscheidung zwischen "Arbeit" und "Freizeit" hinfällig,
weil die Arbeit ihren ZWANGSARBEITS-Charakter verliert. Und in demselben
Maße, wie die gesellschaftlichen Projekte, ihrer wert-ökonomischen
Verdinglichung und Mystifikation entkleidet, Gegenstand der unmittelbaren
gesellschaftlichen Debatte und Beschlußfassung werden, an der jedes
Individuum über seine Involvierung in "Räte" und "Ausschüsse"
etc. direkt beteiligt ist, muß auch die mystifizierende Trennung
der Gesellschaftlichkeit in die gegeneinander verselbständigten Sphären
von "Politik" und "Ökonomie", von "Öffentlichkeit" und "Privatheit"
sich auflösen. Diese Aufhebung wäre freilich etwas ganz anderes
als die Schein-Aufhebung in den Sowjet-Ökonomien, wo die abstrakte
Wert-Subjektivität ebenso fortbesteht wie die abstrakte Staatsbürgerlichkeit
und die behauptete "Aufhebung der Privatheit" in Wirklichkeit nichts anderes
ist als die Orwell'sche Allgegenwärtigkeit des korporativ verselbständigten
Staatsapparats der abstrakten Allgemeinheit und dessen (zum Scheitern verurteilter)
Versuch, sich die unaufgehobene Privatheit seiner Bürger durch Gängelung
und Kontrolle bis auf die Unterwäsche und bis in die Gefühlsregungen
hinein gefügig zu machen ("Proletarischer Lebensstil" etc.).
Natürlich ist eine solche neue, direkte Gesellschaftlichkeit der
Menschen nicht aus dem Stand zu leisten, es ist ein Prozeß der Auflösung
aller verselbständigten Korporationen und der Beseitigung des Wissens-
und Kompetenzgefälles etc. nötig, der seinen Anfang nur durch
einen tiefen revolutionären (und vermutlich gewaltsamen) Einschnitt
in die bisherige Vergesellschaftungslogik nehmen kann. Kein Zweifel allerdings
kann daran bestehen, daß das Problem kein "technisches", sondern
eines der gesellschaftlichen Grundbeziehung ist. Nicht durch die verwissenschaftlichte
Technik "als solche" werden die unmittelbaren Produzenten daran gehindert,
sich der wissenschaftlich-gesellschaftlichen Potenzen ihrer eigenen Arbeit
zu bemächtigen, sondern durch die wert-ökonomisch erzwungene
Unterordnung ihrer totalen Arbeitszeit unter den Wertbildungsprozeß.
Dies zeigte sich schon anhand der Degradation des Arbeiters auf der Ebene
des einzelnen Betriebs (gegenüber den "Offizieren und Unteroffizieren"
des Kapitals etc.), erst recht gilt dieser Zusammenhang auf der gesamtgesellschaftlichen
Ebene (gegenüber dem Staatsapparat, den Wissenschafts-Institutionen
usw.). Das Problem ist die Verteilung des zur Verfügung stehenden
gesellschaftlichen Zeit-Fonds, und dieses Problem wird nicht durch irgendeinen
"Sachzwang" der Technik determiniert, sondern durch die innere Logik der
dinglich verselbständigten Wert-Geld-Rechnung. Vom Standpunkt der
"betriebswirtschaftlichen" Wert-Logik aus wäre die Aufteilung der
nicht-wertproduktiven gesellschaftlichen Tätigkeiten unter alle Gesellschaftsmitglieder
eine ebenso unmögliche, zutiefst "un-ökonomische" Verschwendung
wie etwa die Wiedereinführung der Gartenkultur in die Städte
oder die Kontrolle der Produktion nach ihren stofflichen Verkettungen.
Andererseits ist es aber der (auf mehreren Ebenen und in mehreren Dimensionen
stattfindende) "betriebswirtschaftliche" Konkurrenzmechanismus selbst,
der gerade durch sein beständiges Vorantreiben der Verwissenschaftlichung
die Wert-Ökonomie untergräbt, jeden-
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falls dort, wo er - wie im Westen - seine innere Dynamik entfalten
kann, während der äußerliche staatliche Regulierungsmechanismus
des "geplanten Marktes" in den Sowjet-Ökonomien den Verwissenschaftlichungsprozeß
der gesellschaftlichen Reproduktion eher stagnativ bremst. Soweit aber
die Verwissenschaftlichung voranschreitet, besteht ihre Tendenz gerade
darin, lebendige Arbeit im unmittelbaren (einzig wert-produktiven) Produktionsprozeß
zu eliminieren. DIESELBE "betriebswirtschaftliche" Logik also, die "nach
innen" die maximale Subsumtion der lebendigen Arbeit unter die unmittelbare
(wertschöpfende) Produktion erzwingt, wird ihrerseits durch den Konkurrenzmechanismus
"von außen" gezwungen, eine immer größere Masse dieser
unmittelbaren lebendigen Arbeit aus dem Produktionsprozeß herauszunehmen
und durch Maschinerie zu ersetzen ("Automation"). Die betriebswirtschaftliche
Logik als Ausdruck der zirkulativen ökonomischen Trennung der Produktionseinheiten
bei gleichzeitiger (gegenläufiger) stofflicher Vergesellschaftung
führt sich so selber ad absurdum. Der von der Verwissenschaftlichung
freigesetzte gesellschaftliche Zeit-Fonds wird nicht produktiv für
die Aufhebung des unmittelbaren Produzenten genutzt, sondern erscheint
in der gegensätzlichen und krisenhaften Form der "Arbeitslosigkeit".
Während die verbleibende lebendige Arbeit weiterhin, und in schärferen
Formen als vorher, der wert-produktiven abstrakten Arbeit unterworfen wird,
"muß" andererseits eine wachsende Masse von arbeitsfähigen Menschen
aus der aktiven gesellschaftlichen Reproduktion überhaupt ausgeschlossen
werden. Das letztendliche Resultat dieser Entwicklung kann nur das sein,
was die erste Generation von "Marxisten" noch dunkel und ohne konkreten
Begriff den "Zusammenbruch des Kapitalismus" nannte, auch wenn der Zeithorizont
dieses Prozesses viel weiter reicht, als die damaligen Theoretiker in ihrer
verkürzten Begrifflichkeit dachten und erst heute auf der Stufe der
Mikroelektronik allmählich praktisch erreicht wird. Unglücklicherweise
aber hat gerade heute nahezu das gesamte Spektrum der Linken, vermeintlich
durch die Empirie belehrt, den Gedanken einer fundamentalen Krise der kapitalistischen
Vergesellschaftungs-Logik endgültig begraben und vergessen; während
sich die Wert-Ökonomie ihrer bisher größten Krise nähert,
ist die Linke der Wertabstraktion gegenüber so bewußtlos und
unkritisch wie nie zuvor in ihrer Geschichte - und die Produktivkraftkritik
liefert das beste Beispiel für diesen beklagenswerten Zustand.
Dies zeigt sich am krassesten in der Auseinandersetzung der Produktivkraftkritiker
mit der "Automationsutopie", wie sie es nennen. Thaa greift diese Fragestellung
im Zusammenhang seiner Kritik an der einschlägigen DDR-Literatur auf,
in der die "Befreiung" der lebendigen Arbeit gesellschaftlich völlig
unvermittelt direkt aus der rein technologischen Entwicklung der "wissenschaftlich-technischen
Revolution" ("wtR") abgeleitet wird: "Die entscheidende Veränderung,
um die es hier geht, soll darin liegen, daß der Mensch mit der Automation
aus dem unmittelbaren Produktionsprozeß heraustritt" (HaV, 222).
Ganz abgesehen davon, daß es den Sowjet-Ökonomien einschließlich
der DDR in Wirklichkeit gar nicht ausreichend gelingt, den Verwissenschaftlichungsprozeß
gegen das stagnative Trägheitsmoment des "geplanten Marktes" durchzusetzen,
so bleibt auf dem unangetasteten Boden der Wertabstraktion
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"der Mensch" in jedem Fall dem Verausgabungsprozeß abstrakter
Arbeit unterworfen und somit der unmittelbare Produzent des Wertbildungsprozesses
unaufgehohen. Sollte also den Sowjet-Ökonomien ein technologisches
Aufholen in der Automatisierung gelingen, so müßte sich diese
Entwicklung ganz genauso wie im Westen GESELLSCHAFTLICH in der Form von
"Arbeitslosigkeit" früher oder später darstellen. Es ist ziemlich
lächerlich, dies etwa unter Verweis auf "Verfassungsgarantien" des
berühmten "Rechts auf Arbeit" ableugnen zu wollen; Verfassungen lassen
sich ändern, besonders wenn diese Änderung gleichzeitig als Fortschritt
und "Demokratisierung" erscheint - die Gesetze der Wert-Ökonomie aber
lassen sich auf ihrem eigenen Boden nicht ändern, sondern können
nur durch eine revolutionäre Aufhebung
der Wert-Geld-Rechnung selber beseitigt werden.
Thaa aber fällt es nicht ein, die Kritik von dieser Seite her
zu leisten. Sein Begriff von "Heraustreten aus dem unmittelbaren Produktionsprozeß"
bleibt ebenso verkürzt wie derjenige der DDR-Autoren zur "wissenschaftlich-technischen
Revolution", der sich schlicht auf den technischen Produktionsablauf bezieht:
"Grundlage einer derartigen Einschätzung der Automation ist die Gleichsetzung
der Herauslösung des Menschen aus der unmittelbaren Fertigungstätigkeit
mit der Wandlung der menschlichen Tätigkeit zu einem die Produktion
übergreifenden, sie beherrschenden Moment. Der Arbeiter wird aber
nicht dadurch vom Anhängsel zum Subjekt des Produktionsablaufs, daß
er statt der mechanischen Maschine die elektronischen Meß- und Kontrollgeräte
bedient ... Daß der Mensch hier oberflächlich betrachtet wieder
die Maschine anwendet, statt umgekehrt von ihr angewandt zu werden, scheint
eine Analogie zum Handwerk zu bilden, wo die Tätigkeit des arbeitenden
Subjekts den Gesamtprozeß übergreift und beherrscht. Der entscheidende
Punkt liegt aber darin, daß in der von der wtR hervorgebrachten Automation
der arbeitende Mensch gerade nicht als Subjekt, das heißt mit all
seinen konkreten Eigenschaften und Bedürfnissen im Zentrum des Produktionsablaufes
steht, sondern als Vollstrecker einer zu Objekt-Objekt-Verhältnissen
formierten Verlaufslogik" (HaV, 223f.).
Es ist klar: Thaa ganz ebenso wie die DDR-Autoren können sich
nichts anderes vorstellen, als den Arbeiter als Arbeiter, als unmittelbaren
Produzenten aus seinem "Anhängsel"-Dasein zu befreien. Das allerdings
ist, und damit behält Thaa auf allzu billige Weise recht, bei einer
stofflich vergesellschafteten und verwissenschaftlichten Produktion grundsätzlich
unmöglich. Der Arbeiter muß sich nicht INNERHALB des Produktionsprozesses
befreien, sondern indem er selber aus diesem heraustritt, sich die wissenschaftlichen
Potenzen aneignet und also AUFHÖRT, ARBEITER IM SINNE DES UNMITTELBAREN
PRODUZENTEN ZU SEIN. Thaas Argumentation bleibt zwielichtig, wenn er das
"Bedienen von elektronischen Meßgeräten" etc. als "Herauslösen
des Menschen aus der unmittelbaren Fertigungstätigkeit" akzeptiert,
um dann anklagend nachzuweisen, daß dieses "Herauslösen" den
Arbeiter eben nicht zum Subjekt der Produktion macht. Das ist selbst-evident,
denn die wirklichen gesellschaftlichen Potenzen der verwissenschaftlichten
Produktion stecken überhaupt nicht im engeren Umkreis der "Fertigung",
sondern eben in der Wissenschaft selbst und in
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der Planung, gesellschaftlichen Kombination etc., die in der Maschinerie
dem unter die Wertbildung subsumierten Arbeiter versteinert gegenübersteht.
Der Übergang von mechanischen Tätigkeiten in den Lücken
des Maschinensystems zum Ablesen von Kontrollgeräten ist in Wirklichkeit
nur eine Veränderung von Tätigkeitsmerkmalen INNERHALB DER UNMITTELBAREN
PRODUKTION, deren Dunstkreis dadurch überhaupt nicht verlassen wird.
Es ist höchstens ein schlechter Scherz, diesen Wandel als ein "Heraustreten"
des Menschen aus der direkten Fertigung zu bezeichnen, die dann auf sehr
krude Weise bloß als unmittelbares "Handanlegen" an das Produkt mißgedeutet
wird. Ein solch enger Begriff von "unmittelbarer Fertigung" stimmt aber
schon auf früheren Stufen der Mechanisierung nicht mehr, denn immer
schon tritt ja zwischen "Hand" und Produkt ein zunehmendes Maschinenaggregat.
Der Übergang zur Bedienung von Meß- und Kontrollgeräten
entläßt die in der Produktion verbleibenden "Arbeitskräfte"
nicht im geringsten aus ihrem Status als unmittelbare Wertproduzenten,
er ändert nur oberflächlich die konkrete Form der Verausgabung
abstrakter Arbeit. Thaa tut so, als wäre diese Selbstverständlichkeit
ein gewichtiges Argument gegen die "marxistische Automationsutopie": "Die
Lösung von der mechanischen Bewegung durch die Automation befreit
die Arbeit so wenig, wie dies die Freisetzung aus der unmittelbaren Stoffverwandlung
durch die Maschinerie im 19. Jahrhundert tat. Stattdessen markiert die
Automation einen Fortschritt in der reellen Subsumtion von hauptsächlich
intellektuellen Tätigkeiten, die der wertabstraktiven Logik bislang
nur formell untergeordnet waren, nun aber durch ihre Formalisierung und
Mathematisierung ein ähnlich 'objektives Skelett' erhalten wie die
unmittelbar stoffliche Tätigkeit durch die Maschine. Auch die geistige
Tätigkeit kann damit zunehmend real als abstrakte Arbeit formiert
werden" (HaV, 224).
Es ist eine Zumutung, das Ablesen von Kontrollgeräten als "hauptsächlich
intellektuelle Tätigkeit" zu bezeichnen! Es gibt überhaupt keine
menschliche Tätigkeit, die nicht immer schon gleichzeitig eine "geistige"
wäre; selbst beim Schieben einer Schubkarre muß das Gehirn ein
geistiges Modell der Tätigkeit vorab bilden und den realen Ablauf
steuern. Ein Begriff von Intellektualität, der mit dieser Abstraktion
des "Geistigen" überhaupt zusammenfällt, muß völlig
sinnlos werden. In Wirklichkeit aber ist die intellektuelle Tätigkeit
eine Geistigkeit höherer Ordnung, die auf einem riesigen historisch-kulturellen
Begriffsapparat mit bereits jahrtausendealter Entwicklung fußt, der
die bloße geistige Verarbeitung sinnlicher Einzelwahrnehmungen in
einem formalen Bezugszusammenhang weit überragt. Aber gerade von dieser
wirklichen, im Prozeß der menschlichen Kultur herausgearbeiteten
Intellektualität ist ja der unmittelbare Produzent als solcher immer
ausgeschlossen, gleichgültig ob er nun Hebel und Knöpfe drückt
oder Kontrollgeräte abliest. Das weiß Thaa auch selber, wenn
er über die "neuen" Tätigkeitsformen sagt: "Die Produktionsarbeit
wird zwar wissenschaftlich gestaltet, erhält dadurch aber nicht den
Charakter wissenschaftlicher Arbeit" (HaV, 225).
Richtig. Der Arbeiter kann also nicht auf die technologische Entwicklung
als solche für
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seine Befreiung vertrauen, sondern muß seine GESELLSCHAFTLICHE
Grundbeziehung revolutionär aufheben, um sich die wissenschaftlichen
Potenzen aneignen zu können. Die technologische Entwicklung unter
der Form des Werts erzeugt nicht per se die Befreiung des unmittelbaren
Produzenten, sondern vielmehr letztlich eine gesellschaftliche Reproduktionskrise,
die früher oder später bei Strafe des Untergangs ein revolutionäres
Handeln erzwingt. Thaa verkennt diesen Zusammenhang völlig, wenn er
die Geburtshelferrolle der Automatisierung für die Heraufkunft einer
neuen Gesellschaft als bloß ideologische Vertröstung beschreibt:
"Statt eine Umwälzung im Verhältnis der Produzenten zum Produktionsprozeß
anzustreben, schreibt die Automationsutopie dessen Versachlichung fort
und vertröstet auf den irgendwann zu erhoffenden vollständigen
Rückzug aus der unmittelbaren Produktion" (HaV, 225).
Thaa bemerkt nicht einmal, daß dieser "vollständige Rückzug"
in allen westlichen Industrieländern bereits begonnen hat, freilich
nicht als gemütliche Umgestaltung des Produzentendaseins, sondern
als kontinuierlich steigende und zunehmend zyklusunabhängige Massenarbeitslosigkeit
in allen OECD-Ländern. Die "soziologistische" Betrachtungsweise verstellt
völlig den Blick auf den gesamtgesellschaftlichen Vermittlungszusammenhang
des Werts und dessen krisenhafte Entwicklung, um stattdessen wie gebannt
auf die (industriesoziologischen) "Tätigkeitsmerkmale" des konkreten
Arbeitsprozesses zu starren, wo der wirkliche Charakter des Umwälzungsprozesses
gar nicht sichtbar werden kann und allenfalls als oberflächliche Umgruppierung
erscheint. Die Automatisierung, soweit sie bei Marx schon ansatzweise behandelt
wird, kommt nicht als friedliche Utopie einer Befreiung durch Technik (dies
ist allein die BÜRGERLICHE Lesart des "Fortschritts") vor, sondern
als Moment der KRISENTHEORIE. Und die "Umwälzung im Verhältnis
der Produzenten ZUM Produktionsprozeß" kann sich demzufolge auch
keineswegs IM Produktionsprozeß abspielen, sondern nur in einer gesamtgesellschaftlichen
Aufhebung des Werts und damit des unmittelbaren Produzenten. Nur weil sein
soziologistisch verengter Blick nicht den gesamtgesellschaftlichen Zeit-Fonds
im Auge hat, sondern bloß die technologische Deskription des von
der Wertabstraktion diktierten unmittelbaren Arbeitsprozesses, verwandelt
sich für Thaa die revolutionierende Rolle der Automation in eine falsche
Utopie. Sein eigenes Denken bleibt so bloß negatives Abziehbild der
von ihm kritisierten flachen DDR-Ideologen, die dem gesellschaftlich unaufgehobenen
unmittelbaren Produzenten eine rein technologische Befreiung in die Tasche
lügen wollen.
Etwas anders als Thaa geht Ullrich an die Frage der Automatisierung
heran. Zunächst freilich stellt auch er die banale Wahrheit fest:
"Entfremdete Arbeit ist auch in automatisierter oder hochmechanisierter
Produktion 'möglich' und vorhanden" (TuH, 283). Auch die "marxistische
Automationsutopie" wird ähnlich wie bei Thaa mit einem Seitenhieb
bedacht: "Aber der Topos, daß durch eine 'automatische Fabrik' eine
'befreite Arbeit' sich durch die technologische Basis gleichsam aufdrängt,
hat auch für viele marxistisch orientierte Autoren eine gewisse Faszination"
(TuH, 282). Die soziologistische Verengung wird sogar noch deutlicher als
bei Thaa, wenn Ullrich die gesellschaftliche Bedeutung der Automation nur
in Be-
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ziehung setzt zu einem unmittelbar vom konkreten Arbeitsprozeß
bestimmten subjektiven Einzelbewußtsein der Produzenten und daraus
ausgerechnet schlußfolgert, daß "auf dieser
Produktionsstufe, wenn der Kapitalismus sie einmal erreicht hat, Zusammenbruchs-Theorien
und Theorien über einen sich verschärfenden Widerspruch in
den Situationen die weitere
Entwicklungsdynamik nicht mehr angemessen darstellen (können)"
(TuH, 283).
Hier zeigt sich die ganze Flachheit des subjektivistischen Soziologismus
"moderner" akademischer Prägung, dessen begrifflicher Horizont unglaublich
verkürzt ist. Der auf den empirischen Mikro-Zusammenhang von Automatisierung
und unmittelbarem "Arbeiterbewußtsein" fixierte Positivisten-Blick
Ullrichs sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht; das objektive, aus
der Makro-Bewegung der Wert-Ökonomie resultierende und "hinter dem
Rücken der Produzenten" (Marx) heranreifende Krisen- und Zusammenbruchspotential
entgeht ihm völlig - damit aber auch die Notwendigkeit und Möglichkeit
eines gesamtgesellschaftlichen Eingriffs der den unmittelbaren Produzenten
als solchen aufhebt. Stattdessen mobilisiert der Produktivkraftkritiker
auch gegen die "Automationsutopie" seine sattsam bekannte Feier der vorindustriellen
Mühsal: "Auf jeden Fall würde die Perspektive einer vollautomatisierten
Arbeitswelt in gar keiner Weise das Industriesystem transzendieren. Es
wäre zudem die phantasielose Hoffnung eines Sklaven (Mumford), der
Arbeit nur als abschaffenswerte Mühsal kennt und sich nicht vorstellen
kann, daß eine Kopf und Hand integrierende, auch körperlich
an strengende Arbeit(!) in der richtigen Dosierung zu einer unverzichtbaren
Quelle der Befriedigung gehört" (WN, 127).
Womit wir scheinbar wieder bei der Handwerksidylle angelangt wären.
Der vermeintliche Utopismus dieser kleinkarierten Vision sollte freilich
nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Produktivkraftkritik
weder die Warenproduktion noch das Dasein des unmittelbaren Produzenten
grundsätzlich kritisiert und ihr ganzer Zugriff daher flach reformistisch
bleiben muß. Hatte es sich schon herausgestellt, daß die schein-utopische
kleine Waren- und Subsistenzproduktion ganz friedlich mitten im Betonkapitalismus
grünen und diesem Reformimpulse vermitteln soll, so zeigt sich jetzt
bei Ullrich der reformistische Ansatz auch in der angestrebten Umwälzung
des unmittelbaren Produktionsprozesses. Denn nicht nur in den Projekten
der Alternativ-Betriebe und der "Eigenarbeit" oder gar "Selbstversorgung"
etc. sieht er solche Möglichkeiten, sondern auf einer zweiten Schiene
auch in der industriellen, kapitalistischen Produktion selbst. Getreu seinem
eklektischen Empirismus stellt sich die Automatisierung für ihn nämlich
keineswegs als umfassender, einer inneren Logik folgender, übergreifender
Prozeß dar - das wäre ja "hegelianische Choreographie" - , sondern
als eine in manchen "Bereichen" bzw. Branchen und auf einigen Ebenen durchaus
aufhaltsame oder "umbiegbare" Entwicklung, die durch "Einsicht", aber auch
durch technische Erfordernisse selbst in wünschenswerte Bahnen gelenkt
werden kann. Es wäre dies die reformistische Perspektive einer "relativ
'nichtentfremdete(n)' Arbeit in einem verdinglichten System", wodurch sich
eine "technische Sinnfälligkeit" der Arbeit "auf mittlerem Niveau"
(TuH, 201) ergeben könnte. Für ein bestimmtes Niveau der "Teilautomatisierung"
malt Ullrich diese Hoffnung aus: "Der
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'eigenverantwortliche' Eingriff ist in einer bestimmten Bandbreite
möglich und notwendig. Darum ist eine Ausbildung erforderlich, die
über eine 'natürlich' vorhandene Geschicklichkeit hinausgeht.
Sie kann z.B. bestehen in allgemeiner technischer Grundausbildung und in
einer zusätzlichen mittellangen oder längeren Anlernzeit oder
auch in einer standardisierten Berufsausbildung als Facharbeiter mit kurzer
Anlernzeit. Damit wird die radikale Trennung zwischen Kopf- und Handarbeit
relativ zurückgenommen. Überhaupt liegt in diesem Modell eine
allgemeine relative Zurücknahme von negativen Auswirkungen der Industriearbeit
nach dem Maschinenmodell: die Relation zwischen Vermögen und geforderter
Leistung steht in einem befriedigenderen Verhältnis, eine relative
Einsicht in die technischen Prozesse ist vorhanden, Kooperationsformen
zwischen den Arbeitern sind möglich und notwendig ..., die Arbeit
ermöglicht eine Identifikation, sie erscheint den Betroffenen nicht
'entfremdet'..." (TuH, 208). Ullrich sieht in "diesem Modell" sogar wesentliche
Momente der gesellschaftlichen ZWANGSARBEIT aufgehoben, denn es sei hier
"die Mitwirkung eines 'technisch sensiblen' Menschen notwendig" und bei
den "Gründen zur Mitarbeit" sei "die Motivation durch den Arbeitsvollzug
selbst kein untergeordneter Bestandteil" (TuH, 209).
Nach dem vehementen Kreißen des Berges und der scheinbar radikalen
Wissenschafts- und Industriekritik nimmt sich die hier geborene Maus einigermaßen
kläglich aus. Was Thaa und Ullrich selber über die konkrete Arbeit
innerhalb der Automatisierung überhaupt sagten, nämlich daß
sie keineswegs die Aneignung der wissenschaftlichen Potenzen durch die
unmittelbaren Produzenten bedeutet, gilt natürlich ganz genauso für
das plötzlich hervorgeholte "Modell" einer "relativ nichtentfremdeten"
Arbeit auf dem "mittleren Niveau" der Teilautomation. Aber so genau kommt
es offenbar nicht drauf an. Wie für Thaa stellt auch für Ullrich
der unmittelbare Produzent als Lohnarbeiter eine unveränderliche,
quasi "natürliche" Sozialkategorie dar, und so muß er natürlich
von der wirklichen Wissenschaft ausgeschlossen bleiben und es genügt
völlig, wenn ihm einige Brocken bornierter "Arbeitszufriedenheit"
innerhalb seiner niemals grundsätzlich in Frage gestellten Daseinsweise
zugeworfen werden. Ullrich nimmt auch kein Blatt vor den Mund, was den
politischen Zusammenhang seiner Vorstellungen angeht: "Z.B. könnten
die Vorstellungen über eine 'humane Arbeit' und einen 'humanen Arbeitsplatz',
die entwickelt werden von einem liberal-bürgerlichen Staat, von einem
'aufgeklärten' Management und von einer reformistischen Gewerkschaft,
sich treffen in diesem Modell der Arbeit" (TuH, 211).
Das ist wenigstens offen und ehrlich; freilich müssen wir uns
erinnern, daß Ullrich seinen ganzen Ansatz als "Ergänzung des
Marxismus" offeriert und mit der Ankündigung von "Realutopien" etc.
um sich geworfen hatte, deren hundserbärmlicher Kern sich jetzt entpuppt.
Ganz zu schweigen davon, daß diese Träumereien einer "befriedigenden"
Arbeit im kapitalistischen Produktionsprozeß unter den Fittichen
von "liberaler" Staatsmacht und "aufgeklärtem" Management angesichts
der realen Krisenperspektive des Weltmarkts außerdem hoffnungslos
unrealistisch sind.
Freilich wird hier auch sichtbar, wie bestimmte Momente der Produktivkraftkritik,
die
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ansonsten ein rotes Tuch für den Arbeitsplatz-Fetischismus des
gewerkschaftlichen Bewußtseins im "Exportmodell" Deutschland darstellt,
sich durchaus an bestimmten Punkten mit einem völlig auf die Lohnarbeit
fixierten, bornierten Facharbeiter-Reformismus treffen kann. Bekanntlich
würden die traditionellen, aus der alten Arbeiterbewegung hervorgegangenen
Gewerkschaften auf der ganzen Welt lieber Selbstmord begehen, als die Lohnarbeit
grundsätzlich in Frage zu stellen. Das Schlagwort von der "Humanisierung
der Arbeitswelt" innerhalb der Unterordnung unter die Verausgabung abstrakter
Arbeit im unmittelbaren Produktionsprozeß ist vor diesem Hintergrund
nicht nur schwache Ideologie, sondern spiegelt gleichzeitig den mehr oder
weniger zähen Kampf der verschiedenen Facharbeiter-Kasten um ihre
"Qualifizierung" gegen die Logik des Automatisierungsprozesses wider. Die
"gespenstische" Form der Produktion als Verausgabungsprozeß abstrakter
Arbeit, als "Wertbildung", impliziert auch eine historische Entwicklung
des "Abstraktwerdens" der konkreten Arbeit selbst, d.h. ihre Verwandlung
in gleichgültige, dem Arbeiter äußerliche und reduzierte
Tätigkeiten, während das Moment der Konkretisierung im Stoffwechsel
mit der Natur außerhalb des unmittelbaren Produktionsprozesses sich
in die Wissenschaft verlagert und dem Arbeiter fremd in der Maschinerie
gegenübertritt. Aber dieses "Abstraktwerden" der unmittelbaren Produktionsarbeit
als ein lang sich hinziehender Prozeß, der erst heute mit der Mikroelektronik
und dem Einsatz flexibler Industrieroboter etc. eine entscheidende Höhe
erreicht, hat noch lange Zeit quasi-handwerkliche Qualifikationsebenen
teils als Restbestände weitergeschleppt, teils sogar in seinem eigenen
Zusammenhang erst neu geschaffen. Die große historische Tendenz wurde
dadurch nicht grundsätzlich beeinträchtigt, aber es hat sich
da bei ein nicht so leicht abzuschmelzender Kern bornierter "Arbeitszufriedenheit"
verschiedener Facharbeiter- und Technikerformationen und -Korporationen
erhalten, der sein Dasein innerhalb der Lohnarbeit verteidigt, auch wenn
er von den wirklichen wissenschaftlichen Potenzen der Gesellschaft letztlich
ebenso ausgeschlossen bleibt wie die "unqualifizierten" Arbeiter. Wenn
Ullrich mehr oder weniger deutlich an dieses bornierte Qualifikationsbewußtsein
innerhalb der industriellen Lohnarbeit appelliert, das sich da und dort
immer wieder mit bestimmten technologischen Teilentwicklungen, Übergangsschritten
usw. verknüpfen kann, so wittert er in den Restbeständen arbeitsstolzer
Facharbeiter natürlich die verwandte Seele, die auf dem Boden der
Warenproduktion "ergänzend" zur Handwerks- und Selbstversorgungsidylle
in der Industrie selbst ihr gemütliches soziales Schrebergärtchen
pflegen möchte.
Allerdings hat diese auf dem Papier liebevoll ausgemalte reformistische
"Modell"-Konstruktion auch ihre höchst fatale und unangenehme Kehrseite.
Nicht alle Momente des schief als "relativ nichtentfremdet" bezeichneten
Facharbeiterdaseins gehen im handwerklerischen Arbeitsstolz bruchlos auf
und nicht jeder Facharbeiter läßt sich mit derart kleinen Brötchen
abspeisen, wie sie Ullrich ebenso backt wie der Gewerkschaftsreformismus.
So ist es mehr als bloß eine ironische Anekdote, daß auf einer
der "Sozialistischen Konferenzen" zu Beginn der 80-er Jahre, als Leute
wie Ullrich ihre ersten großen Auftritte hatten und der produk-
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tivkraftkritische touch in den linkssozialistischen Debatten über
die "Zukunft der Arbeit" deutlich sichtbar wurde, ein leibhaftiger Dreher
aufstehen und den akademischen Verehrern der "geschickten Hände" einige
unangenehme Wahrheiten über eine Berufskrankheit sagen mußte,
die den schönen Namen "Dreherrücken" trägt. Aber die erhoffte
Arbeitszufriedenheit "auf mittlerem Niveau" soll ja auch nur "relativ"
nichtentfremdet sein und auch die "voluptas laborandi" der "natürlichen
Mühsal" darf schließlich nicht vergessen werden. Ullrich scheut
sich übrigens nicht einmal, den hier sichtbar werdenden bodenlosen
Zynismus auch offen auszusprechen, in aller produktivkraftkritischen Unschuld
selbstverständlich: "Da die meisten Soziologen keine 'eigene' Erfahrung
mit industrieller Arbeit haben und schon gar nicht mit industrieller körperlicher
Arbeit und da sie als (Bildungs-) Bürgerkinder, als Gymnasiasten und
Akademiker meist nur eine geringe oder überhaupt keine Sensibilität
und Fähigkeit in 'praktisch' technischen Dimensionen entwickeln konnten,
fällt es ihnen schwer, in einer ihnen 'fremden' technischen Arbeit,
die unterhalb des akademischen Niveaus liegt(!), eine interessante, befriedigende
und an hohes 'Können' gebundene Arbeit zu sehen. Wenn dann noch geringe
Kenntnisse über die konkrete Arbeitssituation vorliegen oder die Beurteilung
nur über einige 'äußerliche' Kriterien erfolgt wie 'Lohnabhängigkeit'
und 'Monotonie'(!) die bezogen wird auf das eigene ganz andersartige Anspruchsniveau(!!),
dann können eklatante Fehleinschätzungen über industrielle
Arbeit die Folge sein..." (TuH, 212).
Es bleibt uns also im Strauß der produktivkraftkritischen Blüten
nicht einmal das Argument der schwieligen Faust erspart. Diese Passage
bei Ullrich ähnelt der abwiegelnd-distanzierten Reaktion etlicher
Gewerkschaftsfunktionäre, als die ersten Industriereportagen Wallraffs
herauskamen; die Sensibilität des akademisch gebildeten Literaten,
so hieß es, die ihm viele Aspekte des Arbeitsprozesses als unerträglich
erscheinen lasse, gehe den Arbeitern eben ab und so könnten sie sich
trotzdem wohlfühlen in der Lohnarbeit. Der einzige "Beweis" für
derart zynische Argumente besteht immer darin, daß die Arbeiter ja
nicht offen rebellieren; diese Tatsache zeigt allerdings nichts weiter,
als daß die Individuen ihren unbegriffenen gesellschaftlichen Bedingungen
hilflos ausgeliefert sind und die alte Arbeiterbewegung nicht imstande
war, ein gesellschaftliches Kollektivsubjekt herauszuarbeiten, das eine
Zielvorstellung über die Lohnarbeit hinaus entwickelt hätte und
an das sich die Individuen halten könnten. Verarbeitet wird die Unerträglichkeit
trotzdem, freilich mehr oder weniger unbewußt nach "innen" als schleichender
Selbstzerstörungs- und vorzeitiger Alterungsprozeß. Auch bei
den quasi-handwerklich in vielen Schattierungen qualifizierten Fach- und
Maschinenarbeitern werden technisches Interesse und Arbeitsstolz konterkariert
durch massenhafte Berufskrankheiten, Krebs und Herzinfarkte, hohe Sterblichkeit
vor Erreichen des Rentenalters bzw. nur kurzes Erleben der Rente, aber
auch durch zahllose psychische Ausdrucksformen der Vereinseitigung und
Bornierung, die aus dem Arbeitsprozeß heraus unerkannt im Kapillarsystem
der persönlichen Beziehungen verwandelt wiedererscheinen.
Es wäre nun ein Resumee zu ziehen, um die letzten Konsequenzen
der Produktivkraftkritik gerade als Verweis auf ihre eigenen sozialhistorischen
Grundlagen herauszuarbeiten.
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Dabei sollen die genuin Marx'sche und die produktivkraftkritische Position
noch einmal grundsätzlich gegenübergestellt werden.
1. Für Marx ist der Prozeß der Verwissenschaftlichung aller
gesellschaftlichen Reproduktion unter der Herrschaft der Wertabstraktion
gleichzeitig der unaufhaltsame Prozeß des "Abstraktwerdens" der konkreten
Arbeit, d.h. ihrer "Sinnentleerung" für den unmittelbaren Produzenten.
Gleichzeitig untergräbt aber derselbe Verwissenschaftlichungsprozeß
die Form der wertabstraktiven Vergesellschaftung selbst und verwandelt
den gewonnenen gesellschaftlichen Zeit-Fonds krisenhaft in die negative,
gegensätzliche Form der "Arbeitslosigkeit". Historisch gelingen zwar
kapitalistische Anpassungsprozesse durch die fortgesetzte Kapitalisierung
und "Monetarisierung" der Welt sowie durch Schaffung neuer Produktionszweige,
aber in einer immer enger werdenden Spirale, bis schließlich ein
rezessiver Dauerzustand erreicht wird, der die weitere Ausbeutung von Lohnarbeit
ad absurdum führt und unmöglich macht. Die GESAMTGESELLSCHAFTLICH
"disponible Zeit" ist dann so angewachsen, daß sie unter dem Diktat
der Wertabstraktion "die Mehrheit der Bevölkerung außer Kurs
setzt" (Marx) und die Wert-Ökonomie damit zusammenbricht. Der historische
Zwang zu ihrer Aufhebung impliziert als seinen sozialen Inhalt gleichzeitig
die Aufhebung des unmittelbaren Produzenten selbst, der sich mit der positiven
Aneignung der gesellschaftlich gewonnenen disponiblen Zeit auch die wissenschaftlichen
Potenzen der Produktion endlich selber aneignen kann. Das Subjekt dieser
Umwälzung kann nur ein revolutionäres sein, das die ganze bisherige
Verkehrsform der Gesellschaft gewaltsam aufhebt. Die einzige Alternative
dazu wäre die offene Barbarei und der gemeinsame "Untergang der kämpfenden
Klassen" (Marx), wobei sich diese "Klassen" am Ende nicht mehr in quasi-ständischer
Form gegenüberstehen, sondern nur noch differenzieren in die "Funktionäre"
der Wertabstraktion einerseits, die "den Wert als Wert erhalten wollen"
(Marx), und die "außer Kurs gesetzte" Masse bzw. die Reste des im
Produktionsprozeß verbliebenen unmittelbaren Produzenten andererseits.
2. Für die Produktivkraftkritik dagegen ist der Verwissenschaftlichungsprozeß
an sich ein "falsches Prinzip", das nach rückwärts korrigiert
werden muß. Der Prozeß der "Sinnentleerung" für den unmittelbaren
Produzenten soll innerhalb der ontologisch vorausgesetzten Wert-Ökonomie
"aufhaltsam" gemacht werden, teils durch das Festschreiben "relativ nicht-entfremdeter"
quasi-handwerklicher Qualifikationen innerhalb der industriellen Lohnarbeit,
teils durch "kleine Kreisläufe" in der Form alternativ-ökonomischer
"einfacher Warenproduktion" und durch "Selbstversorgung", wobei radikaler
Anti-Industrialismus und Handwerksidylle mehr eine ideologische Überhöhung
darstellen denn als reales Konzept gelten können. Die negative Herstellung
gesellschaftlich disponibler Zeit bleibt völlig ausgeblendet, die
"Arbeitslosen" werden bloß als empirische Sozialkategorie wahrgenommen
und letztlich der "Armenfürsorge" des Sozialstaats überantwortet,
womöglich in Gestalt des "garantierten Mindesteinkommens". Wert-Ökonomie
und unmittelbarer Produzent werden als unveränderliche, ewige Kategorien
gedacht, außerhalb derer gesellschaftliche Reproduktion nicht einmal
denkmöglich erscheint. Das Subjekt dieser Veränderungen kann
nur ein reformistisches sein,
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z.B. alternative Kleinunternehmer (Müsli-Yuppies); liberaler Staat,
aufgeklärtes Management, reformistische Gewerkschaften etc. Das grundsätzliche
Funktionieren des Weltmarkts wird vorausgesetzt, eine fundamentale Krise
der kapitalistischen Ökonomie gilt als überwunden und erscheint
als ausgeschlossen.
Es bleibt so ein mehr als schaler Geschmack zurück, wenn die Produktivkraftkritiker
sich um die Erhaltung der "geschickten Hände" sorgen und die "Wiedervereinigung
von Kopf und Hand" im Produktionsprozeß "zurückgewinnen" wollen;
die "Rettung" des unmittelbaren Produzenten ist so gleichzeitig seine Verewigung.
Es kommt hier überdeutlich das korporative Eigeninteresse der sozialwissenschaftlichen
Intelligenz zum Ausdruck, die das Produzentendasein nur deswegen wieder
mit "Geschick" und "Arbeitszufriedenheit" anreichern möchte, um es
"unterhalb des akademischen Niveaus" zu halten und nicht an das "andersartige
eigene Anspruchsniveau" heranzulassen. Die sozialwissenschaftliche Intelligenz
im weitesten Sinne, die im keynesianistischen Klima der 70-er Jahre eine
gewaltige Ausdehnung erfahren hatte, wird damit nicht nur ihrem Beruf als
soziale und ideologische Reparaturkolonne der Wert-Ökonomie gerecht,
sie verteidigt gleichzeitig (ganz ähnlich wie die Facharbeiter) ihre
kollektive Position als spezifisch-korporatistisches abstraktes Ware-Geld-Subjekt
gegen die Nivellierungstendenzen des fordistischen Vergesellschaftungsprozesses,
denen sie verspätet als so ziemlich letzte Sozialkategorie unterworfen
wird.
Auf diese Weise wird dann endlich auch der soziale Sinn des "Abschieds
von der Arbeiterklasse" deutlich. Dieser Slogan deutet nicht ein Aufarbeiten
der alten, an ihr Ende gelangenden Arbeiterbewegung und ihrer noch "ständisch"
gefärbten Lohnarbeits-Immanenz an, sondern im Gegenteil bloß
den Rückzug der linken akademischen Intelligenz aus dem Kontinuum
gesamtgesellschaftlich bezogener revolutionärer Theoriebildung hin
zur bornierten Ideologisierung eines immanenten, korporativen Interessenstandpunkts.
Aus der stolzen Deklaration der wissenschaftlichen Theorie ohne Rücksicht
auf die Polizeiwidrigkeit ihrer Ergebnisse ist das Heulen mit den Wölfen
geworden und das Schnappen nach dem "angemessenen" Wertbrocken. Und je
bornierter und unwissenschaftlicher, je ideologischer und angepaßter
die Haltung wurde, desto moralischer und tränenseliger mußte
sie zum "Menschheitsstandpunkt" stilisiert werden, der "weder rechts noch
links, sondern vorn" sei usw. Die revolutionäre Aufhebung der Wert-Ökonomie,
die hier nur angedeutet werden konnte, kann nur das Ergebnis gesellschaftlicher
Praxis und eines darauf bezogenen weitreichenden "gesellschaftlichen Diskurses"
sein. Aber in ihrem regressiven Zustand muß heute die linke akademische
Intelligenz diesen Diskurs total verweigern und alle Ansätze in diese
Richtung ausgrenzen und totschweigen oder als "Rückfall in den Dogmatismus"
denunzieren. Die Krise freilich, an die sie nicht mehr glauben möchte,
wird sie mit derselben Wucht treffen wie alle anderen gesellschaftlichen
Korporationen und die Irrationalität und Haltlosigkeit ihrer reformistischen
Konzepte handgreiflich deutlich machen.