Startseite
Aktuelles
zurück
Druckversion
Glossar
Deep Link

Thomas Meyer: Alternativen zum Kapitalismus – Im Check: Buen Vivir und das Ende der nachholenden Entwicklung


Zuerst erschienen in: Ökumenisches Netz Rhein-Mosel-Saar (Hg.): Bruch mit der Form: Die Überwindung des Kapitalismus in Theorie und Praxis, Koblenz 2020, 465–479. Siehe:https://www.oekumenisches-netz.de/veroeffentlichungen/broschueren-und-buecher/

Alternativen zum Kapitalismus – Im Check: Buen Vivir und das Ende der nachholenden Entwicklung

Thomas Meyer

1. Einleitung

Mit dem „Kollaps der Modernisierung“ (vgl. Kurz 1994) und dem Ende des sowjetischen Staatskapitalismus hat sich das Paradigma einer nachholenden Modernisierung erledigt. Längst sind zahlreiche Weltregionen ein „Tummelplatz von Drogenbaronen, Warlords und Weltordnungskriegern“ (vgl. Bedszent 2014). Obgleich der Kapitalismus stets nach neuen Verwertungsmöglichkeiten sucht (Green New Deal, Digitalisierung, KI, Biotechnologie), führt jede weitere ‚Modernisierung‘ zu kaum mehr als zu einem ‚Fortschritt‘ in der Verslumung der Welt (vgl. Davis 2011) und zu einem Fortschreiten der ökologischen Katastrophe (vgl. Konicz 2020). Somit ist es naheliegend, alle Ansprüche und Versprechen von ‚Modernisierung‘ und ‚Entwicklung‘ zurückzuweisen. In diesem Kontext steht ‚Sumak Kawsay‘ oder spanisch ‚Buen Vivir‘. Zum Buen Vivir schreibt Tatiana López-Ayala: „Das Buen Vivir als Konzept entstand in Bolivien und Ecuador vor dem Hintergrund erstarkender Proteste (indigener) sozialer Bewegungen gegen eine von IWF und Weltbank verordnete, neoliberale Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik. Der Ausbau des extraktivistischen Exportmodells sowie die Privatisierung zentraler Wirtschaftszweige, wie des Wassersektors in Bolivien, führten zu wachsender sozialer Ungleichheit sowie zu einer zunehmenden Zerstörung natürlicher Lebensräume, insbesondere der Regenwälder [...]. Das Buen Vivir tritt somit als Antwort auf eine gefühlte [sic] ‚Krise des westlichen Zivilisationsmodells‘ [...] auf den Plan. Diese offenbart sich in der trotz aller Entwicklungsbestrebungen weiterhin ansteigenden weltweiten Armut, dem Schwinden natürlicher Ressourcen und den verheerenden Folgen des Klimawandels. Verantwortlich gemacht für diese Krise wird von den Vertretern des Buen Vivir insbesondere das kapitalistische Wirtschaftssystem, welches auf der systematischen Unterwerfung der Natur und auf einem Paradigma endlosen Wachstums beruht und somit zu einer Bedrohung für das Leben auf dem Planeten wird [...]. Die Kritik am westlich-modernen Zivilisations- und Entwicklungsmodell beschränkt sich jedoch nicht auf eine bloße Kritik des Kapitalismus. Vielmehr richtet sich das Buen Vivir gegen den gesamten ideologischen Unterbau der europäischen Moderne, welche sich unter anderem auf die Konzepte des Individualismus, Kolonialismus, Rationalismus und Institutionalismus gründet […] (López-Ayala 2017, 12).

Den südamerikanischen indigenen Bewegungen, die mit ‚Buen Vivir‘ zusammengefasst werden, geht es also um eine Etablierung eines ‚Guten Lebens‘. Dieses soll nicht darin bestehen, das westliche Konsummodell und die moderne kapitalistische Lebensweise zu übernehmen. Vielmehr geht es darin darum, eine Lebensweise zurückzuweisen, die auf Ausbeutung und Plünderung der Natur basiert. Stattdessen soll eine Gesellschaft angestrebt werden, die ein ‚harmonisches Verhältnis‘ zur Natur aufweisen soll. Damit ist Buen Vivir unvereinbar mit allen modernen vorgezeichneten ‚Entwicklungswegen‘. Modernisierung liefe auf nichts anderes hinaus, als auf eine Angleichung an die westlichen kapitalistischen Staaten. Diese Angleichung würde jedoch für viele trotzdem nur ein uneinlösbares Versprechen bleiben (vgl. Davis 2011). Da eine solche Angleichung vor allem dadurch finanziert wird, dass entsprechende Länder exzessiv Rohstoffe abbauen (Neo-Extraktivismus), führt ‚Entwicklung‘ zu einer Verschärfung der ökologischen und sozialen Krise. Man würde also durch eine weitere Modernisierung einen Weg einschlagen, der sich bereits als historische Sackgasse und als ökologisches Desaster erwiesen hat.1 Unter den ‚linken‘ Regierungen Lateinamerikas wurde die Ausplünderung der Natur nicht zurückgefahren, sondern sie nahm noch weiter zu. ‚Mehr Wohlstand‘ soll auch für die ‚Progressiven‘ durch noch mehr Naturausbeutung erlangt werden (vgl. z.B. Gudynas 2013 sowie Brand; Muno 2014). Als Abwendung von den Modernisierungsversprechen bzw. -drohungen und einer nachholenden Entwicklung überhaupt (egal ob neoliberale oder ‚progressive‘) haben Positionen des Buen Vivir in einigen südamerikanischen Ländern (Ecuador und Bolivien) Eingang in die Staatsverfassungen gefunden. Es ist nicht überraschend, dass eine bloß ‚juristische Anerkennung‘ nicht zur erhofften Umkehr geführt hat.2

Mit der Ablehnung eines Entwicklungsmodells, durch welches ‚Wohlstand‘ erlangt werden soll, indem die Natur als bloßer ‚Rohstoff‘ verwertet wird, hat Buen Vivir eine inhaltliche Überschneidung mit der Postwachstumsbewegung, die ebenfalls den mit der westlich „imperialen Lebensweise“ (vgl. Brand; Wissen 2017) einhergehenden ausufernden Ressourcenverbrauch kritisiert (vgl. Acosta; Brand 2018, 142ff.). Allerdings ist ein entscheidender Unterschied zur westlichen Postwachstumsbewegung hervorzuheben: Buen Vivir verweist auf die Erfahrungen kolonialer und postkolonialer Unterdrückung indigener Völker. Diese erleiden den aus allen Poren blut- und schmutztriefenden Charakter kapitalistischer Modernisierung (vgl. Marx 2005, 788). Daran hat sich bis heute nichts geändert, wie man beispielsweise in Brasilien unter dem Faschisten Bolsonaro sehen kann.

Im folgenden geht es zunächst darum, die Positionen von Buen Vivir auszubreiten. Ich beziehe mich dazu vorwiegend auf Alberto Acosta (Acosta 2012). Acosta war der Energieminister Ecuadors und Präsident der Verfassungsgebenden Versammlung Ecuadors 2007/2008 und gilt als ein bedeutender Vertreter des Buen Vivir.

2. Das ‚Gute Leben‘ nach Alberto Acosta

Buen Vivir betont insbesondere, wie schon eingangs angedeutet, dass die Bestrebungen, sich zu modernisieren, sich dem westlichen Entwicklungsweg samt entsprechender Lebensweise anzugleichen, abzulehnen sind. Dies schließt auch die „bisher real existierenden Sozialismen“ (Acosta 2015, 71) mit ein. Denn erstens würde eine entsprechende Finanzierung über den Neo-Extraktivismus laufen, d.h. die entsprechenden Länder würden dann vor allem als Rohstofflieferant fungieren und zweitens ist das anzustrebende ‚Endresultat‘ ohnehin ein Auslaufmodell: Der „vorherrschende Lebensstil ist global nicht haltbar“ und „könnte in einem kollektiven Selbstmord enden“ (ebd., 40).

Kapitalismus wird vor allem als System institutioneller und rassistischer Unterdrückung gesehen und er impliziert eine Lebensweise, die die Natur nur als zu verwertenden Rohstoff ansieht. Beansprucht wird also, mit der kapitalistischen Produktions- und Lebensweise zu brechen um „andere Lebensformen zu schaffen, die nicht von der Kapitalakkumulation bestimmt werden“ (ebd., 37). Angestrebt wird eine „Rückkehr zu den Gebrauchswerten“ (ebd., 39). Es ginge also nicht darum, den kapitalistisch produzierten Reichtum nur umzuverteilen, es ginge vielmehr um radikale Veränderungen. In den Worten Acostas: „Es geht nicht um ein optimales materielles Akkumulationssystem. Auch reicht es nicht, die gesammelten Früchte besser zu verteilen oder umzuverteilen. […] Die Welt braucht tief greifende radikale Veränderungen. Es muss dringend die vereinfachende Auffassung überwunden werden, dass der Ökonomismus die Gesellschaft bestimmt. Vonnöten ist eine andere Form gesellschaftlicher Organisation sowie eine neue politische Praxis. Um das zu erreichen, muss Kreativität geweckt und wieder auf das Leben gesetzt werden. Nur so können wir vermeiden, zu reinen Vollstreckern veralteter Verfahren und Rezepte zu werden“ (ebd., 10).

Das ‚Gute Leben‘ wird dabei als ein pluralistisches Konzept gedacht, da vermieden werden soll, einen richtigen Masterplan für alle behaupten zu wollen: „Was beim Konzept des ‚Guten Lebens‘ zählt, ist das menschliche Individuum, integriert in seine Gemeinschaft, das harmonische Beziehung mit der Natur pflegt und dabei, individuell genauso wie in der Gemeinschaft, nach dem Aufbau eines nachhaltigen, würdigen Lebens für alle strebt. Zunächst muss man die Vorstellung eines universellen Plans für das ‚Gute Leben‘ ablegen, das zu jeder Zeit und an jedem Ort gültig und unbestreitbar ist. Es ist angemessener, von ‚Guten Leben‘ in der Mehrzahl zu sprechen, um der Konstruktion einer neuen Kultur, in der eine Pluralität der Ansätze mit einer Radikalität der Lösungen Hand in Hand geht, die Tore zu öffnen. Sie soll an die jeweiligen Visionen und Lebensweisen angepasst sein und ein Leben in Fülle anstreben“ (ebd., 16). Es gilt dabei indigene Traditionen zu stärken, vor allem von solchen Gemeinschaften, „die nicht vollkommen von der kapitalistischen Moderne absorbiert wurden und die es geschafft haben, an deren Rand weiterzubestehen“ (ebd., 15). Hieran schließt sich die Idee eines plurinationalen Staates an. Durch den soll gewährleistet werden, dass indigene Gemeinschaften nicht von der Moderne (endgültig) überrollt, sondern ihnen soll zu ihrem eigenen Recht verholfen werden. Dazu heißt es weiter: „In einem plurinationalen Staat müssen die kulturellen Kodices der indigenen Völker und Nationalitäten berücksichtigt werden. Das heißt, dass eine breit angelegte Debatte über dieses Thema zugelassen werden muss, um einen anderen Staat zu ermöglichen, der nicht an eurozentrische Traditionen gebunden ist. Bei diesem Prozess müssen die bestehenden Strukturen neu gedacht werden; Institutionen müssen aufgebaut werden, in denen eine horizontale Machtausübung zur Realität werden kann. Um das zu erreichen, muss der Staat von Einzelnen und vor allem von den Gemeinschaften als aktiven sozialen Organisationsformen ‚verbürgert‘ werden. Mit anderen Worten: Die Demokratie als solche muss neu gedacht und vertieft werden“ (ebd., 35). Hintergrund dieser Idee sind die westliche Dominanzkultur und 500 Jahre der kolonialen Unterdrückung: „Die Überwindung von Ungleichheit und Ungerechtigkeit ist genauso unerlässlich wie Entkolonialisierung und die Befreiung von patriarchalen Strukturen. Darüber hinaus muss der Rassismus bezwungen werden, der in vielen unserer Gesellschaften tief verwurzelt ist. Die sozialen wie auch die territorialen Fragen müssen dringend aufgegriffen werden“ (ebd.). Unklar bleibt, ob Acosta auch patriarchalische Strukturen in den indigenen Gemeinschaften selbst im Blick hat. Fraglich bleibt, ob ein krisengeschüttelter Staat, der auf Biegen und Brechen auf eine erfolgreiche Kapitalakkumulation angewiesen ist, sich derart ‚gebrauchen‘ lässt, dass er indigene Gemeinschaften und ihre Lebensweise als gleichberechtigt anerkennt und darauf verzichtet, z.B. Öl in den betreffenden Gebieten abzubauen. Tatsächlich war es sogar so, dass Buen Vivir als Jargon missbraucht wurde, um das Gegenteil zu rechtfertigen, wofür Buen Vivir stehen soll: So z.B. als Propaganda für „Megabergbauprojekte“ (ebd., 87). Gleichberechtigung im bürgerlichen Sinn ist aber nichts anderes als die Gleichberechtigung auf dem Markt und nur so eine Gleichberechtigung ist der Staat seiner eigenen Logik nach zu vergeben imstande. Dass ein kapitalistisches Regime die eigentliche Zielsetzung von Buen Vivir nicht erfasst oder schlicht ignoriert und Buen Vivir in ‚mehr Kapitalakkumulation‘ übersetzt ist folgerichtig, zumal der Staat alle seine Aktivitäten auch finanzieren muss.

Zu den indigenen Traditionen, die Acosta vor allem im Blick hat, sind diejenigen, die eine andere Beziehung der Menschen zur Natur und der Menschen zueinander zum Inhalt haben. Anders als in der bürgerlichen Gesellschaft, wird die Natur nicht als etwas dem Menschen Feindliches, das bezwungen und beherrscht werden muss, angesehen, ganz im Gegenteil: Als Teil der Natur begreift sich der Mensch als zur Natur zugehörig und das Leben in und mit der Natur muss dergestalt sein, dass der Natur zu ihrem Recht verholfen wird, d.h. angestrebt wird eine Lebensart, die in ‚Harmonie‘ zur Natur steht. Kriterium für ein ‚Existenzrecht‘ der Natur ist also nicht die Nützlichkeit für den Menschen: „Diese biozentrische Haltung gründet auf einer alternativen ethischen Perspektive und erkennt die eigenen Werte der Umwelt an. Alles Seiende hat, auch wenn es nicht identisch ist, einen ontologischen Wert, auch dann, wenn es dem Menschen nicht nützlich ist“ (ebd., 36). Hintergrund einer solchen antiutilitaristischen Haltung ist natürlich der kapitalistische Raubbau an der Natur, durch den der abstrakte Reichtum (G-W-G’) realisiert werden soll. Eine Anerkennung der Natur als Rechtssubjekt fand dann Eingang in die Verfassung Ecuadors, was einen weiteren Raubbau an der Natur nicht wirklich verhinderte.

Eine solche Auffassung die Natur ‚ethisch aufzuwerten‘ findet sich in verschiedenen Weltregionen. Der ‚Anlass‘ ist dabei recht ähnlich: So kritisiert Vandana Shiva die kapitalistische Modernisierung Indiens. Sie wirft der westlichen Wissenschaft vor, nichts anderes zu sein als ein Ausdruck der kapitalistischen Ökonomie, alle Natur als Rohstoff zu sehen und sich berechnend und beherrschend zu ihr zu verhalten. So erteilt sie dem reduktionistischen und mechanistischen Denken der westlichen Traditionen eine Absage. Die Modernisierung Indiens mit ihren katastrophalen ökologischen Folgen (Grüne Revolution) sei ein Resultat dieser Denkweise, die keineswegs ‚neutral‘ sei. Sie kontrastiert westliche Naturbeherrschung mit traditionellen indischen und indigenen Vorstellungen, dass traditionelle Gemeinschaften, um die vielfältigen Beziehungen in der Natur wissen und ihr ‚Wirtschaften‘ daher nicht innerhalb weniger Jahre in eine ökologische Katastrophe führt (vgl. Shiva 1989).

Sowohl bei Shiva als auch bei Acosta, werden vormoderne bzw. indigene Naturvorstellungen nicht kritisiert. Eine Naturauffassung, die die Natur nur unter dem Aspekt wahrnimmt, welchen menschlichen Nutzen man aus ihr ziehen kann, ist zwar vollkommen zurecht zurückzuweisen. Aber die Vorstellung, Menschen könnten sich ‚harmonisch‘ zur Natur verhalten, ist sehr problematisch. Unterstellt wird mit diesem Begriff, dass die Natur ein In-Sich-Seiendes stationäres Ganzes wäre, in das sich der Mensch einzufügen habe. Auch wenn es bei Acosta nicht anklingt, sind biozentrische Anschauungen durchaus mit menschenfeindlichen Positionen vereinbar bzw. verknüpft, wofür die sog. Tiefenökologie ein beredtes Beispiel abgibt (vgl. Ditfurth 1996, 123ff.). Ausgeblendet werden auch die negativen Seiten der Natur (Krankheiten, Verwüstungen und Tod durch Vulkanausbrüche, Erdbeben u.ä.). Von einer wirklichen Harmonie kann also nicht die Rede sein. Da auch in einer nichtkapitalistischen Gesellschaft Eingriffe in die Natur nicht vermeidbar wären, würde sich vielmehr die Frage stellen, welche Natur ‚produziert‘ werden könnte. Ein Leben in Harmonie mit der Natur ist also zunächst nur eine leere Abstraktion. Sicherlich lässt sich dieser Begriff konkretisieren, wenn man lokale agrikulturelle indigene Gemeinschaften anschaut, aber es ist fragwürdig, ob ein derartiges ‚nachhaltiges‘ indigenes Wirtschaften (was wohl mit ‚Harmonie‘ letztendlich gemeint sein dürfte) dabei hilft, das Problem anzugehen, den kapitalistischen Stoffwechselprozess mit der Natur zu transformieren, anstatt ihn womöglich ersatzlos abzuschaffen oder auf lokale Kleinproduktion einer Subsistenzwirtschaft herunterzubrechen. Acosta betont zwar, dass das Konzept des Guten Lebens sich nicht auf bäuerliche Zusammenhänge beschränken sollte (ebd., 169) und keineswegs, im Sinne „einer Rückkehr in die Vergangenheit“ oder gar im Sinne eines „Rückfall[s] in einen indigenen Mystizismus“ gemeint sei (ebd., 89), allerdings weicht er durch die Hervorhebung von Harmonie diesem Problem von vornherein aus.

Wie Robert Kurz betont hat, ist es dem Menschen, obgleich Naturwesen, nicht möglich, sich ‚harmonisch‘ zur Natur zu verhalten, da der Mensch mit der Natur nicht ‚eins‘ ist. Das Verhältnis zur Natur besteht darin, einen spezifischen Stoffwechsel mit der Natur einzugehen, der auch dazu führt, dass die Natur umgeformt und damit selbst verändert wird: „Da gesellschaftliche und natürliche Prozesse nicht identisch sind, können sie kollidieren. Kein Mensch kann einfach ‚im Einklang mit der Natur leben‘, wie es die grüne Ideologie fordert. Sonst wäre er selber bloß Natur, also ein Tier. Gesellschaft ist nicht unmittelbar Natur, sondern ‚Stoffwechselprozeß mit der Natur‘ (Marx), also Umgestaltung und ‚Kulturalisierung‘ der Natur (Kultus bedeutete ursprünglich Ackerbau). Damit dieser Prozeß nicht zu katastrophalen Friktionen führt, ist eine vernünftige Organisation der Gesellschaft erforderlich. Vernunft heißt in dieser Hinsicht nichts anderes als eine Reflexion der Naturzusammenhänge im Bewußtsein und ein entsprechendes Verhalten bei der gesellschaftlichen Umgestaltung der Natur, das sinnlosen Raubbau und destruktive Nebenwirkungen vermeidet“ (vgl. Kurz 2002). Die Natur ist also nichts Statisches. Dabei entscheidet die „Form der gesellschaftlichen Arbeit […] über die spezifischen Zwecke und Triebkräfte von Produktion und Konsumtion und über Art und Umfang der Eingriffe in die Natur“ (Böhme; Grebe 1985, 27). Die ‚Form der gesellschaftlichen Arbeit‘ kommt aber bei Acosta gerade nicht in den Blick.

Obgleich Acosta wichtige Punkte zusammenträgt, verbleibt er auf einer phänomenologischen Ebene. Beansprucht wird, die „Wege der Hölle zu kennen, um sie zu meiden“ (ebd., 32); zugleich heißt es, dass die „Grundlagen des Systems […] in diesem Text nicht erschöpfend ausgearbeitet werden [können]“ (ebd., 169). Eine systematische kategoriale Kritik fehlt. Es fehlt eine Kritik der Arbeit und zugleich der weiblich konnotierten und minderbewerteten Reproduktionstätigkeiten. Auch verwendet er einen eher veralteten Imperialismusbegriff. Ein Krisen- und Ausgrenzungsimperialismus ist ihm fremd (vgl. Kurz 2003). Das Problem der ‚gesellschaftlichen Synthesis‘ (vgl. Abschnitt 3) wird von ihm noch nicht einmal gestreift. Ganz im Gegenteil. Die theoretischen Defizite der Postwachstumsbewegung sind auch hier gang und gäbe.3 So nimmt Acosta etwa einen positiven Bezug auf Lokalwährungen. Das ist eine Konsequenz aus der Forderung einer „selektive[n] und zeitweilige[n] Trennung vom Weltmarkt“ und der damit einhergehenden Forcierung einer „Dezentralisierung“ (ebd., 148). Es ginge um einen Aufbau, der „von unten und von innen heraus“ erfolgt und „den lokalen Gegebenheiten gerecht wird; durch ihn gewinnen beispielsweise alternative Währungen an Gewicht, mit denen die Gemeinschaft wieder Herr über ihre Wirtschaft werden kann“ (ebd., 147).

Sicherlich ist es angesichts der teils vollkommen absurden kapitalistischen Distributionsketten (vgl. z.B. Böge 1992) sinnvoll, diverse Dinge lokal zu erledigen. Es gibt aber viele Dinge, die nur Resultat einer komplexen ‚Arbeitsteilung‘ bzw. einer ‚stofflich-technischen Funktions- und Organisationsteilung‘ sein können, die keinesfalls lokal erledigt werden könnte (wie das technische Equipment der medizinischen Versorgung, die Herstellung von Medikamenten, die Produktion von Solarzellen, die Infrastruktur zur Abwasseraufbereitung usw.).

Die in diesem Zusammenhang entscheidend zu stellende Frage ist also nicht ‚lokal oder global‘, sondern wie gelangt man zu einer Produktionsweise, in der Produktion und Verteilung von allen Gesellschaftsmitgliedern geplant und durchgeführt werden, ohne dass zwischen die Menschen ein fetischistisches Medium tritt, dem sie dann unterworfen sind? In den Worten von Robert Kurz: „Autonomie heißt nämlich nicht, alles selber zu machen und die Reproduktion unter ein borniertes Gemeinschafts-Ethos zu zwingen. Autonomie bedeutet vielmehr gerade umgekehrt, daß sozialökonomische Beziehungen keinem äußeren, irrationalen und fetischistischem Zwangsverhältnis mehr unterliegen, sondern auf einer bewußten und freien Kommunikation beruhen, die dem Individuum Eigensinn, Entfaltungs- und Rückzugsmöglichkeiten bietet. Es gilt also, ein soziales Terrain der Autonomie in diesem Sinne zu besetzen, das nur leben kann, wenn es sich nicht regressiv abschottet, sondern in vielfältige und weitreichende Beziehungen tritt, die gerade die irrationalen nationalen, religiösen und ‚ethnischen‘ Bezüge, wie sie in der Geschichte der Modernisierung zu Ausgrenzungsmustern der Konkurrenz geworden sind, durchbrechen und aufheben können statt sie zu zementieren“ (Kurz 1997, 78f.).

Die fehlende Arbeitskritik macht sich bei Acosta besonders unappetitlich bemerkbar. Alle Tätigkeiten, produktive wie reproduktive, sollen gleichberechtigt sein. Dann heißt es: „Arbeit ist also ein Recht und eine soziale Pflicht in einer Gesellschaft, die das ‚Gute Leben‘ anstrebt. Deshalb kann keine Form der Arbeitslosigkeit oder Unterbeschäftigung (!) toleriert werden. Die Herausforderung des ‚Guten Lebens‘, das in großem Maß mit dem Thema Arbeit verbunden sein wird, muss über die Stellung der Arbeit gelöst werden. Es geht nicht einfach darum ‚mehr‘ zu produzieren. Es muss für ein gutes Leben produziert werden. Sobald alles seine Ordnung bekommen hat, wird die Arbeit das Leben der Menschen würdiger (!) machen. Arbeit sollte dann als Raum der Freiheit und des Genusses verstanden werden“ (ebd., 155). Weiterhin „sollte man an eine Umverteilung der ständig knapper werdenden Arbeitsplätze denken“ (ebd.). Acostas Lösungsansatz: „Kürzung der Arbeitszeiten und eine Umverteilung der Arbeit“ sowie eine „kollektive Neudefinition der axiologischen und existentiellen Bedürfnissen des Menschen“ (ebd.). Ob aus einer Arbeitszeitverkürzung auch eine Kürzung des Lohnes folgen muss, schreibt Acosta nicht. Ebenso wenig wird thematisiert, warum die Arbeitsplätze knapper werden. Von einer Abschaffung des Arbeitsmarktes und der Lohnarbeit ist schon gar nicht die Rede.

Es kommt noch besser. Acosta meint mit dem Bezug auf Ferdinand Braudel4 einen Unterschied zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus ausmachen zu können, ja „der Kapitalismus [kann] sogar ein ‚Antimarkt‘ sein“ (ebd., 160). Und zwar genau dann – dreimal darf geraten werden – „wenn sich die Unternehmer – in mehr oder minder starker Monopolstellung – […] verhalten“ (ebd.). Der Ordo-Liberalismus lässt grüßen! Mit dieser Unterscheidung folgert Acosta, es hätte lange Zeit vor Ankunft der Europäer bei den Indigenen „den Markt als ein soziales Konstrukt auf der Basis von Solidarität, Gegenseitigkeit und Verhältnismäßigkeit“ gegeben (ebd.). Offenbar retrojiziert Acosta moderne Kategorien in die Vergangenheit. Wenn Gegenstände in vormodernen Zeiten die ‚Hände gewechselt‘ haben, hat dies wohl eher mit personellen Verpflichtungsverhältnissen5 zu tun gehabt. In der Tat erinnern einige der indigenen ‚Wirtschaftslogiken‘, die Acosta vorstellt, an Reste eben solcher Verpflichtungsverhältnisse (ebd., 166f.).

Acosta betont, dass nicht „erst der Kapitalismus ganz überwunden werden muss, um anschließend das Gute Leben voranzutreiben“ (ebd., 72). Ein ‚reformistisches Moment‘ ist also naheliegend. Seine ‚Reformvorschläge‘ sind allerdings aberwitzig: „Um eine auf Solidarität gründende Wirtschaft aufzubauen, müssen andere Formen von Produktion, Handel, Konsum, Kooperation und Akkumulation finanzieller Mittel (!!) gefunden werden“ (ebd., 145). Zu letzterem wird eine „Demokratisierung des Zugangs zu finanziellen Mitteln“ (ebd., 172) angestrebt. Anstatt etwa einen kompletten Schuldenschnitt zu fordern, unterscheidet er zwischen „legal und legitim entstandenen Schulden, die bezahlt werden können, und solchen, die angefochten werden müssen, weil sie im Rahmen der Wucher- und Korruptionsschulden zustande gekommen sind“ (ebd., 183). Dann müssen die „Steueroasen verschwinden“ und es müssen „all die Steuern eingeführt werden, die für internationale Finanztransaktionen vonnöten sind (Tobin-Steuer), um die Finanzspekulation zu bekämpfen“ (ebd., 184). Fehlt noch die Forderung nach einem Sozialdemokraten als Arbeitsminister, um ‚Müßiggang und Parasitentum zu bekämpfen‘.

Es sollte also deutlich geworden sein, dass es sich bei Buen Vivir mitnichten um eine fundamentale Kapitalismuskritik handelt. Es werden bestimmte Erscheinungsformen des Kapitalismus abgelehnt und kritisiert, aber Acosta schafft nicht den Schritt in eine kategoriale Kritik und damit einen Bruch mit der globalen kapitalistischen Gesellschaftsform. Gerade die fehlende Radikalität mag ein Grund dafür sein, warum Buen Vivir, ähnlich wie auch die Postwachstumsbewegung, eine vergleichsweise große Bekanntheit für sich verbuchen kann.

3. Zur gesellschaftlichen Synthesis

Acosta benennt phänomenologisch wichtige Zusammenhänge, wenn auch mehr erzählend statt systematisch analytisch-dialektisch: die Haltlosigkeit der westlichen (und östlichen) Modernisierung, der kapitalistischen Lebensweise, eine Kritik der (neo)kolonialen Unterdrückung und des Verhältnisses zur Natur, das sie nur als ausbeutbaren Rohstoff ansieht. Eine kategoriale Kritik wird dagegen nicht angegangen. Weder findet sich eine Kritik der Arbeit, noch eine Kritik der Wert- bzw. Kapitalform6 und schon gar nicht eine der geschlechtlichen Abspaltung.7 Ebenso findet sich keine Kritik des Staates.8 Es geht ihm darum, den aktuellen Staat abzulehnen, egal ob neoliberal oder ‚links‘. Er möchte einen anderen Staat, der den bisher Marginalisierten Zugang und Perspektiven gewährt. Hintergrund u.a. ist, dass indigene Völker nicht von ihrem Land zwecks Rohstoffgewinnung vertrieben werden oder in einer vergifteten Landschaft dahinsiechen. Intendiert ist also etwas Unmögliches: Die Anerkennung durch den kapitalistischen Staat, sich und die Natur nicht durch das ‚automatische Subjekt‘ verwerten zu müssen. Es ist also kein Wunder, warum eine Erhebung der Rechte der Natur in den Rang der Verfassung nichts gebracht hat. Dies ist vergleichbar mit dem hiesigen heuchlerischen Diskurs über ‚Nachhaltigkeit‘ und ‚grünes Wachstum‘.

Wenn aber eine Alternative zum Kapitalismus – und nicht wie Acosta letztlich nur eine Alternative im Kapitalismus – angegangen werden soll und das nicht erst am Sankt-Nimmerleins-Tag, muss das Problem der gesellschaftlichen Synthesis entfaltet werden, d.h. „das Problem einer spezifischen Qualität der übergreifenden Vermittlung […] als Form des gesellschaftlichen Zusammenhangs“ (Kurz 2011, 130, Hervorh. TM). Statt dessen soll Acostas Alternative ausgerechnet u.a. über Alternativwährungen, mehr Regionalbezug und aberwitzige Reformen entwickelt werden.

Wie ist das Verhältnis der einzelnen (indigenen) Gemeinschaften und der aus ihnen entstandenen ‚Produktionseinheiten‘ zu bestimmen, wenn Markt und Staat überwunden werden sollen und eine komplexe Funktionsteilung notwendig bleibt und aufrechterhalten werden muss? Klarerweise kann keine ‚Produktionseinheit‘ alles herstellen und kaum jemand würde ernsthaft anstreben, die Gesellschaft auf selbstgenügsame Dörfer zu reduzieren. Wie ist also der ‚übergeordnete Zusammenhang‘ der einzelnen Gemeinschaften zu denken? In welches Verhältnis setzen sie sich, um sich als Glied einer gesellschaftlichen Produktion zu betätigen? Hier erscheint wieder das Problem jedes ‚Sozialismus‘ seit dem 19. Jahrhundert, der sich vom etatistischen Sozialismus der Marxisten und Leninisten abgrenzte. Robert Kurz führte dazu aus: „Der anarchistische und überhaupt jeder kleinbürgerliche Sozialismus, der von den transzendentalen Formen des gesellschaftliche Verhältnisses abstrahiert, die dem empirischen Willen vorgeschaltet sind, möchte die Frage der Alternative eben stets auf unmittelbar empirische und ‚einfache‘ Willensverhältnisse reduzieren. Deshalb kommt er immer auf kleine, überschaubare ‚Modelle‘ von Genossenschaften und basisdemokratischen Gemeinden. Innerhalb von deren Grenzen soll alles ‚herrschaftsfrei‘ und nach gemeinsamen Beschlüssen ablaufen“ (ebd., 129). Zweifellos sind hiermit auch Buen Vivir sowie Commons- und Postwachstumsbewegung angesprochen. Und weiter Kurz: „Damit ist jedoch weder die Realität noch der Begriff eines gesellschaftlichen Zusammenhangs gewonnen, es sei denn, man wollte die Menschheit auf das Niveau voneinander isolierter Kuhdörfer mit rohester Subsistenzproduktion zurückwerfen. Auf deren Basis würden sich dann allerdings erst recht entsprechend rohe und primitive Herrschaftsstrukturen herausbilden. Die entscheidende Frage ist also die nach den übergreifenden Organisationsformen der vielen einzelnen Teilproduktionen, Infrastrukturen und ‚Gemeinden‘ nach ihrem inneren Beziehungsverhältnis, das erst als Ganzes so etwas wie Vergesellschaftung und damit auch ein gesellschaftliches Verhältnis ausmacht. Weder kann man sich damit begnügen, die befreite Gesellschaftlichkeit als bloß äußerliche ‚Summe‘ jener genossenschaftlichen Mikrostrukturen zu bestimmen noch ist deren ‚Modell‘ hinreichend für eine gesamtgesellschaftliche und gar transnationale oder planetarische Vermittlung der Milliarden von einzelnen Reproduktionstätigkeiten. […] Der übergreifende gesellschaftliche Zusammenhang bildet eine eigene Qualität, die ihre eigene Vermittlungs- und Organisationsform finden muss. Und dieser vermittelnde gesellschaftliche Zusammenhang ist es, der in seiner herrschenden negativen Qualität als fetischistische Selbstzweckbewegung die apriorische Form des empirischen Willens bestimmt. Es ist also eine naive Illusion, letzteren für sich im kleinen Maßstab anders qualifizieren zu wollen, während der eigentliche, weil übergreifende gesellschaftliche Formzusammenhang unbewältigt und geradezu eine unreflektierte ‚black box‘ bleibt“ (ebd., 129f., Hervorh. i. O.).

Wenn die Synthesis eben nicht mehr über Warenproduktion und Geld oder entsprechende Surrogate hergestellt und zugleich ein Absturz in Subsistenzwirtschaft vermieden werden soll, dann bedeutet das, dass eine ‚buntscheckige‘ Produktion mit einer komplexen Funktionsteilung vorliegen muss. Die verschiedenen ‚Produktionseinheiten‘ müssten sich koordinieren, sich aufeinander abstimmen, die Produktion planen. Diese Art der Produktion wäre aber nicht der Konsumption äußerlich (bei der der ‚Konsument‘ sich als ‚Verbraucher‘ über den Schrott und Unsinn beschwert, den ihm der Produzent geliefert hat) und ebenso läge kein der (Waren)Produktion abgespaltener Bereich vor.9

Es bleibt das Problem, wie die indigenen Gemeinschaften oder die aus ihnen entstandenen ‚Produktionseinheiten des Guten Lebens‘ ihr gesellschaftliches Band knüpfen könnten, ohne auf Surrogate von Markt und Staat zurückzugreifen (so wie Lokalwährungen). Es ginge darum, die Produktion dem Kapitalismus zu entreißen, ohne sie zu übernehmen und ohne sie einfach stillzulegen. Noch einmal in den Worten von Robert Kurz: „Das ökonomische Grundproblem besteht dabei darin, daß vorgelagerte Tätigkeiten nicht mittels Warentausch und Geldbeziehungen verbunden werden, sondern dass eine vermittelte Identität von Produzenten und Konsumenten auf erweiterter Stufenleiter hergestellt wird. Es geht dabei nicht um eine grundsätzliche betriebswirtschaftliche Spezialisierung, sondern um eine polytechnische Funktionsteilung, die z.B. personell alternierend sein kann. […] Es geht ferner auch nicht um einen Austausch abstraktifizierter Äquivalente in einer bloß naturalen Form […], sondern um eine rein stofflich-technische Funktionsteilung, bei der es nur darauf ankommt, daß innerhalb des Funktionszusammenhangs die notwendigen Dinge in der notwendigen Quantität und Qualität herstellt werden. […] Es käme aber darauf an, die Funktionsteilungen in einen rein am Bedarf der Beteiligten orientierten Zusammenhang der Identität von Produktion und Konsumption zu bringen.“ (Kurz 1997, 88, Hervorh. i. O).

4. Schluss

Eine Kapitalismuskritik, die radikale Veränderungen anstrebt, wie von Acosta angeführt, muss über eine phänomenologische Betrachtungsweise hinausgelangen. So wichtig Abwehrkämpfe gegen Neo-Extraktivismus, Rassismus und anderes von Acosta Erwähntes auch sind, sie können eine kategoriale Kritik des Kapitalismus nicht ersetzen. Spätestens dann, wenn diverse ‚Reformvorschläge‘ gemacht werden, rächt es sich, den theoretischen Horizont nicht wesentlich über der ‚Oberfläche des Alltags‘ angesetzt zu haben. Wenn Acosta über alternative Möglichkeiten der Finanzmittelakkumulation schreibt, so ist damit ausgedrückt, dass seine Phantasie nicht allzu weit reicht. Die angestrebte Alternative zum Kapitalismus entpuppt sich dann als Alternative im Kapitalismus.

Literatur

Acosta, Alberto; Brand, Ulrich: Radikale Alternativen – Warum man den Kapitalismus nur mit vereinten Kräften überwinden kann, München 2018, zuerst Quito 2017.

Acosta, Alberto: Buen Vivir – Vom Recht auf ein gutes Leben, München 2015, zuerst Quito 2012.

Bedszent, Gerd: Zusammenbruch der Peripherie – Gescheiterte Staaten als Tummelplatz von Drogenbaronen, Warlords und Weltordnungskriegern, Berlin 2014.

Bockelmann, Eske: Das Geld – Was es ist, das uns beherrscht, Berlin 2020.

Böge, Stefanie: Erfassung und Bewertung von Transportvorgängen: Die produktbezogene Transportkettenanalyse, 1992, auf stefanie-boege.de.

Böhme, Gernot; Grebe, Joachim: Soziale Naturwissenschaft – Über die wissenschaftliche Bearbeitung der Stoffwechselbeziehung Natur-Mensch, in: Böhme, Gernot; Schramm, Engelbert (Hg.): Soziale Naturwissenschaft – Wege zu einer Erweiterung der Ökologie, Frankfurt 1985.

Brand, Alexander; Muno, Wolfgang: Klima versus Öl – Das Ausbleiben der Klima- und Energiewende im Ölstaat Venezuela, in: Peripherie – Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt Nr. 136, Münster 2014, 445–469.

Brand, Ulrich; Wissen, Markus: Imperiale Lebensweise – Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus, München 2017.

Davis, Mike: Planet der Slums, Hamburg/Berlin 2011, zuerst London 2006.

Ditfurth, Jutta: Entspannt in die Barbarei – Esoterik, (Öko-)Faschismus und Biozentrismus, Hamburg 1996.

Gudynas, Eduardo: Die neue alte Entwicklungsstrategie Lateinamerikas: Der Extraktivismus und seine Folgen, in: Burchart, Hans-Jürgen; Dietz, Kristina; Öhlschläger, Rainer (Hg.): Umwelt und Entwicklung im 21. Jahrhundert – Impuls und Analysen aus Lateinamerika, Baden-Baden 2013, 33–45.

Konicz, Tomasz: Klimakiller Kapital – Wie ein Wirtschaftssystem unsere Lebensgrundlagen zerstört, Berlin 2020.

Kurz, Robert: Antiökonomie und Antipolitik – Zur Reformulierung der sozialen Emanzipation nach dem Ende des „Marxismus“, in: Krisis – Beiträge zur Kritik der Warengesellschaft Nr.19, Bad Honnef 1997, 51–105.

Kurz, Robert: Der Kollaps der Modernisierung – Vom Zusammenbruch des Kasernensozialismus zur Krise der Weltökonomie, Leipzig 1994.

Kurz, Robert: Die Substanz des Kapitals Teil I, in: exit! – Krise und Kritik der Warengesellschaft Nr.1, Bad Honnef 2004, 44–129.

Kurz, Robert: Die Substanz des Kapitals Teil II, in: exit! – Krise und Kritik der Warengesellschaft Nr.2, Bad Honnef 2005, 162–235.

Kurz, Robert: Es rettet euch kein Leviathan – Thesen zu einer kritischen Staatstheorie I, in: exit! – Krise und Kritik der Warengesellschaft Nr.7, Bad Honnef 2010, 26–74.

Kurz, Robert: Es rettet euch kein Leviathan – Thesen zu einer kritischen Staatstheorie II, in: exit! – Krise und Kritik der Warengesellschaft Nr.8, Berlin 2011, 109–162.

Kurz, Robert: Fetisch Arbeit – Der Marxismus und die Logik der Modernisierung, in: Helmut Fleischer (Hg.): Der Marxismus in seinem Zeitalter, Leipzig 1994, 162–184.

Kurz, Robert: Geld ohne Wert – Grundrisse zu einer Transformation der Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 2012.

Kurz, Robert: Gesellschaftliche Naturkatastrophen – Die synchronen Überschwemmungen und Dürren in der ganzen Welt kündigen eine neue Qualität der ökologischen Krise an, 2002, auf exit-online.org.

Kurz, Robert: Weltordnungskrieg – Das Ende der Souveränität und die Wandlungen des Imperialismus im Zeitalter der Globalisierung, Bad Honnef 2003.

López-Ayala, Tatiana: Das Buen Vivir als alternatives Entwicklungskonzept? – Eine wissenschaftstheoretische Einordnung, Köln 2017, online: https://lateinamerika.phil-fak.uni-koeln.de/sites/aspla/bilder/arbeitspapiere/lopez.pdf.

Marx, Karl: Das Kapital Bd. 1, Berlin 2005, 21. Aufl.

Ortlieb, Claus Peter: Ein Widerspruch zwischen Stoff und Form – Zur Bedeutung der Produktion des relativen Mehrwerts für die finale Krisendynamik, in: ders: Zur Kritik des modernen Fetischismus – Die Grenzen bürgerlichen Denkens – Gesammelte Texte von Claus Peter Ortlieb 1997–2015, Stuttgart 2019, 263–293.

Scholz, Roswitha: Das Geschlecht des Kapitalismus – Feministische Theorien und die postmoderne Metamorphose des Kapitals, Bad Honnef 2011, 2. verb. und erweit. Aufl., zuerst 2000.

Scholz, Roswitha: Feminismus – Kapitalismus – Ökonomie – Krise: Wert-Abspaltungs-kritische Einwände gegenüber einigen Ansätzen feministischer Ökonomiekritik heute, in: exit! – Krise und Kritik der Warengesellschaft Nr. 11, Berlin 2013, 15–63.

Scholz, Roswitha: Ohne meinen Alltours sag ich nichts – Postmodern(-männliche) Identität zwischen Differenzierungswahn und vulgärmarxistischer Theorieversicherung – Eine Replik auf Kritiken der Wert-Abspaltungstheorie, in: exit! – Krise und Kritik der Warengesellschaft Nr. 7, Berlin 2010, 201–250.

Shiva, Vandana: Das Geschlecht des Lebens – Frauen, Ökologie und Dritte Welt, Berlin 1989.


  1. Ganz abgesehen davon, dass eine weltweite Verallgemeinerung der westlichen Lebens- und Konsumweise mehrere Erden benötigen würde.^

  2. Zu bemerken ist aber auch, dass Acosta keinesfalls so naiv ist anzunehmen, dass eine bloße juristische Anerkennung für eine Transformation der Gesellschaft genügen würde.^

  3. Für die Exit Nr. 18 ist ein Text geplant, der sich ausführlich mit der Postwachstums- und Commonsbewegung auseinandersetzt.^

  4. Zu Braudel vgl. Kurz 2012, 373ff. ^

  5. Vgl. dazu Kurz 2012 sowie Bockelmann 2020.^

  6. Vgl. dazu Kurz 2004/2005/1994b sowie die Vorträge von Robert Kurz „Zur Kritik der Arbeit“ https://www.freie-radios.net/10566 und „Fetischvernunft oder kategoriale Kritik?“ http://audioarchiv.blogsport.de/2009/03/16/fetischvernunft-oder-kategoriale-kritik/. ^

  7. Vgl. dazu Scholz 2010/2011/2013.^

  8. Vgl. dazu Kurz 2003 die Kapitel „Das Ende der Souveränität“ und „Der globale Ausnahmezustand“ sowie ders. 2010/2011.^

  9. Vgl. dazu Scholz 2013.^




zurück
Druckversion
Glossar
Deep Link