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Robert Kurz / Roswitha Scholz / Jörg Ulrich




   
Kurz, Robert / Scholz, Roswitha / Ulrich, Jörg
Der Alptraum der Freiheit
Perspektiven radikaler Gesellschaftskritik. Essays, Kritiken, Polemiken
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Verlag :  Ulmer Manuskripte
ISBN :  3-934869-38-6
Einband :  Paperback
Seiten/Umfang :  140 Seiten
Erschienen :  1. Auflage 10.2005
Preisinfo :  12,80 Eur[D]
 
12,80 Eur[D]

Mit den im hier vorgelegten Band zusammengefaßten Essays, Kritiken und Polemiken, die im Zusammenhang mit dem Theoriebildungsprozeß der Gruppe EXIT! Krise und Kritik der Warengesellschaft entstanden sind, sollen die Positionen einer radikalen Gesellschaftskritik auch denjenigen Leserinnen und Lesern nahe gebracht werden, die sich nicht ohnehin mit gesellschaftstheoretischen Fragen beschäftigen, deren Interesse an solchen Fragen aber gleichwohl über das hinausgeht, was ihnen im alltäglichen Politzirkus und von den medial omnipräsenten so genannten Experten zugemutet wird.
Es handelt sich um Vortragstexte, um journalistische Abhandlungen und um polemische Auseinandersetzungen mit anderen theoretischen Positionen, die nicht in der zweimal jährlich im Horlemann Verlag erscheinenden Theoriezeitschrift EXIT! nachzulesen sind. Diese soll der publizistische Ort für umfangreichere Analysen und detailliertere theoretische Entwürfe bleiben, was jedoch nicht bedeutet, daß die vorliegenden Texte keinen verbindlichen theoretischen Anspruch erheben und sozusagen populistisch in seichtem Gewässer fischen.
"Wir wollen zuspitzen, nicht abstumpfen. Die Krise der Verhältnisse selber spitzt sich zu", heißt es in einer programmatischen EXIT!-Selbstdarstellung.
Die AutorInnen der folgenden Texte wissen sich dieser grundlegenden Haltung verpflichtet und wollen mit den hier präsentierten Überlegungen zu eben dieser Zuspitzung einen Beitrag leisten. Gerade dort, wo es polemisch wird und sozusagen ans Eingemachte geht, stehen die AutorInnen ein für die Überzeugung, daß einzig eine radikale, also an die Wurzeln gehende Kritik die Anstrengung lohnt. Alles andere wäre nur Teil der heute allgemein ins Kraut schießenden theoretischen Populärkultur und der dort stattfindenden Produktion von Harmlosigkeiten bestenfalls, von Ideologien und affirmativen Stützkorsetts für die mit der gegenwärtigen Krise in ihr Endstadium eintretende kapitalistische Moderne schlimmstenfalls.
Braves Schuldenken und artige Gelehrsamkeit auf der Höhe der Krise kapitalistischer Vergesellschaftung und mitten im "Kollaps der Modernisierung" (Robert Kurz) sind ad acta zu legen zugunsten radikaler Kritik, die sich, wie Karl Marx es einmal formuliert hat, weder vor ihren Resultaten fürchtet noch vor Konflikten mit denen, die als intellektuelle Krisenreaktionskräfte des niedergehenden warenproduzierenden Systems und seines strukturell männlichen, westlichen und weißen Subjekts (MWW) der radikalen Kritik entgegenwirken.
Gerade in diesem Zusammenhang wollen wir nicht "besonnen" sein im Sinne eines nur vermeintlich kritischen Bewußtseins, welches weit hinter die Einsichten und theoretischen Standards etwa eines Theodor W. Adorno zurückfällt. "Die Besonnenheit", so schrieb dieser bereits lange bevor die postmodernen Schwundstufentheoretiker aktiv wurden, "die es verbietet, in einem Satz zu weit sich vorzuwagen, ist meist Agent der gesellschaftlichen Kontrolle und damit der Verdummung." *
Dieses Diktum gilt es heute, da das warenproduzierende System die absolute Grenze seiner immanenten Entwicklungsmöglichkeiten erreicht hat, ernster zu nehmen denn je. Die berühmte und in demselben Maße, in dem die Krise sich verschärft, immer verzweifelter beschworene "westliche Freiheit" sowie ihre angeblich universell gültigen "Werte", sind in der Tat zu einem Alptraum geworden, in dem alte und älteste Gespenster, wie zum Beispiel Antisemitismus, Rassismus und Sexismus, mit immer wieder neuen Verkleidungen ihr Unwesen treiben.
Die bürgerliche Angst vor dem Chaos führt indes dazu, daß eben diese Bürger sich exakt an jene Gespenster als einzig mögliche Retter klammern, welche den Grund des gefürchteten Chaos bilden und vom Gang des "aufgeklärten Subjekts" durch seine Verfallsgeschichte selber erzeugt wurden: Arbeit, positive Wissenschaft, der "freie Wille" des "freien Mannes" und unendlicher Fortschritt einer Gesellschaft, die ihrer Form nach nur unverändert dieselbe bleiben kann, indem sie fortwährend alle sie tragenden Verhältnisse umstürzen, verändern und zerstören muß.
Demgegenüber geht es nach unserer Auffassung darum, diese Form als solche selbst zu überwinden. Und das erfordert zunächst und vor allem radikale Kritik, welche "der Dummheit des gesunden Menschenverstandes keine Konzession" (Adorno) macht, und zwar auch nicht derjenigen, die sich "wissenschaftlich" oder "philosophisch" zu drapieren versteht.
Mit dem Kapitalismus ist nach einem bekannten Satz Hegels "eine Gestalt des Lebens alt geworden". Es kann nicht darum gehen, diese Gestalt immer wirkungsloser bleibenden Verjüngungskuren zu unterziehen.
Die folgenden Texte versuchen unter anderem, die Vergeblichkeit solchen Unterfangens von verschiedenen thematischen Zugängen her zu demonstrieren.


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